Protocol of the Session on March 23, 2011

Schließlich ist der NPD-Antrag auch nicht dazu geeignet, Probleme an ihren eigentlichen Ursachen zu lösen, nämlich die Kompliziertheit der gesetzlichen Regelungen, mangelnde Personalausstattung der ARGE und dergleichen mehr. Summa summarum: Das, was dazu zu debattieren war, haben wir tatsächlich im Jahr 2010 getan. Der

Kollege 2. Vizepräsident Wehner hat dazu ausführlich gesprochen. Ich denke, dass die jetzige Situation zu keiner veränderten Konstellation geführt hat und deshalb dem Antrag nicht zugestimmt werden muss.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir in der ersten Runde nicht vor. Für die zweite Runde ist kein Redner gemeldet. Ich frage dennoch: Möchte in der zweiten Runde noch jemand sprechen? Das möchte niemand. Die Staatsregierung möchte das Wort ergreifen. Herr Staatsminister, Dr. Martens, bitte.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Wenigstens mal ein Minister, der sich traut!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte es relativ kurz machen. In der Tat ist der eigentliche Text des Antrages abgeschrieben. Die Begründung abzuschreiben, das haben sich die Antragsteller dann doch nicht getraut; und das ergibt dann eine Begründung, wie sie Herr Müller vorgetragen hat, die doch mehr als nur krude ist. Da wird von Zustimmungswerten gesprochen und der Arroganz der Bankenvorstände und Grundgesetzänderungen, aber in der Sache selbst ist eigentlich nichts gekommen. Es ist nicht einmal eine anständige Begründung vorgetragen worden.

Meine Damen und Herren! Aus Sicht der Staatsregierung gibt es in der Tat keine aktuellen Gesetzesvorhaben, zu denen man Stellung nehmen könnte. Die Frage einer Missbrauchsgebühr müsste anders diskutiert werden, denn bei nicht mutwilligen Klagen würde die Gebühr im Wege der Prozesskostenhilfe selbstverständlich zurückerstattet. Aber mit dem Ansatz, mit dem die NPD das hier versucht, wird sie in dieser eigentlich recht anspruchsvollen Diskussion, wenn man sie wirklich ernsthaft führen wollte, nicht landen können.

Den Rest meiner Ausführungen gestatte ich mir, auch im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit, zu Protokoll zu geben.

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Wenn es keine weiteren Wortmeldungen gibt, hält das Schlusswort Herr Dr. Müller für die NPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Plagiatsvorwurf möchte ich insofern zurückweisen: Wenn zwei in etwa das gleiche Ansinnen haben, ist es auch relativ verständlich, dass die jeweiligen Punkte ähnlich in der Wortwahl sein werden. Sie sind also definitiv nicht gleich. Ich denke, es ist wichtig, dass man an dieses Thema trotzdem weiter erinnert. Es gibt dazu zum Beispiel diese Gedanken aus dem Brandenburger Landtag.

In diesem Jahr, in dem sich viele Mehrheiten, also auch im Bundesrat zum Beispiel, sicherlich deutlich noch ändern werden, werden wir einmal ganz erstaunt sein, welche Konstellationen vielleicht in diesem Jahr noch möglich sind.

In der sachlichen Auseinandersetzung, denke ich, hatte ich ausdrücklich in der Begründung darauf hingewiesen, dass 80 % der Sozialgerichtsklagen in irgendeiner Form von den Gerichten abgeholfen werden, 50 % mit dem Erfolg des Klägers und 80 % insgesamt durch irgendwelche Vergleichsregelungen und Ähnliches. Das heißt also, eine missbräuchliche Verwendung des Sozialgerichtes, um irgendwelche Dinge durchsetzen zu wollen, die nicht rechtens sind, kann man nicht erkennen.

Aus dem Grund heraus wäre es vermessen, im Vorfeld von dem Betroffenen eine Gebühr zu erheben, die man dann im Nachgang zumindest zu 80 % wieder zurückerstatten müsste. Es geht ja gerade um den Personenkreis, der mit dem Vorschuss einer solchen Gebühr schon Probleme hätte, diesen zu leisten. Aus dem Grund heraus, denke ich, ist es schon noch ein aktuelles Thema, denn, wie gesagt, die Gedanken dazu sind ja nicht vom Tisch.

Ich werbe noch einmal um Zustimmung zu dem Antrag, und ansonsten kenne ich natürlich das Abstimmungsergebnis schon.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Ich stelle die Drucksache 5/4751 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und einigen Dafürstimmen ist die Drucksache 5/4751 mehrheitlich nicht beschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Erklärung zu Protokoll

Der Sächsische Landtag ist nicht der Ort, an dem über die Einführung einer Gerichtskostenpauschale im sozialgerichtlichen Verfahren entschieden wird. Hierzu bedarf es der Änderung von Bundesrecht. Es bestünde

allerdings kein Anlass für die Sächsische Staatsregierung, sich auf Bundesebene gegen ein solches Vorhaben auszusprechen; denn eine maßvolle Pauschalgebühr für Leistungsempfänger verstößt weder gegen das Sozialstaats

prinzip, noch erschwert sie Betroffenen den Zugang zu den Sozialgerichten in unzumutbarer Weise.

Der im Sozialrecht überkommene Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit für Leistungsempfänger knüpft traditionell an den Gedanken einer besonderen Schutzbedürftigkeit. Hieran würde die Einführung einer moderaten Gerichtskostenpauschale – in der Diskussion sind Beträge zwischen 10 und 75 Euro – nichts ändern. Diese soll keine Gegenleistung für die Durchführung des sozialgerichtlichen Verfahrens darstellen, sondern lediglich eine missbräuchliche Klageerhebung verhindern.

Mit Einführung einer Pauschalgebühr wird die Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens durch einen zwar nicht mehr völlig kostenlosen, aber immer noch kostengünstigen Rechtsschutz ersetzt. Im Vergleich zu anderen Verfahrensordnungen werden Kläger hier weiterhin dadurch privilegiert, dass die Gebühr pauschal erhoben wird und sich nicht nach dem Wert des Streitgegenstandes bemisst. Zudem werden sie nicht mit den häufig anfallenden Kosten für Sachverständigengutachten belastet. Damit lässt sich weiterhin noch guten Gewissens von einem „sozialen Gerichtskostenrecht“ sprechen.

Die Verfassung kennt – auch für Bezieher von Arbeitslosengeld II – keinen Anspruch auf Rechtsschutz zum „Nulltarif“. Einkommensschwachen Klägern wird der Rechtsweg bei hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung insoweit durch das Institut der Prozesskostenhilfe offen gehalten. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu angemerkt, dass es nicht Sinn des Justizgewährungsanspruches sei, Unbemittelten ein nutzloses Prozessieren auf Kosten der Allgemeinheit zu ermöglichen.

Folgendes ist anzumerken, um den Missverständnissen, die dem Antrag zugrunde liegen, gleich vorzubeugen: Eine moderate Gerichtskostenpauschale soll nur die

Einleitung solcher Verfahren verhindern, die von vornherein und offensichtlich ohne Erfolgsaussicht und mutwillig eingelegt worden sind und an denen auch nach einem richterlichen Hinweis festgehalten wird. Es geht nicht darum, Rechtsschutz Suchende mit ihrem berechtigten Anliegen auf Prüfung ihres Einzelfalles von einem Gang zum Gericht abzuhalten. Deshalb war Gegenstand der bisherigen Diskussion auch immer die Überlegung, die Gebühr im Falle des Klageerfolges zurückzuerstatten, also im wirtschaftlichen Ergebnis den im Verfahren Unterlegenen zu belasten. Es steht daher nicht zu befürchten, dass Kläger mit berechtigten Anliegen allein wegen der Pauschalgebühr von der Beschreitung des Klageweges absehen.

Darüber hinaus sollte man schließlich eines nicht aus den Augen verlieren: Jeder Sozialrichter besitzt Erfahrungen mit offensichtlich aussichtslosen oder gar querulatorischen Klagen, die nur erhoben oder aufrechterhalten werden, weil das sozialgerichtliche Verfahren im Gegensatz zu allen anderen Verfahrensordnungen grundsätzlich kostenfrei ist. So kommt es in der Praxis beispielsweise vor, dass Klagen gegen Arbeitslosengeld-II-Bescheide mit der Begründung eingelegt werden, dass „... Herr Hartz schließlich auch nicht von den Regelsätzen leben müsse“.

Der Amtsermittlungsgrundsatz zwingt den Richter auch in einem solchen Fall, die Rechtsmäßigkeit der Bescheide zu prüfen. Es liegt auf der Hand, dass die richterliche Arbeitskraft anderweitig dringender benötigt wird. Wenn eine Gerichtskostenpauschale derart überflüssige Klagen verhindern hilft, dient ihre Einführung einem legitimen und berechtigten Zweck.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 13

Einspruch gemäß § 98 GO

Drucksache 5/4991, Einspruch des Abg. Jürgen Gansel, NPD

Ihnen liegt der Einspruch des Abg. Jürgen Gansel, NPD-Fraktion, in der Drucksache 5/4991 gegen einen erteilten Ordnungsruf vor. Über den Einspruch entscheidet der Landtag gemäß § 98 Abs. 1 Geschäftsordnung in der nächsten Sitzung nach Einlegung des Einspruchs – also heute – ohne Beratung.

Meine Damen und Herren! Wir stimmen nun über den Einspruch des Abgeordneten Gansel in der Drucksache 5/4991 ab. Wer dem Einspruch stattgeben will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und einigen Dafür-Stimmen ist mehrheitlich dem Einspruch des Abg. Gansel nicht

stattgegeben. Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Tagesordnung der 32. Sitzung des 5. Sächsischen Landtages ist abgearbeitet. Das Präsidium hat den Termin für die 33. Sitzung auf morgen, Donnerstag, den 24. März 2011, 10:00 Uhr, festgelegt. Die Einladung und die Tagesordnung dazu liegen Ihnen vor. Die 32. Sitzung des 5. Sächsischen Landtages ist geschlossen.