Genau diesen Vorwurf haben wir aufgegriffen und zunächst recherchiert, welche Forschungsarbeiten in den vergangenen Jahren international in Bergbaufolgelandschaften erstellt wurden, um den Nach-Bergbau in all seinen Facetten so zu gestalten, dass es in den Regionen weitergehen kann, damit sogenannte Locked-in-Effekte vermieden werden können.
Viel wichtiger aber war uns der erlangte Kenntnisstand zum Lausitzer Raum; denn uns allen im Hohen Haus muss eigentlich klar sein, dass die Lausitz durch die derzeit dominierende wirtschaftliche Ausrichtung auf den Braunkohlenbergbau und auf die Braunkohlenverstromung durch ein unvorbereitetes Ende dieses Wirtschaftszweiges in erhebliche Turbulenzen geraten würde. Dabei
ist es aus meiner Sicht zunächst unerheblich, ob ein solcher Ausstieg spätestens im Jahr 2040, also in 26 Jahren, oder zu einem anderen Zeitpunkt erfolgt. Eher ist ausschlaggebend, ob ein Ende des Bergbaugeschehens geplant ist und von weiterreichenden Maßnahmen flankiert wird oder abrupt eintreten wird.
Ehrlich gesagt, ich war persönlich sehr erschrocken, dass die seit gefühlt ewigen Zeiten regierende CDU nachweislich keinerlei Ideen entwickelt hat, wie die Lausitzer Braunkohlenregion in Gänze nach dem Ende der Braunkohlenverstromung wirtschaftlich entwickelt werden kann.
Ob die touristischen Vorstellungen von einer der größten von Menschenhand geschaffenen Wasserlandschaften Europas aufgehen und damit dauerhaft gut bezahlte Arbeitsplätze entstehen, ist völlig offen. Was einige hier hoffen, steht in krassem Widerspruch zu den Realitäten in der Lausitz. Ich weise nur darauf hin, dass den zehn Badeseen in der gesamten Lausitz, in denen das Baden sicher möglich ist, 101 Seen gegenüberstehen, die vollständig gesperrt oder nur eingeschränkt nutzbar sind.
Möglicherweise ist an manchen Seen der Bädertourismus zielführend, wie am Bärwalder See; aber folgen wir der Spree weiter nordwestlich, holen uns alle Probleme, die insbesondere von unserer Fraktion in den letzten fünf Jahren angesprochen wurden, als Bergbaufolge wieder ein: der Grundwasserwiederanstieg, großräumige Sperrungen setzungsfließgefährdeter Kippen, die Versauerung des Grundwassers, die Verockerung der Spree.
Wir sollten die Augen davor nicht verschließen: Auch der jetzt aktive Braunkohlenbergbau wird irgendwann Sanierungsbergbau sein.
Die inhaltlichen Vorstellungen des Antrags und damit eines Lausitzer Forschungsprogramms wird Ihnen meine Kollegin Dr. Runge in der nächsten Runde darlegen. Zunächst nur so viel: Die Energiewirtschaft in Sachsen braucht verlässliche politische Rahmenbedingungen, um
den Prozess des Braunkohlenausstiegs sowohl für die beteiligten Unternehmen als auch für die Beschäftigten planbar und die begleitenden Entwicklungen gestaltbar zu machen. Wir schätzen den monetären Forschungsbedarf auf circa 2 Millionen Euro für vier Jahre.
Was wir nie wieder aus den Regierungsreihen hören wollen, sind Äußerungen wie vom Chef der Sächsischen Staatskanzlei Johannes Beermann in einer MDRDiskussionsrunde vom 5. Mai 2014: dass die Lausitz ohne Kohle tot sei. Dies spiegelt eindrucksvoll die gängige Meinung der derzeit politisch Verantwortlichen wieder.
Ich fasse für mich noch einmal zusammen. Erstens. Ob es von der CDU gewünscht ist oder nicht, das Ende des Kohlezeitalters wird über kurz oder lang auch in der sächsischen Lausitz ankommen.
Zweitens. Eine stoffliche Nutzung der Kohle scheidet nach derzeitigem Wissensstand aus, da die Kohlequalitäten – anders als vielleicht im mitteldeutschen Revier – nicht ausreichend sind.
Drittens. Die Staatsregierung hat keine Perspektive für die Lausitz, außer: Weiter wie bisher! In der wirtschaftlichen Monostruktur würde sich das katastrophal auswirken.
Viertens. Wir tun gut daran, vorauszudenken und nicht erst dann nachzudenken, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Das verstehe ich unter anderem auch als meine Aufgabe hier als Abgeordnete. Dazu haben wir Ihnen Vorschläge auf den Tisch gelegt. Unsere Fraktion setzt nicht auf eine Devastierung der Lausitz und auch nicht allein auf einen Ökolandbau, wie in der „Lausitzer Rundschau“ falsch dargestellt wurde, sondern auf eine strategische Vorausschau und die gezielte Entwicklung mit den Menschen und für die Region.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich schätze mich als einen sehr sachlichen Menschen ein. Ich habe zwischenzeitlich überlegt, meine Rede zu Protokoll zu geben, aber bei so viel Schwachsinn, den ich gerade gehört
und den ich vor allen Dingen in dem Antrag gelesen habe, muss ich mich doch zu Wort melden. Ich muss zugeben, dass ich selten einen Antrag gelesen habe, der so vor Lobbyismus und Unkenntnis strotzt wie dieser. Auch nach mehrmaligem Lesen dieses Antrags kann ich nicht wirklich erkennen, wie dieses Sammelsurium an Forderungen einen Strukturwandel in der Oberlausitz befördern soll.
Der Antrag stellt aus meiner Sicht eher den Versuch der Linksfraktion dar, die Planwirtschaft wieder einzuführen
und damit in der Oberlausitz zu beginnen. Ihre SEDVorgänger sind damit schon einmal gescheitert. Gerade die Oberlausitzer haben sich im Jahr 1989 sehr engagiert bei der friedlichen Revolution eingebracht. Von daher: Den Versuch brauchen Sie gar nicht zu unternehmen.
Es ist ein durchschaubarer Versuch. Ein Planungsbüro aus Dresden schreibt seine Forschungswünsche auf, die sage und schreibe 2 Millionen Euro kosten und die Menschen „vor Ort befähigen sollen, Entwicklungsmöglichkeiten abseits der gängigen Pfade selbst anzustoßen“, wie es in der Begründung des Antrags heißt.
Es ist aus meiner Sicht unerhört, dass die Linkspartei eine ganze Region auf das Thema Braunkohle reduziert,
ihr die Zukunftsfähigkeit abspricht und neunmalklug mit dem Vorschlag daherkommt, die Lausitz als Reallabor zu entwickeln. Damit schlagen Sie aus meiner Sicht all die Menschen vor den Kopf, die sich seit der Wiedervereinigung unseres Landes sehr engagiert für die Entwicklung der Region eingesetzt haben, die als Unternehmer selbst Arbeitsplätze geschaffen haben oder als Arbeitnehmer tagtäglich engagiert für Wertschöpfung sorgen.
Ich selbst komme aus der Oberlausitz und weiß daher sehr wohl Bescheid, was die Menschen umtreibt, weil ich mit den Leuten im Austausch bin und nicht, wie Sie wahrscheinlich, vom Dresdner Schreibtisch aus Vorstellungen entwickle. Wir Oberlausitzer sind keine weißen Mäuse, die von roten Ideologen gesagt bekommen müssen, wie sich die Region entwickeln soll. Auch im Gegensatz zur SPD sind wir Oberlausitzer „wir“ und nicht „ich“.
Dass Sie, Frau Dr. Pinka, das nicht wissen können, kann ich Ihnen nicht einmal zum Vorwurf machen. Sie kommen ja aus dem Erzgebirge und nicht aus der Oberlausitz.
Sie hätten aber erst kürzlich die Gelegenheit zu einem Besuch gehabt – der Nebensatz sei mir gestattet –, und zwar im Rahmen der Auszeichnung der ehrenamtlichen Naturschützer im Kloster Sankt Marienthal, bei dem die gesamte Opposition wieder einmal gefehlt hat. Das einmal als Nebenbemerkung.
Jetzt aber zu den Fakten. Ich bin regelmäßig Gast bei der Wirtschaftsinitiative Lausitz und kenne die durch das IfoInstitut erstellte Studie „Industrie- und Wirtschaftsregion Lausitz: Bestandsaufnahme und Perspektiven“. Das ist eine gute Lektüre, die ich Ihnen an dieser Stelle empfehle.
Wenn Sie sie einmal lesen würden, dann würden Sie feststellen, dass die Industrie ein maßgebliches Standbein
für die Lausitz ist. Sie umfasst 29,7 % der Bruttowertschöpfung. Damit liegt sie deutlich über dem Durchschnitt der ostdeutschen Flächenländer, der bei knapp 23 % liegt, und auch über dem Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer von knapp 27 %. Die Industrie ist Wachstumsmotor. Der Wachstumsbeitrag zwischen 1999 und 2010 zur Bruttowertschöpfung betrug über 10 Prozentpunkte. Das heißt, ohne das produzierende Gewerbe wäre die Lausitz statt um 19,7 % nur um 9,2 % gewachsen.
Obwohl die Industrie regelmäßig nicht einmal ein Viertel der Erwerbstätigkeit der Oberlausitz ausmacht, trägt sie rund die Hälfte des gesamten Wachstums. Von den insgesamt 135 500 Arbeitsplätzen sind 92 000 im Industriebereich angesiedelt. Dabei ist die Ernährungswirtschaft mit knapp 22 000 Arbeitsplätzen, der Bereich Chemie und Kunststoffe mit 14 500 Arbeitsplätzen, der Bereich Metall- und Maschinenbau mit 32 000 Arbeitsplätzen und der Bereich Bergbau und Energiewirtschaft mit 23 600 Arbeitsplätzen beteiligt.
Anhand dieser Beschäftigungszahlen wird deutlich, dass eine Reduzierung der Oberlausitz auf das Thema Braunkohle völlig an der Realität vorbeigeht. Sie sehen, dass die Industrie auch ohne den Bergbau mit 68 000 Arbeitsplätzen deutlich mehr Beschäftigte ausweist, als Sie in Ihrem Antrag unterstellen.
Gleichwohl ist es auch für unsere Region ein sehr wichtiger Beitrag, der auch in den kommenden Jahren eine große Rolle spielen wird. Das ist kein Selbstzweck, sondern eine Voraussetzung für eine versorgungssichere und bezahlbare Energieversorgung, solange Alternativen für die Braunkohlennutzung nicht zur Verfügung stehen. Dieser Wirtschaftszweig wird in der Region später eine Rolle einnehmen. Er ist auch in die Forschung eingebunden, beispielsweise an der BTU in Cottbus, aber auch an der Hochschule Zittau/Görlitz, die immerhin das gegenwärtig zweitgrößte Energieforschungseinzelprojekt des Freistaates Sachsen umsetzt.
Ihre Feststellungen zur Braunkohlennutzung kann ich demzufolge nicht teilen. Sie steht im Einklang mit unserem Energie- und Klimaschutzprogramm. Das muss immer im Zusammenhang mit dem technologischen Fortschritt und alternativen Nutzungen gesehen werden. Insofern ist Ihre Aussage, dass die Kohlequalität nicht ausreiche, sehr statisch gewählt. Sie müssen auch die Dynamik und die technologische Weiterentwicklung berücksichtigen.
In den Punkten II und III bestehen aus meiner Sicht inhaltliche Widersprüche. Einerseits sprechen Sie vom bürgerschaftlichen und privatwirtschaftlichen Partizipationskonzept. Andererseits fordern Sie auf, die Braunkohlenpläne zentral wieder aufzuheben. Sie wissen selbst, dass die regionalen Planungsverbände demokratisch durch Kreisräte aus der Region besetzt sind. Sie müssten auch wissen, dass Braunkohlenpläne immer unter Einbe
Gleichzeitig – aber das müssen Sie unter sich ausmachen – widersprechen Sie sich auch innerparteilich. Denn in Brandenburg, wo die Linkspartei in Regierungsverantwortung steht, wird die Braunkohlennutzung auch durch die Linkspartei getragen. Das müssten Sie zunächst selbst klären, aber nicht in diesem Hohen Hause. Das ist wohl eher eine innerparteiliche Schizophrenie.
Ansonsten strotzt dieser Antrag vor bunten und unkonkreten Worten sowie bereits in der Praxis umgesetzten Selbstverständlichkeiten, zum Beispiel der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, der Pflege der sorbischen Kultur oder der Ableitung von Entwicklungsschwerpunkten, die über die regionalen Koordinierungskreise im Bereich der LEADER-Förderung erfolgt. Insofern verfügen wir auch über Regionalbudgets, die Sie immer wieder einfordern. Diese Punkte werden vor Ort durch die Bürger entschieden. Wir wollen diesen Ansatz auch künftig beibehalten.
Auch die modellhafte Anpassung von Rahmenbedingungen im ländlichen Raum erfolgt bereits, unter anderem durch zahlreiche Ansätze im Rahmen des Demografieprogramms der Sächsischen Staatskanzlei oder auch durch die Möglichkeit des jahrgangsübergreifenden Unterrichts an Schulen. Beispielsweise arbeiten wir mit der Gemeinde Bertsdorf-Hörnitz gegenwärtig daran, solche modellhaften Ansätze in der Region auszufüllen, damit Orte attraktiv für junge Familien bleiben.