Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Auch der Antrag der GRÜNEN – ich darf es vorwegnehmen – wird nicht unsere Zustimmung finden, weil wir hier nicht erklären müssen, dass wir im gesellschaftlichen Dialog sind. Deshalb muss es dazu keinen Antrag geben.
Ich möchte noch einmal auf die Braunkohlekraftwerksneubauten seit dem Jahr 1990 zu sprechen kommen. Wenn Sie, Herr Lichdi bzw. liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, lediglich auf westliche Effizienzstandards verweisen, dann muss ich Ihnen sagen, dass das der höchste Standard auf der Welt ist. Wir haben die neuesten Technologien.
Ferner möchte ich auf die Effizienz von Fotovoltaikanlagen hinweisen. Ich glaube – das sehen wir anhand der Energiebilanz –, dass das mit den Braunkohlekraftwerken wesentlich besser aussieht.
Zu Punkt 2, den CCS-Technologien. Ich habe etwas dagegen, wenn man weit in die Zukunft schaut – wir schreiben derzeit das Jahr 2011 – und feststellt, dass wir technisch nicht in der Lage sein werden, bis zum Jahr 2025 die Senkung des Wirkungsgrades zu erreichen. Bei der CCS-Technologie haben wir das bereits. Sie
wissen, dass es Versuche bei Vattenfall gibt. Aber wohin die Reise innerhalb der nächsten 14 Jahre geht, kann man nicht sagen. Von daher ist es entbehrlich, was Sie hier fordern.
Dass die Arbeitskräfte im Bereich der erneuerbaren Energien vorhanden sind, bestreitet niemand. Sie wissen aber auch, warum das so ist: Es ist aufgrund der hohen Subventionen möglich, dort die Arbeitskräfte zu etablieren.
Zum Punkt III, dem letzten Punkt. Sie schreiben: Sie wollen ein Umbaukonzept. Meine Damen und Herren, wir sind gerade bei der Erstellung. Ich denke dabei an die Renaturierung der Flächen in der Nähe des Cospudener Sees. Das ist bereits gängige Praxis. Von daher brauchen wir Ihren Antrag nicht. Er ist entbehrlich. Wir werden ihn ablehnen.
Frau Präsidentin! Dem Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN können wir in den Punkten I und II vollständig zustimmen. Mit Punkt III haben wir ein Problem. Hierin geht es um den Atomausstieg in dem berühmten Jahr 2017. Wir vertreten die Auffassung, diesen Ausstieg bis zum Jahr 2020 zu schaffen. Dieses Datum sollte auch als Enddatum in ein Atomausstiegsgesetz geschrieben werden.
Ja. Wer in diesem Wettbewerb die radikalste Forderung in Bezug auf das Enddatum setzt, daran möchte ich mich nicht beteiligen.
Herr Lichdi, zu Punkt 2: Ehrgeizige Ziele sind gut, aber man darf es dabei auch nicht übertreiben. 75 % des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien in Sachsen bis zum Jahr 2020 zu decken ist für mich eine überzogene Forderung.
Auch das Ausstiegsdatum 2030 aus der Braunkohleverstromung halte ich für zu kurz. So viel Planungssicherheit sollte das Unternehmen Vattenfall haben, um diesen neu gebauten Block betriebswirtschaftlich so zu betreiben, dass er danach als abgeschriebenes Kraftwerk gelten kann.
Wir haben uns auch auf die Unternehmens- und die Beschäftigtensituation der Unternehmen in der Lausitz und im Südraum Leipzig eingestellt. Weil wir dem Punkt III nicht zustimmen können, beantragen wir die punktweise Abstimmung über die römischen Ziffern. Wir könnten uns bei der Gesamtabstimmung nur der Stimme enthalten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Man kann ja unterschiedliche Erwartungshaltungen an die Rede des Ministerpräsidenten haben. Ich kenne ihn und weiß, dass Punkte, die als begrüßenswert empfohlen werden, durchaus seinem bisherigen Denken entsprochen haben. Das ist für mich nichts Neues.
Bei den Punkten 2 und 3 trennt uns massiv die Haltung zur Braunkohle. Ich will eines deutlich sagen: All diejenigen, die den Menschen irgendetwas versprechen, wie ein solcher wirtschaftlicher und sozialer Umbauprozess vonstatten gehen soll, müssen berücksichtigen: Es gibt geografische und wirtschaftsstrukturelle Gründe, die es in diesen Regionen erschweren, Neuansiedlungen zu schaffen. Ich selbst habe es versucht, weil ich aus einer solchen Region komme. Man sollte den Menschen keine falschen Hoffnungen machen. Ich würde mir sehr wünschen, dass die Lausitz davon profitieren wird, wenn der Kupferbergbau in Gang kommt.
Aber ich kann auch jemanden, der im Tagebau arbeitet, nicht derart umschulen, dass er dann unter Tage arbeitet. Das wird ein schwieriger Prozess, den wir alle – auch im Landtag – unterstützen sollten, wenn es diese Chance gibt.
Der Punkt II enthält eine deutliche Ohrfeige gegen die Braunkohle. Das können wir selbstverständlich nicht mittragen. Den dritten Punkt halte ich für unrealistisch.
Gibt es noch weiteren Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 5/5900. Ich beginne mit der Abstimmung zu Punkt I. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dafür ist Punkt I dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.
Ich rufe Punkt II auf. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür wurde auch Punkt II mit Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe Punkt III auf. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und wenigen Stimmen dafür ist der Punkt III mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Meine Damen und Herren! Damit erübrigt sich auch hier eine Gesamtabstimmung. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
1. Aktuelle Debatte: Keine Angst vor unseren Nachbarn – Durch Arbeitnehmerfreizügigkeit Fachkräfte für Sachsen gewinnen
2. Aktuelle Debatte: Staatsregierung darf nicht länger abtauchen – Kommunen bei Umsetzung des Teilhabe- und Bildungspaketes unterstützen!
Europas ist ein historischer Erfolg. Frieden und Freiheit stehen für Europa. Der Binnenmarkt, die gemeinsame Währung und die Integration der europäischen Länder haben uns Wohlstand, Sicherheit und wirtschaftlichen Erfolg gebracht.
Ostdeutschland profitiert besonders von der Europäischen Union. Nach dem Mauerfall 1989 wurden die neuen Länder sofort Mitglied der Europäischen Gemeinschaft. Seit der friedlichen Revolution hat Sachsen circa 11 Milliarden Fördermittel von der Europäischen Union erhalten. Die Vorteile des gemeinsamen Marktes sind die vier Grundfreiheiten. Diese bestehen aus erstens der Warenverkehrsfreiheit, zweitens der Dienstleistungsverkehrsfreiheit, drittens der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit und viertens der Personenverkehrsfreiheit.
Personenverkehrsfreiheit heißt: Die EU-Bürger dürfen sich frei bewegen. Es gibt keine Grenzkontrollen zwischen den Schengenstaaten und es gibt die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Im Jahr 2004 kam es zum Beitritt von zehn weiteren EU-Staaten. Aufgrund von Unsicherheiten wurde damals die „2-3-2-Jahresformel“ eingeführt. Die alten Länder hatten Angst, dass eine neue Marktpolitik geschaffen wird. Das heißt, jedes Land konnte sieben Jahre lang die Arbeitnehmerfreizügigkeit verzögern. Die meisten Länder sind in kurzer Zeit der Arbeitnehmerfreizügigkeit beigetreten, Deutschland und Österreich haben den maximalen Rahmen ausgeschöpft.
Am 1. Mai 2011 ist nun diese Frist abgelaufen. Jeder EUBürger kann sich drei Monate in Deutschland aufhalten. Wenn er Arbeit findet oder Privatvermögen hat, von dem er leben kann, dann kann er dauerhaft in Deutschland bleiben. Dies gilt nicht für Bürger aus Rumänien und Bulgarien, weil diese Länder erst nach dem Jahr 2004 beigetreten sind.
Vor dem 1. Mai 2011 wurden auch in Sachsen Ängste geschürt. Es wurde gesagt, dass eine Völkerwanderung stattfinden und Billigarbeitskräfte nach Sachsen kommen würden. Wir schreiben heute den 25. Mai 2011. Ich habe vorhin mehrmals durch die Fenster des Plenarsaals geschaut, meine sehr verehrten Damen und Herren: Ich kann keine Völkerwanderung feststellen!