Protocol of the Session on May 15, 2013

Sie haben es in der Anhörung deutlich gehört: Die Erfahrungen der Kommunen seit 2010 zeigen, dass die faktische Abschaffung der kommunalen Baumschutzsatzungen nicht zu einer Entbürokratisierung führte. Im Gegenteil, der geänderte – alte – § 22 führte zu mehr und teilweise auch zu rechtswidrigen Baumfällungen. Frau Dr. Pinka hat das schon ausführlich dargestellt und auch zitiert, was von den Sachverständigen dazu ausgeführt worden ist.

Viele Bürgerinnen und Bürger wissen nicht – und können auch nicht wissen –, ob ihr Baum unter Naturschutz steht oder nicht. Das Ganze bedeutet für die Kommunen einen erhöhten bürokratischen und finanziellen Aufwand. Die kommunalen Vertreter wiesen in der Anhörung zum wiederholten Male darauf hin: Die faktische Abschaffung der Baumschutzsatzung ist naturschutzfachlich unsinnig.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Die Regelung stellt einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und die Finanzhoheit der Kommunen dar.

Nächstes Stichwort: Abschaffung der Vorkaufsrechte. Entgegen aller fachlichen Argumente hat die schwarzgelbe Staatsregierung zu Beginn dieser Legislaturperiode das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht abgeschafft. Auch hier stand wieder das Scheinargument des Bürokratieabbaus Pate. Die sächsische CDU/FDP-Koalition verfährt nach dem Grundsatz: „Erfahrung macht nicht klug, sondern stur.“

Dabei muss man sich einmal vorstellen, dass das Bundesgesetz zum Naturschutz ausdrücklich Vorkaufsrechte festschreibt, und zwar aus guten Gründen; die Argumente kennen Sie alle. Ich will hier nur eines nennen, den Biotopverbund. Daran wird deutlich: Es wird offensichtlich widersprüchliche Naturschutzpolitik in Sachsen gemacht.

Da führen die Koalitionsfraktionen mit ihrem Änderungsantrag einen neuen Passus zum Biotopverbund ein. Grundsätzlich ist dies erst einmal zu begrüßen, auch wenn nach unserer Vorstellung die Zuständigkeit besser beim LfULG liegen sollte. Gleichzeitig wird mit der Abschaffung des Vorkaufsrechts die Möglichkeit gestrichen, Schritt für Schritt erforderliche Flächen zu erwerben, um die gesetzlich festgeschriebene Zielstellung eines Biotopverbundes umzusetzen. Das ist absurd!

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Absurd war ebenfalls der Versuch der Koalition im Ausschuss, mit einem Änderungsantrag zum Natur

schutzgesetz mal eben kurzerhand, einfach so zwischendurch und so ganz nebenbei das Waldgesetz grundlegend zu ändern und das Vorkaufsrecht am Wald für die Kommunen abzuschaffen. Dank der Intervention der SPD, aber auch der anderen Oppositionsfraktionen

(Heiterkeit und Beifall bei den LINKEN)

ist diese Regelung nicht durchgekommen.

Meine Damen und Herren! Die Novellierung des Sächsischen Naturschutzgesetzes hat sehr wohl die Möglichkeit eröffnet, nicht nur Bundesrecht umzusetzen, sondern auch den sächsischen Naturschutz zu stärken. Stattdessen haben wir ein Gesetz, bei dem naturschutzfachliche Standards mit dem Scheinargument der – angeblichen – Entbürokratisierung abgebaut werden. Wir werden diesem Gesetz demzufolge nicht zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Nun für die FDP-Fraktion Herr Abg. Hauschild. Herr Hauschild, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin ein wenig erschüttert: Frau Dr. Deicke, Sie sprachen davon, das Gesetz atme einen „naturschutzfeindlichen neoliberalen Geist“. Das tut ja schon weh beim Zuhören! Es ist auch falsch.

(Lachen bei den LINKEN und der SPD)

Sie haben es gesagt. Ich habe es nicht erfunden.

Dann sagten Sie, wir könnten uns dieses Gesetzentwurfs nicht rühmen. Doch, das können wir! Das Gesetz sagt nämlich etwas Wichtiges aus: Es geht um Naturschutz mit Vernunft. – Das ist vielleicht nicht in allen Landesregierungen so. In Sachsen ist es so, und darauf sind wir auch stolz.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Frau Dr. Deicke, Sie haben sich – wie auch Frau Dr. Pinka – an der Baumschutzsatzung abgearbeitet. Leider haben Sie meine Zwischenfrage nicht zugelassen; Sie wussten, dass es um den Baumschutz geht. Aber unser Gesetz ist richtig und gut. Es gibt Freiheit.

Das Problem ist nicht das Gesetz, sondern die Umsetzung in den Städten und Gemeinden.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Der mündige Bürger ist für Sie das Problem!)

Ein Problem entsteht, wenn die Stadtverwaltung einfach nicht vernünftig mit den Bürgern kommuniziert.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Genau!)

Sie haben ein Beispiel genannt, nämlich die Frage, ob dort ein Hühnerstall steht oder nicht. Dazu sage ich: Im

Gesetz ist klar von „Wohnbebauung“ die Rede. Die wenigsten Leute wohnen im Hühnerstall.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Peinlich!)

Noch kurz zum Vorkaufsrecht: Dieses wurde richtigerweise abgeschafft. Es wurde sehr selten genutzt, brachte aber eine Menge Verwaltungsaufwand mit sich, weil man alles prüfen musste.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, signalisiert Fragebedarf.)

Frau Dr. Pinka, wenn es eine Frage zum Baumschutzgesetz wird, würde ich darauf jetzt nicht eingehen.

(Heiterkeit)

Herr Hauschild?

Gern, wenn es um den Hühnerstall geht.

Nein, Herr Hauschild, ich möchte mit Ihnen nicht mehr über Baumschutzsatzungen diskutieren, sondern Ihnen die Frage stellen, ob Sie wissen, wie viele Vorkaufsrechte in den Kommunen in den letzten Jahren beansprucht worden sind, um entsprechend dem Naturschutzgesetz überhaupt an Flächen zu kommen. Wissen Sie das?

Ich kann Ihnen eine Verhältniszahl nennen. Das Verhältnis zwischen dem, was tatsächlich genutzt wurde, und den Fällen, die alle geprüft werden mussten, ist so niedrig, dass man es mit einer normalen Zahl gar nicht mehr ausdrücken kann.

Sie gestatten noch eine Nachfrage?

Frau Dr. Pinka, bitte.

Wissen Sie, dass es im Naturschutzgesetz überhaupt keine Vorkaufsrechte für Kommunen gab? Deshalb kann man auch keine ausüben.

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf: Fangfrage!)

Jetzt bringen Sie etwas durcheinander. Aber gut, das ist egal. Lassen wir diese kleinen Scharmützel und kommen wir zu den wichtigen Sachen und ich damit zu meinem Vortrag.

Privates Engagement und privater Einsatz haben schon immer zu den größten Erfolgen geführt. Privatinitiative ist staatlichem Zwang überlegen. Wir müssen nicht in die Vergangenheit blicken – –

(Unruhe bei den LINKEN)

Da wird DIE LINKE ein bisschen sauer, klar. Aber staatlicher Zwang ist nun einmal nicht jedermanns Sache.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ja, ja!)

Aber wir müssen nicht in die Vergangenheit blicken, um das bestätigt zu bekommen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ist es uns gelungen, dieses Prinzip nutzbringend auch für den Naturschutz zur Anwendung zu bringen. Das neue Sächsische Naturschutzgesetz lässt Raum für Privatinitiative. Es ersetzt, wo es möglich ist, staatliche Maßnahmen durch privaten Einsatz und verortet den Naturschutz dort, wo er hingehört: in die Hände der Menschen, die ihn vor Ort ausführen.

Beim Naturschutz steht der Mensch im Mittelpunkt. Natur-, Umwelt- und Artenschutz schaffen die Voraussetzungen für ein angenehmes Leben für uns und die kommenden Generationen. Deswegen müssen auch wir dafür Verantwortung übernehmen.