Protocol of the Session on September 2, 2010

Vielen Dank, Herr von Breitenbuch.

Wir sind weiter in der zweiten Runde der allgemeinen Aussprache. Für die FDP spricht der Abg. Günther.

Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Kagelmann, Ihr Änderungsantrag will genau das Gegenteil dessen erreichen, was wir wollen. Wir wollen entfristen, Sie wollen befristen.

(Kathrin Kagelmann, Linksfraktion: Ich will den Antrag einbringen!)

Das zeigt, dass wir Ihren Antrag ablehnen müssen, weil wir entfristen wollen.

Vielen Dank.

Frau Kagelmann, möchten Sie sich in der zweiten Runde noch zu Wort melden? – Sie können nachher Ihren Änderungsantrag einbringen.

Möchte die SPD in der zweiten Runde sprechen? – Auch nicht. GRÜNE? Herr Lichdi, wird noch einmal das Wort

gewünscht? – Die NPD hatte verzichtet. Dann die Staatsregierung, Herr Staatsminister Ulbig.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich bin kurzfristig für meinen Kollegen eingesprungen und werde mich deshalb sehr stark am Redemanuskript orientieren.

Die Zahl der Kormoranbrutpaare und -durchzügler hat sich seit den Neunzigerjahren auf relativ hohem Niveau stabilisiert. Von einst 20 Brutpaaren im Jahr 2002 und 222 Paaren im Jahr 2007 leben derzeit 255 Brutpaare in Sachsen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung aus der Sicht des Vogelschutzes. Darüber ist gerade sehr intensiv gesprochen worden.

Wie so oft im Leben ist aber des einen Freud des anderen Leid. Während man sich mit Blick auf die Vielfalt unserer Natur über die Rückkehr des geschützten Vogels freut, ist gleichzeitig zu sehen, wie unsere Teichwirte unter dem Appetit des Fischliebhabers zu leiden haben. Über die Dimension dessen, was der Kormoran pro Tag vertilgt, ist eben sehr intensiv und ausgiebig debattiert worden. Festzustellen ist, dass sich der Verlust der Teichwirte insgesamt auf eine Größenordnung zwischen 200 und 283 Tonnen Fisch pro Jahr summiert. Diese Schäden für die Karpfen-Teichwirtschaftsbetriebe erreichten 2007 nach Schätzungen der damaligen Landesanstalt für Landwirtschaft zwischen 900 000 und circa 1,2 Millionen Euro. Hinzu kamen die Fischverletzungen durch erfolglose Attacken der Vögel, die eine spätere Vermarktung erschweren oder sogar unmöglich machen.

Es handelt sich zwar um Schwankungen, aber sie sind stabil auf einem hohen Niveau. Die Schäden sind nachgewiesen und werden nur zu Teilen ausgeglichen.

Auch die Wildfischbestände wurden durch den Kormoran dezimiert. Die Fischereibehörde hat zwischen 1994 und 2006 den sächsischen Teil der Mulde kontinuierlich und intensiv überwacht. Trotz verbesserter Gewässergüte und Durchgängigkeit sanken die Fischbestände von dem Jahr an, in dem verstärkt Kormorane an der Mulde beobachtet wurden. Selbst anspruchslose und sich schnell reproduzierende Arten waren betroffen. Auch die Wildfische sind Teil unserer biologischen Vielfalt. Für sie muss ein Umwelt- und Landwirtschaftsminister – den ich an dieser Stelle vertrete – ebenso Sorge tragen wie für die Teichwirtschaftsbetriebe. Daher wurde 2007 die Sächsische Kormoranverordnung in Kraft gesetzt. Sie gibt den betroffenen Teichwirten die Möglichkeit, ihre Bestände durch Vergrämungsabschüsse fast ganzjährig ohne Anträge schneller und flexibler zu schützen.

Die Verordnung dient keinesfalls dazu, den Kormoranbestand zu reduzieren, wie das in dieser Debatte behauptet wurde. Das darf sie nicht, das will sie nicht und das hat sie auch nicht getan.

Nach wie vor ist der Kormoran nach dem Bundesnaturschutzgesetz geschützt. Die Abschüsse können jederzeit aus Naturschutzgründen verwehrt werden. Außerdem

wurde ein begleitendes Monitoring für den Kormoran installiert, um die Bestandsentwicklung zu verfolgen. Das Monitoring beweist, dass die Kormoranbestände trotz der Vergrämungsabschüsse konstant geblieben sind. Der Wildfischbestand wird in der Fischdatenbank des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie erfasst.

Die Verordnung hatte jedoch einen anderen Effekt. Dank ihr sank das Schadensniveau bei den Fischereiwirtschaften. Es lag 2009 bei weniger als einem Zehntel dessen, was vor Wirksamkeit der Kormoranverordnung an Schäden ersetzt wurde. Dabei wurden noch nicht einmal alle tatsächlich aufgetretenen Schäden erfasst und ersetzt. Seit der Verordnung werden nach EU-Recht nämlich nur noch Schäden bis zu 30 000 Euro innerhalb von drei aufeinanderfolgenden Jahren ausgeglichen. Gerade größere Teichwirtschaften haben daher immer noch größere Schäden, als sie die Statistik aufweist. Trotzdem hat sich die Kormoranverordnung als Kompromiss erwiesen, und zwar zwischen den berechtigten Interessen des Vogelschutzes einerseits und den ebenfalls berechtigten Interessen der Fischereiwirtschaft andererseits.

Da die Verordnung ursprünglich nur bis zum 31.12.2010 befristet war, hat das SMUL eine Entfristung eingeleitet. Dabei werden wie gewohnt die anerkannten Naturschutzverbände gehört. Die Verordnung soll ohne inhaltliche Änderungen auch über das Ende dieses Jahres gültig sein.

Aufgrund der zur Verfügung stehenden Daten und des begleitenden Monitorings ist eine erneute Befristung nicht mehr erforderlich. Dementsprechend hält das SMUL auch am begleitenden Monitoring fest, um mögliche negative Auswirkungen auf den Kormoranbestand zeitnah erkennen und – soweit das dann erforderlich ist – gegensteuern zu können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit haben wir in Sachsen weiterhin einen Rahmen, um einerseits den Kormoran als Population und andererseits die auch für den Naturschutz lebenswichtige Teichwirtschaft zu erhalten. Auf europäischer Ebene wäre ein einheitlicher Rahmen wünschenswert. Wir halten einen international abgestimmten Managementplan für unverzichtbar. Das ist aber ein langwieriger Prozess, bei dem wir erst am Anfang stehen. Ein allein auf Sachsen ausgerichtetes Managementkonzept ist nicht zielführend. Wir werden diesen Prozess aber unterstützen und müssen dafür Sorge tragen, dass unsere Teichwirtschaft trotz schwieriger Rahmenbedingungen erhalten bleibt. Schließlich sind sie es, die mit ihrer Arbeit einen ganz besonderer Teil unserer Kulturlandschaft pflegen und erhalten sowie die Arbeitsplätze im ländlichen Raum sichern. Der vorliegende Antrag trägt dieser Intention Rechnung.

Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Kagelmann, Sie möchten den Änderungsantrag einbringen. Dazu haben Sie jetzt Gelegenheit.

Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Herr Lichdi, ich habe natürlich einen Prozess des Nachdenkens hinter mir. Noch 2007 habe ich die Verordnung vehement abgelehnt. Dazu stehe ich aber auch. Aber mir ist bewusst geworden, dass es einen Interessenausgleich zwischen den betroffenen Gruppen braucht, damit nicht eine Interessengruppe hinten herunterfällt. Lieber habe ich sie im Boot, und alle reden miteinander, als dass eine überstimmt wird.

Das ist der Ansatz unseres Änderungsantrages. Ich möchte stichpunktartig nennen, bevor ich auf die einzelnen Redner eingehe, was wir aufgeschrieben haben. Herr Lichdi, Ihnen ist wahrscheinlich derselbe Fehler unterlaufen wie mir. Wir beziehen uns auf eine Verordnung rechtsbereinigt mit Stand vom 1. August 2008. Dort gibt es tatsächlich 1 b). Aber mir ist der gleiche Fehler unterlaufen, insofern ist das kein Problem. Die Zahlen stimmen also alle.

Wir haben unseren Antrag inhaltlich folgendermaßen angereichert: Im ersten Punkt wollen wir selbstverständlich eine Befristung der Verordnung auf drei Jahre, weil wir uns selbst in die Pflicht nehmen wollen, das Monitoring ernst zu nehmen und nach drei Jahren auch auf die Ergebnisse schauen zu müssen. Das ist der wahre Hintergrund. Eine völlige Entfristung würde uns diese Pflicht nehmen.

Im Punkt II. 4 geht es darum, Einschränkungen des Berechtigtenkreises für die Abschüsse einzufügen. Herr Breitenbuch, diesbezüglich sind wir anderer Meinung. Es geht um die Schaffung der Rechtssicherheit in Bezug auf das Bundesnaturschutzgesetz. Es ist so, dass es ein Rechtsproblem gibt. Ein Anspruch auf Entschädigung besteht nur für den Teichwirt, der wirtschaftlichen Schaden nachweisen kann. Der Angler hat diesen – auch nach eindeutiger Rechtsprechung – in dem Fall nicht in dem Maße, weil es sich um herrenlose Tiere handelt, die der Kormoran wegfrisst. Insofern ist der Angler auch nicht berechtigt herumzuballern und deshalb haben wir das dort eingeschränkt. Wir haben damit auch eine größere Rechtssicherheit geschaffen.

Wir wollen – dazu stehen wir – die Naturschutzverbände anhören, und zwar alle ausnahmslos und vor jeder Verlängerung. Dann wollen wir ein Monitoringsystem installieren, das seinem Namen Ehre macht.

Frau Kagelmann, ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Jawohl, ich bin schon beim letzten Punkt. – Es geht um ein Monitoringsystem über die Bestandsentwicklung vom Kormoran und über die gefährdeten Fischarten. Danach – das ist der letzte Punkt – geht es um das Managementsystem, das Ergebnis des Monitoringsystems sein muss.

Ich denke, wir haben angeregt diskutiert. Sie erkennen möglicherweise sowohl die Entwicklung unserer Meinungsbildung als auch das Bemühen, Angler, Teichwirte

und Naturschützer ins Boot zu nehmen und den Konflikt nicht noch zu verschärfen. Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der Linksfraktion und der SPD)

Ich frage die Fraktion, ob es noch Aussprachebedarf zu diesem Änderungsantrag gibt. – Das kann ich nicht erkennen, Ich frage die einreichende Fraktion, ob noch ein Schlusswort gewünscht wird. – Das kann ich auch nicht erkennen.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Mir liegt der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksache 5/2537 vor. Wer dieser Drucksache zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Frau Schütz, Sie können nur einmal abstimmen! – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen und einigen DafürStimmen ist der Änderungsantrag mehrheitlich nicht beschlossen.

Meine Damen und Herren! Ich stelle Ihnen nun die Drucksache 5/3143 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen und zahlreichen Gegenstimmen ist der Antrag mehrheitlich beschlossen worden. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren! Nach § 79 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung sollen unsere Sitzungen nicht über 21 Uhr ausgedehnt werden. Ich stelle fest, dass wir unsere Tagesordnung am heutigen Tag nicht bis zu dieser Zeit abarbeiten können. Für diesen Umstand gibt es jedoch besondere Gründe, da eine Sondersitzung des Präsidiums zu Beginn der Plenarsitzung circa eine Stunde und fünfundvierzig Minuten in Anspruch nahm. Ich schlage Ihnen deshalb vor, unsere Sitzung über 21 Uhr hinaus fortzusetzen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das kann ich nicht erkennen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Es erhebt sich dagegen Widerspruch?

(Stefan Brangs, SPD: Ja!)

Gut. – Herr Heinz, wenn Sie einen Antrag zur Geschäftsordnung stellen wollen, haben Sie jetzt die Möglichkeit. Sie haben sich gemeldet. Bitte nehmen Sie Ihr Recht wahr.

(Zurufe von der SPD)