Protocol of the Session on November 11, 2009

und ich sage in Richtung der Opposition im Sächsischen Landtag: Seien wir ehrlich zu den Menschen, um die es geht! Transfers sind für die Empfänger wichtig, aber sie sind weder Indikator noch Ersatz für soziale Wärme. Der Sozialstaat kann – für sich genommen – allein keine solidarischen Beziehungen stiften. Umsetzen müssen es die Menschen in diesem Land, die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer.

Diese Koalition hat sich vorgenommen, unser Land noch familienfreundlicher zu machen. Familien mit Kindern sollen in Sachsen wirtschaftlich und sozial gute Lebensbedingungen haben. Wir werden deshalb die Errichtung von Betriebskindergärten unterstützen, flexiblere Betreuungsangebote fördern, das Landeserziehungsgeld weiterentwickeln, unseren präventiven Kinderschutz weiterentwickeln, gegenüber dem Bund auf die baldige Verabschiedung eines Kinderschutzgesetzes drängen, die Familienbildung verbessern und ausbauen und uns gegenüber dem Bund für ein Familiensplitting einsetzen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Aber ob wir mit unserer Familienpolitik erfolgreich sind, hängt auch von anderen gesellschaftlichen Akteuren ab:

(Jürgen Gansel, NPD: Vor mindestens 20 Jahren hätten Sie anfangen müssen)

von den Arbeitgebern, den Vermietern, den Nachbarn, den kommunalen Stadtplanern sowie dem Engagement von Erziehern und Lehrern. Wir alle müssen etwas für die Attraktivität unserer Städte und Dörfer tun, und am besten ohne die Nazis in diesem Land.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Nur dann entsteht ein Klima, in dem Kinder gut aufwachsen und ihre Eltern dabei Unterstützung finden. Meine Damen und Herren, das ist kein Selbstzweck. Ein familienfreundliches Land ist gut für uns alle, denn hier im Land kümmert man sich umeinander.

(Jürgen Gansel, NPD: Sehr scharfzüngig!)

Meine Regierung will deshalb auch die Zivilgesellschaft stärken und bürgerschaftliches Engagement ermöglichen. Wir bauen die Initiative „Komm in den Sportverein!“ weiter aus; sie ist schon jetzt ein großer Erfolg. In der Altenpflege wollen wir stärker ehrenamtlich Engagierte einbeziehen. Wir geben damit zugleich eine Antwort auf die demografischen Herausforderungen. Vor einem halben Jahr wurde die kommunale Initiative Sozialservice GmbH Rochlitz mit dem sächsischen Generationenpreis ausgezeichnet. Unter dem Titel „Alt und Jung in den besten Händen“ wurde die Idee des Mehrgenerationenhauses neu erdacht. Die ganze Stadt sieht sich als ein „Haus der Generationen“, und das ist ein innovativer Denkansatz, der Nachahmer im Freistaat finden sollte.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

Ja, das ist einen Applaus wert.

Einen weiteren lobenswerten Ansatz verfolgt die Stadt Grimma. Dort hat sich eine Agentur aus der Bürgerschaft heraus entwickelt. Sie vermittelt sozial engagierte Menschen an diejenigen, die etwa Bedarfe für ihre Vereins- und Jugendarbeit anmelden. Viele solcher und ähnlicher Projekte finden wir im Freistaat Sachsen. Sie verdienen unseren Respekt und unsere Unterstützung. Das kommunale oder staatliche Geld für solche Projekte ist gut angelegt. Das bürgerschaftliche Engagement hat einen gesellschaftlichen Multiplikatoreffekt, und deshalb wollen wir für noch mehr öffentliche Anerkennung solcher ehrenamtlichen Engagements sorgen.

Meine Damen und Herren! Eine Region ist nur dann attraktiv, wenn die Bürger sicher in ihr leben, arbeiten und sich engagieren können. Wir werden im Haushalt die Voraussetzungen dafür schaffen, 300 neue Polizisten einzustellen.

(Dr. Andrè Hahn, Linksfraktion: Wie viele werden entlassen? – Jürgen Gansel, NPD: Ein richtiger „Polizeistaat“!)

Wir werden nicht aufhören, dafür zu sorgen, dass die sächsische Polizei stets den Erfordernissen gemäß sowohl technisch als auch personell ausgestattet ist.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung – Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Wir werden das Polizeigesetz zeitgemäß novellieren, um der Polizei noch wirksamere Mittel zur Bekämpfung und zur Vorbeugung von Verbrechen an die Hand zu geben. Wir werden die Sicherheit im grenznahen Raum weiter gewährleisten. Dafür werden wir dort mit zusätzlichen Einsatzkräften präsent sein.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Dazu müssen sie erst mal da sein!)

Außerdem bauen wir die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit der tschechischen und polnischen Polizei und Justiz weiter aus. Wir nehmen die sich häufenden gewaltsamen Angriffe auf unsere Polizistinnen und Polizisten nicht hin. Wir setzen uns beim Bund dafür ein, dass solche Angriffe zukünftig noch härter bestraft werden können; denn wer einen Polizisten angreift, der greift die Gesellschaft an.

(Beifall bei der CDU, der FDP, der Linksfraktion, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Sachsen soll als Ganzes eine der modernsten Regionen Europas mit einem starken Zusammenhalt von Stadt und Land sein. Deshalb bleibt der ländliche Raum im Fokus der Sächsischen Staatsregierung. Wir werden Anreize dafür bieten, dass zukunftsfeste und starke kommunale Einheiten freiwillig entstehen. Der Innenminister hat von mir den Auftrag, ein entsprechendes Konzept zu entwickeln. Politik und örtliche Verwaltung müssen sich vernetzen. Überholte

Strukturen müssen aufgehoben werden. Handwerk und gewerblicher Mittelstand sind das Rückgrat für die ländlichen Regionen. Wir werden deshalb alles dafür tun, um die Land- und Forstwirtschaft, die Ernährungswirtschaft und den Tourismus zu stärken – die wichtigsten Wirtschaftsbranchen im ländlichen Raum.

Immer wichtiger werden aber auch – gerade im ländlichen Raum – wissensbetriebene Unternehmen. Wir geben den Kommunen Hilfe beim flächendeckenden Anschluss an das Breitbandinternet. Auch Städte und Dörfer abseits der Ballungszentren müssen sich in die globalen Wissensnetze einklinken können.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

Unsere natürlichen Partner im ländlichen Raum sind die Kommunen – unsere Landkreise und unsere sächsischen Gemeinden. Nur wenn Staatsregierung und kommunale Familie an einem Strang ziehen,

(Dr. Andrè Hahn, Linksfraktion: Das tun sie ja!)

kann es gelingen, dass Sachsen im Jahr 2020 eine der modernsten Regionen Europas ist. Wir stehen weiter zur gerechten Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen. Sie ist Ausdruck, aber auch gleichzeitig Garant der bewährten finanzpolitischen Gemeinschaft von Land und Kommunen – in guten wie in schlechten Zeiten.

Und diese Gemeinschaft funktioniert. So haben wir mit dem letzten Änderungsgesetz zum FAG Vorsorge betrieben, insgesamt in Höhe von 372 Millionen Euro. Diese Vorsorge steht ab 2011 zur Verfügung, um den Kommunen zu helfen – mehr aber auch nicht. Ich nehme deshalb das Angebot des Präsidenten des Sächsischen Landkreistages gerne an, der gemeinsam mit der Staatsregierung eine Strategie entwickeln möchte, wie wir in Zeiten knapper Mittel die Aufgabenerfüllung sicherstellen. Wir streben die Einführung eines Flächenfaktors im Rahmen des kommunalen Finanzausgleiches an und werden das FAG entsprechend weiterentwickeln. Um die kommunale Selbstverwaltung zu stärken, wollen wir als Zielstellung einen höheren Anteil ungebundener Mittel. Die Investitionsfähigkeit soll auf einem hohen Niveau gehalten werden, Regionalbudgets sollen auf andere Bereiche ausgeweitet werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Politik im ländlichen Raum unter Mitwirkung der kommunalen Familie sichert zu einem großen Teil unsere Lebensbedingungen vor Ort. Ökologie und naturbelassene Lebensräume verschönern unsere Landschaft. Der Reichtum unserer Natur kann sich sehen lassen. Die sächsische Landschaft, die Tier- und Pflanzenwelt unserer Heimat sind beeindruckend vielfältig. Dieses Erbe ist viele Tausend Jahre alt, viel älter als die Schmuckstücke im Grünen Gewölbe in Dresden. Diese Schätze der Natur sind uns anvertraut. Es ist unsere Aufgabe, die Schöpfung zu bewahren, damit auch unsere Kinder etwas davon haben.

(Beifall bei der CDU, der FDP, vereinzelt bei der Linksfraktion und Beifall bei der Staatsregierung – Zurufe von den GRÜNEN)

Der Schutz der Natur ist in Sachsen nicht nur eine verfassungsmäßige Pflichtaufgabe. Wichtig ist mir auch, dass viele ehrenamtliche Naturschützer mit viel Enthusiasmus dabei sind. Der Naturschutz kommt in Sachsen aus der Mitte der Gesellschaft. So schaffen Freistaat und Ehrenamtliche viel für den Schutz der Umwelt in Sachsen. Wir bewahren uns damit ein Stück Naturerbe und gewinnen zugleich ein Stück Zukunft in Sachsen. Wir bewahren uns nicht nur die Umwelt in Sachsen, sondern wir schaffen damit Möglichkeiten für zukünftige Generationen.

Über den Klimawechsel müssen wir nicht diskutieren. Wir in Sachsen handeln. In Sachsen soll noch mehr erneuerbare Energie erzeugt und die heimische Braunkohle noch effizienter verstromt werden, um den CO2Ausstoß zu senken.

Staatsminister Kupfer und Staatsminister Morlok werden gemeinsam den sächsischen Aktionsplan „Klima und Energie“ zu einem Energieprogramm weiterentwickeln. Das wird sich an den Zielen Energiesicherheit, Grundlastfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Bezahlbarkeit orientieren. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix soll auf ein Viertel ansteigen.

Meine Damen und Herren! Reibungsloser Güterverkehr, kombiniert mit einer ausgefeilten Logistik, ist das Schmiermittel für eine prosperierende Ökonomie. Gerade Regionen fernab der Bundesautobahnen – wie der Raum Torgau, das Erzgebirge und die Sächsische Schweiz – brauchen eine bessere Anbindung an das Fernstraßennetz.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Städte und Ortschaften müssen durch den Bau leistungsfähiger Ortsumgehungen entlastet werden. Deshalb haben wir einen weiteren Ausbau des bestehenden Straßennetzes vereinbart.

Wir müssen uns weiterhin überlegen, ob wir unsere Stärken in der Geografie und Logistik weiter ausbauen wollen. Sachsen ist Exportweltmeister im Osten Deutschlands. Wir sind Transitland und haben mit dem Hub Leipzig den Kern eines Logistikkreuzes, das uns über den Luftweg mit der ganzen Welt verbindet. Ich sehe das Thema transeuropäische Netze in diesem größeren Zusammenhang. Wir müssen die Verkehre Ost-, Süd-, Nord- und Westeuropas, die uns durchqueren, hier bündeln und den Güterströmen eine ökologisch sinnvolle und ressourcenschonende Verteilung per Luft, Straße und Schiene anbieten.

Meine Damen und Herren! Zu einer attraktiven Region gehört, dass in allen Gebieten eine ärztliche Versorgung sichergestellt wird. Deswegen hat die Sozialministerin Christine Clauß bereits Initiativen gestartet, um Abhilfe gegen den Ärztemangel zu schaffen.

Wir werden künftig die Standortnachteile des ländlichen Raumes angehen, und zwar gemeinsam mit allen Akteuren. Auch die kommunale Seite muss dabei ihren Beitrag leisten, zum Beispiel indem sich die Landkreise am „Carus Consilium Sachsen“ beteiligen. Ambulanter und stationärer Bereich sollen besser verzahnt und aus einer Hand gesteuert werden. Mit dem gleichen Mitteleinsatz kann so die medizinische Versorgung besser gewährleistet werden.

Die medizinische Versorgung soll bezahlbar bleiben. Wir werden deshalb aufmerksam und kritisch die Arbeit der Regierungskommission zur Reform des Risikostrukturausgleiches in Berlin begleiten. Eine Benachteiligung der ostdeutschen Länder muss verhindert werden.

(Beifall bei der CDU, der FDP, vereinzelt bei der Linksfraktion und Beifall bei der Staatsregierung)

Das ist angesichts der immer noch deutlich niedrigeren Einkommen in Ostdeutschland sozialpolitisch auch bedenklich. Ich nehme deshalb unsere Kanzlerin beim Wort, die angekündigt hat, dass – ich zitiere –: „einem anderen nichts weggenommen wird und der Sozialausgleich im System auch noch funktionieren muss“.

Wir werden daran festhalten, dass es an dieser Stelle keine Entsolidarisierung geben wird. Wir wollen in diesem Sinne für eine starke ostdeutsche Vertretung in dieser Reformkommission sorgen.

Meine Damen und Herren! Eine Kraft, die unser Land unverwechselbar prägt – und das seit Jahrhunderten –, ist die Kultur. Unsere Identität wie auch die Außenwahrnehmung Sachsens sind wesentlich durch die Kultur, durch höchste künstlerische Leistungen in Geschichte und Gegenwart geprägt. Wie attraktiv Sachsen auch in kultureller Hinsicht ist, zeigt, dass mit Christian Thielemann der begehrteste deutsche Dirigent dem Ruf der Staatskapelle nach Dresden gefolgt ist.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Das älteste Orchester Europas wird damit seiner Tradition ein weiteres großartiges Kapitel hinzufügen.

2010 wird ein glanzvolles Jahr für die sächsische Kultur. Die Staatlichen Kunstsammlungen feiern ihr 450. Jubiläum, das Albertinum wird wiedereröffnet, die Türkische Kammer ebenso, und das Sächsische Porzellan feiert in Meißen seinen 300. Geburtstag. Sachsens Kultur wird einmal mehr im Schaufenster der Welt stehen.

Dieses kulturelle Erbe verpflichtet. Wir wollen es bewahren und weiterentwickeln. Wir setzen deshalb darauf, dass die Kulturfinanzierung auf hohem Niveau fortgeführt wird.