Protocol of the Session on June 6, 2007

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Alexander Delle, NPD)

Die Linksfraktion.PDS, Herr Abg. Neubert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird Sie nicht überraschen, wenn ich Ihnen sage, dass wir den vorliegenden Gesetzentwurf der NPD ablehnen, so wie wir das vor Jahresfrist getan haben, als Sie mit dem gleichen Anliegen hier schon einmal vorstellig geworden sind.

Der vorliegende Gesetzentwurf der NPD entspricht wieder einmal allen Klischees. Sie sind lebensfremd, Sie sind rassistisch und ausgrenzend und außerdem sind Sie auch noch geizig. Lebensfremd, weil Sie glauben, ein Modell aus einer anderen Zeit und anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, dann noch kräftig durch Ihre Ideologie verfremdet, wieder hervorzaubern zu können, um sich nicht den heutigen Realitäten junger Familien in Sachsen stellen zu müssen.

Was junge Familien heute brauchen, sind sichere Einkommensverhältnisse, möglichst in Sachsen – das ist der heikelste Punkt –, und vernünftige gesellschaftliche Unterstützung, eine zuverlässige und möglichst kostengünstige Kindertagesbetreuung und natürlich auch Perspektiven für die Kinder. Kaum einer braucht einen zusätz

lichen Konsumentenkredit, auch wenn dieser zinsfrei wäre. Schon gar nicht können Sie mir erklären, warum Sie einem kinderlosen Ehepaar einen Kredit für das neue Auto zinsfrei einräumen wollen. Glauben Sie wirklich, dass damit der Kinderwunsch stimuliert würde?

Sie sind außerdem rassistisch und menschenverachtend. Profitieren sollen von diesem Gesetz nur deutsche Ehen und deutsche Kinder.

(Beifall bei der NPD)

Wie immer schließt die NPD nichtdeutsche Einwohner Sachsens aus – eine Tatsache, die wir nie tolerieren werden.

Darüber hinaus muss die Frau für die Inanspruchnahme des Familiendarlehens im gebärfähigen Alter sein. Über 40-jährige Frauen werden laut Gesetzestext per se diskriminiert und von den angeblichen Wohltaten der NPD ausgeschlossen. Auch wenn das Leben heute vielfach dagegen spricht – diese Frauen haben nach Ihrer Ansicht keine Kinder mehr zu kriegen! Was für ein groteskes Menschenbild, welches die Nazis hier präsentieren! Das ist Familienpolitik, reduziert auf das Gebären deutscher Kinder, und daher ganz klar abzulehnen.

Aber nicht nur Ihre Ausländerfeindlichkeit und Ihr Wunschbild von den strammen jungen deutschen Frauen im gebärfähigen Alter ist ausgrenzend. Sie wollen auch von den sogenannten deutschen Familien mehr als die Hälfte ausschließen. Seit dem Jahr 2000 werden in Sachsen mehr Kinder in nichtehelichen Lebensgemeinschaften geboren als in einer Ehe. Das ist überhaupt nicht schlimm, aber zur Kenntnis nehmen sollte man es dann schon. Darüber hinaus gibt es Alleinerziehende, Patchworkfamilien, schwule und lesbische Lebensgemeinschaften etc. All dies kommt in Ihrer Realität nicht vor.

Gestatten Sie mir noch, auf eine Studie des Berliner Instituts für Bevölkerung und Entwicklung hinzuweisen, die deutlich macht, dass – ich zitiere – „nichts darauf hindeutet, dass Gesellschaften mit stabileren Ehen auch höhere Kinderzahlen aufweisen“. Auch vor diesem Hintergrund sei Ihnen noch einmal gesagt, dass Ihr Gesetzentwurf einfach nur die Zeit zurückzudrehen versucht. Vergeblich!

Meine Damen und Herren von der NPD, außerdem sind Sie auch noch geizig. Bereits die heutigen staatlichen und kommunalen Leistungen der Kindertagesbetreuung, die Ihnen hier häufig suspekt sind, weil sie nicht Ihrem Menschenbild entsprechen, sind finanziell pro Kopf weit umfangreicher als Ihr Familiendarlehen. Da rede ich noch gar nicht von Verbesserungen, die dringend notwendig und geboten sind und über deren Finanzierung wir uns hier im Landtag verständigen müssen. Aber Ihre 3 333 Euro pro Kind sind da ein Witz, Familienpolitik zum Discountpreis sozusagen. Sie sollten dann schon konsequent sein und noch ein Mutterkreuz dazu spenden. Dann wüssten wenigstens alle, woran sie mit Ihnen sind.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Die SPD-Fraktion wünscht nicht zu sprechen. FDP? – GRÜNE? – Die Staatsregierung offenbar auch nicht.

(Dr. Johannes Müller, NPD: Schlusswort!)

Ein Schlusswort gibt es bei Gesetzentwürfen nicht.

(Zurufe von der NPD)

Dann frage ich, ob die Berichterstatterin des Ausschusses noch sprechen möchte. – Das ist nicht der Fall.

Somit kommen wir zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen das gleiche Abstimmungsverfahren vor wie gehabt, nämlich paragrafenweise, aber im Block. Sind Sie damit einverstanden? – Dann rufe ich das Sächsische Familiendarlehensgesetz, Drucksache 4/8191, Gesetzentwurf der NPD-Fraktion, zur Abstimmung auf.

Wir stimmen ab über die Überschrift, über § 1 Geltungsbereich, § 2 Zuwendungszweck, § 3 Gegenstand der Förderung, § 4 Zuwendungshöhe, § 5 Zuwendungsvoraussetzungen, § 6 Beantragung, § 7 Laufzeit, Tilgung, § 8 Veränderung der Familienverhältnisse, § 9 Verwaltung des Darlehens, § 10 Abforderungen zur Finanzierung, § 11 Inkrafttreten.

Wer der Überschrift und den genannten Paragrafen zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Stimmen dafür, keine Stimmenthaltungen. Dieser Gesetzentwurf ist in seinen Einzelteilen mehrheitlich abgelehnt worden. Damit erübrigt sich die 3. Lesung und die Gesamtabstimmung über den Entwurf. Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

1. Lesung der Entwürfe – Gesetz zur Neuordnung der Sächsischen Verwaltung (Sächsisches Verwaltungsneuordnungsgesetz – SächsVwNG)

Drucksache 4/8810, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Gesetz zur Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen und zur Änderung anderer Gesetze

Drucksache 4/8811, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt. Als Einreicherin spricht zunächst die Staatsregierung 10 Minuten. Folgende Redezeiten für die Fraktionen wurden vom Präsidium festgelegt: CDU 16 Minuten, Linksfraktion.PDS 12 Minuten, SPD 7 Minuten, NPD 5 Minuten, FDP 5 Minuten, GRÜNE 5 Minuten und gegebenenfalls die Staatsregierung noch einmal mit 12 Minuten.

Ich erteile dem Herrn Staatsminister das Wort. Bitte, Herr Dr. Buttolo.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Artikel 82 Abs. 1 Satz 2 der Sächsischen Verfassung legt fest: Die Verwaltung „ist dem Wohl der Allgemeinheit verpflichtet und dient den Menschen.“

In Artikel 85 Abs. 1 der Sächsischen Verfassung steht: „Den kommunalen Trägern der Selbstverwaltung kann durch Gesetz die Erledigung bestimmter Aufgaben übertragen werden. Sie sollen ihnen übertragen werden, wenn sie von ihnen zuverlässig und zweckmäßig erfüllt werden können.“

Diese und weitere verfassungsrechtliche Vorgaben sind in den von der Staatsregierung eingebrachten Gesetzentwürfen zur Verwaltungsneuordnung und zur Kreisneugliederung umgesetzt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das glaubt doch keiner!)

Das müssen Sie ja auch nicht.

Warum handelt die Staatsregierung jetzt? Was sind die konkreten Rahmenbedingungen? Ich möchte zunächst nochmals auf die Demografie hinweisen. Der prognostizierte Bevölkerungsverlust von 1990 auf 2020 wird bei rund 20 % liegen. Dies bestätigt auch die 4. Regionale Bevölkerungsprognose. Das Durchschnittsalter steigt von 1990 mit 39,4 Jahren auf rund 49 Jahre bis zum Jahr 2020.

Weiterhin müssen wir die finanziellen Rahmenbedingungen sehen. Ein Rückgang von Zuweisungen an den Freistaat aus Solidarpakt und Länderfinanzausgleich von 2,7 Millionen Euro im Jahr 2007 wird sich auf 557 Millionen Euro im Jahr 2019 erhöhen.

Wir müssen des Weiteren sehen, dass unsere Kommunen, dass unsere kommunalen Gebietskörperschaften zunehmend stärker in einem EU-Wettbewerb stehen.

Der Gesetzentwurf zur Verwaltungsneuordnung sieht vor, dass Aufgaben und Personal im Umfang von circa 4 400 Stellen auf die kommunale Ebene übertragen werden. Der Personalübergang dieser 4 400 staatlichen Bediensteten auf die kommunale Ebene wird sozial verträglich sein.

Lassen Sie mich einige Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer nur antippen:

Der Gesetzentwurf sieht den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen für drei Jahre vor. Es wird eine umfassende Besitzstandswahrung garantiert. Die Beteiligung der Hauptpersonalräte bei der Aufstellung von Kriterien zur Sozialauswahl ist ein weiteres Merkmal.

Mit diesem umfangreichen Übergang von Aufgaben und Personal wird die kommunale Ebene erheblich gestärkt. Die Entscheidungskompetenz vor Ort wird gebündelt. Lassen Sie mich hierzu ein Beispiel anführen: Im Umweltbereich werden Fach- und Vollzugskompetenzen zusammengeführt. Bürger und Unternehmen erhalten Beratung und Bescheide aus einer Hand.

Die Folge: Landkreise und kreisfreie Städte müssen sich leistungsfähiger und effektiver gestalten. Aus diesem Grund einige Eckpunkte aus dem Leitbild zur Kreisneubildung:

Wir möchten als Staatsregierung, dass die künftigen Kreise im Jahr 2020 eine Regelmindestgröße von 200 000 Einwohnern haben. Das Gleiche gilt auch für die kreisfreien Städte. Die maximale Fläche soll 3 000 Quadratkilometer nicht überschreiten. Die Ziele des Landesentwicklungsplanes aus dem Jahr 2003 sind zu beachten. Die Beachtung der Bestandsschutzinteressen der 1994 bzw. 1996 gebildeten Landkreise ist zu gewährleisten. Daher empfehlen wir nur den Zusammenschluss kompletter Landkreise, also keine Kreisteilungen. Der Erhalt der größtmöglichen Bürgernähe war sowohl für die Diskussionen, die den Gesetzentwürfen vorangingen, als auch beim Formulieren ein wichtiger Punkt. Daher keine Großkreisbildung und auch der Erhalt von drei großen kreisfreien Städten.

Ich meine, wir handeln sehr maßvoll, tun aber das Notwendige. Wir reduzieren bei unserem Vorhaben von bisher 29 auf 13 leistungsstarke und konkurrenzfähige Gebietskörperschaften.

(Johannes Lichdi, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Mit dieser Reform wird es gelingen, eine moderne bürgerfreundliche Verwaltung sowie integrierte leistungsfähige Strukturen zu schaffen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich würde Herrn Lichdi wieder empfehlen: vor dem letzten Satz. Hören Sie es sich bitte erst mal in Gänze an.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Sie geben mir dann Bescheid, ja?)

Ja, ich gebe Ihnen das Zeichen, wenn der letzte Satz ansteht. – Damit werden gestalterische Handlungsspielräume für eine ausgewogene Politik, für Arbeits- und Ausbildungsplätze, Bildungschancen, Familien- und