Protocol of the Session on May 16, 2013

(Beifall bei den LINKEN)

Ich danke Ihnen, Herr Bartl. Hierzu gibt es Wortmeldungen. Herr Biesok, bitte.

Herr Kollege Bartl, Sie haben darauf hingewiesen, dass es eine massive Kritik und eine dringende Warnung durch die Sachverständigen vor § 2 gegeben hätte. Die von Ihnen schon mehrfach zitierte Sachverständige, Frau Dr. Kilian, hat lediglich bemängelt, dass ihr das Wort „auch“ fehlt. Ganz so schlimm kann es nicht sein.

Sie haben angeführt, dass es zu keiner entsprechenden Abwägung bei der Ausgestaltung des Vollzugs käme, weil die Formulierung missverständlich ist. Ich bitte Sie, einmal Seite 89 der Gesetzesbegründung aufzuschlagen. Dort ist ganz eindeutig festgelegt, dass die Resozialisierung das alleinige Ziel des Vollzugs ist.

Es wird in der von Ihnen so oft zitierten Verfassungsrechtsprechung dargelegt, warum dies das Primat hat und was die Aufgabe ist, die daneben weiter zu erfüllen ist und wie diese beiden, Aufgabe und Ziel, sich miteinander vereinigen, um anschließend zu einer kompletten Resozialisierung des Täters zu führen. Ich denke, wenn es irgendwann einmal Auslegungsschwierigkeiten gibt, dann wird die Gesetzesbegründung hier die notwendige Klarheit bringen, dass es hier keine Abschwächung gegenüber dem bisherigen Stand gegeben hat.

Das Zweite, das Sie angesprochen haben, sind die sozialen Hilfen. Die Anzahl der Paragrafen, die mit einer bestimmten Überschrift gegeben sind, sagt nichts darüber aus, wie die tatsächliche Regelung ist. Das neue Strafvollzugsgesetz hat ganz unterschiedliche Wirkungsmechanismen, wir haben sie hier ausführlich diskutiert, von der Diagnostik über die Sozialtherapie und die anderen Wirkungsmöglichkeiten. Es ist auch logisch, dass man die Bestimmungen, die sonst in einem Gesetz an anderer Stelle einzeln aufgeführt wurden, jetzt entsprechend an

die richtige Stelle verortet. Deshalb brauchen wir keinen eigenen Paragrafen für die soziale Hilfe.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Biesok. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Die sehe ich nicht.

Meine Damen und Herren! Ich lasse abstimmen über die Drucksache 5/11969. Wer dafür ist, zeigt das jetzt bitte an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Danke sehr. Gibt es Stimmenthaltungen? – Die kann ich nicht sehen. Bei zahlreichen Stimmen dafür hat dieser Änderungsantrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit bekommen.

Meine Damen und Herren! Wir stimmen nun ab über den vorliegenden Gesetzentwurf. Zunächst über die Überschrift. Wer ist dafür? – Danke. Ist jemand dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Danke. Bei Stimmenthaltungen und keinen Gegenstimmen ist der Überschrift zugestimmt worden.

Ich lasse abstimmen über die Inhaltsübersicht. Wer ist dafür? – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Danke sehr. Bei Stimmenthaltungen ist der Inhaltsübersicht zugestimmt worden.

Zu Artikel 1 die Abstimmung, Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und des Strafarrests im Freistaat Sachsen. Wer ist dafür? – Danke. Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hier Stimmenthaltungen, ansonsten Dafür-Stimmen und keine Gegenstimmen.

Artikel 2, Änderung des Sächsischen Jugendstrafvollzugsgesetzes. Wer ist dafür? – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Enthält sich jemand? – Bei Stimmenthaltungen, keinen Gegenstimmen ist dem Artikel 2 entsprochen worden.

Artikel 3, Änderung des Sächsischen Untersuchungshaftvollzugsgesetzes. Wer ist dafür? – Danke sehr. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Auch hier Stimmenthaltungen, im Übrigen Zustimmung.

Artikel 4, Änderung des Sächsischen Justizvollzugssicherheitsgesetzes. Wer ist dafür? – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Eine Stimme dagegen. Wer enthält sich? – Danke sehr. Bei einer Gegenstimme sowie Stimmenthaltungen ist dem Artikel 4 mehrheitlich entsprochen worden.

Artikel 5, Neufassung des Sächsischen Jugendstrafvollzugsgesetzes und des Sächsischen Untersuchungshaftvollzugsgesetzes. Wer stimmt zu? – Danke. Ist jemand dagegen? – Vielen Dank. Wer enthält sich? – Danke sehr. Bei Stimmenthaltungen und keinen Gegenstimmen ist dem Artikel 5 zugestimmt worden.

Artikel 6, Inkrafttreten. Wer ist dafür? – Danke sehr. Ist jemand dagegen? – Niemand. Wer enthält sich? – Auch hier gibt es Stimmenthaltungen, keine Gegenstimmen, im Übrigen Annahme des Artikels 6.

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun den Entwurf Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und des

Strafarrestes im Freistaat Sachsen sowie zur Änderung weiterer Gesetze in der in der 2. Lesung beschlossenen Fassung als Ganzes zur Abstimmung. Wer stimmt dem zu? – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Niemand. Enthält sich jemand? – Vielen Dank. Bei keinen Gegenstimmen, Stimmenthaltungen ist dem Entwurf des Gesetzes zugestimmt und dieser damit beschlossen worden.

Meine Damen und Herren! Mir liegt ein Antrag auf unverzügliche Ausfertigung dieses Gesetzes vor. Dem

wird entsprochen, wenn der Landtag gemäß § 49 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung die Dringlichkeit beschließt. Wenn es keinen Widerspruch gibt, würden wir dem so entsprechen. Will jemand widersprechen? – Das kann ich nicht feststellen. Dann wird das so getan, meine Damen und Herren.

Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

2. Lesung des Entwurfs

Gesetz über den Vollzug der Unterbringung in der

Sicherungsverwahrung im Freistaat Sachsen

(Sächsisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz – SächsSVVollzG)

Drucksache 5/10937, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 5/11895, Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses

Es wird den Fraktionen das Wort zur allgemeinen Aussprache in folgender Reihenfolge erteilt: CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht.

Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Kirmes. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf – dessen schwierigen Titel erspare ich mir hier vorzutragen – regelt künftig den Vollzug der Sicherungsverwahrung im Freistaat Sachsen. Ausgangspunkt und Grundlage war die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011, die die Schaffung einer mit dem Grundgesetz vereinbarten Regelung der Sicherungsverwahrung bis zum 31.05.2013 von Bund und Ländern gefordert hat. Insofern darf ich den Antrag auf Eilausfertigung bereits hier stellen, weil uns das Bundesverfassungsgericht eine klare Zeitvorgabe gegeben hat.

Zum Glück trifft die Sicherungsverwahrung in Sachsen auf nur sehr wenige Leute zu – zum Glück, muss ich sagen. Dennoch ist das Gesetz sehr anspruchsvoll. Wie es vorhin schon zum Strafvollzugsgesetz gesagt worden ist, gab es sehr intensive Diskussionen, sehr konstruktive Diskussionen, wobei manchmal um einzelne Worte und deren Sinngehalt in den Ausschüssen gerungen worden ist.

Was sind die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts? Sie zielen im Kern auf das Abstandsgebot, also das Abstandsgebot zwischen Sicherungsverwahrung im

Verhältnis zum Strafvollzug, weiterhin auf eine effektive Regelung des Vollzuges dieser Maßregel und auf einen freiheitsorientierten und therapiegerechten Vollzug. Die Vollzugsplanung soll Behandlungs- und Hilfsangebote machen, die den Sicherungsverwahrten zu einem sozial verträglichen Leben in der Gesellschaft verhelfen. Man

wird mir zustimmen, dass die Regelung der Sicherungsverwahrung äußerst schwierig ist. Wir befinden uns hier in einem Spannungsverhältnis zwischen dem berechtigten Sicherheits- und Schutzbedürfnis der Bevölkerung auf der einen Seite und auf der anderen dem grundsätzlichen Anspruch des einzelnen Sicherungsverwahrten auf seine Persönlichkeitsrechte, die ja nach Verbüßung der ursprünglichen Strafhaft existieren.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf tragen wir diesen beiden Gesichtspunkten Rechnung. Für uns als CDU steht der Schutz der Bevölkerung im Vordergrund, und wir nehmen die Sorgen und Ängste der Bevölkerung sehr ernst.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich bei den in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten um Personen handelt, die aufgrund schwerster Straftaten verurteilt wurden und die nach Verbüßung ihrer Haftzeit aufgrund der weiterhin prognostizierten Gefährlichkeit nicht in Freiheit entlassen werden konnten. Es dient dem Schutz der Bevölkerung und gleichzeitig dem Interesse des Sicherungsverwahrten, durch gezielte Maßnahmen zu versuchen, die Gefährlichkeit des Untergebrachten zu minimieren, um so auch die Dauer seiner Freiheitsentziehung möglichst zu reduzieren.

Das Gesetz stellt im Sinne der Forderung des Bundesverfassungsgerichtes klar, dass Sicherungsverwahrung kein Strafvollzug ist. Eine freiheitsentziehende Maßnahme im Sinne des Strafgesetzbuches setzt neben der Tatbegehung bekanntermaßen die individuelle Schuld voraus. Grundlage der Sicherungsverwahrung hingegen ist die weiterbestehende Gefährlichkeit des Untergebrachten. Diesem Unterschied muss das Abstandsgebot Rechnung tragen.

Des Weiteren: Dem Untergebrachten ist eine realistische Perspektive auf Wiedererlangen der Freiheit zu eröffnen. Hierzu gehört beispielsweise die Erstellung eines individuellen Vollzugsplanes, aus dem sich ergibt, welche ganz konkreten, die Person betreffenden Maßnahmen zu treffen sind, um die Gefährlichkeit dieses Untergebrachten zu reduzieren. Dazu gehören erhebliche Anstrengungen im therapeutischen Bereich.

Der vorliegende Gesetzentwurf nimmt die verfassungsrechtlichen Vorgaben auf und setzt sie um, ohne dass dabei Abstriche an der Sicherheit gemacht werden.

Konkret einige Schwerpunkte aus dem Gesetzentwurf. Die Untergebrachten werden regelmäßig in Wohngruppen untergebracht, um so sozialadäquates Verhalten zu fördern. Jedem Untergebrachten stehen mindestens 20 Quadratmeter zum Wohnen und Schlafen einschließlich eines baulich abgetrennten Sozialbereichs zur Verfügung. Es werden ausreichende Regeln mit dem vorliegenden Gesetzentwurf für soziale Kontakte geschaffen, und das Gesetz enthält Motivierungsmaßnahmen, um die Bereitschaft der Untergebrachten zur Mitwirkung zu erreichen. Dies kann einerseits zur Gewährung von Vorteil, aber auch durch entsprechende Streichung von Vergünstigungen erreicht werden. Im Weiteren werden berufliche und schulische Qualifizierungsmaßnahmen angestrebt, um so eine bessere Chance zur Wiedereingliederung zu erreichen.

Zur Arbeitspflicht wurde bei dem vorhergehenden Gesetz schon Einiges gesagt und viel darüber geredet. Auch in der Sicherungsverwahrung gibt es keine Arbeitspflicht; aber die Möglichkeit, Arbeit anzubieten, wird als äußerst notwendig und sinnvoll angesehen, führt dies doch zu einer besseren Strukturierung des Tagesablaufes. Sie dient auch dazu, einer Entwöhnung von der Erwerbstätigkeit entgegenzusteuern.

Maßnahmen, um den Untergebrachten im Falle der Entlassung den Übergang vom Vollzugsalltag in den Alltag zu erleichtern, sollen durch die Bildung von Netzwerken von internen und externen Stellen erfolgen.

Aus unserer Sicht war es auch notwendig, den Opferschutz verstärkt Eingang in das Gesetz fließen zu lassen. So können zum Beispiel Briefe und Pakete angehalten und Telefonate untersagt werden, wenn zu befürchten ist, dass Opfer von vorangegangenen Straftaten betroffen wären.

Straftatenopfer haben künftig Anspruch auf Auskunft gegenüber der Anstalt, wenn Lockerungen oder Weisungen, die dem Untergebrachten erteilt werden, vorgesehen sind. Wir wollen damit auch vermeiden, dass Opfer einer Straftat ihrem Täter unvorbereitet gegenüberstehen. Das darf den Opfern, die Schweres erlitten haben, nicht geschehen, und wir wollen gleichzeitig für die Opfer bürokratische Hürden abbauen. Zu der konkreten Regelung wurde ja auch schon beim Strafvollzugsgesetz Entsprechendes ausgeführt.

Meine Damen und Herren! Für die Umsetzung dieses Gesetzes benötigt man qualifiziertes und motiviertes Personal, sonst werden die Ziele, die dieses Gesetz verfolgt, nicht erfolgreich umgesetzt werden können. Ich bin deshalb froh, dass der Staatsminister der Justiz und für Europa zugesichert hat, den bestehenden Personalmehrbedarf bzw. den Bedarf an spezialisiertem Personal abzudecken.

Aufgrund der Kündigung der Verwaltungsvereinbarung durch das Land Sachsen-Anhalt ist es erforderlich, eine entsprechende Unterbringungsmöglichkeit im Freistaat Sachsen zu schaffen. Zu diesem Zweck wird in der JVA in Bautzen ein Hafthaus umgebaut, um den rechtlichen Anforderungen an die Unterbringung von Sicherungsverwahrten auch gerecht werden zu können.