Protocol of the Session on January 24, 2008

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Herr Lichdi, bitte.

Vielen Dank. – Heißt das, dass Sie den Eingriff nur bei Vorliegen einer konkreten Gefahr im polizeirechtlichen Sinne vorsehen?

Wir sehen es nur dann vor, wenn Maßnahmen nach § 19 Polizeigesetz vorgenommen werden.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal zurückkommen: Die Befugnisnorm berührt die Grundrechte der Betroffenen nicht über das notwendige Maß hinaus. Das ist der Staatsregierung besonders wichtig. Der Abgleich muss unverzüglich nach der Erkennung der Kennzeichen durchgeführt werden, um eine willkürliche Vorratsdatenspeicherung auszuschließen. Die Kennzeichen, die in den abgeglichenen Daten nicht enthalten sind, werden sofort gelöscht. Die Trefferdaten werden nur zu dem genannten Zweck genutzt, und zwar zur Durchführung einer Identitätsfeststellung oder zur Strafverfolgung. Damit ist dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Gesetzesänderung ist ein wichtiger Baustein, um die Sicherheit nach dem Wegfall der Grenzkontrollen zu Polen und Tschechien weiterhin gewährleisten zu können. Die Staatsregierung geht davon aus, dass der Gesetzentwurf den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht wird und die Rechte der Betroffenen nur im absolut notwendigen und zulässigen Umfang eingeschränkt werden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Danke schön. – Das Präsidium schlägt Ihnen vor, dieses Vierte Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes an den Innenausschuss – federführend – und an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Erhebt sich Widerspruch? – Nein. Dann verfahren wir so. Danke.

Wir kommen zur nächsten 1. Lesung und ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

1. Lesung des Entwurfs 2. Gesetz zum Bürokratieabbau im Freistaat Sachsen – Bürgerfreundliches Ladenöffnungsgesetz

Drucksache 4/10892, Gesetzentwurf der Fraktion der FDP

Als Einreicherin spricht die FDP-Fraktion. Herr Abg. Morlok.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die grundsätzliche Diskussion zum Ladenschluss, zum Ladenöffnungsgesetz haben wir in diesem Haus im April letzten Jahres geführt.

Wir als FDP hatten deutlich andere Vorstellungen zum Thema Ladenöffnung als die Mehrheit dieses Hauses. Wir hatten auch einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, mit dem wir den Kommunen übertragen wollten, die Sonntagsöffnung in eigener Kompetenz zu entscheiden. Die Klage der Kirchen, die wir jetzt gegen die Sonntagsöffnung in Leipzig an Adventssonntagen haben, zeigt, wie richtig es gewesen wäre, unserer Vorstellung zu folgen. Das ist leider nicht passiert. Das ist auch nicht Thema des jetzt vorliegenden Gesetzentwurfes, sondern wir wollen uns unabhängig von unserer grundsätzlichen Position zur Ladenöffnung, die wir nach wie vor so vertreten, hier um die Beseitigung eines groben Fehlers im beschlossenen Gesetz kümmern.

Dieser grobe Fehler beschäftigt sich mit der Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen für Zeitungen und Zeitschriften, für Blumen, für Bäckerei- und Konditoreiwaren, für frische Milch und Milcherzeugnisse.

In Sachsen ist die Öffnung dieser Verkaufsstellen am Volkstrauertag, am Totensonntag und am Buß- und Bettag verboten. Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes vom letzten April war das erlaubt; denn das Bundesladenschlussgesetz, das bis dahin galt, sah diese Öffnung ausdrücklich vor.

Selbst die Kirchen haben gegen den Blumenverkauf an den genannten Tagen nichts einzuwenden. Das kann man einer gemeinsamen Presseerklärung des Bischöflichen Ordinats Dresden-Meißen und der EvangelischLutherischen Landeskirche entnehmen.

Aus gutem Grund haben diese nichts dagegen, denn wenn Sie sich in anderen Bundesländern umschauen und sehen, wie dort diese Dinge geregelt sind, dann werden Sie feststellen, dass nur in Sachsen am Volkstrauertag die Blumenläden geschlossen bleiben. Nur in Sachsen ist der Verkauf von Brötchen am Totensonntag verboten; und in Sachsen kann man in diesem Jahr am Muttertag keine Blumen kaufen, weil dieser Tag auf den Pfingstsonntag fällt.

Das ist eine bürokratische und vollkommen überflüssige Regelung. Brötchen gibt es an Tankstellen, aber nicht in

Bäckereien. Blumen gibt es an Tankstellen, aber nicht in Blumenläden.

Ferner gibt es beim Blumenverkauf das Problem der fliegenden Händler. Diese können ihre Blumenstände auf der Straße aufbauen und Blumen verkaufen. Wenn man sich die genannten Feiertage anhand des vorigen Jahres anschaut und überlegt, was diesbezüglich passiert ist, dann stellen Sie fest, dass die staatliche Ordnungsmacht bei der Durchsetzung dieser vollkommen überflüssigen Regelung bei den fliegenden Händlern schon längst kapituliert hat. Diese Regelung ist gar nicht mehr durchgesetzt worden. Das zeigt, wie unsinnig sie ist.

Muttertag, Volkstrauertag und Totensonntag sind die umsatzstärksten Tage bei den Blumenhändlern. Das ist auch gut nachvollziehbar. Nehmen wir als Beispiel den Totensonntag oder den Volkstrauertag. Wer an diesem Tag auf den Friedhof geht, kauft seinen Grabschmuck sinnvollerweise in der Friedhofsgärtnerei. Das zu verbieten, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist wirklich weltfremd.

Was sagt nun die Staatsregierung zu alledem? Sie schiebt den Schwarzen Peter dem Landtag zu. Das kann man in einer gewissen Weise sogar verstehen, weil diese unsinnigen Verbotsregelungen im Gesetzentwurf der Staatsregierung nicht enthalten sind. Wir möchten uns aber dagegen verwahren, dass man dem Sächsischen Landtag in Gänze diesen Schwarzen Peter zuschiebt und den Sächsischen Landtag insgesamt in Haftung nehmen möchte. Man muss nämlich sehen, dass dies nicht die Willensentscheidung des gesamten Landtages, sondern ein Änderungsantrag der CDU- und der SPD-Fraktion war, die diese Regelung herbeigeführt haben, die uns diesen Schlamassel, den wir jetzt haben, eingebrockt hat.

Inzwischen hat zumindest ein Mitglied der CDUFraktion, Herr Prof. Bolick, den Fehler eingesehen. Er bezeichnet das Gesetz als echte Benachteiligung der Gärtnereien. Uns freut natürlich die Einsicht von Prof. Bolick. Es wäre sehr schön, wenn sich diese Einsicht in der gesamten Fraktion und am besten in der Koalition durchsetzen würde. Uns erscheint aber die Aussage von Prof. Bolick sehr bedenklich, der sagte, dass in einem Gesetzgebungsverfahren eine Änderung bis zum 11. Mai, also bis zum Muttertag, nicht mehr möglich ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns eben mit der Reparatur des Abgeordnetengesetzes vom letzten November beschäftigt. Wenn Sie nachvollziehen, in welcher Windeseile dieses Gesetz durch das Parlament gepeitscht wurde und welche Kraft Sie aufgewandt haben, dieses Gesetz noch im November in Kraft treten zu lassen, dann muss man schon sagen, dass es wohl so ist:

Wenn es um den eigenen Geldbeutel, um die eigene Tasche geht, die man sich füllen möchte, dann haben Sie die Kraft, dann haben Sie Zeit, dann bemühen Sie sich und setzen sich ein; wenn es aber darum geht, die Interessen von Verbrauchern und von Händlern zu berücksichtigen und Änderungen vorzunehmen, dann schaffen Sie es nicht.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer so Politik macht und alle Kraft hat, wenn es um die eigene Tasche geht, und liegen lässt, wenn es um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger geht, der braucht sich nicht zu wundern, wenn wir in diesem Land Politikverdrossenheit haben.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gezeigt, dass es möglich ist. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, den ich eingebracht habe. Auch im letzten Jahr, Herr Minister Jurk, als es um das Thema Ladenöffnungsgesetz ging, waren wir mit unserem Gesetzentwurf deutlich

schneller als die Staatsregierung. Aber vielleicht kommt die Angst von Prof. Bolick daher, dass es im letzten Jahr bei Ihnen gedauert hat und er deshalb glaubt, dass Sie es auch dieses Mal nicht schaffen.

Wir haben den Gesetzentwurf vorgelegt. Bei gutem Willen der Fraktionen kann dieser Gesetzentwurf im Plenum im März, spätestens im April, verabschiedet werden, auf jeden Fall noch rechtzeitig vor dem Muttertag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zu überweisen. Erhebt sich Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 10

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Stärkung der Ortschaftsverfassung

Drucksache 4/10924, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Der Gesetzentwurf wird von Herrn Lichdi eingebracht, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir legen Ihnen nunmehr das dritte Gesetz zur Stärkung der Demokratie auf örtlicher Ebene vor. Nachdem wir schon ein Gesetz zur Stärkung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid vorgelegt haben, nachdem wir heute Morgen das Gesetz zur Stärkung der Rechte von Kreisräten und Gemeinderäten behandelt haben – leider haben Sie das abgelehnt –, legen wir Ihnen jetzt ein Gesetz zur Stärkung der Ortschaftsverfassung vor.

Sie wissen, wir haben in der Sächsischen Gemeindeordnung zwei Formen der Regelung von örtlichen Vertretungen, die für große Städte vorgesehen sind. Es handelt sich zum einen um die Ortschaftsverfassung und zum anderen um die sogenannte Stadtbezirksverfassung. Die Ortschaftsverfassung wird nach herrschender Meinung – jedenfalls politischer Meinung, nicht rechtlicher Meinung – als ein Übergangsmodell für die Gemeinden betrachtet, die in eine größere Stadt eingemeindet werden. In dem nicht eingemeindeten Territorium der Städte besteht meistens die sogenannte Stadtbezirksverfassung.

Beide Verfassungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen unterschiedlichen Rechtsstand haben. Die Ortschaftsverfassung verschafft den Bürgerinnen und Bürgern über den Ortschaftsrat, den sie direkt wählen können, und über die Rechte, die der Ortschaftsrat über die Sächsische Gemeindeordnung erhalten hat, wesentlich mehr

Einflussmöglichkeiten auf die gesamtstädtischen Entscheidungen des Bürgermeisters und des Gemeinderates.

Daher ist es aus unserer Sicht wünschenswert, wenn es die Gemeinde will – genau darauf zielt unser Gesetzentwurf, denn wir wollen nichts vorschreiben –, dass es auf das gesamte Territorium einer Stadt ausgedehnt wird.

Nun fragen Sie sich sicherlich, wieso wir dazu kommen, diesen Gesetzentwurf einzubringen. Es hat sich zugetragen, dass die Bündnisgrünen in der Landeshauptstadt Dresden auf kommunaler Ebene einen derartigen Entwurf eingebracht haben – übrigens hat das vor drei Jahren die damalige PDS-Fraktion in der Landeshauptstadt Dresden auch getan –, und nun wurde unserem Antrag – etwas plötzlich, muss ich sagen – entgegengehalten, dass es nach der Sächsischen Gemeindeordnung unzulässig sei, die Ortschaftsverfassung auf das gesamte Territorium einer Stadt auszudehnen.

Wenn wir die Sächsische Gemeindeordnung zurate ziehen und nachlesen, stellen wir fest, dass dies daraus nicht hervorgeht, aber trotzdem wird diese Rechtsauffassung vertreten.

Ich hatte das Vergnügen, mit Kollegen Piwarz, der auch Mitglied dieses Hohen Hauses ist, dazu im Ortsbeirat Loschwitz zu diskutieren, und er hat – –