Protocol of the Session on August 31, 2007

Ich möchte nun auf einen weiteren Eckpunkt der Grundlagenvereinbarung eingehen.

(Allgemeine Unruhe)

Darf ich um Aufmerksamkeit bitten.

Dies ist die Übernahme der Folge der Gewährträgerhaftung durch

die LBBW nach dem 31.12.2010. Es war für uns nicht akzeptabel, dass der Freistaat nicht mehr Teileigner der Sachsen LB ist, jedoch die Erfüllung der Altverbindlichkeiten bis 2015 gewährleisten soll. Wir konnten in den Verhandlungen erreichen, dass der Freistaat ab dem 31.12.2010 im Innenverhältnis durch die LBBW von den finanziellen Folgen der Gewährträgerhaftung freigestellt wird.

Ich rufe in Erinnerung, dass zur deutschen Tradition der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute, also auch der Landesbank, die Gewährträgerhaftung und Altstandslast gehörte. Die EU stellt diese Art von Beihilfe mit dem gemeinsamen Markt als nicht mehr vereinbar fest. Sie forderte den Wegfall der Gewährträgerhaftung und der Altstandslast. Beides ist zum 19. Juli 2005 weggefallen, wie Sie wissen.

Dies ist auch in Sachsen in unserem Gesetz über die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute im Freistaat Sachsen und die Sachsen-Finanzgruppe festgelegt. Aber, meine Damen und Herren, die Gewährträgerhaftung fiel nur für die Zukunft weg, allerdings nicht für die bis zum 18. Juli 2005 vorhandenen Verbindlichkeiten. Dies ist verständlich, da die Gewährträgerhaftung die Rechtsgrundlage seit Gründung der Sachsen LB 1992 war. Die vorhandenen Verbindlichkeiten wurden im Vertrauen auf diese Rechtsgrundlage eingegangen. Im Sinne eines Vertrauensschutzes läuft die Gewährträgerhaftung für diese Verbindlichkeiten erst Ende 2015 aus. Jetzt ist also gültige Rechtslage, bei uns normiert im § 67 des einschlägigen Gesetzes, dass die Gewährträgerhaftung für die Altverbindlichkeiten fortbesteht.

Insofern halte ich die Freistellung von den Lasten aus diesen Verpflichtungen ab Ende 2010 durchaus für einen Erfolg im sächsischen Interesse.

Einzig für das Engagement Ormond Quay wurde am 17. August 2007 – das wissen Sie – eine Poollösung aller deutschen Landesbanken geschaffen, für die die Gewährträgerhaftung bis Ende des Poolvertrages wirkt. Insofern würde die LBBW gegenüber anderen am Pool beteiligten Landesbanken schlechter gestellt, sollte der Poolvertrag über 2010 hinaus laufen.

Die Grundlagenvereinbarung stellt insofern die Gleichbehandlung der LBBW mit den anderen am Pool beteiligten Landesbanken sicher.

Außerdem haben wir unsere Haftungsposition nach Einbringen der Anteile der Sachsen LB in die LBBW ab 2008 natürlich deutlich verbessert. Zunächst muss nämlich das Unternehmen alles tun, um diese Verbindlichkeiten zu erfüllen, und dieses Unternehmen ist ab 01.01.2008 nicht mehr die Sachsen LB, sondern die wirtschaftlich wesentlich stärkere LBBW.

Meine Damen und Herren! Auch wenn die politische Bewertung höchst unterschiedlich ausfallen mag, steht fest: Durch die Grundlagenvereinbarung vom 26. August 2007 haben wir Schaden vom Freistaat Sachsen abgewendet.

(Widerspruch bei der Linksfraktion und den GRÜNEN – Beifall des Abg. Dr. Volker Külow, Linksfraktion)

Die Alternative, das Unternehmen allein weiterzuführen, stellt sich nicht.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Wer hat denn den Schaden?!)

Es war für die Bank wegen der historisch einmaligen Bankstörung infolge der Krise am US-Immobilienmarkt nicht mehr möglich, die notwendige Liquidität vollständig aus eigener Kraft sicherzustellen.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Es stand ab dem 22. August 2007 ein Eigenkapital belastender Wertverlust in Höhe von 250 Millionen Euro bevor. Ich will zwei Punkte anmerken.

Ohne die Solidarität der anderen Landesbanken vom 17. August 2007 in Frankfurt am Main hätte die Liquidität für Ormond Quay in Höhe von 17,3 Milliarden Mark nicht sichergestellt werden können.

(Zuruf: Euro!)

Euro, Entschuldigung.

Zweitens. Ohne die Überführung der Sachsen LB in den starken LBBW-Konzern durch die Grundlagenvereinbarung vom 26. August 2007 hätten meiner Meinung nach enorme Verluste in Milliardenhöhe anstehen können. Auf den Freistaat als Gewährträger wären massive Forderungen zugelaufen. Dieses Szenarium, meine Damen und Herren, ist abgewendet.

Stattdessen gibt es positive Zukunftsperspektiven für die Bank und ihre Beschäftigten. Das ist Kern und Ergebnis des schnellen Eingreifens der Staatsregierung im Interesse des Landes. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass durch die erreichten Ergebnisse eine schwere Krise abgewendet werden konnte.

(Dr. Andrè Hahn, Linksfraktion: Wer hat sie herbeigeführt?!)

Dennoch erlaubt es der Gesamtzusammenhang nicht,

selbstgefällig zufrieden zu sein.

(Lachen des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Langsam – die Ereignisse haben mich schon sehr betroffen gemacht.

(Oh! von der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Ja, die vergangenen Tage und Wochen – das will ich durchaus anmerken – gehörten nicht zu den leichtesten meines Lebens.

Meine Damen und Herren! In den letzten Wochen hatten wir es mit Lösungen von zwei großen Problemfeldern zu tun: mit einer reinen Liquiditätskrise, deren Lösung am 17. August 2007 gelang, und einer Eigenkapital verzehrenden Situation, die den Bestand des gesamten Unter

nehmens gefährdete und die durch die Grundlagenvereinbarung gelöst wurde.

Seit einigen Wochen lesen und hören wir von einer erheblichen Krise der Finanzmärkte, und zwar weltweit. Auslöser hierfür sind vor allem tiefgreifende Marktstörungen auf dem US-Immobilienmarkt. Sie werden fragen: Was hat die Krise am US-Immobilienmarkt mit der Sachsen LB in Leipzig bzw. mit der Sachsen LB Europe in Dublin zu tun?

(Zuruf von der Linksfraktion: Wie wahr!)

Die Aufbaukredite wurden von den Kredit gewährenden US-Banken in Anleihen verpackt und weltweit an Banken und andere Investoren zur Refinanzierung veräußert. Die Banken haben sich alle untereinander durch die Überlassung derartiger Anleihen Kredite gewährt. In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ war vergangene Woche zu lesen, dass nach Angaben der Fachleute dieser Markt allein in Europa ein Volumen von 280 Milliarden Euro hat. Festzuhalten ist, dass die Finanzierung von langfristigen Verbindlichkeiten durch kurzfristige Anleihen im Kern nicht das eigentliche Problem darstellen. Jedoch führten diese eklatanten Marktstörungen zum Abreißen der Finanzierungsströme, und dies führte zu Liquiditätsproblemen.

Gelöst wurde dieses Problem, wie ich schon sagte, mit der Bereitstellung der Kreditlinie durch die bundesweite Sparkassen-Finanzgruppe in Höhe von 17,3 Milliarden Euro.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Die Sachsen LB ist über ihre Tochter im irischen Dublin seit März 2004 mit der Gesellschaft Ormond Quay auf diesem Markt aktiv. Worum handelt es sich bei Ormond Quay?

Ormond Quay wurde im März 2004 als Zweckgesellschaft gegründet. Die Gesellschaft Ormond Quay Funding ist keine Tochter der Sachsen LB Europe in Dublin, sondern beide sind über ein Vertragswerk miteinander verbunden. Die zuständigen Gremien der Sachsen LB wurden mit der Gründung von Ormond Quay befasst.

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, Linksfraktion)

Gesellschaftszweck von Ormond Quay ist der Ankauf von langfristigen Wertpapieren sowie deren Finanzierung durch die Aufnahme von kurzfristigen Darlehen. Bei Ormond Quay handelt es sich fachlich um eine sogenannte Assed Backed Commercial Paper Refinanzierungsstruktur, bei der eine Refinanzierung am Kapitalmarkt zu einem von der Sachsen LB unabhängigen Rating erfolgt.

Erst anlässlich einer kurzfristig angesetzten Kreditausschusssitzung am 14. August 2007 wurde uns in aller Deutlichkeit vom Vorstand diese Liquiditätskrise offenbart. Der Markt stellte nicht genügend Geld zur kurzfristigen Finanzierung bereit und kam im Grunde genommen vollständig zum Erliegen.

Der Markt hat nicht mehr unterschieden zwischen sehr guten Papieren – AAA geratet –, guten oder schlechten Bonitäten. Der Markt existierte nicht mehr. Der Markt ist ausgetrocknet. Diese Form des Marktversagens ist, glaube ich, in dieser Form bisher einzigartig.

(Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Damit habe ich Ihnen die Dramatik der Situation, wie sie sich am 14. August 2007 darstellte, beschrieben. Unmittelbares und konsequentes Handeln war gefordert.

Die am Freitag, dem 17. August 2007, gefundene Lösung bedeutet nun die Sicherstellung der erforderlichen Liquidität durch die einspringende Sparkassen-Finanzgruppe. Ein Verkauf unter Wert, der dramatisch gewesen wäre, wurde damit vermieden.

Ich möchte von dieser Stelle aus allen Beteiligten, die bei dieser Lösung geholfen haben, ganz herzlich danken.

(Lachen bei der Linksfraktion)

Mein besonderer Dank gilt dem Präsidenten des DSGV, Herrn Haasis, dem Präsidenten des BaFin, Herrn Sanio, und dem Präsidenten der Deutschen Bundesbank, Herrn Prof. Weber.

Natürlich ist die Frage berechtigt, ob die Risiken dieses Modells richtig eingeschätzt und frühzeitig erkannt wurden.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Aha!)