Oder denken wir an die Polizisten, die in Sachsen gute Arbeit leisten, von denen viele den Kopf hinhalten und ihre Gesundheit aufs Spiel setzen,
während andere, Herr Lichdi, das Ganze für einen Spaß halten und irgendwo immer ein wenig Rambazamba machen. Die Polizisten müssen dafür einstehen, dass sich die Leute in Sachsen sicher fühlen.
Deshalb ist es wohl berechtigt, dass uns Polizisten darauf hinweisen, dass sie ordentlich bezahlt werden möchten und bei der Besoldung anderen gleichgestellt werden. Das alles sind berechtigte Forderungen. Aber auch hier haben wir abzuwägen, wie wichtig sie sind. Der Ministerpräsident hat die 300 Stellen aus dem Koalitionsvertrag genannt. Wir müssen daran arbeiten, dass junge Leute auch ins Polizeisystem hineinkommen. Davon wird die Zukunft abhängen.
Jetzt ein Wort zur allgemeinen Verwaltung. Diese tut immer so, als ginge sie das alles nichts an. Der Ministerpräsident hat die Zahl 70 000 genannt. Herr Hahn, machen Sie sich noch einmal kundig, wie das mit den Personalstellen A, B, C im Einzelnen und wie die gesamte Aufteilung aussieht.
Aber es ist unumgänglich, das wir in der kommenden Legislaturperiode auch den Personalbestand in der Verwaltung – Rheinland-Pfalz hatte ich genannt – anpassen müssen. Dazu stelle ich die Frage in den Raum: Wollen wir das weiterhin nur immer über Altersabgang und damit zulasten der jungen Leute in Sachsen machen, sodass sie weitere fünf Jahre nicht in dieses System hineinkommen? Ich denke, das können wir uns nicht leisten.
Das ist eine gewaltige Aufgabe, aber dieser haben wir uns zu stellen. In den nächsten fünf Jahren muss hier eine Trendwende gelingen. Natürlich werben wir immer dafür, dass Leute wieder zurückkommen, die woanders – in Deutschland oder sonst auf dieser Welt – erfolgreich sind. Wenn junge Frauen erst einmal woanders Kinder bekommen und geheiratet haben, dann sind sie für mindestens zehn, 15 oder 20 Jahre nicht mehr so flexibel. Deshalb müssen wir darauf achten – das mögen mir die Männer jetzt nachsehen –, dass insbesondere die wenigen jungen Frauen, die wir in Sachsen haben, in Sachsen ihre Zukunft planen können und die Möglichkeit bekommen, hier auch zu arbeiten.
Unser Ministerpräsident, Stanislaw Tillich, ist ein einsamer Rufer in Deutschland, wenn es darum geht, offen zu bekennen: Jawohl, wir brauchen für die weitere Entwicklung unseres Landes auch Ausländer und Zuwanderer. Die CDU-Fraktion unterstützt ihn in diesem Anliegen, weil es für unser Land wichtig ist.
Wir brauchen Ausländer und Zugewanderte – im Gegensatz zur NPD-Fraktion. Die brauchen wir nicht in diesem Lande, denn sie schaden uns.
Allerdings brauchen wir auch ein anderes Verständnis für Zu- und Einwanderer. Wenn wir hier von den Sachsen weiterhin Veränderungsbereitschaft verlangen, dann dürfen wir das ebenso von Zugewanderten verlangen. Integration hat zwei Seiten: ein weltoffenes Sachsen mit Interesse für andere Kulturen und die Bereitschaft von Zugewanderten, sich in Sachsen zu integrieren und unsere Kultur zu achten.
Beides gehört zusammen. Über diese Herangehensweise, dieses Verständnis werden wir diskutieren. Das hat auch den Vorteil, dass wir darüber diskutieren, ob der Staat hier in Sachsen wahrlich von der Wiege bis zur Bahre zuständig sein soll oder ob wir nicht unsere Freiheit, wie damals vor 20 Jahren, wieder in die eigenen Hände nehmen, unser eigenes Leben planen und nicht nur dem Staat vertrauen sollen. Ich denke, das wäre eine spannende Sache.
Wir stehen vor vielen Veränderungen in unserem Land. Wir meistern diese Herausforderung nicht, wenn im Kreistag oder im Stadtrat auf das Land geschimpft wird. Wir kommen auch nicht weiter, wenn im Landtag nur über Veränderungen im kommunalen Bereich diskutiert
wird. Wir brauchen einen Zukunftspakt des Landes und der Kommunen in Sachsen. Das wäre Solidarität in guten und in schwierigen Tagen. Ich denke, das wird gebraucht.
Auch jetzt spreche ich ein sehr heikles Thema an: Wir dürfen hier im Landtag nicht ständig – manchmal merken wir es auch gar nicht, manchmal geht es auf andere Weise – die Kommunen in ihrer Handlungsfreiheit mit höheren Standards einschränken.
Ein Wort an die Kommunen. Sie dürfen nicht mit Eltern – das ist als Beispiel gedacht, ein sehr aktuelles – und Kindergärtnerinnen einen Pakt gegen das Land schließen. Das findet gegenwärtig gerade statt.
Es geht bei der Finanzierung von Kindertagesstätten darum, dass sich Eltern, Kommunen und der Freistaat die Kosten teilen.
Was jetzt stattfindet, ist, dass Eltern für bessere Betreuungsverhältnisse in Kindergärten unterschreiben. Es wird aber nicht die Wahrheit ausgesprochen – worüber zu reden ist –, ob Eltern auch bereit sind, diese höheren Standards zu bezahlen. Das gehört dazu, wenn man darüber diskutieren möchte.
Wenn wir den Weg der gegenseitigen Schuldzuweisung weitergehen, schaden wir uns gegenseitig. Wir sitzen in Sachsen in einem Boot. Wir wollen unser Land gemeinsam im Jahr 2020 auf eigene Beine stellen. Das ist Aufgabe des Landes und der kommunalen Ebene.
Lassen Sie uns deshalb mit Verantwortung und Augenmaß sowie mit dem Geist der friedlichen Revolution und mit der Offenheit für Neues und Unbekanntes ohne Angst vor der Zukunft Wege finden, streiten und verhandeln. So können wir unserem Land dienen: ohne Angst vor der Zukunft.
Oskar Lafontaine wollte die deutsche Einheit nie. Noch heute würde er eine Debatte über die Nachteile der Wiedervereinigung führen. Genau in dieser Tradition stehen Sie, Herr Hahn, mit der Linksfraktion.
Das ist nun einmal das, Herr Hahn, was Ihnen am meisten liegt: ans Pult zu gehen und Schulnoten zu verteilen. Sie verteilen Schulnoten für Koalitionsverträge oder für eine klar zu verstehende Sache – die große Vision, die wir haben. Sachsen stand vor 100 Jahren an der Spitze der Industrialisierung in Europa.
Dass wir dort wieder anknüpfen, ist eine Vision, die alle teilen können – zumindest die, die jetzt im Hohen Hause klatschen.
Wissen Sie, Herr Hahn, mit der Treuhand mag das wohl so sein. Dabei ist nicht alles gut verlaufen. Allerdings wären sie in der Sowjetunion und Russland dankbar gewesen, eine Treuhand gehabt zu haben, die verhindert, dass nicht alles in windige Hände kommt. Das gehört zur Wahrheit dazu.
Ich möchte noch ein Wort zu unserem Nachbarland Brandenburg sagen: Wenn Sie, Herr Hahn, über die Braunkohleverstromung sprechen, betrifft das auch unser Nachbarland. Ich hoffe, Sie – oder besser: die Brandenburger – nehmen das zur Kenntnis. Für Herrn Platzeck wird es wohl ein bisschen zu spät sein. Ich kann Herrn Platzeck nicht verstehen, wie er 20 Jahre nach der friedlichen Revolution nun an einer Wiedervereinigung von Rot-Rot arbeitet. Ich kann es einfach nicht verstehen.