Protocol of the Session on October 13, 2011

Was heißt das dann? Das heißt dann natürlich auch – Thema Teilkaskoversicherung –, dass die Betroffenen mehr zahlen müssen. Wenn sie das nicht können, müssen es die Kommunen tun. Das führt mitunter dazu, dass sich der eine oder andere fragt, ob er in diese oder in jene Einrichtung gehen soll, und dann entscheidet auch der Preis. Aber zur Ehrlichkeit gehört Folgendes: Wenn wir dort ein höheres Niveau fordern, auch wenn wir es nicht beeinflussen können, muss man sagen, dass das die Betroffenen bezahlen.

Unser Ziel lautet, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass man möglichst lange zu Hause bleiben kann, zu Hause alt werden kann, weil sich das die Menschen wünschen. Neun von zehn Menschen sagen – das hat eine

Umfrage der Johanniter gezeigt –, dass sie zu Hause alt werden wollen und nicht unbedingt in Heimen. Sie wollen erst ins Heim gehen, wenn es gar nicht mehr anders geht. Das ist auch für die Gesellschaft, für die Gemeinschaft die beste und auch die preiswerteste Möglichkeit.

Wie sieht nun die Realität in Sachsen aus? Hierzu gab es zwei unterschiedliche Zahlenangaben. Ich halte es mit denen, die Frau Herrmann zitiert hat, weil ich glaube, das sind die richtigen. Ich will sie wiederholen.

45 % der Menschen bundesweit, also knapp die Hälfte, werden zu Hause gepflegt. Bei uns in Sachsen sind es leider nur 39 %, also 6 % weniger. Daran wird deutlich, dass das nicht unbedingt mit dem in Einklang steht, was sich die Menschen wünschen. Wir haben noch ungefähr ein Drittel, die von ambulanten Pflegediensten betreut werden, sowie ein Drittel, die in stationären Pflegeheimen untergebracht sind. Die Mehrzahl wünscht sich, zu Hause untergebracht zu werden und nicht im Heim. Das Heim ist bekanntermaßen auch die teuerste Möglichkeit.

Wieso kommt es zu diesem Trend? Das hat auch etwas mit der Refinanzierung zu tun. Wenn ich einen Heimplatz in Anspruch nehme, bekomme ich dafür mehr Geld, als wenn ich zu Hause pflege. Also, hier liegt auch ein Fehler im System, der gut gemeint war, weil man die Aufwendungen, die in einem Heim anfallen, refinanzieren wollte. Aber der gegenteilige Effekt, die zweite Seite der Medaille ist natürlich, dass es einen Run rein in Heime gibt, der nicht unbedingt positiv ist. Deshalb gibt es Familienverbände, die fordern, die Pflegesätze gleich zu machen, sodass man in der familiären Pflege das Gleiche bekommt wie in der stationären Einrichtung.

Kommen wir nun zu dem Gutachten. Ich bin der Frau Staatsministerin außerordentlich dankbar, dass sie Herrn Prof. Raffelhüschen beauftragt hat, die Studie „Alter – Rente – Grundsicherung“ zu erstellen. Damit ist Sachsen führend, was die Aussagefähigkeit von regionalisierten Daten betrifft. Das hat man in keinem anderen Bundesland, dass man wirklich sagen kann, was im Jahr 2050 bei uns in Sachsen los ist.

Da sind manche Zahlen, die einen schon sehr nachdenklich machen, auch was die Leistungsfähigkeit anbetrifft, um so ein Sozialsystem finanzieren zu können. Ich will es am Beispiel des Erzgebirgskreises deutlich machen. Derzeit kommen dort auf 100 Menschen, die im Arbeitsleben stehen, 41 Menschen, die älter als 65 sind, die im Ruhestand sind. Im Jahr 2050 werden das nicht mehr 41 sein, sondern 88. Noch etwas dramatischer ist der Prozentsatz im Landkreis Görlitz und im Vogtlandkreis. Dort kann man sagen, auf einen, der arbeitet, kommt im Jahr 2050 einer, der Rentner ist. Das heißt, einer, der arbeitet, muss mit seinen Leistungen, mit seinen Beiträgen einen Rentner finanzieren. Das ist eine riesengroße Herausforderung an die gesamte Gesellschaft. Das deutlich gemacht zu haben ist ein großes Verdienst der Studie.

Ein zweites Ergebnis der Studie ist, dass die Zahl der Pflegeheimplätze allein aufgrund der Demografie steigen wird. Beispielsweise wird es in Dresden – ich habe die

Zahlen heute schon genannt – einen Anstieg von derzeit 5 000 Heimplätzen auf ungefähr 11 000 Heimplätze im Jahr 2050 geben. Übrigens ist auch das eine neue Erkenntnis, die mir vorher so nicht bewusst war. Deswegen fand ich die Studie auch gut. Wir haben dann vor allem in den großen Städten einen Nachholbedarf. Bislang hat man gedacht, es sei der ländliche Raum, den das betrifft. Aber dort sind viele Entwicklungen schon vorweggenommen, und deswegen wird es vor allem in den Städten einen besonderen Bedarf geben, die Strukturen anzupassen.

Es ist gesagt worden, es gebe verschiedene Szenarien. Ich glaube, Frau Herrmann hat das angesprochen. Das Gutachten spricht bei einem Szenario von dem Thema „Heimsog“. Ich würde das nicht als schlechtestes, sondern als realistisches Szenario bezeichnen, also als das Szenario, das vermutlich eintreffen wird, und zwar aus folgenden Gründen:

Bei diesem Szenario ist von der Frage ausgegangen worden: Wie viele Kinder, die einmal für die Pflege infrage kommen, haben diejenigen? Wenn ich keine Kinder habe, dann werde ich auch in der familiären Pflege niemanden haben, der sich um mich kümmert. Wenn ich nicht verheiratet bin – auch das hat Herr Raffelhüschen recht zugespitzt gesagt –, habe ich niemanden. Die ExEhefrau wird mich nicht pflegen. Wenn ich keine Ehefrau habe, kann sich in der Tat keine Ehefrau um mich kümmern. Deswegen ist das Szenario „Heimsog“ aus meiner Sicht ein sehr realistisches Szenario.

Welche Reformvorschläge gibt es, was gibt es auf der Bundesebene? – Ich will meine Ausführungen in Bundesebene und Landesebene unterteilen.

Als Erstes komme ich zu der Bundesebene. Ich bin der Ministerin sehr dankbar, dass sie den Bund aufgefordert hat, Vorschläge vorzulegen. In der Tat, wir brauchen auf der Bundesebene eine gute Diskussion um die Zukunft der Pflegeversicherung. Bis zum Jahr 2013 werden wir hinkommen, bis dahin wird es noch reichen. Aber danach wird der Pflegeversicherung langsam die Luft ausgehen. Deswegen brauchen wir klare Konzepte.

Welche Zielstellung gibt es? – Klar ist, wir wollen die Leistungen erhalten, die es derzeit gibt. Wir müssen in einigen Bereichen bei Leistungen nachsteuern – ich erwähne Demenzkranke, darauf gehe ich nachher noch näher ein – und wir müssen zum Dritten eine Demografiereserve aufbauen. Das ist meines Erachtens nur möglich, wenn der Beitragssatz erhöht wird. Ich bin auch dankbar, dass Frau Neukirch gesagt hat, sie unterstütze das. Wir müssen das Thema auch gesamtgesellschaftlich transportieren. Beitragserhöhungen sind nie populär, aber es wäre unehrlich, etwas anderes zu behaupten. Ich glaube, wir brauchen die Erhöhung des Beitragssatzes um 0,6 % – die Hälfte, 0,3 Prozentpunkte, für die Verbesserung der Leistungen und für die Finanzierung des bestehenden Angebots und die andere Hälfte für die Demografiereserve.

Mir ist es wichtig, dass wir bei einer solidarischen Finanzierung bleiben. Es kann nicht sein, dass es nur zulasten

einer Seite geht, dass vielleicht nur die Versicherten zahlen sollen. Das wäre falsch. Vielmehr haben wir mit der solidarisch angelegten Finanzierung ein gut angelegtes Konzept, denn beide Seiten – sowohl die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber – haben ein großes Interesse daran, dass gepflegt wird.

Welche weiteren Reformen sind meines Erachtens notwendig? – Wir brauchen eine verlässliche Unterstützung von pflegenden Angehörigen und Ehrenamtlichen. Auch diesbezüglich hat sich in letzter Zeit mit Netzwerken, die entstanden sind, eine ganze Menge getan.

Wir brauchen eine gesellschaftliche Wertschätzung der Pflege, wir dürfen den Beruf nicht schlechtreden. Ich bitte alle, die in diesem Bereich tätig sind, aufzupassen, dass wir den Beruf nicht schlechtreden. Es ist keine leichte Aufgabe, keine Frage, aber es ist eine sehr wichtige Aufgabe und eine Arbeit, die sicherlich den Beschäftigten auch Freude bereitet und nicht nur jeden Tag mit Mühsal verbunden ist. Diese gesellschaftliche Wertschätzung geht auch heute von uns hier aus, indem Fraktionen, die im Landtag vertreten sind, deutlich machen: Pflege ist ein wichtiges Thema; wer pflegt, hat unsere Anerkennung verdient.

Wir brauchen des Weiteren eine Weitentwicklung des Bedürftigkeitsbegriffes. Bislang schaut und misst man – es wird fast schon mit der Stoppuhr gemacht –, wie viel Pflegebedarf jemand hat. Danach richtet sich dann, welche Pflegestufe derjenige bekommt. Es gab die sogenannte Gohde-Kommission, die gesagt hat: Man soll die Pflegebedürftigkeit am Grad der Selbstständigkeit orientieren – also, was kann jemand und was kann er nicht – und das als Ausgangsbasis nehmen. Dann gelingt es uns auch, diejenigen, die demenzkrank sind, stärker zu berücksichtigen, als das bei dem Pflegebedürfigkeitsbegriff der Fall ist, den wir derzeit anwenden.

Wir brauchen meines Erachtens eine Fortschreibung der Dynamisierung von Leistungsentgelten. Wir wissen, die allgemeinen Preise steigen, auch die Pflegeleistungen müssen stetig angepasst werden. Es gab schon einmal eine Dynamisierung. Aber ich glaube, wir müssen aufpassen, dass wir eine fortwährende Dynamisierung haben. Ansonsten werden wir immer wieder – das ist mir von den Beschäftigten auch heute gesagt worden – ein Problem haben, wenn die Leistungsentgelte nicht angepasst werden.

Wir brauchen neue Versorgungsformen, wir brauchen Wohngemeinschaften für Senioren, die zusammenleben wollen. Wir brauchen Häuser, in denen mehrere Generationen unter einem Dach leben wollen. – Darauf werde ich noch einmal eingehen, wenn ich auf den sächsischen Teil zu sprechen komme.

Wir brauchen technische Assistenz, wir brauchen eine Förderung von altersgerechtem Wohnen, von baulichen Maßnahmen und vorhandenen technischen Hilfsmaßnahmen. – Auch darauf werde ich bei den Punkten des Freistaates Sachsen noch einmal kommen, denn wir tun

dort eine Menge. Aber hier ist auch der Bund gefordert, etwas zu tun.

Wir haben den Grundsatz „Prävention und Reha vor Pflege“. Ich wünsche mir, dass dieser Grundsatz in der Praxis wirklich umgesetzt wird. Auch da gibt es noch einiges zu tun.

Wir brauchen eine stärkere Verpflichtung der Kommunen. Auch das müssen wir hin und wieder den Kommunen ins Stammbuch schreiben. Es gibt eine sehr hohe Verantwortung der Kommunen, sich in diesem Bereich zu engagieren. Es sind von Frau Neukirch dankenswerterweise zwei positive Beispiele genannt worden – Chemnitz oder auch Rochlitz –, wo die Kommunen als Initiatoren Projekte mit angeschoben haben. Das ist recht wichtig. Aber, bitte schön, liebe Städte und Gemeinden, das ist eure Kernaufgabe, bei der ihr stärker hinschauen müsst, ob ihr sie derzeit wirklich schon wahrnehmt.

Was tut nun das Land und was soll das Land in Zukunft tun? – Hierzu kann ich sagen: Das Land tut eine ganze Menge. – Ich bin Frau Staatsministerin Clauß sehr dankbar, dass dieses Thema in ihrer politischen Arbeit eine Schwerpunktaufgabe ist. Wer einmal geschaut hat, welche Termine die Ministerin in letzter Zeit wahrgenommen hat, für den ist deutlich geworden, dass das Thema Pflege für sie ein sehr wichtiges Thema ist. Dafür bin ich Ihnen ausgesprochen dankbar.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte als Erstes zu den niederschwelligen Betreuungsangeboten kommen, die wir bekanntermaßen fördern. Hierbei geht es auch darum, die Kommunen mit ins Boot zu nehmen, damit sie ihre Verantwortung wahrnehmen. Bei den niederschwelligen Betreuungsangeboten finanzieren 50 % der Kosten die Pflegekassen, 35 % trägt das Land und nur noch 15 % tragen die Kommunen. Wir hoffen, dass diese Angebote auch wahrgenommen werden.

Wir haben auch im Haushalt umsteuern müssen. Wir hatten das heute Vormittag schon bei der Aktuellen Debatte zum Thema Demografie angesprochen. Wir haben gesagt: Wenn die Zahl der jungen Menschen um mehr als die Hälfte sinkt, können wir dort etwas weniger Geld ausgeben und wir geben – auch im nächsten Jahr – mehr Geld für niederschwellige Betreuungsangebote aus, wozu wir dann 900 000 Euro zur Verfügung haben. Diese Steuerungsverantwortung, die das Land hat, nehmen wir in diesem Bereich wahr und das ist auch gut so.

Wir haben in Sachsen geriatrische Versorgungszentren. Auch das ist ein sehr wichtiges Thema, dass Krankenhäuser geriatrische Leistungen anbieten. Wir werden im Rahmen des Modellprojekts schauen, wie die drei Krankenhäuser sich entwickeln. Ich hoffe, dass wir nach der Probezeit mehr Krankenhäuser haben werden, die den Status als geriatrisches Versorgungszentrum haben.

Wir kommen zum Thema Pflegenetze. Auch dort findet Unterstützung statt, damit es eine Vernetzung vor Ort gibt. Hierüber haben wir schon recht oft gesprochen. Ich weiß

nicht, ob die Frau Ministerin noch darauf eingehen wird. Ich will es dabei belassen.

Wir haben die Förderung der Alltagsbegleiter. Mittlerweile werden 40 Projekte in Sachsen gefördert. Es ist eine Förderung bis zu 100 % möglich. Man kann also eine ganze Menge machen, damit Menschen unterstützt werden, die einen Pflegebedarf haben, aber auch Menschen, die demenzkrank sind oder die noch keine Pflegestufe haben. Hierzu gibt es viele Initiativen vor Ort. Wer sich das einmal anschaut – es gibt auch viele Wahlkreisabgeordnete, auf die Projekte zukommen –, sieht: Dort gibt es viele kreative Ideen dafür, wie man etwas in Nachbarschaftshilfe tun kann.

Wir haben seit dem vorigen Monat das Förderprogramm zur technischen Unterstützung – auch das ist ein sehr wichtiges Anliegen, ich hatte es schon gesagt –, womit zum Beispiel mit technischen Hilfsmitteln ermöglicht wird, länger in der eigenen Wohnung zu bleiben, indem man dort bauliche Veränderungen vornimmt. Vielen Dank, dass dieses Programm möglich ist.

Dann will ich auf einen Punkt kommen, bei dem wir als Land eine Verantwortung haben und bei dem wir insbesondere als Landtag eine sehr große Verantwortung haben. Dabei geht es um das Thema Entbürokratisierung. Wie andere Kollegen auch, bin ich hin und wieder in Altenpflegeheimen unterwegs oder bin wie heute bei Demonstrationen vor Ort oder spreche mit anderen Betroffenen, die in die Bürgersprechstunde kommen.

Was diese mir noch nie gesagt haben, ist: Wir brauchen unbedingt mehr gesetzliche Regelungen. – Das habe ich aber von den heutigen Rednern gehört. Das ist mir unklar. Sie müssen mir in der Praxis einmal denjenigen zeigen, der sagt: Wir brauchen mehr gesetzliche Regelungen im Bereich der Pflege. – Fragen Sie die Betroffenen bitte einmal.

Mir hat ein Vertreter eines Wohlfahrtsverbandes auf dem Vorplatz ein Blatt in die Hand gedrückt. Der erste Punkt, der darauf dick gedruckt war, betraf das Thema Entbürokratisierung. – Bitte schön, nicht mehr Bürokratie für die Pflegenden. Das ist für uns ein sehr wichtiger Punkt, den wir für unsere Arbeit mitnehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich kann da nur sagen: Bitte, haben Sie kein Misstrauen gegenüber denjenigen, die in der Pflege tätig sind. Sie machen ihre Arbeit äußerst verantwortungsbewusst.

Kommen wir zu dem Thema Pflegestützpunkte, die auch in Ihrem Antrag enthalten sind. Das ist auch solch ein Punkt von Bürokratie. Es gab einen anderen Wohlfahrtsverband, die Caritas, die heute eine Pressemitteilung herumgeschickt hat. In dieser wurde gefordert, sie von diesen Pflegestützpunkten zu verschonen. Wir brauchen nicht mehr Bürokratie. Wir haben schon eine Pflegeberatung. Übrigens haben wir schon eine Komm-Struktur. Wir haben nicht nur eine Geh-Struktur, was ja ein Pflegestützpunkt ist, wohin die Leute gehen müssen, um sich beraten zu lassen. Wir haben eine Komm-Struktur – das ist das

Gute –, bei der die Pflegekasse oder ein Wohlfahrtsverband zum Beispiel nach Hause kommt und die Leute vor Ort berät. Die Betroffenen, mit denen ich mich unterhalte – das sind häufig Angehörige –, sprechen sehr anerkennend von der Pflegeberatung. Diese wird zum Beispiel von der AOK Plus bei uns im Freistaat Sachsen geleistet. Ich kenne niemanden, der sich darüber beschwert hätte, dass das eine ganz schlechte Beratung gewesen sei.

Wenn man etwas hat, sollte man nichts Neues erfinden und Geld in ein System stecken, das wir nicht brauchen. Wenn wir Geld haben, müssen wir es in die Pflege am Menschen stecken, damit es dort wirklich ankommt.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsministerin Christine Clauß)

Sie haben einen weiteren Punkt angesprochen: Sie fordern die Ausbildungsplatzumlage. Wer hier im Landtag wie ich in seiner 2. Wahlperiode anwesend ist, der weiß, dass dies vor Gericht gesetzlich gescheitert ist. Jetzt etwas zu fordern, was einmal vor Gericht gescheitert ist, ist sinnlos. Das kann man sich sparen.

Ein zweiter Grund ist der folgende: Ich war auf der Pflegemesse in Leipzig und bin dort über das Messegelände gelaufen. An jedem Stand haben die Anbieter um Pflegekräfte geworben. Sie suchen Leute, die bei ihnen arbeiten. Überall hingen Stellenangebote für Pflegekräfte. Es gibt sozusagen keinen Mangel an Arbeit und Nachfrage. Die Anbieter wollen mehr Leute haben. Ich habe mich mit einem größeren privaten Anbieter unterhalten. Dieser sagte, sie könnten nicht mehr expandieren, weil ihnen die Leute fehlen. Insofern ist das Bewusstsein bei den Pflegeheimen und den -diensten wahnsinnig groß, sich um gutes Personal zu kümmern. Ihnen müssen wir nicht mehr auf den Weg helfen. Das war vielleicht vor zehn Jahren der Fall, dass sie sich nicht die Mühe gegeben haben, richtig auszubilden. Mittlerweile haben sie erkannt, dass sie ausbilden müssen, ansonsten haben sie kein Personal. Wir müssen sie nicht dazu zwingen. Das machen sie aus wohlüberlegtem eigenem Interesse.

Kommen wir zu einer weiteren sehr wichtigen Aufgabe, die wir als Freistaat Sachsen haben: die Verabschiedung eines Landesheimgesetzes. Ich bin der Staatsregierung dankbar, dass sie ein Gesetz zur Regelung der Betreuungs- und Wohnqualität im Alter, bei Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Freistaat Sachsen vorgelegt hat. In diesem geht es darum, das Leben in Behinderten- und Pflegeheimen zu regeln. Die Staatsregierung orientiert sich dort sehr stark am bisher geltenden Bundesheimgesetz. Es ist eine behutsame Weiterentwicklung des geltenden Rechts. Es ist gut, dass man nicht etwas völlig Neues aus dem Boden stampft. Die Leute wissen nämlich, wie die Rechtssystematik aussieht und wie das Gesetz funktioniert. Das neue Gesetz nimmt neue Herausforderungen auf wie beispielsweise neue Wohnformen für Senioren. Das ist ein weiterer wichtiger Punkt, mit dem wir uns in den Beratungen mit Sicherheit sehr intensiv beschäftigen werden.

Wir wollen neue Formen des Wohnens und neue Trends zulassen und nicht im Keim ersticken. Das wird die Aufgabe des Gesetzgebers sein, wenngleich er darauf zu achten hat, dass die Schutzinteressen der Bewohner gewahrt bleiben. Unser Ansatzpunkt wird sein, Neues zuzulassen, weil wir ansonsten der Entwicklung und dem Drang zu mehr Heimplätzen nicht begegnen können. Den Trend in die Heime werden wir nicht stoppen können. Wir können ihn zumindest etwas abdämpfen.

Wir als Fraktion werden sehr genau hinschauen, an welchen Stellen im Gesetz wir weiter entbürokratisieren und das Gesetz in dieser Hinsicht noch verbessern können. Was wir nicht tun werden, ist, den Heimen automatisch mit Misstrauen zu begegnen. Wir wollen, dass die Menschen, die in den Heimen arbeiten, am Patienten arbeiten können und nicht mit Bürokratie überfrachtet werden.

Ich bin der Opposition sehr dankbar, dass sie einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Ich würde ihn am liebsten an alle Betroffenen verschicken, damit sie sich einmal durchlesen können, was darin steht. Die Unterschiede werden ganz deutlich: Wofür stehen die CDU, die FDP und wofür die Parteien auf der linken Seite? Das zeigt sich allein am Umfang des Gesetzes. Wenn die Staatsregierung mit 16 Seiten auskommt und Sie 35 Seiten brauchen, ist klar, dass deutlich mehr Bürokratie in Ihrem Gesetzentwurf enthalten ist. Diese brauchen die Betroffenen weiß Gott nicht.