qualifikation für Kranken- und Altenpflege. Um die Attraktivität des Berufes zu erhöhen, müssen sich aber auch Gehalt und Image verbessern.
Um sich nicht in einer Debatte zu zehn- oder zwölfjähriger Schulbildung zu verlieren, lohnt sich ein Blick in den EU-Richtlinienentwurf. Darin heißt es – es wurde bereits ausgeführt; ich möchte es nochmals wörtlich vortragen –: "Die Berufszweige Krankenpfleger und Hebamme haben sich in den letzten drei Jahrzehnten deutlich weiterentwickelt. Daher sollte die Zulassungsvoraussetzung für diese Ausbildung auf eine allgemeine Schulbildung von zwölf Jahren oder eine bestandene Prüfung von gleichwertigem Niveau erhöht werden." Die EU-Kommission fordert also keineswegs einen Abiturzwang.
Ihre Argumentation stellt auf die Dauer der Schulbildung oder eine damit vergleichbare Prüfung ab, die auch durch eine vorgeschaltete Ausbildung und Berufserfahrung erreicht werden kann. Unabhängig vom Vorstoß der EUKommission bezüglich des Zugangs wird in Deutschland seit Langem über eine Reform in der Pflegeausbildung diskutiert.
Das derzeitige System ist in drei Säulen – die Kinderkrankenpflege, die Gesundheits- und Krankenpflege sowie die Altenpflege – gegliedert, in denen getrennt ausgebildet wird. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge schlägt ein Stufenmodell aus drei Ausbildungsgängen vor: einen unteren Einstiegspunkt für Pflegehelfer und -assistenten, in der Mitte eine qualifizierte Pflegefachkraft und darüber eine akademische Pflegefachkraft mit Hochschulstudium.
In einem solchen System kann man die Teilakademisierung vorantreiben, allerdings werden in der Pflege nicht nur studierte Fachkräfte gebraucht, sondern viele unterstützende und helfende Berufe, die ebenso gefördert werden müssen. Denn nicht nur die schulische Vorbildung entscheidet über die Qualität der Arbeit in der Pflege, sondern auch die darauffolgende Fachausbildung und vor allem die persönliche Eignung, der Wunsch, diesen Beruf ausüben zu wollen.
In Deutschland gibt es eine duale Ausbildung, die einen mittleren Schulabschluss voraussetzt. Daneben ist es nötig, die Pflege- und Gesundheitsberufe nach oben hin zu öffnen. Genau darauf haben wir unseren Antrag „Akademische Studienangebote für Pflege und Gesundheit im Freistaat Sachsen fördern“, den wir im Sozialausschuss behandelt haben, abgestellt. Wir wollen bestqualifizierte Fachkräfte in allen Ebenen.
Studien und Ausbildungen sind bereits heute bei circa 40 Fachhochschulen und Universitäten in über 50 Studiengängen möglich. Während der Ausbildung zur staatlich anerkannten Altenpflegerin können sich Berufsfachschüler mit Abitur oder Fachhochschulreife gleichzeitig zu einem Studiengang mit dem Abschluss Bachelor of Arts Medizinalfachberufe einschreiben. Das ist gleichzei
Aus den Erfahrungen der Heimträger ist es so, dass junge Menschen mit Abitur kaum in der Altenhilfe studieren wollen. Hier wird eine durchlässige Ausbildung favorisiert. Aus den Erfahrungen der Hebammen ist zu erkennen, dass ein großes Berufsinteresse und Bewerbungen von Abiturienten zu verzeichnen sind.
Das Bundesgesundheitsministerium hat dem Gesundheitsausschuss des Bundestages mitgeteilt, dass es das Vorhaben der EU-Kommission ablehnt. Auch die Gesundheitsminister der Länder lehnten dieses Vorhaben ab. Das kann ich vor dem Hintergrund der Bund-LänderArbeitsgruppe zur Reform der Pflegeausbildung und deren Inhalten, die auf diese Durchlässigkeit abzielen, nicht nachvollziehen. Eigentlich sind wir doch auf einem guten Weg, um die EU-Richtlinien zu erfüllen. Wir müssen uns doch gar keine Sorgen machen. Wir müssen das Berufsbild der Pflege aufwerten. Wir brauchen Pflegekräfte mit Herz und Bildung.
Ihr Antrag ist meiner Ansicht nach unkundig und kurzfristig. Deshalb können wir dem Antrag nicht zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn ich es immer wieder begrüße, dass die Koalitionsfraktionen den Pflegeberufen Aufmerksamkeit schenken, hätte ich mir doch gewünscht, dass der Antrag wenigstens ansatzweise etwas mit dem eigenen Gestaltungs- und Verantwortungsbereich in Sachsen zu tun gehabt hätte.
Sie greifen eine Initiative der EU auf, hängen sich damit an ein zugegeben sehr aktuelles Thema an und wollen aus meiner Sicht aber auch ein wenig davon ablenken, was in Sachsen im vergangenen groß angekündigten Jahr der Pflege alles nicht passiert ist.
Im vergangenen Jahr wurde leider vonseiten der Fraktionen und der Staatsregierung nichts vorgelegt, was jetzt Anlass dazu geben könnte, an das Interesse der Staatsregierung und der Koalitionsfraktionen nachhaltig zu glauben, im Gegenteil. Ich will noch einmal daran erinnern, was im vergangenen Jahr abgelehnt worden ist: Maßnahmen, die eine Verbesserung des Berufsfeldes der Pflege in Sachsen nach sich ziehen hätten können. Ich erinnere daran, dass es im Bereich der Altenpflege beispielsweise nicht gelungen ist, die vorliegende gute Ausbildungskonzeption umzusetzen. Es wurde gerade einmal mit der Einführung der Hilfsausbildung begonnen. Die Einführung der Teilhochschulausbildung wurde abgelehnt und noch nicht umgesetzt.
Auch wurde es abgelehnt, die finanzielle Absicherung des dritten Umschulungsjahres für die Ausbildung in der Altenpflege vorzunehmen. Die Wiedereinführung der notwendigen Ausbildungsplatzumlage in der Altenpflege wird auch derzeit leider nicht auf die Tagesordnung gehoben.
So sprechen wir heute über eine Initiative der EU zur Neufassung der Berufsanerkennungsrichtlinie, die – angelehnt an die Ausbildungsrealität in 24 EU-Ländern – eine wünschenswerte Verbesserung und Aufwertung des Berufsbildes der Pflege zum Ziel hat.
Im Berichtszeitraum des Antrages werden nachvollziehbare und interessante Fragen, wie die nach den Gründen und den konkreten Auswirkungen dieser Änderungen, gestellt. Jedoch bevor wir diese Antworten bekommen, wird in Punkt 3 zugleich die Ablehnung der Vorschläge beantragt. Das ist inkonsequent. Allerdings muss man zugestehen, dass dies exakt die Meinung des Bundesrates ist, der bereits am 2. März darüber entschieden hat, was Sie am 6. März in Ihren Antrag geschrieben haben. Der tatsächliche Inhalt des Antrages mit der Aufforderung der Staatsregierung hat sich in dem Fall bereits erledigt.
Wir haben deshalb versucht, mit einem Änderungsantrag eine neue Zielrichtung in die Debatte zu bringen. Es ist uns wichtig, dass bei der weiteren Diskussion um die Berufsanerkennungsrichtlinie eine Zielrichtung deutlich wird: nämlich die Vermeidung der Abwertung der deutschen Berufsabschlüsse. Es darf auf keinen Fall passieren, dass die Ablehnung eine Abwertung der Berufsabschlüsse in Deutschland nach sich zieht.
Natürlich – das haben meine Vorredner bereits gesagt – ist es angesichts des derzeitigen und drohenden Fachkräftemangels unsinnig, ein Abitur für alle Pflegeberufe vorzuschreiben und damit einen Verlust von potenziellen Bewerbern in Kauf zu nehmen.
Nach den eindeutig ablehnenden Reaktionen in Deutschland hat die EU-Kommission eine Richtigstellung vorgenommen und darauf hingewiesen, dass zwölf Schuljahre oder eine gleichwertige Lösung verlangt werden sollen. Genau mit dieser Formulierung soll auf die Bedingungen in Österreich, Luxemburg und Deutschland eingegangen werden. Nur zur Information: Österreich plant in den nächsten Jahren auch die Anhebung auf zwölf Jahre. Von daher wären Deutschland und Luxemburg die einzigen Länder, die sich dem nicht anschließen.
Welche Gründe führen nun dazu, dass in Deutschland diese breite Ablehnung vorherrscht? Frau Strempel hat es schon ausführlich erwähnt, ich will nur kurz darauf eingehen. Da ist zum einen die Unterschiedlichkeit der Bildungssysteme und die Anerkennung von Schulzeiten. Zum anderen ist es die Besonderheit der deutschen dualen Ausbildung, deren Qualität europaweit niemand infrage stellt und die anerkannt ist.
Nicht zuletzt ist es die Verschiedenheit des Einsatzes von Fachkräften in der Praxis, auch in der Pflege. Während in vielen anderen europäischen Ländern durch den Einsatz von Hochschulfachkräften gleichzeitig eine größere Anzahl von Hilfskräften in der Praxis arbeitet, ist es in Deutschland ein vergleichsweise hoher Anteil von Fachkräften, die in diesem Bereich arbeiten. Deshalb, denke ich, haben wir gute Gründe, selbstbewusst darauf aufmerksam zu machen, dass die Fachkraftausbildung in den Gesundheits- und Pflegeberufen in Deutschland sehr wohl der Ausbildung in anderen EU-Staaten gleichwertig ist. Deshalb könnten wir von dieser starren Abwehrhaltung ein Stückchen weggehen hin zu einer selbstbewussten Vertretung der Meinung, dass wir einen gleichwertigen Abschluss in Deutschland sicherstellen.
Das muss bei den weiteren Verhandlungen im Verfahren sowohl in Brüssel als auch bei der weiteren Bearbeitung der Eckpunkte zur Neufassung der Pflegeberufe in Deutschland Eingang finden. Aus der längst überfälligen Diskussion um die Pflegeberufe müssen nach Meinung meiner Fraktion weitere Konsequenzen gezogen werden. Wir brauchen dringend die Neuorganisation der Pflegeausbildung, wie sie jetzt mit den Eckpunkten der BundLänder-AG glücklicherweise in Angriff genommen werden soll. Wir brauchen neue Perspektiven für die Pflegeberufe, denn angesichts der demografischen Entwicklung und des steigendem Bedarfs muss das Berufsfeld gestärkt werden.
Die Perspektiven für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen verbessert werden, zum einen durch die Durchlässigkeit zwischen den Berufsfeldern Kinderkrankenpflege, Krankenpflege und Altenpflege; zum anderen brauchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Perspektiven des Aufstiegs und der Weiterentwicklung in ihrem Beruf. Die Pflege als typischer Frauenberuf wird sich zunehmend mit der höheren Qualifizierung der Mädchen und jungen Frauen diesen neuen Herausforderungen stellen müssen. Das ist auch gut so.
Deshalb ist die Möglichkeit der Hochschulausbildung neben den vorhandenen Hilfs- und beruflichen Fachausbildungen enorm wichtig. Sachsen darf hierbei den Anschluss an andere Bundesländer nicht verpassen und sollte solche Studien und Ausbildungen ebenfalls einführen.
Nicht zuletzt müssen natürlich auch die Arbeitsbedingungen und die Arbeitsbelastung in der Pflege stärker in den Fokus gerückt werden.
Die nun geplante und begonnene Reform der Ausbildung darf nicht ins Stocken geraten und zu einer Hängepartie werden, wie wir es im vergangenen Jahr mit anderen Pflegereformen erlebt haben. Die Eckpunkte müssen zügig umgesetzt werden. So kann der Intention der EU zur Aufwertung des Pflegeberufes auch Rechnung getragen werden.
Wir stimmen Ihrem Antrag zu und hoffen, dass Sie unserem Änderungsantrag auch folgen können, auch damit wir heute gemeinsam mit einer Zielrichtung für die kommenden Herausforderungen in der Pflegeausbildung in Sachsen aus dem Landtag gehen können.
Als nächste Rednerin spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Herrmann. Frau Herrmann, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich den Worten meiner Kollegin Dagmar Neukirch unmittelbar anschließen. Wenn wir genau hinschauen, in welchem Zusammenhang die Novellierung der Berufsanerkennungsrichtlinie steht, dann erkennen wir dahinter das Bemühen, in der EU eine größere Mobilität der in der Kranken- und Altenpflege Tätigen zu erreichen. Das soll unter anderem mithilfe eines europäischen Berufspasses geschehen. Das ist ein Anliegen, das die allermeisten von uns sicherlich teilen.
Dann steht aber noch die Frage, ob mit dieser Novellierung tatsächlich das verbunden ist, was Sie postulieren, nämlich dass das Abitur Voraussetzung dafür werden soll, eine Ausbildung in der Alten- oder Krankenpflege zu beginnen. Die Kollegen vor mir haben schon ausgeführt, dass die EU das genau nicht gesagt hat. Vielmehr ist von zwölf Schuljahren bzw. einem erfolgreich absolvierten gleichwertigen Examen als Zugangsvoraussetzung die Rede. Die Schlussfolgerung darf nicht sein, wie das Kaninchen vor der Schlange zu sitzen und darauf zu warten, dass der Abiturzwang auf uns zukommt, sondern zu prüfen, welchen Spielraum die EU aufgemacht hat und wie dieser genutzt werden kann.
Gleichzeitig haben wir uns in Deutschland auf den Weg gemacht, ein neues Pflegeberufegesetz in Gang zu setzen, wozu ein Eckpunktepapier vorliegt. Man sollte versuchen, beides miteinander zu harmonisieren.
Die Eckpunkte sehen durchaus auch eine Akademisierung in bestimmten Bereichen vor. Der Abschluss für Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege soll in Zukunft ein gemeinsamer sein. Dazu gab es Modellprojekte in den Bundesländern. Es ist jedenfalls nicht so, dass die Akademisierung jetzt über uns hereinbricht, sondern wir haben darüber schon selbst nachgedacht.
Wir sollten die Handlungsspielräume nutzen, die gegeben sind. Wenn wir das nicht tun, dann kann auch das Gegenteil von dem passieren, wie es heute ist, nämlich dass unsere Ausbildung in Europa nicht mehr so viel wert ist, und zwar völlig unabhängig davon, wie die Qualität der Ausbildung ist. Das sollten wir uns nicht einhandeln. Deshalb sollte durchaus darüber nachgedacht werden, eine Helferausbildung, einen zusätzlichen allgemeinbildenden Ausbildungsteil oder eine bestimmte Art eines Examens dazwischenzuschalten. Wir sollten unser Enga
Zu dem Vorwurf, dass wir nach einer Novellierung nicht mehr genug Pflegekräfte in Deutschland hätten, wenn der Zugang hochgesetzt würde, ist zu sagen, dass in anderen Ländern durchaus andere Erfahrungen gesammelt worden sind. Es gibt eine Studie des Verbandes der Pflegekräfte, in der darauf verwiesen wird, dass mehr Pflegekräfte gewonnen worden seien, weil das Ansehen des Pflegeberufes durch eine zuvor absolvierte zwölfjährige Schulausbildung gestiegen sei – und das Ansehen des Pflegeberufes zu heben ist ja dringend notwendig.
Ich würde sagen, wir sollten uns nicht verrennen und in Schockstarre verharren, sondern sehen, was wir aus den Vorgaben der EU in Deutschland und in Sachsen machen könnten.
Ich schließe mich dem an, was Frau Neukirch gesagt hat: Wir haben durchaus Möglichkeiten, in Sachsen dafür zu sorgen, dass mehr junge Menschen den Pflegeberuf ergreifen, indem wir beispielsweise das dritte Jahr der Umschulung finanzieren oder, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, die Altenpflegeumlage wieder einführen. Wenn man den vorliegenden Studien glauben darf, dann sind die Voraussetzungen dafür gegeben, die Altenpflegeumlage einzuführen. Zu diesem Ergebnis kommt beispielsweise die Regionalanalyse „Der künftige Bedarf an Pflegekräften in Sachsen“, in der eine Modellrechnung enthalten ist. Wenn wir die Altenpflegeumlage wieder einführen, dann können wir der Altenpflegeausbildung damit einen Schub geben.