Protocol of the Session on May 15, 2013

mat, Motorroller oder Kohlekraftwerk. Die Durchregulierung des Internets per Gesetz wird nicht funktionieren – das ist klar. Für uns sind daher Medienkompetenz, Bewusstsein und Aufmerksamkeit der wirkungsvollere Ansatz für Jugendmedienschutz – bei Kindern wie bei Eltern. Übrigens: Keine technische Lösung wird das Hinschauen und nötige Gespräche ersetzen.

Aber ich sage auch: Wenn technische Systeme die Eltern bei ihrem Erziehungsauftrag sinnvoll unterstützen können, sollte man sie nicht von vornherein verteufeln. Eltern, die für ihre Kinder auf Filtersysteme zurückgreifen möchten, können dies bereits heute tun. Da solche Systeme auf Black- oder Whitelists bzw. Schlagwörtern basieren, wirken im Gegensatz zu nationalen Regelungen auch über Ländergrenzen hinweg. Beispiele hierfür sind das Jugendschutzprogramm „JusProg" oder „Web of Trust". Das Wichtigste ist, dass es im Ermessen der Eltern liegt, was sie ihren Kindern im Internet zutrauen möchten.

Im vorliegenden Antrag wird fälschlicherweise davon ausgegangen, dass Filter etwas ganz Neues wären – eine Art Vorstufe zur Internetzensur. Das ist schlichtweg Blödsinn!

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich der Jugendmedienschutz aus dem Rundfunkzeitalter nicht eins zu eins ins Internet übertragen lässt. Zu beachten ist auch die zunehmende Verschmelzung von Web und TV, die heute noch deutlicher zu sehen ist als bei der Vorlage des Entwurfs des 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrages im Jahr 2010.

Deshalb müssen wir über moderne Ansätze nachdenken. Es gibt zum Beispiel die „Kinder-Online-Schutz"Initiative der Internationalen Fernmeldeunion, die auf Wissen und Risikobewusstsein setzt, statt auf Zensur und Verbote. Dort werden unter anderem Richtlinien für Kinder, Eltern und Erzieher, aber auch für die Industrie und Politik, veröffentlicht.

Sie können sicher sein: Wir werden das Thema Jugendmedienschutz mit der gebotenen Sensibilität behandeln. Dafür braucht es diesen Antrag nicht.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN hat einen Antrag gestellt, der sich dem Titel nach mit der Novellierung des JugendmedienschutzStaatsvertrags befasst. Tatsächlich verbergen sich hinter diesem Titel zwei andere Anliegen: Zum einen wird zum wiederholten Male die Frage aufgegriffen, zu welchem Zeitpunkt das Hohe Haus in Staatsvertragsverhandlungen einbezogen werden soll. Zum anderen werden Forderungen aufgestellt, was ein neuer JugendmedienschutzÄnderungsstaatsvertrag enthalten soll und vor allem, was er nicht enthalten soll. Es geht also um Form und Inhalt.

Zur Form möchte ich auf Folgendes hinweisen: Die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Legislative in das Aushandeln und den Abschluss von Staatsverträgen einbezogen werden muss, hat uns nicht nur im parlamentarischen Raum, sondern auch bereits bis hin zum Sächsi

schen Verfassungsgerichtshof beschäftigt. Und die Antwort auf diese Frage gilt nach wie vor: Die Staatsregierung kann das Hohe Haus erst dann befassen, wenn sie selbst zu Ergebnissen gekommen ist. Dies liegt nicht an einem mangelnden Willen zur Transparenz, sondern daran, dass sich auch die Staatsregierung zunächst eine Meinung bilden muss, ehe sie ihre Auffassung mit anderen diskutieren kann.

Im Falle einer Novellierung des JMStV steht diese Meinungsbildung jedoch noch aus. Die Ministerpräsidenten haben im Oktober 2012 beschlossen, sich mit dem Thema Jugendmedienschutz erst wieder auf ihrer Jahreskonferenz im Oktober 2013 zu befassen. Insofern liegen derzeit keine Staatsvertragsentwürfe vor – vor allem nicht solche, mit einem zwischen den Ländern geeinigten Regelungsinhalt.

Zum Inhalt: Die gestellten Forderungen sind nicht neu: Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchte mehr auf Medienkompetenz und weniger auf technischen Jugendmedienschutz setzen.

Um es ganz klar vorwegzuschicken: Auch die Staatsregierung hält die Medienkompetenzförderung für einen essenziellen, um nicht zu sagen den wichtigsten Teil des Schutzes von Kindern und Jugendlichen im Rundfunk und im Internet. Kinder und Jugendliche müssen lernen, mit den für sie nicht mehr neuen Medien umzugehen. Sich im World Wide Web sicher zu bewegen ist eine Fähigkeit, die genauso gelernt werden muss wie die sichere Teilnahme am Straßenverkehr. Die Förderung dieser Medienkompetenz erfolgt bereits von vielen Seiten: durch die Schule, durch Angebote der Jugendarbeit, durch Projekte unserer Landesmedienanstalt, aber auch durch Zusammenarbeit mit der Polizei.

Natürlich gibt es auch hier Raum für Verbesserungen und damit Luft nach oben. Ich persönlich zweifle, dass das Thema Medienkompetenzförderung Gegenstand eines Staatsvertrags sein sollte; denn die Bedürfnisse in den einzelnen Ländern sind hier so unterschiedlich wie deren Bevölkerung. Ein entscheidender Faktor dabei ist unter anderem auch der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Ich bin mir nicht sicher, ob man hier durch vereinheitlichende gesetzliche Regelungen etwas verbessert.

Das bedeutet nicht, dass wir nichts tun sollten. Ich denke nur, wir sollten auf der Ebene unseres Freistaats aktiv sein. Und wenn ich mir hierbei die Anzahl der Projekte unserer Landesmedienanstalt ansehen, so denke ich, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.

Um eine solche Medienkompetenz zu fördern, bedarf es aber auch Voraussetzungen und technischer Hilfsmittel. Ich selbst habe lange Zeit darauf geachtet, dass der Arbeitsspeicher des Computers meines jüngsten Sohnes so klein ist, dass aufwendige, komplexe Spiele darauf gar nicht laufen können. Aber diese Erziehungsmaßnahme ist vom technischen Fortschritt unterlaufen worden. So kleine Arbeitsspeicher gibt es gar nicht mehr.

Eltern und anderen Erziehungsberechtigten auch technische Hilfsmittel zur Medienerziehung an die Hand zu geben ist Ziel des technischen Jugendmedienschutzes. Bereits seit 2003 sind Mittel dazu – neben geschlossenen Benutzergruppen, also Plattformen, die nur zugänglich sind, wenn man nachgewiesen hat, zum Beispiel über 18 zu sein – Jugendschutzprogramme.

Diese Jugendschutzprogramme mit dem Schlagwort Zensur zusammenzubringen ist vor allem Polemik. Sachlich geht es den Ländern um Folgendes: Bereits seit zehn Jahren hat der Gesetzgeber die Forderung nach Jugendschutzprogrammen aufgestellt. Seitdem ist im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag verankert, dass anerkannte Jugendschutzprogramme als Mittel zum Jugendschutz geeignet sind. Seit zwei Jahren hat die KJM nun zwei Programme anerkannt, was bedeutet, dass sie festgestellt hat, dass die Schutzwirkung dieser Programme einen Mindeststandard erreicht hat.

Ziel der Länder ist nun, diese Programme zu verbessern und stetig dem technischen Fortschritt anzupassen. Darum soll derjenige Anbieter im Internet, der sein Angebot freiwillig, aber mit Hilfe einer Selbstkontrolleinrichtung kennzeichnet, nicht sofort einem Ordnungswidrigkeitsverfahren unterfallen, für den Fall, dass sich die Kennzeichnung irrtümlich falsch herausstellt und das Angebot doch entwicklungsbeeinträchtigend ist. Dabei ist es wichtig, zwischen verschiedenen Anbietern im Internet zu unterscheiden. An Blogger bzw. Plattformanbieter, zum Beispiel Facebook, sind hier ganz verschiedene Anforderungen zu stellen.

Wie eine solche Privilegierung für verschiedene Internetanbieter aussehen kann, ist ein Thema, über das sich die Arbeitsebene der Länder gerade Gedanken macht.

Wer sich nicht am Jugendschutz beteiligen möchte, der muss in Kauf nehmen, dass seine Angebote von Kindern unter 12 Jahren nicht wahrgenommen werden.

Sehr deutlich möchte ich auf Folgendes hinweisen: Schon vor dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag aus dem Jahr 2003 bestand die Pflicht im Internet, dass entwicklungsbeeinträchtigende Angebote – also solche, die Pornografie, Gewalt oder andere, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung schädigende Dinge enthalten – nur gemacht werden dürfen, wenn der Anbieter sicher stellt, dass Kinder und Jugendliche sie nicht wahrnehmen können.

Die Jugendschutzprogramme sind somit eine Erleichterung für Anbieter im Internet. Kennzeichnen sie ihre Angebote entsprechend, sollen sie die Sicherheit haben, sich rechtskonform zu verhalten. Es gibt Dinge, über die es sich aus meiner Sicht nachzudenken lohnt: Brauchen wir für klassische Internetinhalte, also nicht Filme und nicht Spiele, eine kleinteilige Alterskennzeichnung, oder ist es nicht sinnvoller, hier mit einem gröberen Raster vorzugehen?

Oder: Was gehört zu den Aufgaben der Selbstkontrolleinrichtung und wie viel Information müsste von anderen Stellen, zum Beispiel der KJM, erfolgen? Und schließ

lich: Auch an der Debatte heute sehen wir, dass der JMStV viel zu kompliziert gefasst ist und damit Missverständnissen Vorschub leistet. Wir müssen die Regelungsinhalte einfach und unmissverständlich darstellen.

Aber bei einer Sache bin ich mir sicher: Wenn es darum geht abzuwägen, ob das Recht von Anbietern gewaltverherrlichende Internetseiten, diese im Internet frei zu verbreiten und zumindest zu kennzeichnen, damit sie von

Jugendschutzprogrammen ausgelesen werden können, wichtiger ist, oder das Recht von Kindern, vor solchen geschützt zu werden, dann ist meine Antwort klar: Im Zweifel gilt es, die Kinder zu schützen. Und wir müssen den Eltern eine Möglichkeit an die Hand geben, dieses zu tun.

Damit ist auch dieser Tagesordnungspunkt beendet und ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 10

Wasserversorgung vor der Privatisierung schützen

Drucksache 5/11888, Antrag der Fraktion der NPD

Es beginnt die einreichende Fraktion, die NPD, danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. Ich erteile Frau Abg. Schüßler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit geraumer Zeit wird seitens der EUKommission an der Novelle einer Dienstleistungskonzessionsrichtlinie gearbeitet. Schon bald wurden europaweit Befürchtungen laut, es könnte in diesem Zusammenhang zu einer schleichenden Privatisierung der Trinkwasserversorgung kommen. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass der Landtag die Staatsregierung auffordert, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Bundesregierung eine klare Haltung gegen diesen Entwurf der EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie in der aktuellen Form annimmt.

Notwendig ist dies insbesondere deshalb, weil aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Signale kamen, man wolle sich dort für die Richtlinie und damit für eine Kommerzialisierung der Trinkwasserversorgung einsetzen. Das weckt unangenehme Erinnerungen an die finanziellen Folgen für die Bürger im Zusammenhang mit der Privatisierung von Strom- und Gaslieferungen. Die Aussichten, die Dienstleistungskonzessionsrichtlinie in der jetzigen Form zu verhindern, stehen gut. Anfang Mai 2013 konnte die europäische Bürgerinitiative „Wasser ist Menschenrecht“ einen Erfolg verbuchen. Das EU-weite Bürgerbegehren gegen die Privatisierung der Wasserversorgung hatte sein Ziel erreicht.

Mit Luxemburg, Finnland und Litauen als sechstes bis achtes Land wird das notwendige Quorum erfüllt. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Gerd Landsberg, äußerte sich aus diesem Anlass wie folgt: „Die Kommission kann jetzt die Arbeiten an der geplanten Dienstleistungskonzessionsrichtlinie nicht fortsetzen, als wäre nichts gewesen. Wir erwarten, dass jetzt gehandelt wird und die Wasserversorgung insgesamt aus der geplanten EU-Richtlinie herausgenommen wird. Auch die Bundesregierung und das EUParlament müssen sich hierfür einsetzen.“

Auch zahlreiche Leserbriefe, die in den letzten Monaten in den Redaktionen der Presse eingingen und veröffentlicht wurden, bestätigen den Willen der Bürger in dieser Sache. Sie wollen, dass die Wasserversorgung in kommunaler Hand bleibt und nicht durch den Zwang zu europaweiten Ausschreibungen weitgehend privatisiert wird. In Deutschland gibt es über 6 000 Wasserversorgungseinrichtungen der Kommunen, die dieses wichtige Lebensmittel in hoher Qualität zu akzeptablen Preisen produzieren. Bereits heute sind 46 % der Einrichtungen unter Beteiligung von privaten Unternehmen und Stadtwerken organisiert.

Zusätzliche europaweite Ausschreibungen zu verpflichten, produzieren nach dem Standpunkt des Deutschen Städte- und Gemeindebundes in Berlin überflüssige Bürokratie, schaffen keine zusätzliche Transparenz und bergen die Gefahr, dass große monopolartige Strukturen entstehen. Der derzeitige Vorschlag der EU-Konzessionsrichtlinie birgt die Gefahr der Privatisierung der Wasserversorgung auch für den Freistaat Sachsen.

So weit erst einmal. Mein Kollege Löffler wird Ihnen dann unseren Antrag noch etwas näher erläutern.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Frau Abg. Windisch, bitte.

Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Nacht senkt sich langsam über Dresden, aber ich sage: Guten Morgen, ausgeschlafen, rechts außen?

(Andreas Storr, NPD: Sind wir immer, auch zur Nachtstunde!)

Sie reden heute über einen Entwurf der EU

Dienstleistungsrichtlinie, der erstmals im Dezember 2011 bekannt wurde, im Dezember 2012 in der überarbeiteten Version, dem am 24. Januar 2013 der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz zugestimmt hat. Mindestens dann hätten Sie von der NPD aufwachen

müssen, ginge es Ihnen tatsächlich um die Zukunft der Trinkwasserversorgung in Sachsen. Es liegt doch geradezu auf der Hand, dass Ihnen dieses Thema gerade wieder einmal recht kommt, um die Ihnen eigene Europaphobie zu bedienen.

Es geht Ihnen eben nicht, wie Sie gerade behaupten, um den Schutz der Trinkwasserversorgung der Kommunen und der Bürger von Europa. Sie haben ganz einfach, Frau Schüßler, auch die Zusammenhänge nicht begriffen. Wenn es etwas brächte, würde ich mit Ihnen gerne in einen fachlichen Disput gehen, aber hier eine Rede einfach herunterzurasseln, deren Inhalt man gar nicht erfasst hat, das wird diesem Hohen Hause überhaupt nicht gerecht.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Zum Glück sind alle anderen, die in Europa, in Deutschland und hier in Sachsen etwas zu entscheiden haben, früher aufgewacht als Sie: die deutschen Europaabgeordneten, und zwar fraktionsübergreifend die Bundesländer, fast zwei Millionen Bürger in der Initiative „Right to Water“, zahlreiche NGOs und die kommunalen Wasserversorger.

Die CDU-Landtagsfraktion beschäftigt sich seit Monaten in enger Abstimmung mit unserem Europaabgeordneten mit diesem für die kommunale Daseinsvorsorge äußerst sensiblen Thema. Wir haben in den vergangenen Wochen jede Möglichkeit genutzt, das Thema anzusprechen. Bereits vor einem Vierteljahr, im Februar, haben wir als CDU-Fraktion zum Beispiel in einer Pressemitteilung öffentlich Position bezogen. Da hat die NPD noch tief geschlafen. Ich zitiere nur zwei Sätze aus dieser Pressemitteilung: „Die zuverlässige Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit Wasser in Lebensmittelqualität ist keine Angelegenheit, die dem freien Markt überlassen werden darf. Wasserversorgung zu bezahlbaren Preisen und in hoher Qualität ist ein Grundpfeiler der Daseinsvorsorge und gehört deshalb ohne Zweifel in öffentliche bzw. in kommunale Hand.“

Man kann ja trefflich darüber spekulieren, was den französischen Wettbewerbskommissar Michel Barnier bewogen hat, auch die öffentliche Wasserversorgung dem Wettbewerbsrecht unterwerfen zu wollen. Eine kleine juristische Nachhilfe für Brüssel sei schon erlaubt. Ich möchte auf Artikel 5 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union hinweisen. Dort heißt es ganz klar: „Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur dann tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedsstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfanges oder ihrer Wirkung auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.“ – So weit der Artikel 5.