Protocol of the Session on July 10, 2014

Auch die modellhafte Anpassung von Rahmenbedingungen im ländlichen Raum erfolgt bereits, unter anderem durch zahlreiche Ansätze im Rahmen des Demografieprogramms der Sächsischen Staatskanzlei oder auch durch die Möglichkeit des jahrgangsübergreifenden Unterrichts an Schulen. Beispielsweise arbeiten wir mit der Gemeinde Bertsdorf-Hörnitz gegenwärtig daran, solche modellhaften Ansätze in der Region auszufüllen, damit Orte attraktiv für junge Familien bleiben.

Auf die Forschung bin ich bereits eingegangen. Sie funktioniert. Damit haben wir auch das Thema Wissenschaftsregionen angesprochen, in denen Wirtschaft und Wissenschaft gemeinsam an einem Strang ziehen und Synergieeffekte gehoben werden. Von daher braucht es kein staatlich zentriertes Forschungsprogramm.

Auch die Beteiligung der lokalen Akteure kann nicht durch die Linken befohlen werden, sondern bürgerschaftliches Engagement wächst, Gott sei Dank von unten, und sollte auch so von uns unterstützt werden. Ich habe gemeinsam mit Franziska Schubert und Maik Hosang vor fünf Jahren das Bündnis Zukunft Oberlausitz ins Leben gerufen. Mittlerweile ist es ein Netzwerk von 700 Personen, das sich mit Themen wie den neuen Arbeitswelten, Rückwanderung, Bildung, Mobilität und Industrie auseinandersetzt. Am 21. August, dem Tag der Oberlausitz, werden wir unter Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich eine mehrtägige Veranstaltungsreihe dazu durchführen. Das ist bürgerschaftliches Engagement, bei dem sich Menschen aus der Region mit der Region befassen.

Von daher braucht es diesen Antrag wirklich nicht; denn wir kommen, so meine ich, ganz gut selber klar und brauchen keine Linkspartei, die auf besserwisserische Art und Weise mit Dogmen daherkommt.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Besteht die Lausitz nur aus der CDU? Das hätten wir schon mitbekommen!)

Wir sind selbstbewusst und schon durch manchen Strukturwandel durch harten Wind gegangen. Wir brauchen keine politisch von oben verordneten Forschungsprogramme, sondern wir möchten die Menschen vor Ort unterstützen. Auch Sie, Herr Gebhardt, sollten sich dessen vielleicht einmal annehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir unterstützen die Unternehmen durch aktive Wirtschaftsförderung und bringen Wissenschaft und Wirtschaft zusammen, damit dadurch wettbewerbsfähige Produkte entwickelt und vor Ort von den Unternehmen produziert werden können.

(Beifall bei der CDU)

Aus unserer Sicht gilt es, eine Zukunftschance zu ergreifen, indem wir eine leistungsfähige Infrastruktur herstellen – das betrifft das vorhergehende Thema – und vor allem den Breitbandausbau weiter fördern, um die Chancen der Digitalisierung auch für die Oberlausitz konkret zu nutzen.

(Beifall bei der CDU)

Das sind konkrete Handlungsschwerpunkte für eine Strukturentwicklung der Oberlausitz.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Wir können uns gern bilateral unterhalten.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir brauchen keine Forschungsprogramme im Wolkenkuckucksheim, sondern die aktive Begleitung engagierter Menschen. Mein Wahlspruch ist: „Weil wir hier leben wollen.“ Er kommt, meine ich, ganz gut an.

Der Antrag ist aus unserer Sicht entbehrlich und wird, wie ich deutlich begründet habe,

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ja, sehr deutlich!)

unsere Zustimmung nicht finden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Jetzt spricht Herr Brangs für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach diesem fulminanten Auftritt meines Kollegen kann ich meine Rede natürlich nicht zu Protokoll geben.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Da es sich um eine wichtige und starke Region handelt, die Lausitz, müssen wir uns über die Themen austauschen.

Was Kollege Meyer hier, bezogen auf die Bruttowertschöpfung, ausgeführt hat, basiert auf einer Untersuchung des Ifo-Instituts. Das ist in der Tat eine sehr interessante Zahl, die man immer wieder nennen sollte. Denn ich weiß auch, dass das kaum jemandem in der Republik bewusst ist: 29,7 % der Bruttowertschöpfung, weit über dem Durchschnitt der deutschen Flächenländer, und das in der Lausitz – da gibt es viele, die das nicht glauben wollen. Aber es ist einfach so. Das heißt, die Situation dort vor Ort ist anders und wird auch anders gewertet als das Image dieser Region.

Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner in der Oberlausitz liegt ebenfalls über dem Durchschnitt der ostdeutschen Flächenländer, auch wenn es natürlich das der westdeutschen Länder nicht erreicht. Aber was den Vergleich mit den ostdeutschen Flächenländern angeht, hat die Lausitz sehr gute Zahlen vorzuweisen. Als Oberlausitzer, der seit vielen Jahren dort zu Hause ist, geht es mir darum, dass auch darüber geredet werden muss, wie das entstanden ist.

Dieser massive Umbruch, dieser massive Strukturwandel in Wirtschaft und Gesellschaft ist vor allem deshalb entstanden, weil es Menschen gegeben hat, die das umgesetzt haben. Deshalb will ich an dieser Stelle zunächst einmal für die letzten Jahrzehnte jenen in der Lausitz danken, die mit ihrer Leistung, mit ihrer Arbeit Anerkennung dafür verdient haben, dass sie es bewältigt haben. Insofern herzlichen Dank auch von dieser Stelle aus!

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Damit meine ich ausdrücklich alle Akteure, die daran teilhaben. Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass wir auch als Wirtschaftsausschuss dieses Landtages, als wir gemeinsam mit Brandenburg getagt haben, ein wenig mehr Bemühungen in die Frage hineingebracht hätten, wie wir gemeinsam die Zukunft gestalten können, nämlich mit Sachsen und Brandenburg. Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass aus dieser Initiative aus dem Mai 2012 vielleicht dann doch das eine oder andere erwachsen wäre, was diese beiden Länder vielleicht hinbekommen hätten. Das ist bisher nicht eingetreten. Das ist sehr schade.

Aber ich sehe natürlich auch, dass es eine Reihe von Initiativen gibt. Die Wirtschaftsinitiative Lausitz ist genannt worden, wir sehen uns da ja häufiger bei gemeinsamen Zusammenkünften. Es gibt den DGB mit der Lausitzkonferenz, und es gibt viele andere Akteure, mit denen wir geredet haben. Deshalb haben wir als SPD bereits einen Antrag hier in den Geschäftsgang gebracht: „Perspektiven für die Lausitz“. Dieser Antrag enthält zehn Themenfelder, mit denen wir uns sehr dezidiert und gut auseinandergesetzt haben, wie nach unserer Auffassung der weitere Strukturwandel in der Lausitz begleitet werden sollte.

Deshalb, glaube ich, wäre es dringend notwendig, dass wir jetzt die Grundlagen dafür legen, dass wir in Zukunft, was die Lausitz anbelangt, von einer starken wirtschaftlichen Region reden und dass wir natürlich dabei bleiben, dass wir den Menschen sagen müssen, dass es eine lebenswerte Region ist, in der es sich lohnt, Perspektiven aufzubauen. Wir müssen sehen, dass wir nicht mit unserer Politik dazu beitragen, dass wir zukünftig über entleerte Räume reden. Da sind wir als Landtagsabgeordnete gefordert. Dabei geht es natürlich auch um das Thema Braunkohle.

Mein Kollege Meyer hat gesagt, der Antrag der LINKEN sei ein Bashing, eine Abkehr von der Braunkohle, ein Darstellen der Risiken. Frau Kollegin Pinka hat gesagt, dass wir nicht nur über Braunkohle reden sollten. Aber ich rede jetzt einmal über die Braunkohle, weil ich glaube, dass das notwendig ist.

Die Braunkohle ist ein traditioneller Energieträger, und die Lausitz ist eine traditionelle Energieregion. Wir haben mit der Lausitz eine große Verantwortung für die Stromversorgung in unserem Land, und zwar in ganz Deutschland. Insofern müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass es im Moment noch so ist, dass die Braunkohle einen Anteil von 26 % an der Stromerzeugung hat.

Ohne Zweifel brauchen wir die Energiewende. Richtig ist auch, dass die heimische Braunkohle ein Auslaufmodell ist; denn wir wollen erneuerbare Energien und eine Energiewende. Klar ist auch, dass wir sie so wollen, dass keine Arbeitsplätze verloren gehen. Das Thema Arbeitsplätze ist für die Region besonders wichtig. Dazu will ich ein paar Zahlen nennen. 1990 lag der Anteil der Beschäftigten in der Braunkohlenwirtschaft in Ostdeutschland noch bei 140 000 Menschen. Heute sind es inklusive derer, die im Bereich der Nutzung der Braunkohle agieren, noch ungefähr 22 000. Es ist klar, nach wie vor ist die heimische Braunkohle ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, über den man nicht hinwegsehen darf.

Wir haben als SPD, was die Nutzung der Braunkohle anbelangt, eine klare Position. Wir sehen die heimische Braunkohle als Brücke an, nicht mehr und auch nicht weniger, weil wir uns im Zeitalter der erneuerbaren Energien befinden. Die Braunkohle ist aus unserer Sicht aber auch ein Produkt, das Sicherheit im Wandel schafft, nämlich Versorgungssicherheit. Wir brauchen in Zeiten von Veränderungen eine solche Sicherheit.

Es gibt viele, auch bei uns im Landtag, die das nicht wahrhaben wollen. Aber ich sage: Wir brauchen diese Braunkohle so lange, bis wir das Ziel einer klimaneutralen Energieerzeugung endlich erreicht haben. Wenn es nach uns geht, dann sollten wir das so schnell wie möglich erreichen. Das ist vollkommen unstrittig.

Klar ist aber auch, solange es diese Brücke gibt, solange also die Verstromung der Braunkohle stattfindet, genauso lange gibt es viele Menschen, die davon abhängig sind, und viele Menschen, die darauf hoffen, dass dann, wenn die erneuerbaren Energien auch mithilfe von Speichertechnologien endlich in der Lage sind, vergleichbare

Energieleistungen zu erzeugen, den Menschen in der Region eine Alternative angeboten wird.

Das geht für meine Begriffe nicht von heute auf morgen. Das geht auch nicht mit dem Antrag. Das geht vor allem über Akzeptanz, die wir dafür schaffen müssen, dass wir in der Lausitz sowohl weiterhin eine Akzeptanz für den Abbau von Braunkohle brauchen, aber auch eine Akzeptanz dafür, dass wir über neue Formen der Energieerzeugung und über neue Formen der Beschäftigung in der Region nachdenken müssen.

Die Menschen vor Ort haben ein klares Bekenntnis in einer letzten Umfrage abgelegt. Es gibt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa aus dem Jahr 2013. Dort haben über zwei Drittel der Menschen auf die Frage, ob zur Sicherung der langfristigen, zuverlässigen und kostengünstigen Versorgung mit Energie die Erweiterung des Tagebaues in der Lausitz notwendig ist, mit Ja geantwortet. Klar ist, dass damit große Probleme verbunden sind. Davor verschließen wir die Augen nicht. Klar ist auch, dass Menschen mit diesem Thema unterschiedlich umgehen. Klar ist aber auch, dass wir, wenn es ein schmerzhafter Prozess ist, den Menschen vermitteln müssen, dass er nicht einfach über sie gekommen ist, sondern dass das Thema Braunkohlentagebau sehr offensiv und transparent angegangen worden ist.

Bei der Erweiterung des Tagebaus Nochten haben die Mitglieder des Braunkohlenausschusses und der Versammlung des Regionalen Planungsverbandes Informationen zusammengetragen und natürlich die Interessen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger aufgenommen. Am Ende ist eine Entscheidung getroffen worden. Klar ist, dass nicht jeder mit dieser Entscheidung einverstanden ist. Aber es war am Ende ein demokratischer Prozess. Wir sollten diesen demokratischen Prozess so hinnehmen, wie er entstanden ist, ohne – ich will das wiederholen – natürlich die Ängste und Sorgen der Menschen damit in Abrede zu stellen.

Was ich sagen will, ist Folgendes: Die Energiewende ist im Gange. Das Ziel bleibt nach wie vor, dass wir bis spätestens 2050 auf 100 % erneuerbare Energien umstellen wollen. Klar ist aber auch, dass das Maß an erneuerbaren Energien nur so voranschreitet, wie wir auf den Einsatz von Braunkohle verzichten können. Klar ist auch, dass der Verzicht auf Braunkohle mit einer stärkeren Entwicklung der Veredlung von Braunkohle einhergehen muss. Aber das ist, glaube ich, vollkommen unstrittig.

Unser Ziel bleibt der Ausbau der erneuerbaren Energien. Es muss mehr und schneller ausgebaut werden, damit der Anteil der Braunkohle schneller sinken kann.

Der dritte Teil des Antrages der LINKEN fordert im Wesentlichen ein umfassendes Forschungsprogramm, um diesen Strukturwandel zu begleiten. Ich muss ehrlicherweise sagen, dass mir – auch aufgrund dessen, was ich gerade geschildert habe – nicht ganz klar ist, was wir alles noch an Daten brauchen, um eine Entscheidung zu treffen.

Es gibt eine Vielzahl von Studien, die sich in den letzten Jahrzehnten mit diesem Thema beschäftigt haben. Die letzte, die ich erwähnt habe, ist die Ifo-Studie. Es gibt Umfragen, es gibt Konzepte, es gibt beteiligungsorientierte Ansätze, es gibt Ideenbörsen, es gibt alles Mögliche in der Region, und zwar seit Jahrzehnten. Diesbezüglich gebe ich meinem Kollegen Meyer ausdrücklich recht. Insofern brauchen wir keine Meta-Untersuchung über das, was wir ohnehin schon wissen. Wir brauchen die Implementierung und die Umsetzung dieser guten Ideen. Daher fordern wir die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteure auf, gemeinsam zum Wohle der Lausitz noch enger verzahnt lösungsorientiert zu arbeiten. Das ist der richtige Ansatz.

Deshalb bitten wir um punktweise Abstimmung beim Antrag der LINKEN. Bei Punkt 1 können wir zustimmen, Punkt 2 und 3 lehnen wir ab.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist die FDP-Fraktion. – Ich gebe meine Rede zu Protokoll, auch wenn das jetzt schwierig ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Heiterkeit)