Ich bin der Überzeugung, dass wir diese Daten auch für uns selbst brauchen, denn nicht alle Vorkommen werden wirtschaftlich abbaubar sein. Aber wir – jetzt sind wirklich einmal die Sachsen gemeint – haben hier die Chance – das sagte ich schon einmal –, selbst Technologieentwicklung zu betreiben, nämlich im Bereich neuer Abbautechnologien oder neuer Verfahrensentwicklungen.
Sachsen könnte das Rohstofflabor Deutschlands werden. Hier könnte gezeigt und untersucht werden, ob und wie auch schwierige Erze unter den gegebenen Bedingungen der dichten Besiedelung und der ökologischen Rahmenbedingungen abbaubar wären.
Wir könnten mit den hier in Sachsen ausgebildeten ausländischen Studentinnen und Studenten den Wissenstransfer in deren Heimat gestalten. Sie aber rennen immer noch dem Irrglauben hinterher, dass alle unsere Vorkommen von irgendwelchen Investoren bis zur Bergbaureife getragen würden.
Deshalb schauen wir uns doch einmal die Realität an, Herr Herbst, aber die Realität zur Gewinnung der Rohstoffe. Seit 2008 wurden vier Bewilligungen nach § 8 Bundesberggesetz, also zur Genehmigung, um Bodenschätze aufzusuchen und zu gewinnen, ausgestellt. Eine davon betrifft die Braunkohle, nur eine davon. Eine seit Jahrzehnten aus DDR-Zeiten bekannte Fluss- und Schwerspatlagerstätte wird es hoffnungsvoll bis zum Abbau bringen. Für eine Bewilligung gibt es noch keinen guten technologischen Verarbeitungsansatz, nämlich für die in Pöhla. Hier geht es um Zinn, Flussspat, Indium, Wolfram. Dann gibt es noch eine bergrechtliche Bewilligung für die Kupferlagerstätte in Schleife. Dazu können Sie gerne einmal nach den Erfahrungen Ihres Ministerpräsidenten fragen, als er sich mit den Aussagen bei seiner Dienstreise in Polen deutlich verhoben hatte. Sie sollten sich einfach einmal von einem Vortrag des polnischen Kupferunternehmens, der KGHM, inspirieren lassen, unter welchen knallharten Bedingungen sie eine Lagerstätte abbauen würden. Da könnten Sie wirklich noch dazulernen. Allerdings finde ich am schönsten an Ihrem Punkt 2a, dass Sie irgendwie doch noch das Inventar von Bergbauhalden für sich entdeckt haben.
In seiner Stellungnahme zum Antrag der LINKEN hatte Herr Morlok im Februar vergangenen Jahres noch folgende Auffassung unterschrieben: „Zum anderen werden Untersuchungen eingefordert, die weder unter sachlichen Gesichtspunkten notwendig noch unter wirtschaftlichen Bedingungen darstellbar sind. Dazu gehört beispielsweise die geforderte Nutzung von Bergbaurückständen.“ Eine Studie zur Rohstoffwirtschaft zu erstellen ist sicher sinnvoll. Auch bei den formulierten Zielen könnte ich mitgehen. Alles, was Sie im Punkt 2b formuliert haben, ist sicher nicht falsch. Mir erschließt sich nur leider nicht, wem dies genau dienen soll.
Wenn ich den einen Halbsatz richtig verstehe, zielen diese Daten doch wieder nur auf die Vermarktung der erlangten Erkenntnisse hin. Das ist mir, wie ich oben ausführte, deutlich zu wenig. Erstens wird hier vermeintlich wieder nur auf primäre Rohstoffe abgezielt, und zweitens haben Sie offensichtlich keinen Plan B dafür, wenn sich das Vermarktungspotenzial doch als Blase herausstellt. Drittens stellt sich für Sie nicht die Frage, ob wir als Staat nicht auch diese Potenziale für unsere eigene Wissensbasis brauchen.
Ich komme zum Punkt 2c. Ich selbst habe in vielen europäischen Rohstoff- und Bergbauprojekten in den letzten zehn Jahren mitgewirkt. Die Firma, für die ich immer noch arbeite, hat übrigens ein sächsisches Alleinstellungsmerkmal erlangt. Wir standen auf weiter Flur alleine da. Keiner von Ihnen hat sich in den letzten Jahren
in Brüssel für die sächsische Rohstoffwirtschaft stark gemacht. Jetzt kann man nur noch feststellen, dass Sie es verpasst haben, dem Programm „Horizon 2020“ und der Ausformulierung der sogenannten Key Enabling Technologies Ihren sächsischen Stempel aufzudrücken. Dies jetzt per Antrag nachträglich irgendwie doch noch nachholen zu wollen halte ich, gelinde gesagt, für Größenwahn.
Die wirklich wichtigen offenen Fragen der Rohstoffstrategie gehen Sie aber mit Ihrem Antrag mit keiner Silbe an: die Ausgestaltung der Feldes- und Förderabgabe, meinetwegen auch mit Hinblick auf eine Lenkungswirkung, oder die Neustrukturierung der Bergbauverwaltung oder die offene finanzielle, zeitliche oder organisatorische Umsetzung der Rohstoffstrategie oder die Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten, mit Nachbarbundesländern. All dies ist nach wie vor offen, und der von Ihnen eingereichte Antrag heilt die Rohstoffstrategie nicht, und sie wird auch mit diesem nicht wirklich fortentwickelt. Daher lehnen wir diesen Antrag ab.
Vielen Dank, Frau Dr. Pinka. – Für die Fraktion der SPD spricht Herr Jurk; bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Alles kommt vom Bergwerk her“ – wir kennen diesen Spruch. Wir wissen auch, dass der Rohstoffreichtum den Freistaat Sachsen seit dem 12. Jahrhundert wirtschaftlich und sozial stark geprägt hat.
Die immer noch vorhandenen Schätze in unserer Erde – Zinn, Kupfer, Seltene Erden, Wolfram, Silber, Nickel, Flussspat, Lithium, Gallium, Germanium, um nur eine kleine Auswahl zu nennen – können auch Sachsens Zukunft bestimmen; denn in fast allen Landesteilen – im Erzgebirge, dem Vogtland, der Lausitz, aber auch in Nord- und Mittelsachsen – gibt es bedeutende Vorkommen wertvoller Rohstoffe. Zudem besitzt Sachsen erhebliche Kompetenzen im Bereich der Rohstoffwirtschaft und der Rohstoffforschung, vor allem an der Bergakademie Freiberg und dem neuen Helmholtz-Institut für Ressourcentechnologie.
Die Frage der optimalen Nutzung unserer einheimischen Rohstoffe, die Verbesserung der Rohstoffeffizienz sowie die Sicherung der Rohstoffverfügbarkeit zu bezahlbaren Preisen ist – und wird es noch stärker sein – eine politische Kernaufgabe für Sachsen, Deutschland, aber auch die Europäische Union.
Sachsen ist dabei nicht untätig geblieben. Ich erinnere sehr gern an die Aktivitäten des Geokompetenzzentrums Freiberg, unter anderem mit Dr. Manfred Goedecke, der seinerzeit auch im Innovationsbeirat saß. Frau Kollegin Dr. Pinka, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass der vom SMWK und vom SMWA damals einberufene
Diese Anregung des Innovationsbeirates wurde durch die CDU/SPD-Koalition aufgenommen und mit der Drucksachennummer 4/15065 als Antrag „Rohstoffland Sachsen“ im Landtag beschlossen. Dieser Antrag sah die Erstellung einer sächsischen Rohstoffstrategie vor. Dann kam der Regierungswechsel, und erst 2012 – ich gestehe ein, dass die neue Koalition sich einarbeiten musste – wurde die Rohstoffstrategie vorgestellt.
Leider ist der vorliegende Bericht keine Strategie, sondern nur eine – durchaus gute – Zustandsbeschreibung bzw. Bestandsaufnahme. Es fehlen zentrale Punkte, die eine Strategie kennzeichnen. So sind keine abgeleiteten Maßnahmen erkennbar. Es fehlt die Definition von Zielen. Und: Umsetzungszeitraum und Kontrollgremium bleiben offen.
Leider ist auch in dem heute vorliegenden Antrag der Koalition davon keine Rede. Die aus Koalitionssicht sehr gute Vorlage – man lese Punkt 1 des Antrags – wird nach nicht einmal einem halben Jahr schon nachgesteuert bzw. hinterfragt; siehe Punkt 2 des Antrags.
Auch aus diesem Grund kann die Vorlage nicht als Vorbild dienen. Denn wenn man sich die Rohstoffstrategie der Europäischen Union – erste Version: 2008, Neufassung: 2011 – anschaut oder aber die Rohstoffstrategie des Bundes – Grundzüge: 2007, Vorstellung: 2010 –, kommt man zu dem Ergebnis: Diese sind deutlich ziel- und handlungsorientierter.
Erstens. Das Thema „Folgekostenabschätzung“ wird komplett vernachlässigt. Das ist eigentlich unverantwortlich, wenn ich an die Wismut oder an den Braunkohlenbergbau denke.
Zweitens. Auf Seite 37 steht ein Satz, der mich stutzig gemacht hat: „… Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen an die Erfordernisse der Rohstoffwirtschaft“. Hier besteht eindeutig die Gefahr, dass das Umweltrecht aufgeweicht wird. Das ist kein nachhaltiger Ansatz.
Drittens. Der wichtige Bereich der Rohstoffeffizienz, und zwar in allen seinen Facetten, kommt viel zu kurz.
Nun möchte ich auf einige Vorschläge meiner SPDFraktion zur Stärkung und vor allem zur besseren Nutzung des Rohstofflandes Sachsen etwas ausführlicher eingehen:
Erstens. Wir wollen die Sicherung und Verbesserung des Zugangs zu unseren heimischen Rohstoffen sowie deren Nutzung für die Schaffung heimischer Wertschöpfungsketten als Bestandteil der sächsischen Politik, insbesondere der sächsischen Wirtschaftspolitik. „Rohstoffland Sachsen“ bzw. „Bergbauland Sachsen“ kann wieder zu einem echten Markenzeichen, ja Alleinstellungsmerkmal werden. Dafür müssen aber erhebliche Anstrengungen unternommen werden. Sonntagsreden oder Berichtsanträ
ge helfen uns da wenig weiter. So bedurfte es erst der Kritik der demokratischen Oppositionsfraktionen, damit im letzten Doppelhaushalt ein Titel zur Umsetzung der Rohstoffstrategie nachgetragen wurde, ausgestattet mit lediglich 200 000 Euro jährlich. Das ist der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.
Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Rohstoffe, die in Sachsen gewonnen werden, in Sachsen verarbeitet und hier anschließend auch genutzt werden,
um die regionale Wirtschaft und die sächsische Wertschöpfung zu stärken, nach dem Motto: „Wertschöpfung aus der Region für die Region“. Nur wenn wir das sicherstellen, werden der Freistaat, seine Unternehmen und seine Bürger einen echten Nutzen erfahren.
Leider hinterlassen die Entwicklungen der letzten Jahre hier deutliche Fragezeichen. Ein Beispiel ist die Erschließung der Kupferlagerstätten in der Lausitz. Diese erfolgt unter anderem durch den multinationalen Bergbaukonzern Minera AG: Hauptsitz in Washington, eingetragen im Kanton Zug in der Schweiz. Grund – siehe Imagebroschüre –: die besonders günstigen Steuerkonditionen. Das Unternehmen hat Beteiligungen in Slowenien, Bolivien, China, Spanien usw. Die Zukunft des sächsischen Bergbaus sieht so nicht mehr sächsisch aus.
Wir müssen doch dafür sorgen, dass es vor allem sächsische Unternehmen sind, die von der Erkundung über die Förderung bis hin zur Verwertung profitieren. Wir wollen das sicherstellen durch die Verbesserung der Rahmen- und Unterstützungsprogramme für die betroffenen sächsischen Unternehmen. Aber auch in Anbetracht der Größenordnung und der Langfristigkeit der Investitionen muss über Formen von Beteiligungen bis hin zur Schaffung eines staatlichen sächsischen Bergbauunternehmens ernsthaft nachgedacht werden.
Wer dem etwas entgegenhält, den verweise ich auf die Unternehmenskonstruktion von Vattenfall; das beschäftigt uns aktuell. Viele rohstoffreiche Länder gehen inzwischen den Weg über staatliche Bergbaufirmen. Im Gegensatz zur vorgelegten Rohstoffstrategie ist es aus meiner Sicht nicht unbedingt eine Aufgabe von Firmen, die Rohstoffversorgung zu sichern, sondern sie muss im nationalen, im staatlichen Interesse liegen. Das ist für mich eine besondere strategische Frage.
Zweitens. Bergbau muss in die Investitionsförderung aufgenommen werden. Ist das über den Bund nicht durchsetzbar, müssen wir uns im Freistaat überlegen, ob wir dafür ein eigenes Förderprogramm auflegen lassen. Bisher gibt es keine Möglichkeit, für Aufsuchung und Erkundung eine Förderung zu beantragen. Das schadet
Darüber hinaus brauchen wir bessere Darlehens- und Bürgschaftsprogramme. Denn Bergbau ist tatsächlich eine langfristige Investition und zudem mit hohem finanziellem Risiko behaftet, gerade für kleine und mittelständische Unternehmen.
Drittens. Wir wollen ein Pilotprojekt „Material-/Rohstoff Coach“ für kleine und mittelständische sächsische Unternehmen zur Verbesserung der Rohstoffeffizienz. Insoweit kann man auf die sehr positiven Erfahrungen der Kammern zurückgreifen.
Viertens. Wir wollen die Erweiterung des sächsischen Förderprogramms für Energieeffizienz in kleinen und mittelständischen Unternehmen um den Tatbestand der Materialeffizienz.
Fünftens. Ein modernes Vergaberecht mit einem Schwerpunkt auf umwelt- und ressourcenschonender Beschaffung ist aus unserer Sicht unbedingt erforderlich. Nach dem, was hier im Plenum kürzlich beschlossen wurde, bieten wir Ihnen natürlich – noch im April oder später – mit unserem Vergabegesetz die Gelegenheit, das noch einmal zu bedenken.
Sechstens. Wir wollen die Stärkung der sächsischen, mittelständisch geprägten Bergbauunternehmen durch die Schaffung einer sächsischen Verbundinitiative bzw. eines Clusters Bergbau- und Rohstoffwirtschaft. Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir uns – ähnlich wie in anderen Sektoren unserer sächsischen Wirtschaft – Gedanken machen müssen über die Überwindung der Kleinteiligkeit und insbesondere die Verknüpfung mit Forschungseinrichtungen.
Siebentens. Ganz besonders wichtig ist die Entwicklung einer Fachkräftestrategie für die sächsische Rohstoffwirtschaft. Hier ist aber auch die Verantwortung der Unternehmen anzusprechen, die uns ihre Personalplanung frühzeitig bekannt machen müssen.
Achtens. Wir wollen die Bündelung der vorhandenen Kompetenzen in einer Hand – Frau Vorrednerin hat bereits darauf hingewiesen –, beispielsweise durch die Zusammenlegung des Oberbergamtes mit dem Bereich Bergbau des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie zu einer gemeinsamen Behörde für Bergbau und Geologie.
Neuntens. Wir wollen die Gleichstellung hinsichtlich der Förder- und Feldesabgabe für alle Rohstoffentnahmen, denn die derzeitige Regelung ist unzureichend und ungerecht. Wir haben es gerade noch einmal gehört: Die Rohstoffe werden sehr unterschiedlich behandelt. Einige sind befreit, andere nicht. Wir schlagen vor, die Förder- und Feldesabgabe zu vereinheitlichen, die daraus gewonnenen Einnahmen in einem Fondsmodell zu bündeln und zum Beispiel zur Aufbereitung der Datengrundlagen – Stichwort: ROSA-Projekt – zu nutzen.
Ich will auch sehr deutlich sagen: Das Argument, die Erhebung einer Förder- oder Feldesabgabe sei ein Wettbewerbsnachteil, erschließt sich mir nicht. Das kann nur dann der Fall sein, wenn wir in einem Wettbewerb stehen mit anderen Regionen, die denselben Rohstoff wie wir haben. Wenn wir einen Rohstoff haben, der auch in weiter Entfernung nicht vorhanden ist, dann können wir – auch ohne dass unsere Wettbewerbsposition gefährdet ist – eine Förder- und Feldesabgabe erheben.
Die sächsische Rohstoffwirtschaft und der sächsische Bergbau haben mit den richtigen Rahmenbedingungen eine gute Zukunftschance. Ich hoffe sehr, dass nach dem heutigen Beschluss aus der Rohstoffbestandsaufnahme wirklich eine sächsische Rohstoffstrategie wird.
Die zunehmende Rohstoffknappheit und steigende Preise bilden dabei den Handlungsrahmen. Mit Mut und Entschlossenheit ist für den Freistaat Sachsen beim Thema Rohstoffe viel möglich. Wir als SPD-Fraktion bekennen uns klar und eindeutig zur Bergbautradition und zur Zukunft des sächsischen Bergbaus und seiner Rohstoffwirtschaft. Glück Auf!