Die Bilanz für das Jahr 2010 zeigt einen stabilen Aufwärtstrend. Von Januar bis Oktober stieg der Industrieumsatz gegenüber dem Vorjahr um 11 %. Die Gesamtausfuhren erhöhten sich um 33 %. Der Ifo-Geschäftsklimaindex erreichte einen neuen Höchstwert. Die Arbeitslosenzahlen gingen zurück.
Damit Sachsens wirtschaftlicher Aufschwung sich verstetigt, haben wir uns klare Ziele gesetzt. Unsere oberste Priorität ist es, alles dafür zu tun, dass in Sachsen Arbeitsplätze gesichert und neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Unser Ziel sind Arbeitsplätze, die sich selbst tragen. Sehr geehrte Damen und Herren! Arbeitsplätze entstehen nicht durch Beschlüsse auf Parteitagen. Sie entstehen auch nicht durch die Verwaltung und den Staat. Das Gegenteil ist der Fall: Wir werden die Zahl der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen verringern, weil wir Sachsen auf eigene Beine stellen wollen.
Es sind Unternehmerpersönlichkeiten des Handwerks und Handels, der Bauwirtschaft, der Industrie oder im Bereich der Dienstleistungen – Tourismus und Gastronomie –, die Arbeitsplätze schaffen. Kein Arbeitsplatz entsteht durch Beschluss oder Dekret. Ein Arbeitsplatz entsteht, wenn ein Unternehmer sich mit dem zusätzlichen Mitarbeiter einen zusätzlichen Erfolg verspricht. Die Erwartung auf zusätzliche Gewinne ist die Triebkraft für das Entstehen zusätzlicher Arbeitsplätze.
Deshalb konzentriert sich unsere Beschäftigungspolitik darauf, die Beschäftigten für den Arbeitsmarkt fit zu machen, damit sie in der Lage sind, die Erwartungen der Unternehmen zu erfüllen.
Getreu dem Motto „Eigeninitiative zahlt sich aus“ stellt der Freistaat Sachsen bis zum Jahr 2013 13 Millio
nen Euro als Weiterbildungsschecks zur Verfügung. Mit diesem individuellen Förderanspruch können bis zu 80 % der Kosten einer beruflichen Weiterbildung finanziert werden. In den ersten zehn Wochen haben über 890 Arbeitnehmer einen Antrag gestellt. 319 von ihnen haben eine Förderzusage erhalten. Das sind 319 in zehn Wochen: 30 Förderzusagen für sächsische Arbeitnehmer pro Woche. Der Weiterbildungsscheck ist ein echtes Erfolgsmodell für die Arbeitnehmer im Freistaat Sachsen.
Mit ihm erreichen wir zwei Dinge. Erstens entsteht unter den Bildungsanbietern Wettbewerb. Davon profitieren die leistungsfähigen Bildungsträger mit ihren besten Angeboten. Zweitens erhalten die Arbeitnehmer eine Weiterbildung, die sie auch wirklich weiterbringt.
Mit der zunehmenden Entspannung am Ausbildungsmarkt eröffnen sich auch neue Chancen für Schulabgänger mit schlechteren Noten. Ich werbe dafür, diesen jungen Menschen auch eine Chance zu geben.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wer keine guten Noten in Deutsch, Mathematik oder Physik hat, kann sehr wohl praktisch begabt sein und im Unternehmen erfolgreich seinen Mann stehen. Das ist übrigens keine graue Theorie. Vattenfall engagiert sich in diesem Bereich. Siemens hat seit dem Jahr 2008 ein eigenes Programm für praktisch begabte Azubis aufgelegt, die aufgrund ihrer Theorieschwäche sonst keine Chance hätten. Im kommenden Jahr wird auch im Freistaat Sachsen der erste Jahrgang seine Lehre abschließen.
Übrigens möchte ich hinzufügen: Junge Menschen, die auf diesem Weg eine Chance erhalten, sind überdurchschnittlich motiviert. Somit wird aus der Chance für die jungen Menschen auch eine Chance für die beteiligten Unternehmen.
Meine Damen und Herren! Sie sehen: Es tun sich neue Chancen auf. Die gute Wirtschaftslage und die Folgen der demografischen Entwicklung sorgen dafür, dass jeder gebraucht wird. Wir wissen, dass nicht jeder gleich gut anpacken kann. Jeder, der aber bereit ist anzupacken, ist wertvoll für den Arbeitsmarkt. Er soll seine Chance erhalten.
Wir wollen dafür sorgen, dass der Bedarf an Fachkräften in sächsischen Unternehmen gedeckt werden kann. Der Freistaat Sachsen unterstützt die Aus- und Weiterbildung aktiv. Wir unterstützen die Unternehmen dabei, gut qualifizierte Mitarbeiter zu erhalten. Das wird allerdings nicht ausreichen. In der Zukunft müssen wir uns außerdem dem Wettbewerb um die besten Köpfe aus dem Ausland stellen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich einmal Folgendes vor: Sie sind Absolvent einer indischen
Topuniversität. Sie haben – meinetwegen – Ihren Master im Fach Elektrotechnik in der Tasche. Die englische Sprache haben Sie während Ihres Studiums gelernt. Obwohl Sie von indischen Firmen mit guten Angeboten umworben werden, wollen Sie gern im Ausland Ihr Glück finden.
Wer kann Sie aus Indien weglocken? Wer hat das überzeugendste Gesamtpaket? Sind es vielleicht die USA? Man braucht dort allerdings eine Greencard. Man kann dort aber auch mit wenig Berufserfahrung gut verdienen. Vielleicht ist es doch lieber Australien? Dort geht es auch ohne eine Greencard. Dort gibt es ein Punktesystem. Vielleicht ist es aber auch Deutschland: das Land mit der fremden Sprache?
Wie sieht es in der Realität aus? 2009 haben in Deutschland gerade einmal 689 Personen von der Hochqualifiziertenregelung Gebrauch gemacht.
Sehr geehrte Damen und Herren! Attraktivität für die besten Köpfe sieht anders aus. Wissenschaft und Wirtschaft brauchen mehr ausländische Fachkräfte. Sachsen muss attraktiver werden, um internationaler werden zu können.
(Beifall bei der FDP und der CDU– Zurufe der Abg. Dr. André Hahn, DIE LINKE, und Jürgen Gansel, NPD)
Bodo Finger hat es auf dem VSW-Neujahrsempfang auf den Punkt gebracht: Wir müssen die Zuwanderung als Gewinn begreifen.
Innenminister Marcus Ulbig und ich werden Ihnen noch im Februar ein Konzept vorstellen, mit dem wir den Wettbewerb um die besten Köpfe erfolgreich bestehen können.
Die beste Beschäftigungspolitik ist eine gute Wirtschaftspolitik. Die sächsische Industrie hat sich ihre Rolle als Wachstumsmotor zurückerkämpft. Alle Konjunkturindikatoren zeigen ein stabiles Hoch. Wir wollen diese Entwicklung verstetigen und Unternehmen auf ihrem Weg zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit noch besser begleiten.
Ein Schwerpunkt meiner Arbeit ist deshalb die Wirtschaftsförderung. Die sächsischen Unternehmen müssen wachsen. Unsere Unternehmenslandschaft ist noch zu kleinteilig. Wir brauchen mehr sächsische Exportschlager auf dem Weltmarkt, wie es bereits heute Produkte aus der Mikroelektronik, aus dem Automobil- oder Maschinenbau sind. Ich war letztes Jahr in den Vereinigten Staaten. Dort
Meistens haben sie verwundert zugestimmt. Ich entgegnete Ihnen: Dort ist ein Chip aus Galliumarsenid aus Freiberg in Sachsen enthalten. Die Freiberger Compound Materials exportiert Galliumarsenid-Wafer in alle Welt. Es stimmt: In jedem Blackberry ist ein Chip von einem Wafer von FCM – einem erfolgreichen Unternehmen aus Sachsen – enthalten.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Jürgen Gansel, NPD: Vielleicht sollten Sie Ihren Chip einmal auswechseln!)
Unsere sächsischen Erfolgsgeschichten haben etwas Gemeinsames: Sie beruhen auf der Einzigartigkeit und der Qualität der Produkte. Es sind die erfolgreichen Innovationen, bei denen sächsischer Erfindergeist in tolle Produkte übersetzt wurde. Das ist der Schlüssel für den Erfolg sächsischer Unternehmen.
Zielsetzung unserer Technologie- und Wirtschaftspolitik ist es, die gesamte Wertschöpfungskette bei uns im Freistaat von der Forschung bis zur Fertigung abzudecken. Damit unsere mittelständischen Unternehmen den Sprung auf den internationalen Markt schaffen, Kontakte knüpfen und Partner finden, unterstützt sie das Wirtschaftsministerium bei der Markterschließung.
In meinem ersten Jahr als Wirtschaftsminister war ich zweimal in Russland und einmal in den USA, um für den Maschinenbau, erneuerbare Energien und die Luft- und Raumfahrt zu werben.
In Tatarstan ging es unter anderem darum, die tatarische Seite zu einer Beteiligung an der Z/intec, der Maschinenbaumesse im März in Leipzig, zu bewegen. Frau Springer, Sie waren mit dabei. Am Anfang waren die Signale alles andere als ermutigend. Erst im Gespräch mit dem tatarischen Ministerpräsidenten Khalikov ist es mir gelungen, die Zusage zu erhalten. Nun besucht Herr Ildar Khalikov die Z/intec, und wir führen parallel zur Messe ein Russlandforum durch. Das ist ein wichtiger Erfolg für den Messestandort Leipzig.
Mehr als bisher werden wir zukünftig darauf achten, bei Auslandsaktivitäten Synergien zu erschließen. Ich möchte die Auslandsaktivitäten des Freistaates Sachsen in den Bereichen Außenwirtschaftsförderung, Investorenwerbung und Tourismus besser verzahnen. Erste organisatorische Änderungen sind bereits erfolgt. Die Referate Tourismus und Außenwirtschaft gehören jetzt zu einer Abteilung im Ministerium.
Jeder hat seine Stärken: die Kammern, die Verbände, die Auslandshandelskammern, die Wirtschaftsförderung und das Ministerium. Wir müssen uns auf unsere jeweiligen Stärken konzentrieren.
Sehr geehrte Damen und Herren! Nach 20 Jahren Aufbauarbeit gilt es nun, den Übergang in eine neue Zeit zu schaffen. Wir wollen aus eigenen Kräften Stärke erlangen und auf eigenen Beinen stehen.
Nach der Wende ist viel aufgebaut worden. Das ist eine hervorragende Grundlage für den Weg, der jetzt vor uns liegt. Mit staatlicher Unterstützung haben viele Unternehmen ihre Gründung erfolgreich gemeistert und sind auf Wachstumskurs. Diese Förderung war nach der Wende richtig und notwendig, um schnell den Anschluss zu schaffen.
In den kommenden Jahren sinken die dafür zur Verfügung stehenden Mittel. Es ist Zeit für einen Kurswechsel in der Förderpolitik. Wir werden überall dort maximal fördern, wo es um Neuansiedlungen und um Erweiterungen geht. Bei anderen Investitionen bereiten wir uns auch auf die Änderung der EU-Förderung ab 2014 vor. Das bedeutet zurückgehende Förderquoten.
Nach wie vor sind die FuE-Aktivitäten unserer mittelständischen Unternehmen zu gering. Hier müssen wir gegensteuern. Wir werden daher bei der Investitionsförderung einen Bonus für wachsende, innovationsorientierte KMU schaffen. In der Vergangenheit waren unsere Unternehmen auf staatliche Zuschüsse angewiesen. Viele von ihnen haben sich mit diesen Zuschüssen richtig gut entwickelt. Angesichts der knapper werdenden Gelder schaffen wir jedoch Alternativen zur Zuschussförderung.
100 Millionen Euro stellen wir als Darlehen zur Verfügung, um gerade kleine und mittlere Unternehmen bei ihren Investitionen zu unterstützen, und zwar ohne Sicherheiten. Dieser 100-Millionen-Euro-Nachrangdarlehenfonds wird nach der erfolgten Rückzahlung auch zukünftig für die Förderung unseres sächsischen Mittelstandes zur Verfügung stehen. Wir werden zusätzlich die Beteiligungs- und Bürgschaftsangebote für mittelständische Unternehmen ausbauen. Ein erster Schritt ist die Aufstockung des Wachstumsfonds Mittelstand Sachsen um 35 Millionen Euro. Neben der einzelbetrieblichen Investitionsförderung bietet der Freistaat eine umfangreiche Mittelstandsförderung für Handwerker, Freiberufler, Selbstständige und Gewerbetreibende.
In der neuen Mittelstandsrichtlinie setzen wir Schwerpunkte beim Wissens- und Technologietransfer, der Beratung, der Prozessoptimierung und der Markterschließung. Fördertatbestände werden vereinfacht. Die Richtlinie wird entrümpelt. Sie wird transparenter und übrigens auch dünner: Aus 40 Seiten sollen 27 Seiten werden.
Ja, Micha, 13 Seiten weniger, die der kleine Mittelständler am Abend lesen und durcharbeiten muss. Das ist schon ein Fortschritt.
(Beifall bei der FDP, der CDU und des Abg. Michael Weichert, GRÜNE – Dr. André Hahn, DIE LINKE: Kommt auch auf die Schriftgröße an!)