Um noch einen der Vorwürfe auszuräumen: Niemand will, dass durch den Staatsvertrag Kontrollpflichten von Anbietern für fremde Inhalte erweitert werden.
Ich weiß, dass es dazu viele Diskussionen in der Bloggerszene gab. Es ist aber realitätsfremd, anzunehmen, dass der ehrenamtliche Betreiber eines Blogs 24 Stunden am Tag verfolgt, was dort passiert, wer dort Einträge verfasst, und um 3 Uhr morgens diesen vielleicht jugendgefährdenden Eintrag entfernt. Ich glaube, das wissen wir hier auch.
Ich bin gleich am Ende meiner Rede. – Deshalb haben die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP entschieden, dass wir zur Klarstellung dieses Sachverhalts der Protokollerklärung zu § 5 des Staatsvertrages der Hansestädte Bremen und Hamburg sowie der Länder Hessen, Saarland und Schleswig-Holstein beitreten. Das ist sinnvoll, um eine klarstellende Interpretation des Staatsvertragstextes zu erreichen.
An dieser Stelle kann man diese Argumente entkräften, dass es darum geht, dass jemand für Fremdinhalte haften muss. Der Staatsvertrag schafft die Möglichkeit zur Aktualisierung des Jugendmedienschutzes im Internetzeitalter und er leistet einen wirksamen Beitrag zum Schutz von Kindern und Jugendlichen.
Das war Herr Herbst. Herr Herbst, ich habe eine Bitte an Sie zum fairen Umgang miteinander. Ich kann nicht erkennen, wann das Ende Ihrer Rede ist. Wenn ich Sie frage, ob Sie eine Zwischenfrage gestatten, ja oder nein, das ist eine klare Ansage, und Sie sollten mich nicht einfach hängen lassen.
Besteht der Wunsch nach einer zweiten Runde? – Ich gestatte mir einen Hinweis an Herrn Panter. Ich habe mit großem Interesse den Rest Ihres Redebeitrages entgegengenommen. Ich werde ihn auch sehr interessiert und aufmerksam lesen. Ich bin also im Vorteil gegenüber den hier anwesenden Kolleginnen und Kollegen. Zum Protokoll kann ich ihn nicht geben. Sie hätten noch genügend Redezeit gehabt und zu Beginn Ihres Redebeitrages erklären müssen, dass Sie auf Ihren Redebeitrag verzichten. Vielleicht haben Sie die Chance, per E-Mail Ihren Beitrag allen Abgeordneten zukommen zu lassen. Dann haben wir alle den gleichen Wissensstand, aber die Welt nicht.
Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich frage nun die Staatsregierung. Herr Staatsminister Dr. Beermann, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte meinen Ausführungen zunächst voranstellen, dass es gerade, was den Jugendmedienschutz betrifft, eine ganze Menge von Begriffen gibt, bei denen es bunt durcheinandergeht. Ich werde versuchen, ein wenig diesen Sprachgebrauch zu vereinheitlichen, ohne den man den 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag und den Jugendmedienstaatsvertrag möglicherweise etwas fehlinterpretiert, abgesehen von den Ängsten, die damit zusammenhängen. Wir wissen ja auch, das Leben ist lebensgefährlich.
Ich erinnere an die Ausgangsposition des jetzt vorliegenden Entwurfs, der den alten Jugendmedienstaatsvertrag novellieren soll. Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag trat 2002 in Kraft. Er sieht eine Evaluierung nach fünf Jahren vor. Diese Evaluation wurde durch das HansBredow-Institut vorgenommen, dann ausgewertet. Das Institut hat festgestellt, dass das deutsche System des Jugendmedienschutzes, das wir schon entsprechend beschlossen haben, grundsätzlich gut und tragfähig ist.
Ein Kongress, der von der Bundesregierung im Rahmen der Ratspräsidentschaft auch unter Beteiligung des Freistaates Sachsen im Mai 2007 in Leipzig abgehalten wurde, kam zu dem Ergebnis, dass unser Jugendmedienschutz im internationalen Vergleich zukunftsweisend ist und gerade eben im Hinblick auf die, wie es dort formuliert ist, kontrollierte Selbstkontrolle geradezu Vorreiter ist.
Aufgrund der technischen Entwicklung galt es, im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag Schutzlücken zu schließen. Der vorliegende Entwurf schließt diese Lücken. Er findet – wie von den Regierungsfraktionen schon festgestellt – einen tragfähigen Ausgleich zwischen den Interessen des Jugendschutzes, der Meinungsfreiheit und wirtschaftlichen Interessen.
Zu den Ziffern des Antrages im Einzelnen: Der Entwurf des 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrages – zu Ziffer I Nr. 1 des Antrages der Fraktion der GRÜNEN – begründet für kommerzielle Anbieter von Internetdiensten, das sind die Access-Provider oder auch Betreiber von Forenchats oder Social Communities, keine neuen Haftungsregelungen. Die Haftungsabstufung des geltenden Telemediengesetzes, nach dem grundsätzlich keine Haftung für fremde Inhalte begründet wird, bleibt unberührt. Alles andere ist nicht geltendes Recht.
Die allgemeinen Verpflichtungen des Entwurfs des 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrages richten sich ganz allein an die Inhalteanbieter. Das gilt insbesondere für die Kennzeichnung von Inhalten. Der Entwurf sieht die Einführung einer freiwilligen Alterskennzeichnung vor. Diese freiwillig vorgenommene Alterskennzeichnung soll durch Jugendschutzprogramme, die jedoch nutzerauto
nom, zum Beispiel von Eltern, auszusuchen und zu installieren sind, ausgelesen werden können. Der Grundsatz „Liebe Leute, gebt fein acht, ich habe euch etwas mitgebracht!“ schafft eben nicht die erforderliche Transparenz und entspricht auch nicht dem, was wir uns im Jugendschutz im Medienbereich vorstellen.
Grundsätzlich können nur eigene Inhalte mit einer freiwilligen Kennzeichnung versehen werden, also keine fremden. Allerdings erkennt der Entwurf des Rundfunkänderungsstaatsvertrages an, dass auch Anbieter von Portalen, die fremde Inhalte widerspiegeln, ein Interesse daran haben könnten, eine freiwillige Kennzeichnung vorzunehmen. Gerade auch deshalb wird diesen Chats und Foren die Möglichkeit zur Kennzeichnung im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag eröffnet. Damit soll sichergestellt werden, meine Damen und Herren, dass der Jugendschutz dort effektiv wirkt, wo er benötigt wird, ohne dass Einschränkungen für Erwachsene – darum geht es eben auch – hingenommen werden müssen.
Zu Ziffer I Nr. 2 des Antrages: Für nicht kommerzielle Anbieter gilt das Gleiche wie für kommerzielle Anbieter: Es besteht keine Kennzeichnungspflicht. Möchte ein Anbieter von Inhalten sicherstellen, dass er von Jugendschutzprogrammen, die von Eltern installiert werden können, nicht ausgelesen wird, sollte er seine Inhalte mit einer entsprechenden Altersangabe kennzeichnen. Das kann jeder machen und fordern.
Zu Ziffer I Nr. 3 des Antrages: Es besteht keine Kennzeichnungspflicht. Möchte ein Anbieter von Inhalten sicherstellen, dass er von Jugendschutzprogrammen, die entsprechend von den Verantwortlichen installiert werden können, nicht ausgeschlossen wird, gilt auch hier: Er muss die Inhalte mit einer entsprechenden Altersangabe kennzeichnen.
Zu Ziffer II Nr. 1 des Antrages: Ein Altersverifikationssystem ist ein installiertes verwendetes Zugangssystem, mit dem sichergestellt wird, dass nur von Volljährigen jugendgefährdende Seiten eingesehen werden können. Das ist etwas, was wir uns alle wünschen. Diese Ziffer des Antrages hat damit zum Ziel, dass beispielsweise Pornografieplattformen nicht mehr mit Altersverifikationssystemen, zum Beispiel dem Post-Ident-Verfahren, vor dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen geschützt werden können. Dieses wäre eine Lockerung des schon jetzt bestehenden Jugendschutzes. Das ist nicht akzeptabel, zumindest nicht für die Sächsische Staatsregierung.
Zu Ziffer III des Antrages: Aufgrund des oben Dargestellten wird sich die Sächsische Staatsregierung der Protokollerklärung zu § 5 anschließen. Das ist abgemacht und wir werden das erklären.
Zu Ziffer IV des Antrages: Der Entwurf des 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrages sieht bereits jetzt eine Protokollerklärung aller Länder vor, nach der die Länder angesichts der dynamischen Entwicklung der Medien
übereinkommen, die Bestimmungen dieses Staatsvertrages spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten zu evaluieren. Die Frist von einem Jahr ist erkennbar zu kurz. Man sollte die Freiheit lassen, einen längeren Zeitraum zur Evaluation zu nutzen, weil wir uns in einem Bereich bewegen, der noch einer sehr gründlichen Untersuchung bedarf. Die Evaluation nach einem Jahr bietet nicht die notwendige Grundlage, um anhand von Daten und Erfahrungen Veränderungen vorzunehmen. Die Formulierung der Protokollerklärung sieht das vor.
Zu Ziffer V des Antrages: Die Staatsregierung berichtet über Maßnahmen zur Förderung der Medienkompetenz im Freistaat Sachsen wie folgt: Im vorschulischen Bereich, im Sächsischen Bildungsplan, der gemäß § 2 Abs. 1 des Sächsischen Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen die Grundlage der Gestaltung der pädagogischen Arbeit in Kindertageseinrichtungen darstellt, ist die Förderung medienbezogener Fähigkeiten und Kenntnisse Gegenstand des Bildungsbereiches; kommunikative Bildung im Rahmen von Schrift und Medien. Dabei ist es natürlich auch Angelegenheit jeder einzelnen Einrichtung, Umfang und Konzeption methodischer Umsetzung der Beschäftigung mit den neuen Medien festzusetzen, damit gerade auch die Jüngsten an eine entsprechende Mediennutzung herangeführt werden.
Zu Ziffer V Nr. 2, Maßnahmen bei der Gestaltung der Lehrpläne der allgemeinen Schulen: Dazu will ich nur einige Stichworte nennen. Im Eckwertepapier zur Medienerziehung wird die Zielstellung zur Medienkompetenz herausgestellt; konkrete Ansätze sind in allen Fachlehrplänen aller Schularten verankert. Sie sind immanenter Bestandteil des Fachunterrichts. Nur dann kann man dadurch grundlegende Themen in unserer Gesellschaft auch entsprechend handhaben.
Im Leitbild für Schulentwicklung ist die Medienkompetenzentwicklung festgeschrieben. Fördermaßnahmen wie Medios I und II unterstützen die materielle und technische Basis. Ohne diese ist eine vernünftige Medienkompetenz nicht zu erreichen.
Die Umsetzung der Lehrplaninhalte mittels Medieneinsetzung wird durch das Unterstützungssystem Medienstellen/MPZ als regionales Kompetenzzentrum gesichert. Es geht dabei um Beratung, um Fortbildung, um Mediendistribution. Die technische Wahrung des Kinder- und Jugendschutzes erfolgt bei der Einrichtung der Internetzugänge in den Schulen. Auch das, meine Damen und Herren, ist Gegenstand der Förderung von Medios.
Die Teilnahme Sachsens an einer Vielzahl von Maßnahmen zum Kinder- und Jugendschutz – Safer Internet Day, Broschüre Know-how für junge User, Materialien für den Unterricht und, und, und – rundet das Bild ab.
Hinzu kommt die Bereitstellung von Unterrichtsmedien zur Thematik Informations- und Distributionssystem „MeSax“ durch das Sächsische Bildungsinstitut.
Zu Ziffer V Nr. 3: Es geht um Maßnahmen in der Fortbildung von Erzieherinnen und Erziehern sowie Lehrerinnen
und Lehrern. Auch dazu noch einige Stichworte. Das Sächsische Bildungsinstitut bietet verschiedene Veranstaltungen zur Thematik neue Medien im Unterricht an. Teilnehmer setzen sich aus allen Schularten zusammen. Es gibt Fortbildung für Regionalmentoren für einen Aufbaukurs online, wie es heißt, Fortbildung zum Einsatz interaktiver Daten, zum Medieneinsatz im mathematischnaturwissenschaftlichen Unterricht, auch im gesellschaftswissenschaftlichen Fachunterricht an Mittelschulen, Gymnasien und beruflichen Gymnasien.
Es ist eine Fortbildung zum Medieneinsatz im Sprachunterricht an Grundschulen, Mittelschulen, Gymnasien und beruflichen Gymnasien vorgesehen. Es gibt Fortbildung zum IT-Modulkonzept und, und, und.
Meine Damen und Herren! Die Sächsische Staatsregierung ist der Auffassung, dass mit dem vorliegenden Jugendmedienschutz-Staatsvertrag das getan wird, was erforderlich ist, um Kinder und Jugendliche zu schützen: dass die Freiheit der Kommunikation und die Informationsfreiheit auf der anderen Seite genauso zu ihrem Recht kommen und dadurch, dass vor allem das Freiwilligkeitsprinzip weit nach vorn getragen wird, ein gerechter und ausreichender Ausgleich geschaffen wird.
Insofern sehen wir den 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag als eine vernünftige Lösung an. Ich möchte auch, lieber Abg. Panter, den Ministerpräsidenten Beck ausdrücklich vor Ihnen in Schutz nehmen. So schlecht, wie Sie es vorhin dargestellt haben, hat er gerade diese Verhandlungen nicht geführt.
Meine Damen und Herren! Es gibt noch Redezeiten. Ich frage in die Runde, ob es noch Redebedarf gibt. Ich frage die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN? Sie haben noch 43 Sekunden. – Die wollen Sie nicht nutzen. Ich frage die Fraktion DIE LINKE? – Auch nicht. CDU? – Nicht. SPD? – Herr Panter, ich habe Ihnen vorhin einen Hinweis gegeben und eine Brücke gebaut. Wollen Sie über diese schreiten?
Vielen Dank, Herr Präsident. Um diese Debatte abzurunden und mit Blick auf § 87 Abs. 1 der Geschäftsordnung dieses Hohen Hauses gebe ich hiermit meine Rede zu Protokoll. – Danke.
Meine Damen und Herren! Es soll ja auch fair zugehen. Nun frage ich die FDP? – Nicht mehr. Damit beende ich
die Aussprache und wir kommen zum Schlusswort; zunächst die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herr Jennerjahn.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich ausdrücklich für die in weiten Teilen sehr sachliche Debatte danken. Das war bei diesem Thema in der Vergangenheit nicht unbedingt immer der Fall.
Ich möchte ausdrücklich begrüßen, dass sich der Freistaat Sachsen den erwähnten Protokollnotizen anschließen wird. Ich freue mich, dass das hier auch so bekannt gegeben wurde.