Was die Bildungssituation betrifft, meine Damen und Herren, sieht die NPD-Fraktion zwar ebenfalls Handlungsbedarf, nur ist auf diesem Gebiet allein mit mehr Geld nicht immer sehr viel zu bewegen. Am Geldeinsatz liegt es nämlich bildungspolitisch in Deutschland nicht in erster Linie. Hinsichtlich der demografischen Entwicklung sind wir allerdings sehr wohl der Meinung, dass hier dringend Geld in die Hand genommen werden muss. Die NPD will aktiv Bevölkerungspolitik zur Trendumkehr betreiben, während Sie, die etablierten Parteien, sich allesamt mit reinen Anpassungsstrategien begnügen, ohne ernsthaft wirklich entgegenzusteuern. Sie wollen die Krise nur verwalten, wir wollen sie endlich gestalten.
Der Hauptgrund jedoch, weshalb sich die NPD-Fraktion beim vorliegenden Antrag bestenfalls enthalten kann, ist aber ein anderer. Im Wesentlichen geht die NPD-Fraktion im Sinne von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit davon aus, dass die aktuelle Steuerschätzung weitaus mehr nur eine reine Schätzung ist als vorangegangene. Wir sehen in der aktuellen Wirtschaftseinschätzung noch lange keine selbsttragende Situation, sondern vielmehr Auswirkungen auf Pump basierender Maßnahmen und dem billigen Bereitstellen von Billionen und aber Billionen Euro und Dollar.
Darüber hinaus bergen die währungspolitischen Turbulenzen, die erwähnte fragwürdige Geldpolitik der europäischen Schuldenkrise und vieles, vieles mehr Risiken in sich, die eine derartige aus der Momentaufnahme resultierende positive Zukunftsprognose viel zu unseriös erscheinen lassen, um darauf heute basierend politische Entscheidungen zu treffen. Sie – und das denke ich wirklich – überschätzen den derzeitigen wirtschaftlichen Aufschwung. Wir von der NPD-Fraktion sehen die erhofften
Steuermehreinnahmen im Jahre 2012 leider noch nicht als gesichert an. Aber gerne lasse ich mich hier eines Besseren belehren.
Wünscht noch jemand von den Fraktionen das Wort? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich jetzt die Staatsregierung, das Wort zu nehmen. Herr Prof. Unland, bitte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Deutschland und Sachsen sind gut aus der Wirtschaftskrise gekommen. Gott sei Dank! Wenn ich mich an die Zeiten von vor eineinhalb, zwei Jahren erinnere, dann muss ich sagen, ich denke, keiner hier im Saal hätte damals gedacht, wo wir heute stehen. Deshalb ist es relativ einfach, im Nachhinein zu kritisieren, wenn man wieder herausgekommen ist.
Ich möchte einen kurzen Ausblick voranstellen. Das Wirtschaftswachstum für das Jahr 2011 ist nach oben korrigiert worden. Wir rechnen jetzt mit 2,6 %. Für das Jahr 2012 ist es noch einmal um 0,3 % nach oben korrigiert worden. Für die Jahre 2013 bis 2015 sehen die Prognosen zurzeit so aus, dass man mit 1,6 % rechnet. Ich sage es Ihnen ganz offen: Ich bin nicht ganz so optimistisch. Wir werden unsere gewohnten Abschläge annehmen.
Es gibt beträchtliche Risiken. Wir kennen sie alle: die Energie- und Rohstoffpreise. Wir wissen nicht, wie es in Nordafrika weitergeht usw. Interessant ist, wenn man sich unsere angeblich sehr konservativen Annahmen einmal anschaut und vergleicht, wie sich die Realität in den letzten 15 Jahren darstellte: Wir waren mit unseren konservativen Annahmen immer noch progressiv. Wir haben es immer noch besser geschätzt, als es sich nachträglich als richtig herausgestellt hat.
Relativ sicher ist, dass wir in den Jahren 2011 und 2012 ein höheres Wachstum und damit auch höhere Steuereinnahmen haben werden. Das gilt für alle drei Ebenen: für den Bund, die Länder und die Gemeinden. Ich möchte noch einmal Folgendes deutlich herausarbeiten und die Konsequenzen sichtbar machen: Es gibt deutliche Unterschiede zwischen diesen drei Ebenen. Gesamtstaatlich steigen die prognostizierten Steuereinnahmen im Jahr 2011 um 3,5 %. Schauen wir uns den Bund an, sagen die Prognosen, dass die Steuereinnahmen am stärksten steigen werden: nämlich um 5,3 %. In den Ländern fällt der Anstieg mit 2,9 % schon deutlich geringer aus. In den neuen Ländern wiederum ist dieser Anstieg mit 2,3 % noch einmal geringer.
Bei den Kommunen sieht die Situation wie folgt aus: Gesamtstaatlich können die Kommunen mit 1,9 % rechnen. Für die ostdeutschen Kommunen wird hier ein Plus von 2,7 % prognostiziert. Im Jahr 2011 scheint oder wird der Bund der größte Profiteur der Steuereinnahmen sein.
Schauen wir uns die Entwicklung im Jahr 2012 an: Hier werden 3,8 % erwartet. Wiederum liegt der Bund mit 5,3 % an der Spitze. Dann kommen die Länder insgesamt mit 3,3 %. Die ostdeutschen Länder liegen bei 2,5 %. Sie liegen also wiederum etwas geringer. Dafür sieht es bei den ostdeutschen Kommunen recht gut aus: Hier wird mit 3,8 % gerechnet.
Was heißt das nun? Wir haben es hier mit einer doppelten Schere zu tun. Auf der einen Seite geht die Schere zwischen den neuen und alten Bundesländern auseinander. Das heißt drastisch formuliert: Der Aufholprozess zwischen Ost und West wird wieder schwieriger. Auf der anderen Seite öffnet sich eine Schere in den neuen Ländern zwischen den Ländern und den Kommunen. Den Unterschied zwischen dem stärkeren Plus bei den Kommunen und dem schwächeren Plus bei den neuen Ländern werden wir deshalb bei den Planungen berücksichtigen müssen.
Kommen wir nun zur Steuerschätzung für Sachsen. In der Presse und auch hier gab es bereits Spekulationen über die konkreten Zahlen. Ich möchte mich an diesen nicht beteiligen. Das sage ich Ihnen ganz offen.
Dabei gibt es Auswirkungen, die jeder kennt und die wir berücksichtigen müssen: die demografische Entwicklung.
Wir haben allerdings einen Sondereffekt zu beachten: Das ist der Zensus. Ich will Ihnen deutlich machen: Der Zensus, so wie es sich bisher andeutet, wird stärkere Verwerfungen zeigen. Wir können natürlich irgendetwas annehmen und sagen, dass es so sein wird. Das haben wir nicht gemacht. Wir haben verschiedene Szenarien gerechnet. Zu guter Letzt muss man ein Gefühl dafür entwickeln, welches Szenario höchstwahrscheinlich sein wird. Dieses werden wir ansetzen.
Herr Minister, ich habe eine Frage. Sind Sie sicher, dass Sie dem Parlament in Ihrer jetzigen Rede die Wahrheit gesagt haben?
Ich empfinde das als rhetorische Frage. Ich kann mit Ihrer Frage, wenn ich ehrlich bin, nichts anfangen.
Sind Sie sicher – Sie behaupten, dass Sie noch rechnen würden –, dass Sie keiner Person heute im Saal schon die Zahlen genannt haben, von denen Sie Kenntnis haben, die die zu vermutenden Mehreinnahmen betreffen?
Wir rechnen – das habe ich vorhin deutlich gesagt – verschiedene Szenarien durch, wie die Auswirkungen des Zensus sein werden. Ich habe allein gestern und auch heute Morgen mit meinen Mitarbeitern zusammengesessen. Wir haben uns noch einmal die Berechnungen angeschaut, welche Auswirkungen der Zensus haben wird. Wenn Sie bei diesen Diskussionen dabei sind – ich habe damit überhaupt kein Problem –, haben wir allein die Zahlen in Bezug auf den Zensus gestern noch einmal korrigiert. Wir haben ein anderes Gefühl entwickelt, wie der Zensus wahrscheinlich ausfallen und welche Auswirkungen er haben wird.
Zweitens – das sieht man auch an den Schätzungen, die uns vorliegen und veröffentlicht wurden – stellt sich die Frage: Wie groß sind die Überschwappeffekte im Länderfinanzausgleich? Das muss auch vernünftig gerechnet werden. Sie erinnern sich vielleicht an die letzten Jahre. In diesen haben wir größere dreistellige Millionenbeträge berücksichtigen müssen, um die korrekten Steuereinnahmen zu schätzen. Sie wissen, dass es einen berühmten Punkt gibt, der immer sehr unsicher ist: die Steuerrechtsänderung. Hierfür muss man auch ein Gefühl entwickeln.
Das Letzte, was ich noch einmal deutlich sagen möchte, ist: Wir haben ein definiertes Verhältnis zwischen der kommunalen Ebene und dem Land. Hier haben wir das Finanzausgleichsgesetz. Das muss in Wechselwirkung gerechnet werden.
Bei allem Verständnis für Ihr Informationsbedürfnis: Die Gründlichkeit geht nun einmal im Gegensatz zur Schnelligkeit, die wir hinlegen könnten, vor.
Herr Minister, ich habe eine Nachfrage. Könnte es zutreffen, das es heute Abend eine Fraktion geben könnte, die diesem Landtag angehört, die Sie über diese Steuermehreinnahmen informieren werden?
Heute Abend bin ich zu einer Fraktionssitzung eingeladen. Sie können ziemlich sicher sein, dass ich in dieser Fraktionssitzung beispielsweise nicht die Höhe des Zensus diskutieren werde.
Ich sage Ihnen ganz offen: Ich nutze die heutige Debatte, um zu hören, welche Vorschläge gemacht werden. Frau Hermenau hat Vorschläge unterbreitet.
Zu guter Letzt wird es eine Kabinettsunterrichtung am nächsten Dienstag geben. Ich bin ich dann gern bereit, die Zahlen der Öffentlichkeit vorzustellen.
Für heute möchte ich nur so viel dazu sagen: Es gibt im Einzelplan 15 einen Vermerk. Dort hat der Haushaltsgesetzgeber klare Richtlinien festgelegt, wie Steuermehreinnahmen zu verwenden sind. Sie stehen also nicht frei zur Verfügung. Sie sollen zunächst zur Rückführung der Verschuldung führen bzw. sind die Mehreinnahmen für die Rücklagen zu berücksichtigen. Ich sehe hiermit keine Verletzung des Budgetrechts des Parlaments, wie im Antrag behauptet wird.