Übrigens will ich Ihnen noch eins sagen: Nicht jede Errungenschaft der modernen Zivilisation ist unbedingt ein Nachteil, auch wenn Sie von den GRÜNEN das anders sehen. Wenn ich ein Auenland hätte, wo dann das Wasser in Lachen über viele, viele Wochen steht – so eine kleine Ahnung, wie das dann aussieht, haben wir ja jetzt überall, wenn Sie einmal an diesen Stellen vorbeigehen, was da für Mückenplagen sind, und wenn Sie wissen, dass die Ursache für Krankheiten im Mittelalter gerade die Übertragung durch Mücken
aus diesen Flächen gewesen ist, dann bin ich nicht so böse, dass wir es heute anders haben, meine Damen und Herren.
Wir müssen also weiter investieren, wir müssen aber auch dafür sorgen, dass Planfeststellungsverfahren schneller gehen, dass auch unsere Bürokratie schneller arbeitet, und wir müssen sicherlich auch die Frage stellen, ob der Denkmalschutz überall tatsächlich die richtige Bremse für Hochwasserschutzmaßnahmen ist. Wir wissen ja, welche Probleme man in denkmalgeschützten Bereichen hat, dort beispielsweise eine Flutschutzmauer zu errichten.
Aber auch die Umweltverbände und viele Einzelpersonen, die gegen Hochwasserschutzmaßnahmen klagen, müssen sich zumindest die moralische Frage stellen, meine Damen und Herren, ob sie angesichts der jetzt erneut entstandenen Schäden den Pfad von Maß und Mitte nicht schon längst verlassen haben.
Es ist wie immer: Frauen und Kinder zuerst – zuerst kommt der Mensch und dann kommt der Käfer. Daran sollten wir uns immer wieder erinnern: Der Mensch geht vor!
Auch wenn ich der Meinung bin, dass das Verbandsklagerecht mit seinen Privilegien für Umweltverbände auf die Frage seiner Verhältnismäßigkeit dringend überprüft werden soll, sollten sich trotzdem alle Kläger,
auch wenn sie natürlich ihr demokratisches Recht in Anspruch nehmen, gut überlegen, wie lange man sich eigentlich vor Gerichten streitet und wie weit man die ganze Sache noch treiben muss. Das muss auch einmal gesagt werden, meine Damen und Herren.
Auf welcher Seite Sie stehen, wissen wir, sehr geehrte Damen und Herren von den GRÜNEN. Für Sie kommt der Mensch eben nicht zuerst; für Sie ist der Käfer wichtiger. Das haben wir in den letzten Jahren hier oft genug kennengelernt.
Ich bin dem Ministerpräsidenten sehr dankbar für den Anstoß, was die Versicherung von Immobilien, von Hab und Gut in Hochwassergebieten betrifft. Ob die Lösung eine Pflichtversicherung ist, da bin ich mal sehr skeptisch.
Im Übrigen zahlen wir ja auch Steuern, dass besondere Belastungen, die einer Nation entstehen können, auch getragen werden können; das ist ja ein Grund, warum man Steuern zahlt. Ob man da tatsächlich mit einer Versicherungspflicht für alle, auch für denjenigen beispielsweise,
der sich absichtlich dafür entschieden hat, eben auf dem Berg zu wohnen, den richtigen Weg findet – –
Ja, Martin, ich sage, ich bin mir nicht sicher, aber lass uns darüber reden! Also ich bin da offen. Was auf jeden Fall richtig ist, ist – und das ist ja das Hauptproblem, wenn ich das richtig verstanden habe –, dass Menschen womöglich in bestimmten Regionen überhaupt keine Chance mehr haben, eine bezahlbare Versicherung zu bekommen. Das muss uns beunruhigen.
Ich komme zum Schluss. – Deswegen halte ich genau diesen Punkt unseres Entschließungsantrags für so wichtig. Ich würde es gern endlich genau wissen. Überall wird erzählt: „Ich habe keine Versicherung bekommen“; von anderen hört man: „Doch, es geht.“ Sachsen ist das Land, das über viele Jahre hinweg die meisten Erfahrungen mit Hochwasser gesammelt hat. Über unseren Entschließungsantrag, in dem wir die Staatsregierung bitten, möglichst gemeinsam mit der Versicherungswirtschaft zu untersuchen, wie denn die Lage wirklich ist, bin ich sehr froh. Ich würde es, wie gesagt, gern genau wissen: Gibt es Versicherungsmöglichkeiten? Wenn ja, zu welchen Preisen? Wer wird nicht mehr versichert? – Das ist Bestandteil unseres Entschließungsantrags.
Für die FDP-Fraktion sprach Kollege Zastrow. Jetzt ergreift für die Fraktion GRÜNE – – Oh, ich sehe den Wunsch nach einer Kurzintervention. Bitte, Frau Kollegin Pinka.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrter Herr Zastrow, mit Ihnen über Naturwissenschaft oder so etwas wie Nachhaltigkeitsstrategien zu diskutieren ist fast sinnlos geworden; den Eindruck gewinnt man, wenn man Ihnen zuhört. Ich vertrete nicht die GRÜNEN, sondern die LINKEN, habe in diesem Punkt aber durchaus gleiche Auffassungen.
Herr Zastrow, Sie sprachen die Beschleunigung von Planfeststellungsverfahren an und nannten das Beispiel Laubegast. Da Sie im Stadtrat von Dresden vertreten sind, wissen Sie genau, wie es dort gelaufen ist: Eigentlich war die Landestalsperrenverwaltung Verhinderer der Umsetzung der Maßnahme.
Man konnte sich nämlich nicht einigen, wo die mobilen Hochwasserwände liegen sollen. Das hat 20 Monate gekostet.
Ich könnte Ihnen viele weitere Beispiele nennen. Sie sprachen auch den Denkmalschutz an. Durch Halsbrücke, Ortsteil Krummenhennersdorf – das ist mein Wahlkreis –, fließt die schöne Bobritzsch. Dort sind bestimmte Maßnahmen aufgrund von Denkmalschutzeinsprüchen nicht umgesetzt worden.
Wir sollten also zunächst einmal auflisten, wo bei uns Fehler gemacht worden sind, und nicht ständig auf andere verweisen; denn das finde ich maßlos.
Frau Kollegin Pinka, Ihre Anmerkungen zum Denkmalschutz stehen nicht im Widerspruch zu meiner Aussage. Man muss nur am Ende eine Entscheidung treffen bzw. eine Abwägung vornehmen, was im Zweifel mehr wert ist. Im Moment krachen die Interessen des Denkmalschutzes mit denen des technischen Hochwasserschutzes oft aufeinander, was übrigens völlig nachvollziehbar ist. Das führt aber dazu, dass man sich lange – zuweilen auch vor Gerichten – streitet. Ergebnis ist eine große Verzögerung. Wir müssen ein anderes Verfahren finden. Das ist eine Lehre aus unseren Erfahrungen mit dem Hochwasser. Insoweit sehe ich keinen Dissens.
Mit Ihren Ausführungen zu Laubegast haben Sie nicht recht. Als Dresdner Stadtrat kann ich Ihnen genau sagen, wie es dort abgelaufen ist. Das Problem in Laubegast ist nämlich ein ganz anderes. Wir haben im Moment ein Beteiligungsverfahren laufen. Das ist übrigens das demokratischste Instrument, das man überhaupt anwenden kann, weil die Bürger vor Ort befragt werden, was sie eigentlich wollen.
Nein, nein. – Es gibt auch nachvollziehbare Gründe gegen eine Flutschutzmauer. Auch ich kann das nachvollziehen; denn ich bin in Laubegast geboren. Eine solche Mauer zerstört das Landschaftsbild enorm. Betroffen sind vor allem die Bewohner in der „ersten Reihe“, an der Uferzone. Viele von ihnen hatten sich übrigens auf das kommende Wasser eingestellt. Man darf zudem nicht vergessen, dass eine Hochwasserschutzmauer nichts bringt, wenn in Laubegast das Grundwasser schon bei einem viel niedrigeren Elbpegel hineindrückt. Das muss man schlichtweg wissen.
Für uns – das gilt wohl für den gesamten Stadtrat – ist das Votum der Bürger dort das Entscheidende. Wir warten das Ergebnis ab, und dann schauen wir, wie wir mit den neuen Erfahrungen umgehen.
Es gibt sehr unterschiedliche Meinungen zu dem Problem, weshalb man gerade in Bezug auf Laubegast der Politik
Wir fahren in der Rednerreihenfolge fort. Für die Fraktion GRÜNE ergreift Frau Kollegin Hermenau das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich habe soeben etwas erheitert gelernt, dass Herr Zastrow in Zukunft mit der Natur leben möchte und Angst vor Mücken hat.
Wissen Sie: Schon in der DDR stand der Mensch im Mittelpunkt. Wir wissen, wohin das geführt hat. Ihre Argumentation ist übrigens nicht nur von einem christlichen Standpunkt aus ziemlich schwierig. Zu Ende gedacht, könnte es zu einer Situation kommen, dass die Menschen vielleicht wieder Käfer essen müssen, weil sie andere natürliche Lebensgrundlagen zerstört haben.
(Widerspruch bei der CDU – Zuruf von der CDU: Mein Gott! – Zuruf von der NPD: Käfer essen ist aber nicht vegan!)
Ich möchte mich lieber auf Ihre Rede, Herr Ministerpräsident, beziehen. Sie haben gesagt, in Sachsen habe der Hochwasserschutz funktioniert. Ja, das Krisenmanagement und die Strukturen haben funktioniert. Aber in Sachsen-Anhalt steht das Wasser noch. Wir haben unseres auch dorthin verschoben. Das ist kein Vorwurf, sondern nur eine Feststellung.
Nach den Ereignissen des Jahres 2002 plante unser Freistaat in Nordsachsen vier große Überflutungsflächen. Aber nur an einer wurde der Bau begonnen! Jetzt wird jede Maßnahme geprüft, sowohl auf Ursache – Bauverzögerung oder was auch immer – als auch auf Wirkung hin. Ich wiederhole: Es wurde nur mit einer Maßnahme begonnen. Wir werden den Landesentwicklungsplan überarbeiten müssen. Das ist die Konsequenz aus dem, was wir gerade diskutieren.