Protocol of the Session on July 9, 2014

Wenn ich von „versäumten Chancen“ spreche, werden Sie vielleicht fragen: Gab es denn am Beginn der aktuellen Legislaturperiode überhaupt besondere sorbenpolitische Chancen in Sachsen? Ich glaube, ja. So stand bereits seit Beginn der Legislaturperiode an der Spitze unseres Freistaates ein Ministerpräsident sorbischer Nationalität. Die Zahl der sorbischen Landtagsabgeordneten erreichte fast wieder den Wert des 1. Sächsischen Landtages. Die Zuständigkeit für sorbische Angelegenheiten innerhalb des Kabinetts fiel an eine Staatsministerin, der – anders als bei manchem ihrer Vorgänger – persönliches Interesse und persönliche Sympathie für die Sorben und deren Probleme nicht abgesprochen werden können.

Schließlich waren die sorbenpolitischen Versprechen des aktuellen Koalitionsvertrages doch weiter gefasst, als man das bisher aus Koalitionsverträgen bzw. Regierungserklärungen alleinregierender CDU-Ministerpräsidenten in diesem Lande gewöhnt war. Also, eine Ausgangslage, in der sich durchaus sorbenpolitisches Potenzial vermuten ließe. Oder war dies alles nur Zufall oder Fassade?

Wenn man unterstellt, die von mir eben genannten Punkte hätten wirklich sorbenpolitisches Potenzial, dann ergibt sich natürlich die Frage, zur Erreichung welcher konkreten Ziele dieses Potenzial hätte eingesetzt werden müssen und wer diese Ziele definiert. Aus meiner Sicht ist es nahe liegend, durch die Sorben selbst bzw. ihre Interessenvertretung aufgestellte Zielvorgaben heranzuziehen. Als Grundlage hierfür bietet sich der bereits etwa ein Jahr nach Beginn des Berichtszeitraumes von der 15. Hauptversammlung der Domowina aufgestellte Forderungskatalog an, der folgende Punkte enthält:

Erstens, Erweiterung der politischen Vertretungsrechte des sorbischen Volkes, zweitens Wahl der Mitglieder der Räte für sorbische Angelegenheiten durch die Sorben selbst, drittens Entscheidung über die Verteilung der staatlichen Fördermittel allein durch sorbische Vertreter und Beschränkung der Zuwendungsgeber auf die Prüfung der Mittelverwendung nach geltendem Recht, viertens nach dem Beispiel Brandenburgs Gewährleistung eines ständigen Sitzes für einen sorbischen Vertreter im MDRRundfunkrat, fünftens gesetzliche Sicherung der Mitbe

stimmungsrechte in allen Angelegenheiten des sorbischen Schulwesens einschließlich zum Beispiel der Rahmenbedingungen, damit das sorbische Volk selbst die Planung des sorbischen Schulnetzes durchführen und die Trägerschaft sorbischer Bildungseinrichtungen übernehmen kann, sechstens unter den gleichen Bedingungen wie unter Punkt 5 Trägerschaft sozialer Einrichtungen und kultureller Institutionen durch das sorbische Volk, siebtens Klagerecht – soweit Bundesrecht nicht entgegensteht – in allen Angelegenheiten, die Interessen des sorbischen Volkes betreffen.

Von diesen sieben Forderungen ist im Freistaat Sachsen im Berichtszeitraum keine einzige erfüllt worden. In Brandenburg unter einer rot-roten Landesregierung immerhin – sagen wir – dreieinhalb.

Gern lasse ich mich aber auch auf die von der Staatsregierung selbst beschriebenen sorbenpolitischen Ziele als Maßstab ein. Dieser ergibt sich logischerweise aus dem vorangegangenen 3. Bericht zur Lage des sorbischen Volkes. Dort werden insgesamt acht Aufgaben benannt. Davon tauchen allerdings sechs auch in der Aufgabenliste des jetzigen Berichtes zur Lage des sorbischen Volkes auf, da sie in der Zwischenzeit nicht erfüllt wurden. Aber auch bezüglich der beiden Aufgabenstellungen, die in dem jetzigen Bericht nicht mehr auftauchen, lohnt es sich, genau hinzuschauen, ob sie denn wirklich erfüllt wurden. Da ist zunächst die Aufgabe „wirtschaftliche Stärkung der Lausitz“, da aufgrund der wirtschaftlichen Situation viele sorbische Jugendliche ihre Ausbildung bzw. ihren Arbeitsplatz außerhalb der Lausitz suchten und suchen.

Nun hat sich zwar die Situation auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt auch in der Lausitz – vor allem aus demografischen Gründen – etwas entspannt, aber das Problem ist nicht vom Tisch. Auch aktuell hat die Frage, ob die Lausitz als „abgehängte Region“ endet oder eine Politik zur notwendigen Stärkung dieser Region betrieben wird, erhebliche sorbenpolitische Brisanz.

Die zweite Aufgabe, die im jetzigen Bericht nicht mehr auftaucht, ist die der Verbesserung der öffentlichen Kommunikation zum Sinn und Zweck der Förderung der sorbischen Sprache und Kultur. Ich hoffe sehr, dass die Staatsregierung nicht glaubt, dass sich diese Aufgabe erledigt habe oder gar erfüllt worden sei. Hierzu muss nicht einmal auf die immer wieder vorkommenden sorbenfeindlichen Straftaten verwiesen werden, sondern es reicht der Blick auf sorbenfeindliche Leserbriefe regionaler Medien, widerliche Äußerungen gegenüber sorbischen Fußballmannschaften, die fast an jedem Wochenende zu hören sind, oder Ausdrücke dumpfer Sorbenfeindlichkeit in so manchem Stammtischgespräch.

Folglich ist davon auszugehen, dass es der jetzigen Staatsregierung nicht gelungen ist, die im 3. Sorbenbericht benannten Aufgaben wirklich zu erfüllen. Bemerkenswert ist dabei, dass einige der Aufgabenstellungen sich quasi durch die gesamte Geschichte der Berichterstattung zur Lage des sorbischen Volkes seit 1998 ziehen. Zu ihrer Realisierung scheint allerdings relativ wenig bis

gar nichts unternommen worden zu sein. Ein Beispiel hierzu: Seit dem 1. Sorbenbericht im Jahr 1998 wird die Aufnahme eines Minderheitenartikels ins Grundgesetz als Aufgabe benannt. Die Staatsregierung übersieht zwar in ihren Darstellungen regelmäßig, dass genau das 1993 an der aus CDU und FDP bestehenden Mehrheit im Bundestag gescheitert ist. Das sehen wir Ihnen aber nach, da wir das Ziel eines solchen grundgesetzlichen Minderheitenschutzartikels unterstützen.

Allerdings enttäuscht es uns dann umso mehr, dass die Staatsregierung in all den bisher abgelaufenen Berichtszeiträumen seit 1998 keine erkennbare Initiative für die Aufnahme eines solchen Minderheitenschutzartikels ins Grundgesetz unternommen hat. Auch auf meine Nachfrage, ob seit dem Redaktionsschluss des jetzigen Sorbenberichts eine entsprechenden Initiative unternommen wurde, erhielt ich leider eine verneinende Antwort. Und so kommt an diesem Punkt bestenfalls die Erinnerung an den Film „Und ewig grüßt das Murmeltier“ auf bzw. schlimmstenfalls das Gefühl, nicht ernst genommen oder hintergangen zu werden.

Meine Damen und Herren der Koalition und der Staatsregierung, wenn Ihnen die Messlatte des 3. Sorbenberichts zu hoch ist, so will ich dann eben Ihren Koalitionsvertrag als Maßstab anlegen, aus dem sich fünf sorbenpolitische Aufgabenstellungen herauslesen lassen. Ich konzentriere mich hierbei auf wesentliche Punkte.

Hierzu gehört die Verpflichtung zur Erarbeitung einer Konzeption zur Ermutigung und zur Belebung des Gebrauchs der sorbischen Sprache und die Förderung deren Umsetzung. Dazu hat die Staatsregierung am 24. April 2012 einen entsprechenden Maßnahmenplan beschlossen. Ich habe diesen seinerzeit auch öffentlich begrüßt und in ihm einen positiven Impuls gesehen. In der sorbischen Öffentlichkeit gab es damals auch Wortmeldungen, die diesen Plan kritischer bewerteten. Gerade diese kritischen Positionen und Fragen aus der sorbischen Öffentlichkeit sollte die Staatsregierung ernst nehmen, insbesondere die Kritik, dass die Staatsregierung Aufgaben im Bereich der Sorbenpolitik an die Kommunen und andere Partner übertrage, ohne die Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel.

Doch betrachten wir uns jetzt – reichlich zwei Jahre nach Beschluss des Maßnahmenplanes – seine konkrete Umsetzung. Hier gibt es einige Maßnahmen, die inzwischen realisiert sind. So wurde zum Beispiel der Zejler-Preis als Preis der sorbischen Sprache erstmals ausgelobt und einem würdigen Preisträger in würdigem Rahmen verliehen. Andererseits harren viele der von der Staatsregierung vorgeschlagenen Maßnahmen noch ihrer Verwirklichung.

Aus Zeitgründen hierzu nur ein Beispiel: Mit der Maßnahme 2.4 wollte die Staatsregierung das Recht auf den öffentlichen Gebrauch der sorbischen Sprache zum Beispiel auch in Gemeinderatssitzungen durch die Bereitstellung von Dolmetschern und Übersetzungstechnik stärken. Bereits bei Verkündung des Maßnahmenplans irritierte mich aber die in diesem Punkt enthaltene Formu

lierung – ich zitiere –: „Diese Maßnahme ist hinsichtlich der Finanzierung und der praktischen Durchführung ein ergebnisoffenes Verfahren.“ Es verwundert daher nicht, dass ein Vertreter der Staatsregierung in der letzten Sitzung des federführenden Ausschusses erklären musste, dass „bis dato in keinem Fall ein Antrag auf Beschaffung von Technik für Simultanübersetzungen in Gemeinderatssitzungen gestellt worden sei. Seitens der Gemeinden habe es auch diesbezüglich keine Anfragen bei der Staatsregierung gegeben.“ Wenn es also der Staatsregierung ernst ist mit der Ermutigung und Belebung des Gebrauchs der sorbischen Sprache, dann muss sie ihrerseits auf die Gemeinden zugehen und insbesondere Klarheit in der Frage der Finanzierung schaffen.

Im Koalitionsvertrag ist des Weiteren festgelegt, dass allen Kindern im sorbischsprachigen Raum eine aktive sorbisch-deutsche Zweisprachigkeit in Kindergärten und Schulen ermöglicht werden soll. Dass diese Aufgabe vollständig erfüllt wurde, kann leider nicht festgestellt werden, da zum Beispiel in Panschwitz-Kuckau in jedem in den aktuellen Berichtszeitraum fallenden Schuljahr Schülerinnen und Schüler, die die dortige Sorbische Grundschule besuchten, nach Schließung der im selben Gebäude befindlichen Sorbischen Mittelschule nichtsorbische Schulen besuchten. Der höchste Wert einer solchen Abwanderung von Absolventen der Sorbischen Grundschule Panschwitz-Kuckau aus dem sorbischen Bildungsgang wurde im Schuljahr 2010/2011 mit 48 % erreicht. Im laufenden Schuljahr beträgt er 20 %.

Vor diesem Hintergrund kann nicht mehr davon gesprochen werden, dass allen Kindern eine aktive sorbischdeutsche Zweisprachigkeit in Kindergärten und Schulen ermöglicht worden wäre. In diesem Zusammenhang erscheint es mir auch notwendig, die Staatsregierung dringend zu ersuchen, alle Akteure im Bereich der Sorbischen Oberschule Radibor beim Erhalt der dortigen aktiven sorbisch-deutschen Zweisprachigkeit zu unterstützen. Aufgrund der Schließung von nichtsorbischen Schulen im regionalen Umfeld von Radibor kam es zu der Situation, dass gegenwärtig nur noch ein Siebtel der Schüler Sorbisch als Muttersprache spricht. Daher steht auch die Staatsregierung hier in der Pflicht.

Eine weitere wesentliche sorbenpolitische Aufgabenstellung aus dem Koalitionsvertrag lautet wie folgt: „Wir sehen die angemessene finanzielle Ausstattung der Stiftung als Rechtspflicht der Bundesrepublik, der Länder Brandenburg und Sachsen und werden uns für deren dauerhafte Absicherung einsetzen.“ Hier möchte ich der Staatsregierung ausdrücklich bescheinigen, dass sie den versprochenen Einsatz gezeigt hat, wenn auch das anvisierte Ziel noch nicht erreicht wurde. Dies soll aber an dieser Stelle nicht als Kritik – denn das wäre unredlich –, sondern als Ansporn für weitere gemeinsame Anstrengungen gelten.

Sehr geehrte Damen und Herren, dennoch ist als Fazit festzustellen, egal, welchen Maßstab man anlegt, ob die Forderungen der Interessenvertretung der Sorben selbst,

die Aufgabenstellungen der Sächsischen Staatsregierung aus dem 3. Bericht zur Lage des sorbischen Volkes oder der aktuell gültige Koalitionsvertrag herangezogen wird: Der jetzige Berichtszeitraum stellt einen Zeitabschnitt der sorbenpolitisch versäumten Chancen dar. Dass dieses Fazit trotz der eingangs skizzierten hoffnungsvollen Rahmenbedingungen gezogen werden muss, macht deutlich, dass es auch bezüglich der sächsischen Sorbenpolitik eines grundsätzlichen Politikwechsels bedarf. Ob die Mehrheit der derzeitigen Koalitionspolitiker und -politikerinnen dazu allerdings in der Lage ist, darf nach der Lage der Dinge bezweifelt werden.

Dennoch gilt: Egal wer nach dem 31. August dieses Jahres die Regierung im Freistaat Sachsen stellt, ein Verschenken von sorbenpolitischen Chancen darf es nicht mehr geben. Wir brauchen dringend – um das eingangs zitierte Sprichwort aufzugreifen – mehr konkrete sorbenpolitische Früchte und nicht nur einige bunte Blüten.

Uns liegen heute zu später Stunde die Beschlussempfehlungen und Berichte des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien zu zwei Berichten, die das sorbische Volk betreffen, vor. Es handelt sich dabei um den „Tätigkeitsbericht des Rates für sorbische Angelegenheiten im Freistaat Sachsen für das Jahr 2013“ sowie den „Bericht der Sächsischen Staatsregierung zur Lage des sorbischen Volkes“.

In beiden Fällen wird dem Landtag eine Kenntnisnahme empfohlen. Lassen Sie mich dennoch kurz auf das Thema eingehen. Auch wenn es in der Ausschusssitzung viele Detailfragen gab – was für das große Interesse an der Lage des sorbischen Volkes spricht – begrüße ich, dass es bei diesem wichtigen Thema fraktionsübergreifende Einigkeit gibt.

Auch werden die Lage des sorbischen Volkes sowie die Zusammenarbeit der Landespolitik mit dem Rat für sorbische Angelegenheiten als sehr gut beschrieben – und das nicht nur von der Staatsregierung, sondern auch vom Rat selbst. Einzig am Verfahren bezüglich des Berichts der Staatsregierung wurde seitens der Linksfraktion Kritik dahin gehend geübt, dass der Bericht zu spät erscheine. Wir als FDP erklären uns diesbezüglich gern kompromissbereit und können uns eine Änderung vorstellen, die den Bericht in der Mitte der Legislatur vorsieht.

Wir als FDP haben uns stets zur sorbischen Minderheit bekannt und dies spiegelt sich auch im Doppelhaushalt und unserem parlamentarischen Handeln wider. Nach dem Willen der Koalitionsfraktionen von CDU und FDP im Sächsischen Landtag wurde der gesamte Landkreis Görlitz im Sächsischen Sorbengesetz als sogenannter Heimatkreis der sorbischen Bevölkerung definiert. Dies gibt Sorben die Möglichkeit, auch dort die sorbische Sprache vor Gericht und bei Behörden zu verwenden. Ein entsprechender Antrag zur Änderung des Sächsischen Sorbengesetzes wurde durch uns eingebracht.

Die Möglichkeit für Bürger, die sorbische Sprache vor Behörden und Gerichten zu verwenden, wird durch die

Änderung erheblich gestärkt. Durch die zusätzliche Benennung des Landkreises Görlitz als Heimatkreis der sorbischen Bevölkerung ist auch dort die Benutzung des Sorbischen als Gerichts- und Behördensprache möglich.

Die Gesamtfläche der zu Heimatkreisen ernannten Landesteile verdoppelte sich hierdurch. Zusätzlich konnte erreicht werden, dass beim Landgericht Bautzen eine Kammer für Handelssachen und eine solche für Strafvollstreckung eingerichtet werden. Die sorbische Sprache und Kultur sind ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Freistaates. Wir werden auch weiterhin alles daransetzen, diese zu bewahren und zu unterstützen.

Mit dem 2012 beschlossenen Standortegesetz sind wir dem Ziel der Staatsmodernisierung ein großes Stück nähergekommen. Mit dem Konzept ist es gelungen, trotz der Schwierigkeiten des demografischen Wandels und der zurückgehenden finanziellen Mittel eine leistungsfähige und bürgernahe Verwaltung im Freistaat Sachsen zu erhalten. Durch die erfolgten Änderungen wurde auch das langfristige Weiterbestehen des Landgerichtsstandortes Bautzen gesichert.

Die damals in den Medien und in den parlamentarischen Stellungnahmen vom Rat für sorbische Angelegenheiten vorgetragene Kritik ging offensichtlich von einem falschen Sachverhalt aus. Weder wurde ein Gericht in Bautzen geschlossen noch nach Görlitz verlagert. Die Landgerichtsstandorte in Bautzen und Görlitz stehen nun lediglich unter einer gemeinsamen Leitung eines Gerichtspräsidenten mit Sitz in Görlitz.

In Bautzen ist weiterhin ein Landgerichtsstandort vorhanden, an dem fast alle Prozesse verhandelt werden. Dies wurde von der Koalition ausdrücklich gesetzlich geregelt. Nur die Große Strafkammer, die für Mord und Totschlag zuständig ist, ging nach Görlitz. Die sorbische Minderheit kann sich am Gerichtsstandort Bautzen weiter ihrer Sprache bedienen. Die Koalition hat zusätzlich dafür gesorgt, dass auch vor dem Landgericht Görlitz künftig Sorbisch gesprochen werden kann. So werden vielmehr die Rechte der Sorben gestärkt und sie haben weiter Zugang zu einem Landgericht in Bautzen.

Das hat auch das Verfassungsgericht in Karlsruhe deutlich gemacht. Die Rechte der Sorben wurden durch das Standortegesetz deutlich gestärkt.

Auch über die aktuelle Legislaturperiode hinaus wollen wir die Unterstützung des sorbischen Volkes weiterführen, um den Erhalt der sorbischen Kultur, ihrer Traditionen und vor allem der Sprache zu gewährleisten. Wir werden uns auch künftig für eine angemessene Berücksichtigung der Interessen der sorbischen Minderheit starkmachen.

Zusammen mit dem Bericht der Staatsregierung zur Lage des sorbischen Volkes liegt Ihnen der Tätigkeitsbericht des Rates für sorbische Angelegenheiten für das Jahr 2013 vor.

Dies nehme ich zum Anlass, um an dieser Stelle meine ausdrückliche Anerkennung für die Arbeit des Rates für sorbische Angelegenheiten auszusprechen. In dem Bericht des Rates finden Sie die breite Palette von Themen, mit denen sich die ehrenamtlich arbeitenden Ratsmitglieder allein im Jahr 2013 befasst haben. Herzlichen Dank allen Mitgliedern des Rates für ihre engagierte Arbeit, die mit dazu beiträgt, dass der Freistaat Sachsen mit seinen Bemühungen für die nationalen Minderheiten als positives Beispiel in Deutschland und in Europa wahrgenommen wird.

Der des Weiteren vorliegende Bericht der Sächsischen Staatsregierung zur Lage des sorbischen Volkes wurde am 13. Mai 2014 vom Kabinett zur Kenntnis genommen. Der Redaktionsschluss des breit abgestimmten Berichtes datiert vom 30. Dezember 2013.

Mit Anschreiben vom 13. Mai 2014 an den Präsidenten des Sächsischen Landtages wurden zudem die wesentlichsten aktuellen Entwicklungen seit Redaktionsschluss mitgeteilt. An der Erarbeitung des Berichtes wurden neben allen Sächsischen Staatsministerien die Domowina – Bund Lausitzer Sorben e. V., die Stiftung für das sorbische Volk, der Rat für sorbische Angelegenheiten sowie das Evangelische Büro Sachsen und das Katholische Büro Sachsen beteiligt.

Allen, die an der Erstellung des Berichtes mitgewirkt haben, an dieser Stelle meinen ganz herzlichen Dank! Danken möchte ich weiterhin diesem Hohen Haus, das sich sowohl in den zuständigen Ausschüssen als auch hier im Plenum intensiv mit den Inhalten befasst hat.

Der Bericht ist gemäß § 7 des Sorbengesetzes einmal in der Legislaturperiode vorzulegen. Wenngleich der Bericht erst am Ende der Legislaturperiode vorgelegt wurde, so kann und sollte er doch darüber hinaus ausgewertet und erörtert werden und Anstöße zum weiteren Handeln geben. Unabhängig davon wird das SMWK die Anregung aus dem federführenden Ausschuss für eine frühere Vorlage aufgreifen.

Besonders erfreulich ist die zwischenzeitlich allgemein öffentlich bekannte Nachricht, wonach infolge der Entscheidung des Deutschen Bundestages der Zuschuss des Bundes an die Stiftung für das sorbische Volk im Jahr 2014 um 500 000 Euro auf 8,7 Millionen Euro erhöht wird. Dafür meinen ausdrücklichen Dank allen, die sich hierbei engagiert haben, insbesondere den Abgeordneten des Deutschen Bundestages; denn diese Erhöhung entspricht zugleich der Forderung des Freistaates Sachsen.

Sachsen hat hierfür bereits die notwendigen Komplementärmittel in Höhe von 6,21 Millionen Euro im laufenden Haushalt 2014 vorgesehen. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass der Betrag vom Bund in Höhe von 8,7 Millionen Euro jährlich ebenfalls in den folgenden Jahren zur Verfügung gestellt wird. Darin sind wir uns auch mit dem Land Brandenburg einig.

Doch zurück zum vorliegenden Bericht zur Lage des sorbischen Volkes. Bei der Vielzahl von Themen in dem

Bericht sind als Schwerpunkt immer wieder alle Bemühungen um den Erhalt und die Fortentwicklung der sorbischen Sprache hervorzuheben. Die sorbische Sprache dient maßgeblich der Identitätsbildung und ist unverzichtbar zur Stärkung und Sicherung des sorbischen Lebens im Alltag.

Die Sprache anwenden und auch an die nächsten Generationen weitergeben, dass muss natürlich von den Sorben selbst gewollt sein, aber unsere Aufgabe ist es, dies zu ermöglichen. Die Sorben beherrschen Sorbisch und Deutsch, sie sind zweisprachig. Das führt oft dazu, dass die Minderheitensprache vor allem in Gegenwart Deutschsprechender aus Höflichkeit nicht angewendet wird. Zu dem Verständnis für das sorbische Volk gehört deshalb in hohem Maße das Verständnis für den Gebrauch der sorbischen Sprache. Auch wenn ich selbst nicht Sorbisch spreche und verstehe, so habe ich doch großes Verständnis und Sympathie dafür, dass Sorbisch gesprochen, gehört, geschrieben und gelesen wird – selbstverständlich auch in meiner Gegenwart.

Die sorbische Sprache ist hier zu Hause, in der Lausitz, in Sachsen und in Brandenburg, in Deutschland, in Europa.

Sie hat hier ihre Wurzeln, sie dient hier der Kommunikation und der Sozialisation, sie ist Ausdruck des geistigen und kulturellen Reichtums unseres Landes. Zudem schafft Zweisprachigkeit interkulturelle Kompetenzen wie

Toleranz, Akzeptanz und Rücksichtnahme. Damit sind die Sorben auch ein wichtiges Bindeglied zu unseren Nachbarn in Polen und Tschechien – UND: Wenn der Gebrauch einer Minderheitensprache im Herzen Europas selbstverständlich ist, dann ist dies ein wichtiger Akzent und ein starkes Signal gegen fremdenfeindliche und rechtsextremistische Tendenzen.

Wichtig ist deshalb die abschließende Erkenntnis in dem Bericht, wonach die Sächsische Staatsregierung davon ausgeht, dass die Zukunft des sorbischen Volkes durch den Willen der Sorben als Minderheit und den Willen der Mehrheitsbevölkerung gemeinsam entschieden wird.

Die Angehörigen des sorbischen Volkes benötigen für den Fortbestand ihrer eigenen Identität im Alltag Verständnis und Hilfe von der sie umgebenden Mehrheitsbevölkerung.