Protocol of the Session on March 7, 2012

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Noch einmal ganz deutlich: Auch in Leipzig sind die Entscheidungen im fachlichen Einvernehmen mit der zuständigen Landesbehörde getroffen worden. Diese war bis 2008 sogar für die Umsetzung der EU-Richtlinie eigenständig verantwortlich. Kurzum: Reden und debattieren wir nicht, sondern handeln wir! Wir geben Ihnen gern gute Ratschläge – wenden Sie sich vielleicht auch einmal an das BMU oder gar an die Landesbehörde.

Noch eine Bitte:

Bitte zum Schluss kommen.

Richtig. – Keine Hysterie, sondern Vernunft – möglichst auch bei der Auswahl der Aktuellen Debatte. Bitte verschonen Sie uns in Zukunft, zum x-ten Mal über ein Thema zu diskutieren, das so aktuell ist wie der Wetterbericht vom letzten Weihnachten.

(Beifall bei den GRÜNEN, vereinzelt bei den LINKEN und des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Herr Abg. Delle für die NPD-Fraktion, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich in meinen Ausführungen hauptsächlich auf das Thema Umweltzonen und Feinstaub beschränken, denn ich denke, das ist ein ganz gutes Beispiel, wie hier in unserem Land Politik gemacht wird.

Frau Kallenbach, Sie waren damals noch nicht dabei, aber vor einigen Jahren war es so, dass wir in diesem Hause monatelang über das Thema Feinstaub gesprochen haben. Es war so viel, dass uns Herr Lichdi zum Schluss bei aller

Wichtigkeit des Themas damit eigentlich nur noch genervt hat. Plötzlich, von heute auf morgen, war es dann kein Thema mehr, und ich vermute einmal, dass es damals selbst den Kolleginnen und Kollegen von Herrn Lichdi zu viel wurde und sie ihren damaligen feinstaubpolitischen Sprecher zurückgepfiffen haben.

(Beifall des Abg. Arne Schimmer, NPD)

Aber wir erleben ja oft bei den GRÜNEN: Es gibt monatelang nur ein einziges Thema, als hänge gerade von diesem Thema, das sich die GRÜNEN ausgesucht haben, das Schicksal der Menschheit ab, und von heute auf morgen ist es dann wieder verschwunden. So war es beim Thema Feinstaub, so war es bei der Waldschlößchenbrücke, so war es beim illegalen Müll aus Italien usw. usf. Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, mit Ihrer Hysterie kann man bei diesem Thema wahrlich nichts bewegen. Bei dem Thema Feinstaub, Luftreinhaltung ist wahrlich Langfristigkeit und Sachlichkeit angesagt.

Aber wie ging es weiter: 2008 wurden die ersten Umweltzonen eingeführt und damals gab es schon Kritiker, die sagten, der Feinstaub wird nicht an irgendwelchen Straßenschildern Halt machen; aber diese wurden natürlich angesichts der damaligen Aufgeregtheit nicht gehört.

Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Die wissenschaftliche Begleitung der Umweltzonen hat erwiesen, dass die Umweltzonen so gut wie nichts bringen. Es gibt sogar Städte in Deutschland, die nach der Einführung einer Umweltzone eine höhere Belastung haben als vorher. Es sind nämlich nicht nur die Autoabgase, die ohnehin lediglich mit 9 % zur Feinstaubbelastung beitragen., sondern auch und vor allem die Heizungen in den Haushalten, die Industrie, die Baufahrzeuge und die bereits erwähnten Großwetterlagen, die zur Feinstaubbelastung viel mehr beitragen als ein paar Autos, die eine rote Plakette haben müssten oder haben. In den letzten Wochen konnten wir das alles erleben, als der Dreck aus den Industriezentren Tschechiens und Polens nach Mitteldeutschland geweht wurde.

„Außer Spesen nichts gewesen“ könnte man wieder einmal sagen. Leider sind für diese Maßnahme wieder Unmengen an Steuergeldern verschwendet worden. Die Mehrarbeit für die städtischen Angestellten hat zugenommen. Der ohnehin unüberschaubare deutsche Schilderwald ist noch dichter geworden. Um eine Zahl zu nennen: Herr Dudenhöffer von der Universität Duisburg hat die Folgekosten der Umweltzonen in Deutschland auf bis zu 12 Milliarden Euro beziffert.

Hinzu kommt – das möchte ich an dieser Stelle auch einmal erwähnen –, dass mit Einführung einer Umweltzone direkt in die Freiheit der Menschen eingegriffen wird. Vielen Menschen ist es durch diese Maßnahme nicht mehr möglich, dorthin zu fahren, wohin sie fahren wollen.

Meine Damen und Herren! Es gibt durchaus Lösungsansätze. Sorgen wir durch höhere Löhne, die wahrlich dringend notwendig sind, doch endlich dafür, dass die Menschen finanziell in die Lage versetzt werden, sich

moderne, bessere Heizungsanlagen in ihre Häuser zu bauen! Sorgen wird durch höhere Löhne dafür, dass die Menschen in die Lage versetzt werden, sich moderne und damit benzinsparende Autos zu kaufen! Sorgen wir mit den eingesparten Geldern für wirklich funktionierende Verkehrsleitsysteme! Und – das ist hier zu Recht schon ein paar Mal genannt worden – sorgen wir endlich für ordentliche öffentliche Verkehrsmittel! Ich denke, hier liegt das größte Einsparpotenzial hinsichtlich des Themas Luftreinhaltung. Öffentliche Verkehrsmittel werden

natürlich nur dann eine Chance gegen die Pkws haben, wenn die Fahrpreise – trotz immer schlechter werdendem Service und gleichbleibend hoher Unpünktlichkeit – nicht ständig erhöht und die öffentlichen Gelder nicht ständig gekürzt werden. Mit diesen Maßnahmen könnte man viel mehr für die Gesundheit der Menschen tun als mit der Einführung einer Umweltzone.

(Beifall bei der NPD)

Enden möchte ich mit einem Zitat aus der „Sächsischen Zeitung“ vom 28. Februar, das die Sache gut auf den Punkt bringt: „Die Verantwortlichen in Städten wie Dresden oder Chemnitz, die jetzt erst einmal nach alternativen Möglichkeiten für eine Luftverbesserung suchen, handeln deshalb vernünftig. Das Ziel bleibt letztlich wichtiger als der Weg, der uns dorthin führt.“

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Die zweite Runde eröffnet Herr Abg. Meyer für die CDU-Fraktion. Herr Meyer, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insbesondere die Beiträge von Frau Dr. Pinka und von Frau Kallenbach zeigen, dass wir den Titel unserer Aktuellen Debatte doch recht gut gewählt haben. Die Hysterie, die in Ihren Beiträgen zum Ausdruck kam, unterstreicht die allgemeine Diskussion zum Thema Umweltzonen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Herr Meyer, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich führe erst ein; dann lasse ich eine Zwischenfrage zu.

Man kann über sehr viele Dinge – auch über Umweltzonen – diskutieren. Das Entscheidende ist doch, dass zuvor eine genaue Verursacheranalyse stattfindet. Daraus kann abgeleitet werden, welche Maßnahmen einzuleiten sind. Das ist an vielen Stellen nicht geschehen. Auch die Menschen in Leipzig treibt es um, dass eine Umweltzone über Bereiche gelegt wird – mein Kollege Pohle hat es schon gesagt –, wo es wirklich nicht notwendig ist. Die

Verursacheranalyse wurde dort anscheinend nicht ausführlich genug durchgeführt.

(Gisela Kallenbach, GRÜNE, meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Zunächst Frau Dr. Pinka.

Herr Kollege – –

Moment bitte, Frau Kallenbach!

Entschuldigung!

Vielen Dank! – Herr Meyer, haben Sie zur Kenntnis genommen, dass das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie im vergangenen Jahr eine Studie zur Feinstaubbelastung in Sachsen erstellt und eine Ursachenanalyse für die Hauptemittenten herbeigeführt hat?

Das habe ich zur Kenntnis genommen. Ich habe auch die Pillnitzer Gespräche zur Kenntnis genommen. Wenn Sie sich das ausführlich angeschaut haben, wird Ihnen deutlich geworden sein, dass der Straßenverkehr nicht die Hauptquelle der Feinstaubbelastung ist. Über 57 % der Immissionen werden von außen in die Stadt eingetragen. 19 % kommen aus Industrie und Gewerbe sowie aus anderen Quellen. Nur 24 % – die Zahlen habe ich recht gut im Kopf – kommen tatsächlich aus dem Straßenverkehr. Angesichts dessen muss man sich wirklich fragen, ob eine Umweltzone die richtige Maßnahme ist oder ob damit nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

Herr Meyer, Sie gestatten eine weitere Zwischenfrage?

Herr Meyer, ich schlussfolgere aus Ihren Worten, dass Sie davon ausgehen, dass in Leipzig keine ausreichende Ursachenanalyse durchgeführt worden ist, aber das LfULG als zuständige Behörde das fachliche Einvernehmen erteilt hat.

(Christian Piwarz, CDU: Frage!)

Ihre Frage, bitte.

Schlussfolgere ich das richtig? Das ist die Frage.

Das Zweite: Ist Ihnen bekannt, dass 75 % der NOXEmissionen aus dem Verkehrsbereich stammen?

Zu Ihrer Schlussfolgerung: Natürlich hat man sich auch in Leipzig Gedanken gemacht. Das will ich nicht in Abrede stellen. Man muss jedoch immer beachten, dass Leipzig nicht nur eine Umweltzone eingeführt hat, sondern dass es dort über 50 weitere Maßnahmen gibt. Die Diskussion, die Sie hier immer führen, beschränkt sich auf das Thema „Umweltzone“; diese sei das Allheilmittel. Das stimmt an der Stelle überhaupt nicht.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

Zu Ihrer zweiten Frage: Es ist richtig, dass der Straßenverkehr eine wesentliche Quelle für die Belastung ist. Auf der anderen Seite muss man sich fragen, ob man Bereiche mit einer Umweltzone belegen sollte, wo Straßenverkehr in dieser Dimension gar nicht stattfindet. Für den Handel und alle Menschen, die mit ihren Fahrzeugen in die Stadt fahren müssen, ergibt sich sehr wohl eine Belastung.