Im Schuljahr 2006/2007 gibt es 112 000 Grundschüler. Das sind 7 000 mehr als ein Jahr zuvor. Doch statt Lehrerstellen aufzustocken, bleibt ihre Zahl unverändert. Wenn man den Zuwachs umrechnet, bedeutet das mindestens 280 zusätzliche Klassen, für die es keine zusätzlichen Lehrerstellen gibt. Das geht doch ganz klar zulasten einer individuellen Betreuung der Schüler.
Wir als FDP sind klar für eine stärkere individuelle Förderung in den Schulen. Wir müssen deutlich früher damit beginnen. Wir brauchen dafür auch gut ausgebildetes, motiviertes und vernünftig bezahltes Personal. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum beispielsweise Lehrer an Grundschulen so viel weniger verdienen als Lehrer an Mittelschulen oder Gymnasien und warum sie trotz eines hohen Förderbedarfs vieler Schüler nach wie vor mit Teilzeitverträgen abgespeist werden. Verantwortung muss auch honoriert werden. Sie ist an Grundschulen nicht geringer als an anderen Schulen.
Und die Lehrer brauchen natürlich Zeit, sich um Schüler kümmern zu können. Doch die Bildungspolitik in Sachsen orientiert sich mit ihrem Ressourcenmangel am Durchschnitt. Lernschwache fallen zu oft durch den Rost, aber auch die Talente verkümmern. Im Gegensatz zu anderen Länder ist bei uns die Fremdsprache in Klasse 1 immer noch die Ausnahme und nicht die Regel.
Die Politik von CDU und SPD ist aber nicht nur kurzsichtig, sondern ihr fehlt auch der Mut zu zukunftsweisenden Entscheidungen. Noch immer befinden sich unsere Schulen am Gängelband der staatlichen Bürokratie. Warum können Schulen nicht selbst über ihr Lehrpersonal entscheiden? Warum gibt es keine Schulbudgets? Warum geben wir den Schulen nicht mehr Freiheit für eigene Entscheidungen?
Eine Antwort könnte sein, dass die Ministerialbürokratie keine Macht abgeben möchte. Aber diese Antwort befriedigt uns als FDP nicht.
Wir glauben, dass sich, wenn wir den Schulen mehr Freiheit, mehr Verantwortung geben, Energie und Motivationen freisetzen lassen. Aber was machen CDU und SPD? Das Gegenteil von mehr Freiheit und Verantwortung für die einzelnen Schulen! Sie wechseln die Schilder am Regionalschulamt aus, die Strukturen bleiben aber unangetastet. Das ist Etikettenschwindel, aber keine mutige Bildungspolitik, Herr Flath.
Zur Kurzsichtigkeit kommen dann noch die faulen Kompromisse hinzu. Zugegeben, diese Koalition ist kompliziert. Die CDU hält ganz krampfhaft am gegliederten Schulsystem, so wie es ist, fest. Längeres gemeinsames Lernen grenzt für Sie an Teufelszeug, Herr Colditz. Die SPD ist da eher strukturgläubig. Sie setzt auf Gleichmacherei und spätestens beim Wort „Leistungsorientierung“
stellt sich beim Traditionssozialdemokraten das Nackenhaar auf. Das ist, zugegeben, etwas überspitzt, meine Damen und Herren, aber das sind doch die Pole, zwischen denen Bildungspolitik hier stattfindet.
Ideologische Blockaden helfen dem sächsischen Schulsystem leider nicht weiter. Im Hinblick auf das Feigenblatt in Form von zwei Gemeinschaftsschulen kann ich in Richtung SPD nur sagen: Sie sind mit Ihren Versprechen im Wahlprogramm gänzlich gescheitert, meine Damen und Herren.
Ein weiteres Beispiel: Bei den Bildungsempfehlungen können sich CDU und SPD nicht über die Richtung einigen. Was folgt, ist ein völlig fauler Kompromiss, der zulasten der Schüler und der Schulen geht. Ich glaube, Sachsen hat da eine bessere Lösung verdient.
Meine Damen und Herren, nach Ansicht der FDP brauchen wir für ein besseres Schulsystem in Sachsen drei Dinge: mehr individuelle Förderung der Schüler vor allem an Grundschulen, weniger staatliche Bürokratie, mehr Eigenverantwortung für die einzelne Schule und eine klare Kultur der Anerkennung für Leistungsorientierung. Allen drei Zielen wird im Haushaltsplan nicht entsprochen. Es wird Sie nicht überraschen, dass wir diesem Plan nicht zustimmen werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich meinen eigentlichen Redebeitrag beginne, möchte ich auf Herrn Colditz eingehen. Herr Colditz, Sie hatten mir versprochen, mir meine Frage zu beantworten, und haben es dann doch nicht getan.
Indirekt haben Sie es getan. Sie sagten, Sie sähen ein Problem. Ich sage Ihnen einmal, wie ausgeprägt dieses Problem ist. Ich habe bewusst sehr konkret gefragt, nämlich nach Prozenten. Meine Kleine Anfrage genau zu diesem Thema hat zutage befördert, dass zwischen 0 und 14 % des Ergänzungsbereiches an den berufsbildenden Schulen in Sachsen abgedeckt werden. 14 % hat der eine, 0 % der Rest. Das finde ich außerordentlich beschämend. Ihre Einlassung, dass mehr Lehrer dort nicht helfen könnten, halte ich wirklich für völlig daneben, weil nämlich Lehrer fehlen. Wir brauchen hier mehr Lehrer. Sie können den Ergänzungsbereich irgendwann aus Ihrem Sortiment an den berufsbildenden Schulen streichen oder Sie stellen ausreichend Lehrer zur Verfügung.
Nun aber zum Einzelplan 05. Wir könnten heute wieder ideologische Strukturdebatten führen, unsere Vorbehalte gegen längeres gemeinsames Lernen oder die Vorliebe dazu austauschen. Meine Fraktion möchte beim Einzelplan 05 Veränderungen einbringen, über deren Notwendigkeit es eigentlich gar keinen Zweifel geben kann.
Wir brauchen mehr Lehrer vor allem im Grundschulbereich. Wir haben es schon mehrfach gehört. Das gemeinsame Koalitionsprojekt des Modellversuches Gemeinschaftsschule benötigt eine verlässliche finanzielle Basis zur wissenschaftlichen Begleitung, und die freien Schulen im Lande benötigen Chancengleichheit. Deshalb treten wir für die Abschaffung der Vorfinanzierungsfristen in diesem Bereich ein.
Lassen Sie mich in der gebotenen Kürze erläutern, warum wir gerade diese Schwerpunkte setzen, denn zweifellos gibt es im sächsischen Schulsystem noch eine ganze Reihe von Baustellen.
Wir GRÜNEN haben uns dem ehrgeizigen Ziel unterworfen, für jeden unserer Vorschläge nicht nur eine Pauschale, sondern eine sehr konkrete Finanzierung auszuarbeiten. Am wichtigsten ist aus unserer Sicht eine ausreichende Ausstattung der Grundschulen mit Lehrerinnen und Lehrern. Ich kann überhaupt nicht verstehen, wie die Staatsregierung darauf kommt, dass die Zahl der Grundschullehrerinnen und -lehrer konstant bleiben kann.
Erstens haben wir es glücklicherweise mit einer erhöhten Schülerzahl in diesem Bereich zu tun. Das hat das Statistische Landesamt zuletzt am 8. Dezember festgehalten. Die Zahl der Grundschüler stieg wie im Vorjahr um rund 5 % und erreichte 115 952 Schüler an derzeit 847 Grundschulen. Man muss sich vor diesem Hintergrund noch einmal vor Augen halten, dass es die Staatsregierung für weise erachtet, die Zahl der Grundschullehrerinnen auf dem Stand von 6 930 konstant zu halten. Dies führt dazu, dass die Grundschulklassen bis zur Grenze des gesetzlich Machbaren vollgestopft werden, zuweilen, wenn die Schulkonferenz zustimmt, auch darüber hinaus.
Im Durchschnitt, das wissen Sie selbst, mit warm und kalt, mit hoch und tief. Die Geschichte von der Kuh, die ertrunken ist, könnte ich Ihnen jetzt auch noch erzählen, Herr Flath. Im Durchschnitt haben Sie 18, aber in Wahrheit haben Sie an diversen Grundschulen 27, 28 Kinder in einer Klasse – und das in Räumen, die für diese Klassengröße nicht ausgelegt sind.
Abgesehen davon, dass wir GRÜNEN ohnehin einen niedrigeren Klassenteiler fordern, wissen wir, dass man gerade in der Grundschule die Basis für die gesamte spätere schulische Laufbahn legt und wenigstens an dieser Stelle die erforderlichen Stellen bereithalten muss. Außerdem haben die Grundschulen in Zukunft eine wesentlich größere Aufgabenflut zu erfüllen als in der Vergangenheit. Ich würde es sehr bedauern, wenn die guten Ansätze, die
im letzten Jahr mit der Entwicklung des sächsischen Bildungsplans für Kitas zumindest theoretisch entwickelt worden sind, keine Fortsetzung in der Grundschule finden würden.
Unsere Fraktion macht Ihnen einen Vorschlag, der noch nicht einmal mehr Geld kostet. Wir haben herausgefunden, dass im Bereich des Kultusministeriums und der Regionalschulämter, die zukünftig Bildungsagenturen heißen werden, 255 Bedienstete mit einer Lehrbefähigung arbeiten. Herr Flath, wenn durch Ihre grandiose Schulschließungspolitik immer weniger Schulen und Lehrer zu verwalten sind, wäre es doch nur logisch, in der Verwaltung die entsprechenden Stellen freizusetzen. Über den Etikettenschwindel, die Regionalschulämter in Bildungsagenturen umzuwandeln, ohne gleichzeitig eine massive Aufgabenkritik vorzunehmen, und damit auf dem kalten Weg die Funktionalreform am Parlament vorbei schon einmal umzusetzen – –
Herr Flath, ich halte Ihre Einlassung für außerordentlich entlarvend. Natürlich steht es im Gesetz, aber Sie haben es quasi durch die Hintertür eingebracht. Das schätzen wir ungeheuer: Entweder wird eine Verwaltungsvorschrift formuliert oder Sie verbergen Dinge in einem Haushaltsbegleitgesetz. Ich halte es nicht für untypisch und deswegen fliegen Sie mit den Dingen, die Sie tun, auch regelmäßig auf.
Unser zweiter Punkt betrifft die Mittel zur wissenschaftlichen Begleitung von Gemeinschaftsschulen. Ich möchte jetzt nicht wieder den alten Streit vom Zaun brechen, wie sehr die konservative Seite der Koalition die Gemeinschaftsschulen schätzt oder eben auch nicht. – Herr Colditz schaut ganz kritisch, macht eine wegwerfende Handbewegung. –
Tatsache ist doch, dass das Projekt im Koalitionsvertrag verankert ist. Aus diesem möchte ich jetzt noch einmal zitieren: „Die Staatsregierung fördert Entwicklungen, welche in diese Richtung und zum produktiven Umgang mit Vielfalt führen. Deshalb werden auf Antrag der Schulträger Schulen mit besonderem pädagogischem Profil/Gemeinschaftsschulen stellenneutral unter Einhaltung der KMK-Vereinbarung, der Bildungsstandards sowie wissenschaftlicher Begleitung ermöglicht. Damit werden unterschiedliche Formen längeren gemeinsamen Lernens in der Sekundarstufe I und schulformübergreifende Kooperationen ermöglicht.“
Ich halte die wissenschaftliche Begleitung für ein ganz wesentliches Element dieser Passage und es wäre nur
konsequent für die Einhaltung Ihrer Koalitionsvereinbarung, wenn Sie dafür auch die entsprechenden finanziellen Mittel bereitstellen würden. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass sich in den kommenden zwei Jahren noch viel mehr Schulen auf den Weg hin zur Gemeinschaftsschule machen werden, als Sie vielleicht bislang ahnen. Diese Schulen benötigen die wissenschaftliche Begleitung von Anfang an und insgesamt benötigen wir die Begleitung der Ergebnisse dieser Modellprojekte, um danach beurteilen zu können, welches der beste Weg zur Überführung in den bildungspolitischen Alltag sein wird. Es wird Sie nicht überraschen, dass wir auch für die Finanzierung dieser wichtigen Aufgabe Ihre Sparbüchse, die sächsischen Bildungsagenturen, anzapfen wollen.
Meine Damen und Herren! Beim dritten Punkt kann ich mich, glaube ich, kurz fassen. Über die Finanzierung von Schulen in freier Trägerschaft haben wir in der Aktuellen Debatte im vergangenen Plenum ausführlich gesprochen. Unser haushaltspolitischer Ansatz folgt nun konsequent den damaligen inhaltlichen Ausführungen.
Wir treten unter anderem dafür ein, die diskriminierende Regelung einer vierjährigen Wartefrist bis zur Finanzierungsbeteiligung des Freistaates an den freien Schulen abzuschaffen. Das kostet natürlich Geld, weil dann der Freistaat von Anbeginn an die freien Schulen mit den öffentlichen Schulen gleichstellt, und dieses Geld fordern wir mit unserem Antrag ein – übrigens der einzige Punkt, in dem wir außerhalb des Kultusetats nach Finanzierungsmöglichkeiten gesucht und diese auch gefunden haben.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Unser politischer Ansatz: Sinkende Schülerzahlen dürfen nicht automatisch dazu führen, dass bei der Bildung gespart wird, im Gegenteil. Die eigentliche Herausforderung einer zukunftsfähigen Bildungspolitik, welche die demografische Entwicklung für eine Qualitätsverbesserung nutzt, bedeutet, dass Sie folgende Punkte als Probleme erkennen und umsetzen müssen: Unterrichtsausfall, Schulabbrecher, Anteil der Förderschüler und Abiturquote.
Wenn Sie unseren Änderungsanträgen zustimmen, haben Sie einen richtigen Schritt in die richtige Richtung getan.
Meine Damen und Herren! Einige Fraktionen haben noch einmal gegebenenfalls oder tatsächlich Redner. Gegebenenfalls Herr Colditz? – Nein. – Frau Bonk, Linksfraktion.PDS.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Selbst in ihrer eigenen Bildungssystematik hat die Politik der Staatsregierung in den letzten beiden Haushaltsjahren versagt, wie meine Kollegin Cornelia Falken eben eindrucksvoll dargestellt hat. Noch immer fällt planmäßig Unterricht aus. In dem Fach Ethik, auch im Fach Religion, das in der Mehrheit immer noch von Geistlichen unterrichtet werden
muss, oder bei der Fremdsprache in der Grundschule kommen die Schülerinnen und Schüler planmäßig nicht zu den ihnen zustehenden Unterrichtsstunden.