Aber eine wahre Grundlage zur aktuellen Beurteilung des Gesundheitssystems – nach Ihren Aussagen auch der Gesundheitspolitik in Sachsen – ist diese Studie nicht. Sie stellt – wie gesagt – die Quantität in den Mittelpunkt, statt die Qualität tatsächlich zu messen bzw. nachzuweisen. Sie ignoriert auch landesspezifische Probleme wie eben den demografischen Wandel oder die Arbeitsmarktsituation.
Ich vertrete die Auffassung: Wer sich auf diesen dünnen Brettern darauf beruft, seine politischen Forderungen abzuleiten, sollte sehr vorsichtig sein. Die Gesundheitsversorgung – das wissen wir in Sachsen ganz besonders – ist ein sehr sensibles Thema. Daher sollte man auf solche Parolen, wie Sie sie heute vorgetragen haben, verzichten, denn damit verunsichern Sie die Menschen unnötig.
Die Sächsische Staatsregierung scheut sich nicht vor Bewertungen und Rankings. Wir scheuen uns nicht davor, Probleme offen darzulegen. Das haben wir zu diesem Thema mehrfach getan. Wir haben mehrfach nachgewiesen, dass wir handeln. Ich habe schon des Öfteren darüber berichtet und versuche es heute noch einmal. Ich möchte wiederholen, was wir in den letzten Jahren getan haben, weil Sie in Ihrem Redebeitrag mehrfach, ähnlich wie Frau Schütz, unterstellt haben, dass nichts getan worden wäre.
Daraus kann ich nur die Schlussfolgerung ziehen, Herr Zastrow, dass Sie sich für das eigentliche Thema überhaupt nicht interessieren. Das ist Ihr Problem und damit müssen Sie leben. Aber dass Sie es nicht einmal in Vorbereitung auf den heutigen Redebeitrag geschafft haben, sich zu informieren, ist schon bedauerlich. Wenn Sie sagen, wir hätten bei den Entscheidungen über dieses Gesetz im Bundesrat nichts getan, dann hätten Sie nur in das Protokoll des Bundesrates schauen müssen und hätten festgestellt, dass ich einerseits einen umfangreichen Redebeitrag gehalten habe und dass wir anderseits diesem Gesetz nicht zugestimmt haben.
Wenn es wirklich ehrlich wäre, was Sie hier anbieten, dann hätten Sie im Vorfeld im Wissen um unsere Situation – denn ich habe es hier angekündigt – mit Ihren Kollegin
nen und Kollegen der anderen Länder – die FDP ist in anderen Ländern in der Koalition – sprechen und sie überzeugen können, sodass wir eventuell doch eine Mehrheit bekommen hätten. Sie kündigen doch immer an, dass Sie helfen möchten und Ideen hätten, aber nichts haben Sie getan.
Also noch einmal der Versuch – auch in Richtung FDPFraktion – aufzulisten, was wir getan haben: Wir fördern niederlassungswillige Ärzte bei der Übernahme einer Praxis. Es gibt ein zusätzliches Budget
Frau Kollegin, vielleicht haben Sie das auch noch nicht gewusst – für Ärzte in unterversorgten Gebieten. Sie hatten das vorhin in Ihrer Rede gefordert.
Das ist auch eine Wissenslücke. – Wir fördern Weiterbildungsassistenten in Allgemeinmedizin und wir fördern als einziges Land über das normale gesetzliche Maß hinaus Praktikanten. Wir führen das Modellprojekt „Gemeindeschwester“ durch und evaluieren es, um am Ende eine mögliche Gesetzesänderung herbeizuführen. Frau Kollegin Schütz, es ist nun einmal so, dass man vorher Projekte braucht, um mit Fakten aufzuwarten. Aber das Wort „Fakten“ ist Ihnen bei diesem Thema wahrscheinlich nicht so geläufig.
Es gibt jährlich Informationsveranstaltungen für Studierende der Medizin in Dresden, in Leipzig und, wie schon mehrfach angekündigt, in Österreich. Die jüngste Maßnahme ist das Abkommen mit der Österreichischen Landesärztekammer zur weiteren Anwerbung von Ärzten aus Österreich. Auch hierzu ist landläufig bekannt – ich hoffe, auch Ihnen, meine Damen und Herren der FDPFraktion –, dass wir Erfolge erzielt haben. Darüber hinaus gibt es Modelle in beiden Studieneinrichtungen für die Studenten, die Studierenden frühzeitig mit in der Praxis tätigen Ärzten ins Gespräch zu bringen – das sogenannte Leipziger Modell, das inzwischen auch in Dresden läuft.
Gemeinsam mit der Gruppe derer, die in Sachsen Verantwortung tragen, sind wir dabei, für das Gesundheitssystem einen Koordinator einzusetzen, der noch besser an die Studierenden herankommt und sich nur um die Akquise und um die Aufklärung und Weiterbildung kümmern kann.
Es gibt ferner ein Programm zur Gründungs- und Wachstumsfinanzierung, wonach Ärzte, die sich in einem offenen Planungsgebiet niederlassen wollen, für die Übernahme oder die Neugründung einer Praxis zinsverbilligte Darlehen erhalten. Schließlich fördern wir die Investitionskosten kleiner und mittlerer Unternehmen durch das Wirtschaftsministerium, in die auch Hausärzte, Kinderärzte und Nervenärzte in unterversorgten oder von
Wir haben weitere Möglichkeiten im Ressort meines Kollegen Herrn Jurk, und zwar in diesen Bereichen zusätzliche Arbeitsplätze bis zu 200 000 Euro zu fördern.
Meine Damen und Herren! Es gibt Wiedereingliederungsprogramme – auch das ist heute gefordert worden – für eine große Anzahl von Ärzten in Sachsen, die nicht im Beruf tätig sind. Auch das ist inzwischen auf den Weg gebracht. Das finanziert der Freistaat mit ESF-Mitteln in Höhe von 850 000 Euro.
Unabhängig davon will ich am Ende meiner Rede darauf hinweisen, dass ein Hauptproblem – trotz dieser Bemühungen und Initiativen zusammen mit den Verantwortungsträgern in Sachsen – übrig bleibt. Das ist das Problem der Vergütung. Hierfür haben wir keine direkte Zuständigkeit. Die Bemühungen der letzten Jahre der aus Sachsen kommenden Verantwortungsträger haben mindestens dazu geführt, dass ein Kompromiss – Herr Zastrow, übrigens gemeinsam mit Frau Schmidt – erreicht worden ist, im Jahre 2009 die Vergütungssituation zu verändern und eine entsprechende Anpassung, aber auch ein Ausgleichsfinanzierungssystem zwischen Ost und West einzuführen. Es ist ein Ausgleichssystem, das in der Tat die demografische Entwicklung und die damit verbundene Multimorbidität der Patienten im Auge hat. Wenn es so kommt, dann können wir nur hoffen, dass sich die Abbildung der Patienten im Budget der Ärzte widerspiegelt.
Meine Damen und Herren! Für die Sicherstellung der medizinischen Versorgung ist gesetzlich die KVS verantwortlich. Das heißt aber nicht, dass wir sie allein lassen. Seit vier Jahren gibt es einen Kreis, der sich sehr umfassend, wie in meinen Ausführungen nur annähernd deutlich wurde, bemüht, dem Problem – das die Staatsregierung nicht wegdiskutieren will –, das im medizinischen Versorgungsbereich besteht, entgegenzuwirken und alle Möglichkeiten, die dem Freistaat zur Verfügung stehen, auszuloten, und zwar nicht nur ideell, sondern auch materiell, wie ich es gerade an einigen Zahlen deutlich gemacht habe.
Ich bin der Meinung, dass wir nicht nur reden, wie man uns vorwirft, sondern dass wir auch angepackt haben. Wir werden das auch weiterhin tun. Wir werden mit allen Beteiligten an weiteren Problemlösungen arbeiten. Ich rufe Sie, meine Damen und Herren der FDP-Fraktion, zum wiederholten Male auf: Wenn Sie es tatsächlich ernst meinen, uns unterstützen zu wollen – was Sie bisher nie getan haben, im Gegenteil –, bitte ich Sie heute noch einmal, dann tun Sie es auch. Kommen Sie zu uns und geben Sie Hinweise und Vorschläge für Dinge, die realistisch sind, die wir tun können, falls wir sie nicht schon
getan haben sollten. Sie haben sich hier hingestellt und angeboten, Frau Schütz – ich verstehe es nicht, warum Sie den Kopf schütteln –, dass Sie das tun wollen. Haben Sie das schon wieder vergessen?
Dann bitte tun Sie das! Ich wäre Ihnen dankbar, wenn wir gemeinsam noch mehr leisten könnten, als wir es bisher in dem eben zitierten Gremium getan haben.
(Beifall bei der CDU und der SPD – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Wir hatten Ihnen die sachorientierten Hinweise gegeben!)
Darauf möchte die FDP-Fraktion erwidern. Ich frage danach auch noch die anderen Fraktionen, ob sie noch einmal sprechen möchten. Herr Zastrow, Sie haben jetzt etwas mehr Redezeit, nämlich 5 Minuten, weil Frau Ministerin so großzügig war.
Das ist das Problem, Frau Präsidentin. Ich würde gern noch einmal sehr intensiv auf die ganzen Themen eingehen, liebe Frau Staatsministerin. Aber mit der knappen Redezeit, die wir als kleine Fraktion nur haben, ist das leider selten möglich.
Aber trotzdem habe ich natürlich von Frau Strempel – wo ist sie, weg? – und Frau Orosz eine Menge gelernt. Ich habe zum Ersten gelernt, dass Unterstützung der Regierung heißt, alles zu akzeptieren, was die Regierung tut. Um Gottes willen niemals Kritik äußern und noch nicht einmal klar feststehende Fakten benennen!
Das ist Unterstützung der Regierung. Wenn Sie das erwarten, sage ich Ihnen zumindest für unsere Fraktion: Das machen wir nicht mit.
Das Zweite, was ich mitbekommen habe, sehr geehrte Frau Staatsministerin: Schuld an der Misere ist auch die Opposition, wenngleich ich noch mehr gelernt habe: Die Misere gibt es ja überhaupt nicht. Das ist eine Studie, die wir nur falsch gelesen haben.
Wir haben uns von den Zahlen, die darin stehen, blenden lassen. Ich habe sie nur falsch interpretiert. Es tut mir leid, wenn uns das passiert ist. Aber eine Frage stelle ich schon: Diese übervollen Wartezimmer überall in Sachsen gibt es also nicht? Die Probleme, für eine wichtige Untersuchung oder Operation in Sachsen schnell einen Termin zu bekommen, gibt es nicht? Ich habe mich darauf vorbereitet, und es mag jetzt völlig populistisch klingen, ich sage es aber trotzdem: Wir haben einmal bei uns herumgefragt, und wenn zum Beispiel sogar eine Landtagsabgeordnete meiner Fraktion Probleme hat, für ein
sechs Monate altes Baby einen Termin beim Hals-NasenOhrenarzt zu bekommen und darauf drei Monate warten muss, dann halte ich das für absolut unbefriedigend, meine Damen und Herren.
Dabei sprechen wir über Dresden, über den „Leuchtturm“ in der Gesundheitspolitik, wo die Versorgung viel besser ist als auf dem flachen Land. Unser Pressesprecher, der auf der Tribüne sitzt, musste sieben Kinderärzte aufsuchen, um einen zu finden, der sein Neugeborenes überhaupt behandelt. Das gibt es nicht? Das ist die Wahrheit, Frau Staatsministerin.
Mein kleiner Neffe hat leider gerade einige Probleme mit den Augen. Wissen Sie, wann er hier in Dresden einen Termin bekommen hat? Mitte Februar. Ein Mitarbeiter meiner Fraktion braucht im Ergebnis einer Untersuchung aus der letzten Woche ein Langzeit-EKG. Wissen Sie, wann er das bekommt? Mitte Februar. Das ist die Realität. Nehmen Sie das zur Kenntnis und tun Sie nicht so, als ob es das in Sachsen nicht geben würde.
Frau Strempel behauptete, dass wir Laien sind. Ich bin für sie ja noch nicht einmal ein Abgeordneter. Mag sein, dass ich Laie bin, aber ich interessiere mich für das, was in der Gesundheitspolitik geschieht. Ansonsten akzeptieren Sie wenigstens, dass ich es vielleicht aus Patientensicht sehe – einmal nicht aus der Sicht der ärztlichen oder medizinischen Verwaltung, sondern einfach aus Patientensicht –, so, wie es den allerallermeisten Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land geht. Das sollte auch an diesem Rednerpult möglich sein.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch eines sagen, da wir vorhin kritisiert wurden, dass wir nicht am Parlamentarischen Abend teilgenommen haben. Es ist bei Frau Schütz mit einem so kleinen Kind vielleicht auch verständlich. Es ist für uns manchmal etwas schwierig, das gebe ich offen zu, mit einer Sieben-Personen-Fraktion – die anderen, die ähnlich groß sind, wissen das – all die Terminwünsche, die wichtig sind, wahrzunehmen. Das ist mit 55 Abgeordneten wie bei der CDU – darin geben Sie mir vielleicht sogar recht – etwas einfacher zu lösen. Wir versuchen trotzdem, das Möglichste dafür zu tun.
Ich möchte noch eines sagen – leider ist Frau Strempel nicht hier –: Ich empfehle Ihnen die Lektüre der „Sächsischen Zeitung“ vom 12. Mai 2007, das war ein Samstag. Darin steht – das lese ich Ihnen jetzt nicht wörtlich vor, denn das würde dem Stil hier im Landtag nicht gerecht; aber die Lektüre lohnt sich –, wie Kollegin Strempel pünktlich bei der Eröffnung der Kindereinrichtung „Zwergenland“ in Löthain bei Meißen erschienen ist. Sie teilte damals mit, dass sie extra für diesen Termin sogar
die Aktuelle Stunde im Landtag zur Hochschulpolitik sausen ließ. Es ist im Übrigen ihre Pflicht, diese Sitzungstermine hier wahrzunehmen.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört! – Dr. Fritz Hähle, CDU: Das merken Sie sich aber gut, Herr Zastrow! – Heinz Lehmann, CDU: Halbtagspolitiker!)