Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war ja zu erwarten, dass der Bundestagswahlkampf auch auf der Bühne des Sächsischen Landtages ausgetragen wird.
Dass er so zeitig kommt, im Mai, war dann im Präsidium klar, als die Koalition den Titel der Debatte genannt hatte. Ob das wirklich gut ist, ob das die Menschen hören wollen, dessen bin ich mir nicht so sicher; denn wir wollen hier eigentlich über Sachthemen reden. In der letzten Sitzung hatten wir das geschafft. Jetzt machen Sie das wieder kaputt. Aber, bitte, Sie legen den Ball ins Spielfeld, dann nehmen wir ihn auch auf.
Es ist schon ein starkes Stück von Ihnen, sich hier hinzustellen und die Steuerpolitik von Rot-Grün zu kritisieren. Sie, die von einem Spitzensteuersatz von 53 % kommen; Sie, die hier 110 Millionen Euro durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz Sachsen weggenommen haben und davon allein 20 Millionen Euro durch Ihre Klientelpolitik, die „Mövenpicksteuer“. Sie stellen sich hier hin und
solidarisieren sich lieber mit Steuersündern, anstatt eine Steuer-CD zu kaufen und die Steuerfahndung ordentlich auszustatten!
Sie wollen hier eine Steuerpolitik machen, die auf den Bierdeckel passt, und so tun, als sei es gerecht, dass der Manager genauso wenig Steuern bezahlt wie die Krankenschwester. Das wollen Sie hier als gerechte Steuerpolitik verkaufen? Sie machen sich komplett lächerlich!
Das, was Sie eigentlich wollen, ist deutlich geworden: Sie wollen einen schlanken Staat, Sie wollen so wenig Staat wie möglich. Darüber müssen wir streiten, was für Sie „Staat“ ist. Sie plündern den Staat, um seine Handlungsfähigkeit einzuschränken. Das ist nämlich der Punkt.
Was haben Sie denn in den letzten Jahren gemacht, als die Steuermehreinnahmen nur so gesprudelt sind? Hier reden wir von Schuldenabbau. Was wurde denn auf Bundesebene von Schwarz-Gelb gemacht?
Dann reden wir doch mal über die Verdienste hier in Sachsen. Eine Kindergärtnerin verdient in Sachsen 2 706 Euro. Die steuerliche Mehrbelastung durch RotGrün, wenn wir regieren, wäre null.
Der Elektroinstallateur, monatlicher Bruttoverdienst: 2 136 Euro, steuerliche Mehrbelastung durch die SPD: null.
Diese Liste ließe sich gern weiter fortsetzen, ob mit Techniker, Krankenschwester, Polizist oder Lehrer. Wir können gern weitermachen mit dem Thema kalte Progression. Was haben Sie denn in den drei Jahren gemacht, als Sie die Mehrheit im Bundesrat hatten?
Sie haben sich nicht mit den Ländern geeinigt und das ist der eigentliche Grund. 1 Milliarde Euro wäre bei den Ländern hängengeblieben. Sie hätten wieder die Länder benachteiligt. Wo ist denn Ihr berühmter sächsischer Weg? Sie stellen sich hin und sagen: Wir machen hier den sächsischen Weg. So ein Käse! Hier zeigt sich doch, dass Sie das nicht einhalten. Wo ist hier der sächsische Weg? Wir vertreten unsere Interessen in Sachsen, aber nicht, wenn es zulasten des Landes geht. Das Gegenteil haben Sie gemacht.
Ich habe lange gesucht, ob ich tatsächlich die Berufsgruppen finde, die durch die Steuerpläne von Rot-Grün belastet werden.
Von den 330 Berufsgruppen gibt es tatsächlich bundesweit sechs, die betroffen sind. Durch die Niedriglöhne in Sachsen sind es bei uns eigentlich nur zwei. Wir reden über die Ärztinnen und Ärzte und über die Pilotinnen und Piloten.
Eine Pilotin bzw. ein Pilot, die 6 950 Euro monatlich verdienten, würden eine Mehrbelastung von 129 Euro im Jahr bzw. 10 Euro im Monat haben.
Das sind umgerechnet zehn Tetrapaks Frischmilch, die sich diese Berufsgruppe künftig nicht mehr leisten kann.
Das ist Ihr Problem? Sie unterstellen uns einen Raubzug, weil unsere Steuerpläne dazu führen, dass diejenigen, die 70 000 Euro brutto Jahreseinkommen haben, nun eine Steuermehrbelastung bekommen, die so teuer ist wie eine gute Tafel Schokolade.
Das ist Ihr Problem? Unser Problem in Sachsen ist, dass Sie immer noch eine Niedriglohnstrategie fahren und dass die Löhne in Sachsen immer noch 25 % unter dem Durchschnitt liegen.
Ich sage Ihnen: Die würden gern höhere Steuern zahlen, wenn sie endlich gerecht bezahlt werden würden.
Das ist solidarisch und gerecht. Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat, der neben dem notwendigen Schuldenabbau in die Zukunft und damit in Bildung, Forschung, Entwicklung und Innovation investiert, die soziale Spaltung verhindert und die richtigen Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wachstum schafft. Das schaffen wir nur mit einer gerechten Steuerpolitik. Das schaffen wir nur mit Rot-Grün.
Es wird als rot-grüne Steuerpolitik bezeichnet. Wenn Herr Gabriel die Steuerpläne der GRÜNEN ablehnt,
wenn Herr Steinbrück sich von den grünen Steuerplänen distanziert und wenn umgekehrt sich die GRÜNEN von den SPD-Steuerplänen distanzieren, kann ich nicht erkennen, wo hier eine einheitlich gegossene Steuerpolitik sein soll. Wie wir dieses Ausgabenprogramm, das dahintersteht und das wir überall lesen können, von unseren paar Piloten, die in unserem Land leben, finanzieren lassen können, erschließt sich mir nicht.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP – Torsten Herbst, FDP: Da müssten wir ganz viele Piloten einstellen!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Von den Vorschlägen, die die GRÜNEN auf Bundesebene unterbreitet haben, werden 96 % aller erwerbstätigen Sachsen entlastet – allein schon durch die Anhebung des Grundfreibetrages.
96 % aller erwerbstätigen Sachsen! Ich frage mich, von welcher „gefühlten Mitte“ Sie gesprochen haben, Herr Zastrow. Das hat sich mir nicht erschlossen.