Protocol of the Session on June 19, 2013

Ganz besonders danken möchte ich auch dem Ministerpräsidenten und seinem Team, dem gesamten Kabinett, aber ganz besonders dem Umweltminister Frank Kupfer, auch Markus Ulbig und Sven Morlok, den Staatssekretären und dem Leiter des Einsatzstabes, Dr. Fritz Jäckel – mit ihm hatten wir Gott sei Dank jemanden, der schon 2002 Erfahrungen sammeln konnte, und das hat sich ganz gut ausgezahlt –, sowie allen Mitarbeitern der Landesverwaltung. Die Regierung hat schnell und konsequent gehandelt und entschieden. Das nenne ich professionell und vorbildlich. Mehr kann man in einer solchen Situation nicht tun. Danke dafür.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Unser Dank gehört natürlich auch der Bundesregierung für ihr wieder einmal sehr schnelles und konsequentes Handeln; auch den Medien – ganz richtig, gerade überregional –, dass man eine Lanze nicht nur für Sachsen, sondern auch für die Hochwasseropfer in den anderen Bundesländern gebrochen hat. Das ist gut, das brauchen wir. Ansonsten würden wir die vielen Spender, die uns helfen, auch nicht haben können.

Meine Damen und Herren, die Menschen sind mit der Flutkatastrophe diesmal anders umgegangen und jeder hat gesehen, dass wir viel aus 2002 gelernt haben. Bei all dem, was noch nicht perfekt geklappt hat, und bei aller Ursachenforschung darüber, warum eine Stadt wie Grimma trotz dieser intensiven Investitionen in Hochwasserschutzmaßnahmen wieder untergegangen ist – so wie Stadtteile wie Laubegast oder Gohlis erneut absaufen konnten oder auch Teile der Stadt Flöha –, bleibt ein Fazit: Sachsen hat wesentlich besser auf die Katastrophe reagiert als 2002. Sachsen war vorbereitet und die vielen, enormen Anstrengungen der letzten Jahre und das Zurverfügungstellen dieser oft umstrittenen Haushaltsmittel in allen Landeshaushalten war genau die richtige Entscheidung. Nur dadurch konnte ein noch größerer Schaden und noch mehr Gefahr für Leib und Leben hier in Sachsen verhindert werden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU – Beifall bei der Staatsregierung)

Wir müssen jetzt nach vorn schauen, Abläufe evaluieren, Fehler korrigieren, Lücken im baulichen Hochwasserschutz endlich schließen und sicherlich auch über rechtliche und versicherungstechnische Fragen neu nachdenken. Aber, meine Damen und Herren, dafür brauchen wir keine philosophische Diskussion, wie es Thomas Zechendorf von der Landestalsperrenverwaltung gestern in einer Zeitung aus meiner Sicht sehr richtig auf den Punkt gebracht hat. Was er damit beschreibt, ist die Diskussion um den richtigen Weg im Hochwasserschutz.

Ob es also auf der einen Seite der sogenannte technische Hochwasserschutz ist oder ob man, salopp gesagt – wie es viele in diesem Raum immer wieder ansprechen –, den Flüssen einfach mehr Raum geben sollte, renaturiert und entsiegelt werden sollte, und dann würde schon alles gut – meine Damen und Herren, wissen Sie was? Die Frage stellt sich schon sehr, sehr lange nicht mehr. Die Natur lässt sich nun einmal, lieber Herr Gebhardt, nicht bezwingen – genauso wenig übrigens, wie sich das Klima entscheidend beeinflussen oder gar verändern lässt;

(Zurufe der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE, und Eva Jähnigen, GRÜNE)

erst recht nicht von 4,1 Millionen Sachsen auf 18 415 Quadratkilometern. Das werden wir nicht schaffen.

(Zurufe von den LINKEN)

Lieber Kollege Gebhardt, nein, die FDP leugnet das Klima nicht. Klima ist immer. Es ist! Nehmen Sie es so zur Kenntnis!

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung – Zurufe von den LINKEN – Unruhe)

Die Natur ist, wie sie ist. Das Klima ist, wie es ist;

(Starke Unruhe – Zurufe)

und im Zweifel sind beide stärker als Ihre Phrasen und Ihre Parteiprogramme, die Sie hier immer so dreschen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Dass Sie nicht lieber Gott spielen können, liegt schon in der Natur Ihrer Partei.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Die Strategie der Staatsregierung beachtet deshalb beides: sowohl technischen Hochwasserschutz als auch natürlichen Hochwasserschutz. Nur, für uns ist das alles kein Dogma, sondern wir tun das, was realistisch ist; das, was geht und was vernünftig ist. Das ist die praktische Politik der Staatsregierung, die von beiden Fraktionen, CDU und FDP, unterstützt wird.

Sie brauchen nur die letzten Jahre zurückzuschauen und Sie finden alle die vielen Beispiele, wo gerade auch im Bereich des natürlichen Hochwasserschutzes eine Menge

gemacht worden ist. Steffen Flath hat es angesprochen: Röderau-Süd. Wer die Fernsehberichte gesehen hat: Viele der Menschen sind froh, dass sie sich darauf eingelassen haben, dass sie im Moment dort nicht mehr sind. Aber was das für ein Prozess gewesen ist, wissen wir.

Wir haben in Sachsen Erfahrungen mit Umsiedlung – allein durch die Braunkohle. Das sind immer schwere Schicksalsschläge.

(Zuruf der Abg. Gisela Kallenbach, GRÜNE)

Darüber zu sprechen – da nehme ich den Ball, lieber Martin Dulig, gern auf, auch wenn ich es mir schwer vorstellen kann –; aber man muss darüber sprechen, auch bei den Erfahrungen der letzten Schadensereignisse, die wir hatten.

Selbst bei mir ist es so, weil ich vorhin gerade von meinen eigenen Erlebnissen gesprochen habe: Ich brauche mich nur von dort aus, wo ich wohne, umschauen und sehe, was an natürlichem Hochwasserschutz allein in dieser Stadt gemacht worden ist. Mit positiven Wirkungen übrigens – von einem dafür zuständigen FDP-Bürgermeister, Dirk Hilbert nämlich. Man hat gegenüber von mir eine Kleingartensparte, die auf den Elbwiesen war, natürlich entfernt, sehr zum Ärger übrigens dieser Kleingärtner. Der Biergarten, der bei mir direkt gegenüber ist, durfte nur wieder eröffnen, wenn er garantiert, dass er seine Aufbauten, das ist der Fährgarten Johannstadt, innerhalb einer bestimmten Zeit nach Hochwasserwarnung wieder wegmachen kann, sonst hätte er überhaupt nicht wieder eröffnen können.

Hier gegenüber – kennen Sie noch die Baustelle, die vor wenigen Jahren hier an den Elbwiesen gewesen ist? Warum hat man das gemacht? Um der Elbe mehr Raum zu geben. Das ist alles hier passiert. Man hat an verschiedenen Anlegestellen, wo die Dampferschifffahrt ist oder wo die Fähren sind, Flächen entsiegelt, um genau diese Möglichkeiten zu schaffen. Das, was geht, wird gemacht. So weit, glaube ich, ist es auch genau richtig, auf natürlichen Hochwasserschutz zu setzen.

Es geht aber, meine Damen und Herren, nicht alles. Wir haben Rückhaltebecken gebaut, die Talsperren wurden an den meisten Stellen in Sachsen abgeschlossen, besser: ertüchtigt, die Kommunen haben – Gott sei Dank – viele ihrer Bebauungspläne korrigiert. Ich bin mir auch sicher, dass – wir haben hier ja auch aktuelle Fälle – viele Kommunen erneut über ihre B-Pläne schauen müssen, ob sie dort nicht weitere Veränderungen vornehmen müssen.

Das neue Wassergesetz, das in Kürze hier verabschiedet werden wird, nimmt ja auch noch einmal Rücksicht auf die neuen Anforderungen.

Aber wir können die Menschen nicht vor Hochwasser und Katastrophen schützen, wenn man nur davon faselt, den Flüssen mehr Raum zu geben, meine Damen und Herren. Das als generellen Lösungsansatz hier für Sachsen zu fordern,

(Zuruf der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE)

ist nichts anderes als unredlich, meine Damen und Herren. Denn wer sich nicht nur ideologisch mit der Frage des Hochwasserschutzes befasst, der weiß natürlich, dass wir in Sachsen – es wurde vorhin eindrucksvoll gesagt – die dafür notwendigen Flächen überhaupt nicht haben. Unser Land ist nun einmal hinsichtlich seiner Topografie, hinsichtlich seiner Besiedlungsdichte, auch hinsichtlich seiner Infrastruktur darauf gar nicht eingestellt – und kann auch nicht mehr darauf eingestellt werden, meine Damen und Herren. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der FDP)

Wir leben nun einmal in einer über viele Jahrhunderte gestalteten Kulturlandschaft, von Menschenhand gestalteten Kulturlandschaft. Für mich gehören Städte, deren Uferbebauung – ob das Pirna, Bad-Schandau oder Meißen ist – bis an die Ufer geht, mit zu diesem Landschaftsbild dazu.

Das können wir nicht korrigieren und das wollen wir auch nicht korrigieren. Das ist unsere Landschaft, und sie gehört dazu. Das müssen wir schützen, und das soll auch so bleiben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein! – Wir haben uns darauf eingestellt, meine Damen und Herren, und es ist, wie ich gerade gesagt habe, eben nicht korrigierbar. Ich bin auch nicht der Meinung, dass man politische Phrasen dreschen kann, die in Kauf nehmen, dass man Uferzonen abbaut oder wüst gehen lässt. Das ist nicht meine Vorstellung von einem Schutz unserer Kulturlandschaft.

(Zuruf der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE)

Es mag ja sein, dass unsere Vorfahren aus heutiger Einschätzung heraus unvernünftigerweise ihre Häuser an den Fluss gebaut haben. Das kann man leicht aus heutiger Sicht heraus behaupten. Damals hat es einen Grund gehabt: weil das Leben an Flüssen Überleben bedeutete, es bedeutete Arbeit, es bedeutete in Zeiten, wo es noch nicht diese Kommunikations- und Verkehrswege gab, die wir heute haben, Handel. Es war eine Wohlstandsfrage, warum sich so viele Menschen gerade an Flüssen niedergelassen haben.

Wir haben in Sachsen 1 000-jährige Städte: Meißen. Auch Städte wie Grimma, Döbeln, Pirna sind Städte, die um die 800 Jahre alt sind. Wir leben in einer der dichtbesiedeltsten Regionen in Europa: 220 Einwohner pro Quadratkilometer – das gibt es nicht allzu oft an anderen Stellen.

Das wurde nicht auf dem Reißbrett so geplant, sondern das ist einfach passiert – so, wie im Leben eben manches einfach passiert. Das sind die Realitäten, meine Damen und Herren, und diese Realitäten müssen wir zur Kenntnis nehmen.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Und ein moderner Hochwasserschutz akzeptiert auch diese Realitäten, meine Damen und Herren.

(Zurufe von den LINKEN)

Deswegen ist es wichtig, dass wir mit der Natur leben, dass wir mit den Klimaveränderungen leben, dass wir auf sie reagieren und unsere Politik den ohnehin stattfindenden Veränderungen anpassen.

(Zuruf der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE)

Sonst frage ich Sie, lieber Herr Gebhardt, wenn Sie Meißen damit schützen wollen, dass Sie dem Fluss mehr Raum geben, wo genau – noch einmal – soll die Elbe vor Meißen denn hin fließen? Sagen Sie das den Dresdnern bitte, sagen Sie das den Pirnaern, den Heidenauern, wo genau denn dort „Ihre“ Fläche ist, damit wir mehr Raum bekommen! Sie hätten ja nur eine Chance: die einzige Chance ist, Sie würden Staustufen errichten. Aber das wollen wir doch wohl alle nicht in der Elbe haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wir müssen lernen, mit Naturphänomenen, wie auch immer sie in der nächsten Zeit kommen werden, zu leben. Wir müssen auch lernen – auch diejenigen, die in den betroffenen Städten sind – mit dem Wasser zu leben, und wir müssen uns darauf einstellen, dass das Wasser hin und wieder bei uns auch einmal „vorbeischaut“. Das hat es übrigens immer gemacht. Wenn man in die Geschichte Sachsens schaut, ist das Wasser in den meisten auch jetzt betroffenen Städten immer wiedergekommen, übrigens erstaunlicherweise auch manchmal in sehr kurzen historischen Abständen. Ich vermute, es wird auch in Zukunft so sein.

Deshalb wird der technische Hochwasserschutz immer eine wesentliche Säule unserer Aktivitäten sein müssen, wenn wir unsere Bürgerinnen und Bürger tatsächlich vor Katastrophen schützen wollen. Da ich trotzdem der Meinung bin, dass unsere großen Flüsse, zumindest der eine, die Elbe, weiter schiffbar bleiben sollen, da ich auch der Meinung bin, dass die Elbe immer noch eine Handelsstraße ist und der Vision, Sachsen in ein Auenland umzuwandeln, wenig abgewinnen kann, kommen wir um weitere technische Investitionen nicht drum herum.

Übrigens will ich Ihnen noch eins sagen: Nicht jede Errungenschaft der modernen Zivilisation ist unbedingt ein Nachteil, auch wenn Sie von den GRÜNEN das anders sehen. Wenn ich ein Auenland hätte, wo dann das Wasser in Lachen über viele, viele Wochen steht – so eine kleine Ahnung, wie das dann aussieht, haben wir ja jetzt überall, wenn Sie einmal an diesen Stellen vorbeigehen, was da für Mückenplagen sind, und wenn Sie wissen, dass die Ursache für Krankheiten im Mittelalter gerade die Übertragung durch Mücken