Protocol of the Session on February 24, 2005

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Wir Sachsen sind halt sparsam und das ist gut so, umso mehr vor dem Hintergrund der prekären demografischen Entwicklung in unserem Land. Wer nämlich in einer Zeit, in der immer weniger junge Menschen für immer mehr ältere Menschen Renten und Sozialleistungen erwirtschaften müssen, auch noch massenhaft Schulden zulasten der kommenden Generationen macht, der handelt einfach asozial. Weder als Abgeordneter noch als

Vater, Großvater und auch potenzieller Urgroßvater könnte ich eine solche Politik mitverantworten.

Dass die Frage allerdings, ob man eine gute oder eine schlechte Finanzpolitik macht, wenig mit dem Parteibuch, aber sehr viel mit Disziplin und Weitsicht zu tun hat, zeigt uns auch ein Blick zu unserem Nachbarn Thüringen. Im Vergleich zu Sachsen hat der dortige Freistaat bei etwa der Hälfte der Einwohnerzahl bereits das Doppelte an Schulden angehäuft. Ungeachtet dessen leisten es sich unsere Nachbarn in diesem Jahr bei einem Gesamthaushalt von zirka 9 Milliarden Euro, noch einmal um eine volle Milliarde über ihre Verhältnisse zu leben. Trüge ich in Thüringen politische Verantwortung, ich könnte schon lange nicht mehr ruhig schlafen.

Dafür, dass es bei uns in Sachsen anders ist, dafür, dass wir unser hohes Investitionsniveau bei sinkender Neuverschuldung fortsetzen können, dafür, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, dafür, sehr geehrte Herren Staatsminister Dr. de Maizière und Dr. Metz noch einmal herzlichen Dank.

Nun habe ich aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, in meinem mittlerweile nicht ganz so kurzen Leben auch gelernt, dass alle Dinge auf dieser Welt zwei Seiten haben. Natürlich ist es richtig, dass man nicht auf Kosten nachfolgender Generationen Geld ausgeben darf; es stimmt aber auch, wenn mein Fraktionskollege und Freund Karl Nolle immer wieder sagt: „Hätte ich keine Schulden, dann hätte ich auch kein Unternehmen, welches nicht nur meine Frau und mich, sondern auch 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auskömmlich ernährt.“ In der Wirtschaft gilt halt der einfache Grundsatz: Wenn die zu erwartende Rendite höher ist als die zu erwartende Zinsbelastung, dann lohnen sich Schulden. Es muss nur gewährleistet sein, dass die Schulden nicht ein Volumen erreichen, welches die nächste Generation überfordert, und dass das aufgenommene Geld nicht konsumiert, sondern Gewinn bringend in die Zukunft investiert wird. Schlimmer noch als Schulden zu machen ist es, wenn man zulasten der Zukunft spart.

Im Klartext: Wenn es bei uns in Sachsen ein demografisches Problem gibt, wenn sich in diesem Land viel zu wenig Frauen und Männer für Kinder entscheiden, wenn in einigen Berufen bereits heute und in sehr viel mehr Berufen in wenigen Jahren Fachkräftemangel herrschen wird, dann darf man auf gar keinen Fall bei zwei gesellschaftlichen Aufgaben sparen: erstens bei der Herstellung bzw. Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zweitens bei der Bildung.

Sir Winston Churchill sagte einmal: Eine Gemeinde kann ihr Geld nicht besser anlegen, als wenn sie es in Babys steckt. Genau richtig! Kinder bereiten nämlich nicht nur viel Freude – das weiß ich aus Erfahrung –, sie sind auch die Steuerzahler von morgen und führen, mit der entsprechenden Bildung ausgestattet, unser Werk fort.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach Meinung meiner Fraktion wird der Koalitionsvertrag den von mir gerade vorgetragenen Ansprüchen auf überzeugende Weise gerecht und hiermit widerspreche ich auch ganz entschieden Herrn Peter Porsch. Gegenüber dem ursprünglichen Haushaltsansatz bewirkte die Vereinbarung zwischen den beiden regierungstragenden Fraktionen für den Doppelhaushalt 2005/2006 Mittelaufstockungen

bzw. -verschiebungen in Höhe von fast 370 Millionen Euro. Der größte Posten sind die mehr als 70 Millionen Euro für 800 Stellen im Grundschulbereich. Allerdings müssen wir jetzt dafür Sorge tragen, dass diese Lehrerstellen auch wirklich zusätzlich geschaffen werden. Es folgen mehr als 49 Millionen Euro Finanzmittel für die Anhebung der Kita-Pauschale, 45 Millionen Euro für schulische Ganztagsangebote, 30 Millionen Euro zusätzliche Mittel für den Schulhausbau, 30 Millionen Euro für ein Kita-Investitionsprogramm, 21 Millionen Euro mehr für die Hochschulen, 11 Millionen Euro für das Schulvorbereitungsjahr und jeweils 7,7 Millionen Euro für 100 neue Stellen an Berufsschulen und ebenso viel neue Stellen an Förderschulen.

Summa summarum stecken mehr als 70 % der finanziell wirksamen Ergebnisse des Koalitionsvertrages allein in den vorgenannten Positionen. Das macht auf eindrucksvolle Weise den Schwerpunkt des Papiers deutlich. Es geht um Familie, um Jugend, um Bildung, es geht um Investitionen in die Zukunft. Weitere bedeutsame Posten sind darüber hinaus das Förderprogramm Regionales Wachstum, die kommunale Investitionspauschale sowie die Kulturförderung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie werden mir sicherlich zustimmen, dass das Geld auch in diesen Bereichen wahrlich gut angelegt ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen Demokraten, leider sind auch die zwei Millionen Euro für das Programm „Für ein demokratisches, tolerantes und weltoffenes Sachsen“ dringend erforderlich. Denn solange es hier Leute gibt, die sich selbst anknüpfend an die düsterste Epoche deutscher Geschichte als nationale Sozialisten bezeichnen, solange diese Nationalsozialisten ganz offen dazu aufrufen, unsere demokratische Grundordnung zu vernichten, solange sie Intoleranz und Engstirnigkeit predigen und unser schönes Sachsen zum Aufmarschgebiet für ihre Art- und Parteigenossen aus ganz Deutschland machen, so lange mindestens, meine Damen und Herren, müssen wir aufklären, müssen wir um jede verwirrte Seele kämpfen, müssen wir unsere Demokratie wehrhaft machen.

Für die anstehenden Haushaltsberatungen bedeutet dies: Trotz der schwierigen Haushaltslage müssen wir in den nächsten Wochen gemeinsam Wege suchen und finden, die dazu führen, dass die Jugendhilfeangebote erhalten bleiben bzw. weiter ausgebaut werden, dass sich die Schulsozialarbeit verbessert und dass das Ehrenamt und damit der soziale Zusammenhalt in unserer Zivilgesellschaft gestärkt werden, um nur wenige Ansätze zu nennen.

Eines steht fest: Wir werden den Angriff der alten und neuen Verderber und Verhetzer zurückschlagen. Dass wir uns in diesem Bestreben mit der übergroßen Mehrheit unserer Menschen einig fühlen dürfen, das, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat der 13. Februar in unserer Landeshauptstadt eindrucksvoll gezeigt.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der PDS, der FDP und den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Koalitionsvertrag und der vorliegende Haushaltsplanentwurf

zeigen, dass die Farbkombination Schwarz und Rot unserem Land durchaus steht. Schwarz, das steht für die bewährte, strenge Haushaltsdisziplin. Das sei konzediert. Rot, das sind die neuen Akzente insbesondere in den Bereichen Bildung, Jugend, Familie und Kultur.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Meine Damen und Herren! Ungeachtet dessen, dass man uns in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Meck-Pomm oder anderswo um unsere Probleme mit dem Haushalt wahrscheinlich beneidet, stehen auch wir vor schwierigen Entscheidungen und am Ende zweifellos vor dem einen oder anderen schmerzhaften Einschnitt. Es versteht sich von selbst, dass wir mit dem Doppelhaushalt in den kommenden Jahren nicht alle Probleme gleich gut lösen können. Wie alles auf der Welt, kann das vorliegende Papier natürlich auch nicht für sich in Anspruch nehmen, sofort absolut optimal zu sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns deshalb bitte jetzt darangehen, den vorliegenden Haushaltsplanentwurf durch eine in der Sache harte, gleichzeitig aber faire und sachorientierte Diskussion in den Fraktionen, in den Arbeitskreisen und Arbeitsgruppen sowie in den Ausschüssen weiter zu verbessern.

Wir waren lange genug in der Opposition, um zu wissen, dass man es letztendlich nicht jedem recht machen kann. Ein jeder von uns hat unzählige Ideen, wie man Geld sinnvoll ausgeben könnte. Einem jeden in diesem Saal fallen wahrscheinlich auch ein paar Möglichkeiten ein, an welcher Stelle man Geld einsparen kann. Nur: Niemand möchte bei sich bzw. seinen Interessen sparen.

Der österreichische Schauspieler, Sänger und Dichter Johann Nepomuk Nestroy hat das Dilemma der ganzen Diskussion übrigens einmal folgendermaßen auf den Punkt gebracht. Er sagte: Die Phönizier haben das Geld erfunden. Aber warum so wenig?

Meine Damen und Herren, diese Frage scheint mir ebenso berechtigt wie mein Dank für Ihre geduldige Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Ich erteile der NPDFraktion das Wort zur Aussprache. Herr Leichsenring, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zu meinen Ausführungen komme, bin ich natürlich wieder gehalten, auf Redebeiträge, die vor mir gehalten wurden, zu reagieren. Herr Prof. Porsch – –

(Zuruf von der CDU: Muss nicht sein!)

Eigentlich muss es nicht sein, aber ich kann nicht an mich halten.

Herr Prof. Porsch, Sie werfen uns Demagogie vor. Dass gerade Sie das tun, haut ja die sprichwörtliche Miez vom Baum. Denn gerade der PDS gelingt es am besten von

allen Parteien, ihre volksfeindlichen Ziele doch hinter einer pseudosozialen Rhetorik zu verstecken.

(Widerspruch bei der PDS)

Sie sind als PDS lediglich ein Frustventil

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

für den Zorn im Volk, um die bestehenden Herrschaftsverhältnisse besser zu kanalisieren. Sie sind keine Volksvertreter. Was Sie sind, darf ich nicht sagen, sonst hätte ich nämlich einen Ordnungsruf am Hals. Volksbetrüger darf ich nicht sagen; deswegen tue ich es auch nicht.

(Vereinzelt Beifall bei der NPD)

Denn was Sie von Wirtschaft verstehen, haben wir ja 40 Jahre in der DDR erlebt, und das wünsche ich mir weiß Gott nicht zurück.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Hatten wir nicht zu verantworten!)

So, und Sie müssen sich schon einmal entscheiden: Sind wir nun Nazis oder sind wir keine?

(Zurufe von der PDS)

Wenn wir welche sind, dann können Sie uns nicht vorwerfen, nichts von Wirtschaft zu verstehen. Sie müssen sich schon irgendwann einmal entscheiden.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Und, Herr Weiss, auch Sie ergehen sich immer wieder in Angriffen gegen unsere Fraktion.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD)

Gleichzeitig haben Sie uns einmal in einer Zeitung „ekelhafte Intelligenz“ unterstellt. Ich möchte das Kompliment zurückgeben und sagen, dass Ihre Bemerkungen über unsere Partei und unsere Fraktion einfach nur ekelhaft sind, intelligent nicht.

(Vereinzelt Beifall bei der NPD)

Damit komme ich zum Thema Haushalt. Im Gegensatz zu den herrschenden Parteien, zumindest ihrer maßgeblichen Führung, sehen wir Nationaldemokraten die staatlichen Aufgaben nicht in der bloßen Verwaltung des Verfalls des Landes, sondern vor allem in der Bewahrung, Wiederherstellung und Gestaltung der Lebensgrundlagen der Menschen hier.

Die Globalisierung ist eben kein Naturgesetz und auch keine Naturkatastrophe, sondern sie ist von Menschen gemacht. Wenn man genau in die Runde schaut, kann man auch sehen, welche Parteien es waren, die MAI unterschrieben haben, die GATS unterschrieben und befürwortet haben. Das war eben kein Naturgesetz und keine Naturkatastrophe.

Dass die Überlebensfähigkeit Sachsens – –

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Sie haben das Münchner Abkommen unterschrieben!)