Gibt es weiteren Redebedarf der Fraktionen? – Das ist im Moment nicht der Fall. Dann, Frau Staatsministerin Orosz, haben Sie das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Selbstverständlich begrüßt die Staatsregierung die Initiative der Bundesregierung zum Ausbau der Kinderbetreuung. Für die alten Bundesländer – das ist heute schon mehrfach angesprochen worden – ist das, wie wir alle wissen, auch sehr dringend erforderlich.
Ich dachte eigentlich, meine Damen und Herren von der Linksfraktion.PDS, dass ich mich dazu bereits im Märzplenum hinreichend und deutlich positioniert habe. Aber wenn Sie das möchten, tue ich es heute gern noch einmal.
Darüber hinaus bin ich mit Ihnen völlig d’accord, dass sich eine Kostenbeteiligung des Bundes nicht ausschließlich
auf den quantitativen Ausbau in den alten Ländern richten darf. Auch bei uns gibt es weiteren Handlungsbedarf. Herr Zastrow hat das, glaube ich, sehr realistisch dargestellt.
Ich denke da nicht nur an den immer noch hohen Sanierungsbedarf, sondern wir wissen, dass wir in der Tat – Gott sei Dank! – entgegen statistischen Berechnungen ein Mehr an Geburten in Sachsen, auch das ist im Moment einzigartig in Deutschland, zu verzeichnen haben. Es ist natürlich selbstverständlich, dass wir uns diesen aktuellen Gegebenheiten zuwenden müssen. Dass das die Staatsregierung auch erkannt hat, zeigt ein einziger Blick in den Haushalt. Dort sind noch einmal zusätzliche Mittel für Investitionen für den Kita- und den Kinderkrippenbereich eingestellt worden. Auch die Kommunen bemühen sich mit großen Anstrengungen, diesem neuen Trend nachzukommen.
Meine Damen und Herren! Es geht aber auch um eine qualitative Weiterentwicklung von Bildung, Erziehung und Betreuung in den Einrichtungen und in der Tagespflege, aber auch in der Erzieherinnenausbildung. Deshalb habe und werde ich mich weiterhin in den anstehenden Gesprächen natürlich dafür einsetzen, dass etwaige Bundesmittel auch der Kinderbetreuung in den neuen Bundesländern zugute kommen.
Nicht zustimmen kann ich jedoch der Forderung, etwaige Bundesmittel direkt oder indirekt zur schrittweisen Abschaffung der Elternbeiträge einzusetzen. Darin sind wir uns mit der Fraktion der GRÜNEN – ich habe es zumindest von Frau Herrmann so gehört – einig. Dies ist nicht – auch das habe ich hier schon mehrfach dargelegt –
Bei weiteren Investitionen in das Betreuungssystem hat die Qualität der Kindertagesbetreuung oberste Priorität. Dazu ist heute schon viel gesagt worden.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Bund und Länder, aber auch Kommunen haben sich Anfang April dieses Jahres darauf verständigt, bis 2013 für ein Drittel der Kinder unter drei Jahren einen Betreuungsplatz zu schaffen. Diese Zielmarke haben wir längst erreicht – Gott sei Dank, darauf können wir stolz sein – und teilweise schon überschritten.
Das haben wir nicht zuletzt auch der Entwicklung von Angeboten der Kindertagespflege in Sachsen zu verdanken. Von 127 Plätzen, wie heute schon gehört, im Jahre 2002 konnte die Anzahl auf inzwischen rund 2 300 Plätze gesteigert werden. Etwa 90 % dieser Plätze werden von Kindern im Krippenalter genutzt. Immer mehr Eltern haben die Vorzüge, auf die Herr Krauß gerade eingegangen ist, dieser familiennahen und besonders flexiblen Betreuung und Bildung ihrer Kinder erkannt und fragen in der Tat zunehmend dieses Angebot nach.
Die Novelle des Sächsischen Gesetzes über Kindertageseinrichtungen von 2005 hat die Kindertagespflege weitgehend den Angeboten in den Einrichtungen gleichgestellt.
Es gibt jedoch keine gesetzliche Verpflichtung der Gemeinden, ein bedarfsgerechtes Angebot speziell an Tagespflegeplätzen zu planen oder vorzuhalten. Das sächsische Kita-Gesetz sieht lediglich die Möglichkeit vor, Kindertagespflege anstelle von Krippenplätzen anzubieten, auch wenn es viele Gemeinden geben mag, in denen sich das Betreuungsangebot „Kindertagespflege“ inzwischen – Gott sei Dank! – als Regelangebot etabliert hat. Entscheidend ist, dass ein bedarfsgerechtes Angebot an Betreuungsmöglichkeiten vorgehalten wird.
So mag es Kommunen geben – Frau Dr. Schwarz hat es angesprochen –, die noch keine Angebote für Kindertagespflege in ihre Planung aufgenommen haben. Das ist aber im Moment nicht gesetzwidrig. Auch aus dem Wunsch- und Wahlrecht der Eltern lässt sich keine entsprechende Verpflichtung ableiten. Dieses Recht können die Eltern im Rahmen der verfügbaren Plätze ausüben. Sie können jedoch keine Forderung nach Einrichtung neuer und nach der Art dieser Plätze durchsetzen.
Die Kommunen bekommen den Landeszuschuss in gleicher Höhe, egal ob für eine neunstündige Betreuung in der Krippe oder der Kindertagespflege. Es ist ihre Entscheidung, ob sie Krippen oder Kindertagesplätze einrichten. Die Staatsregierung kann, wie gesagt, darauf keinen Einfluss nehmen.
Der Freistaat unterstützt jedoch – und das sage ich hier ausdrücklich – die Einrichtung von Kindertagespflegestellen nicht zuletzt auch dadurch, dass eine Förderung der Ausstattung im Rahmen des Kita-Investitionsprogrammes
erstmalig 2007 und 2008 möglich ist. Mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz der Bundesregierung wurden die Rahmenbedingungen und damit auch die materielle Absicherung der Kindertagespflegepersonen eindeutiger geregelt.
Diese Bestimmungen, meine Damen und Herren, sind in die im November 2006 vom Landesjugendhilfeausschuss verabschiedeten Empfehlungen des Landesjugendamtes Sachsen zur Leistung der Jugendhilfe in Form von Kindertagespflege eingeflossen. Kindertagespflege ist in Sachsen ein Wachstumsbereich, aber sie ist auch immer noch ein Entwicklungsbereich.
Eine wichtige Weichenstellung haben wir damit gesetzt, dass der Sächsische Bildungsplan auch Grundlage für die pädagogische Arbeit in der Kindertagespflege ist. Deshalb wurde inzwischen eine Ergänzung zum Bildungsplan erarbeitet, die sich unter anderem dem Bereich der Bildung und Betreuung der unter Dreijährigen widmet. Diese Ergänzung wird – wie von Herrn Krauß angesprochen – in Kürze veröffentlicht.
Laut Statistischem Landesamt haben wir in Sachsen 762 Tagesmütter und 15 Tagesväter. Diese sind keinesfalls unterqualifiziert, wie dies in der Vergangenheit mitunter vorkam. Ein relativ großer Anteil sind Fachkräfte mit einem pädagogischen Abschluss. Unabhängig davon müssen alle Tagesmütter oder -väter, die geförderte Tagespflege anbieten wollen, einen Qualifizierungskurs von 160 Stunden Umfang durchlaufen.
Aber unsere Tagesmütter und Tagesväter sind in ihrer Tagespflegestelle noch zu oft Einzelkämpfer. Es bedarf daher verstärkter Formen der Vernetzung untereinander und mit den Kindertageseinrichtungen.
Zuständig für diese Fragen der pädagogischen Arbeit sind die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die anbietende Gemeinde. Für die überregionale Fachberatung steht das Landesjugendamt zur Verfügung. Der Freistaat, liebe Frau Herrmann, wird diese Aktivitäten mit circa 100 000 Euro fördern.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, von dieser Stelle aus allen zu danken, die sich dieses besonderen Arbeitsfeldes der Jugendhilfe angenommen haben. Mir ist bewusst, dass sie hier Neuland betreten haben, aber ich hoffe, Sie geben mir recht, dass sich diese Mühen gelohnt haben. Das Angebot wird weiter nachgefragt. Die Entwicklung der Kindertagespflege in Sachsen ist als Erfolgsgeschichte zu werten, meine Damen und Herren. Das lassen wir uns auch von der Linksfraktion.PDS nicht ausreden.
(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Monieren können wir es doch!)
Deswegen möchte ich die Gelegenheit nutzen – auch damit Sie es später im Protokoll noch einmal nachlesen –, lieber Herr Neubert, Ihnen das letztmalig zu erklären, aber auch, um Ihre in den letzten Wochen immer wieder
verbreiteten Irritationen zu der Statistik zu einem Ende zu bringen, denn ich finde es langsam belastend, dass Sie anscheinend nicht lernfähig sind.
Hier meine Argumentation zum Verfahren. Es geht um die von Ihnen kritisierte Statistik des Freistaates Sachsen. Ich gebe zunächst zur Kenntnis, wie die bisherige Grundlage der Ermittlung der Daten, bezogen auf die Einrichtungsarten Krippe, Kindergarten und Hort, vonstatten gegangen ist. Grundlage war die Anzahl der aufgenommenen Kinder, Stichtag jeweils der 1. April, das Alter für die Krippe ein bis drei Jahre, wobei Altersübergänge teilweise fließend Berücksichtigung fanden. Ich glaube, das ist auch realistisch, denn die Kinder kommen nicht genau zu ihrem Geburtstag und sie gehen auch nicht erst an ihrem dritten Geburtstag in den Kindergarten. Bei der Berechnung des Betreuungsgrades wurde das Durchschnittsalter bei der Aufnahme bzw. des Übergangs angenommen. Das Ergebnis nach dieser Zählung für 2006 lautet: Krippe 42,2 %, Kindergarten 101,8 % und Hort 65,5 %.
Zweiter Teil der Information. Die Bundesstatistik, die Sie hierbei zurate gezogen haben und auf die Sie sich in der Kritik bezüglich der sächsischen Statistik beziehen – das muss ich deutlich sagen –, hat bisher nur aller vier Jahre stattgefunden, die sächsische Statistik dagegen jedes Jahr. Die Bundesstatistik hat sich in den vergangenen Jahren auf andere Schwerpunkte bei der Berechnung konzentriert. Die jetzt von Ihnen zitierte Statistik ist in der Tat eine andere mit neuen Schwerpunkten.
Ich kann an dieser Stelle vorausschicken, dass wir uns selbstverständlich der Ordnung halber dieser Statistik unterwerfen. Die Bundesstatistik hatte folgende Grundlage: genaues Alter der Kinder, Ermittlung altersbezogen unabhängig von der Einrichtungsart, Alter für die Krippe null bis drei Jahre – daher die niedrige Quote. Ergebnis für die Null- bis Dreijährigen bezogen auf Sachsen 45,4 %, für die Null- bis Einjährigen – das möchte ich noch einmal deutlich unterstreichen – 3 %. Es geht also hierbei um diese 3 % bei den Kindern im Alter von null bis ein Jahre, die die sächsischen Kinderkrippen besuchen. Das ist anscheinend der Anlass für die seit Wochen andauernde Kritik von Herrn Neubert.
Ich möchte aber auch sagen, warum der Anteil der Kinder in diesem Altersbereich geringer ist als in anderen neuen Bundesländern. Das ist auch deshalb der Fall, weil Sachsen das sächsische Landeserziehungsgeld zahlt.
Nein. – Ich möchte abschließend anmerken: Herr Neubert, solche Spielchen als politische Instrumentarien zu benutzen, um damit die Bevölkerung, wissend über die Erfolge im KitaBereich, zu irritieren, halte ich für sehr bedauerlich.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Orosz, ich habe Sie doch gerade richtig verstanden, dass die Null- bis Einjährigen herausgerechnet sind? Das heißt, die Aussage, die ich getätigt habe, war mitnichten falsch. Ich möchte es wenigstens an der Stelle sagen, wenn Sie sagen, dass Sie es mir letztmalig erklären wollen: Sie haben noch nie versucht, es mir zu erklären, zumindest nicht in der letzten Zeit. Darauf möchte ich hinweisen.
(Staatsministerin Helma Orosz: Es gibt mehrere Informationen! – Alexander Krauß, CDU: Im Ausschuss!)
Dann lassen Sie mich bitte ein paar Dinge aus der Vergangenheit – ebenfalls für das Protokoll – zitieren, denn Sie haben das genauso getan.