Protocol of the Session on October 12, 2006

Wir fordern die Information des Landtages selbst und die Information der Beschäftigten. Information kann nicht nur heißen, dass hinterher in einem Gesetz den Betroffenen mitgeteilt wird, was mit ihnen geschieht. Es ist vorzeitig mit ausreichenden Informationen die Möglichkeit zu geben, mit den Betroffenen, den Beschäftigten, die anstehenden erheblichen Probleme ernsthaft zu besprechen. Wir fordern insofern einen Dialog. Angesichts der Informationspolitik zu diesem Problempunkt befürchten wir – ich glaube, zu Recht –, dass auch hier die Staatsregierung ihren Informationsverpflichtungen, wie wir sie verstehen, nicht nachkommt. Deswegen haben wir diesen Antrag eingebracht.

Herr Dr. Friedrich, lassen Sie mich zum Antrag der PDS eines sagen: Wir halten es im Moment für geboten, dass das Haus wie auch die Beschäftigten über die Grundvorstellungen der Staatsregierung unterrichtet werden, bevor wir selbst mit Forderungen, am besten mit Maximalforderungen der Art „Es darf sich nichts verändern!“, an die Öffentlichkeit gehen. Auch das würde einen ernsthaften Dialog und das Finden von Problemlösungen nicht befördern. Deswegen bitten wir noch einmal um Zustimmung zu unserem Antrag, mit dem wir Planungssicherheit für die kommunale Ebene schaffen wollen. Zumindest erwarten wir ein Maß an Information, das den Betroffenen eine ungefähre Vorstellung davon gibt, welche Probleme im Zuge der Verwaltungsreform auf sie zukommen und von ihnen zu lösen sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS, und Johannes Lichdi, GRÜNE)

Für die CDUFraktion erhält Herr Abg. Bandmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei den anstehenden Reformvorhaben gehört die damit verbundene Frage des Personalübergangs zu den wichtigsten Aufgaben, die wir lösen müssen. Das haben wir im Zusammenhang mit der Kreis- und der Gemeindegebietsreform in den letzten Jahren erfahren und auch bei der Anhörung im Plenarsaal im Rahmen der letzten Innenausschusssitzung von den Sachverständigen bestätigt bekommen. Insoweit sind wir zu dieser Frage beieinander.

Wir sind uns auch sicherlich alle darin einig, dass wir die anstehenden Reformen nicht auf dem Rücken der Beschäftigten austragen können; wir wollen das auch nicht. Der Minister hat völlig recht, wenn er sagt, in Einzelfällen könne es allerdings zu Kündigungen kommen. Das muss man sehen. Die bisherige Praxis zeigt, dass es immer Fälle gibt, in denen das unausweichlich ist. Das sind aber Einzelfälle.

Den Beschäftigten im Freistaat Sachsen, um die es hier geht, ist Dank zu sagen. Sie haben nämlich über all die Jahre hervorragende Arbeit geleistet, ohne die der Frei

staat Sachsen nicht auf dem hervorragenden Niveau stünde, auf dem er derzeit steht: an der Spitze im Osten und in vielen Bereichen, zum Beispiel in der Finanz- und der Schulpolitik, an der Spitze in der Bundesrepublik insgesamt. Das ist maßgeblich den Mitarbeitern und der Bevölkerung insgesamt zu danken.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Deshalb ist es selbstverständlich, dass die Interessen der von den Reformvorhaben betroffenen Beschäftigten gewahrt werden müssen. Das ist unausweichlich und gilt sowohl für den Personalübergang von staatlichen Verwaltungsbehörden auf die Kreise im Zuge der Verwaltungsreform wie auch für die Personalübernahme bei den notwendigen Fusionen bestehender Landkreise. Für die CDU und die SPD ist es selbstverständlich, dass den betroffenen Beschäftigten eine vernünftige Perspektive unter klaren Rahmenbedingungen geboten werden muss.

Genau diese sollen sie auch erhalten. Sie werden sie genauso erhalten wie die Bediensteten, die in den letzten Jahren von den kommunalen Gebietsreformen im Freistaat Sachsen betroffen waren. Das heißt aber nicht, dass wir in den derzeit laufenden Reformvorhaben die mit dem Personalübergang verbundenen Fragen vorab einseitig und quasi am grünen Tisch entscheiden könnten, wie es von den Antragstellern gefordert wird. Wenn ich sehe, dass wir heute den 12. Oktober haben und die FDP bis zum 31. Oktober einen umfassenden Bericht zu dieser komplexen Fragestellung haben will, dann zeigt das einen Widerspruch auf: Auf der einen Seite wird beklagt, das Thema sei „zu dicht“. Der Vertreter der Linken Liste beklagt, alles solle im Schweinsgalopp gehen.

(Unruhe bei der Linksfraktion.PDS)

Die FDP will bereits bis zum 31. Oktober diesen umfassenden Komplex beschlossen haben.

(Staatsminister Thomas Jurk: Es steht ja nicht da, welches Jahr!)

Herr Jurk hat recht: Es steht nicht da, welches Jahr. Das ist gut. Aber ich denke, da wird der Redner nachlegen.

Das heißt aber nicht, dass wir in den derzeit laufenden Reformvorhaben die mit dem Personalübergang verbundenen Fragen am grünen Tisch regeln. Die Reform wird nach unserer Überzeugung nur dann gelingen, wenn zum Schluss eine sachgerechte Lösung gefunden wird, die von allen Beteiligten mitgetragen wird und mit der alle Beteiligten leben können. Dass das auch Kompromisse bedeutet, steht außer Frage. Die unterschiedlichen Interessenlagen müssen berücksichtigt werden.

Sie sind nicht völlig uninformiert. Der Redner von der Linksfraktion hat erklärt, dass ihn zahlreiche Lobbyschreiben erreicht hätten. Wir als Gesetzgeber haben nicht die Aufgabe, Lobbyinteressen zu bedienen, sondern müssen hier im Interesse und zum Wohle der Menschen, die im Freistaat Sachsen leben, ein ausgewogenes Ergebnis vorlegen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Dies geht eben nur in Gesprächen zwischen allen Beteiligten, dem Freistaat, den Kommunen und selbstverständlich den Betroffenen und ihren Interessenvertretungen.

Herr Dr. Martens, die kommunale Familie sitzt am Tisch. Sie ist mit in der Arbeitsgruppe, die diese Fragen auszutarieren hat. Ich bin mir sicher, dass die Staatsregierung bei der Erarbeitung des Reformpaketes genau diesen Weg beschritten hat und die aufgeworfenen Fragen in diesem Sinne im Lenkungsausschuss eingebracht werden. Dabei werden mit Sicherheit alle in den beiden Anträgen genannten Einzelaspekte eine Rolle spielen. Nach unserer Überzeugung wird auch mit Sicherheit vieles von den in Ihren Anträgen erhobenen Forderungen im Gesetzentwurf umgesetzt werden, den uns letztlich die Staatsregierung zuleitet.

Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass uns die Staatsregierung einen Vorschlag unterbreiten wird, der den Landkreisen die nötige Planungssicherheit bietet, ohne sie in ihrer Personalhoheit unzumutbar einzuschränken, der aber gleichzeitig auch die Interessen der Betroffenen wahrt und ihnen eine vernünftige Perspektive aufzeigt.

Eines ist doch sicher: Das, was uns die Staatsregierung zuleitet, ist ein Vorschlag. Es gilt nach wie vor in Sachsen: Wir sind das Volk. Das heißt, hier wird entschieden, hier wird angehört und wir haben an der Stelle in der Tat eine gehörige Arbeit vor uns.

Herr Bandmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, danke!

Wir halten es aber für wenig sinnvoll, den dritten Schritt vor dem ersten zu tun, das heißt, ohne mit allen Beteiligten gesprochen zu haben. Ohne deren Wünsche im Detail zu kennen, ist es nicht richtig, durch einen Beschluss des Landtages Vorgaben zum Personalübergang zu machen. Derartige Vorgaben können naturgemäß nicht vollständig ausgegoren sein und stehen immer in der Gefahr, bestimmte einseitige Interessen überzubetonen. Damit würde aber letztlich nichts anderes erreicht, als den laufenden Diskussionsprozess und die Suche nach einem sachgerechten Kompromiss erheblich zu erschweren.

Bei allem Verständnis für die berechtigten Forderungen der verschiedenen Beteiligten können wir deshalb den beiden Anträgen zum jetzigen Zeitpunkt nicht folgen. Ich habe natürlich Verständnis für Ihre Rolle als Opposition. Wir würden das auch nicht machen. Alles zu seiner Zeit.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die SPD-Fraktion ist an der Reihe. Herr Brangs, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt nichts zur Information der Staatsregierung sagen. Das wird die Staatsregierung

selber tun. Das ist auch nicht mein Auftrag, sondern ich will vor allem etwas zu den beiden Anträgen sagen, die vorliegen.

Bei dem Antrag der PDS – lassen Sie mich das am Anfang mit einem kleinen Lächeln erwähnen – fällt mir auf, dass Sie ihn am 13.09.2006 in den parlamentarischen Gang eingebracht haben. Man könnte jetzt annehmen, das sei Ihre Reaktion darauf, dass die SPD-Landtagsfraktion am 12.09.2006 in der Fraktionssitzung einen umfassenden Beschluss zur Frage gefasst hat, wie man mit den Beschäftigten und mit dem Personal bei der Verwaltungsstrukturierung umgehen soll. Man könnte es ja vermuten. Es spricht einiges dafür,

(Beifall bei der SPD)

dass Sie die Gefahr gesehen haben, dass das, was wir an sozialdemokratischer Politik umsetzen und wie wir die Beteiligungsrechte der Beschäftigten sichern wollen, nicht geschmeckt haben, weil wir schneller waren. Das könnte man zumindest annehmen.

Zum Thema des Personalübergangs und zur Frage, wie die Ausgestaltung im einzelnen tatsächlich vollzogen wird, kann ich mich wirklich nicht den Äußerungen des Kollegen Friedrich anschließen, dass wir hier eine Situation hätten – Sie haben es gesagt – wie das Kaninchen vor der Schlange. Es gibt eine Reihe von Informationen, die auch allen Parlamentariern hier im Landtag zugänglich sind. Es gibt offiziellen Schriftverkehr des Landkreistages, des Sächsischen Städte- und Gemeindetages. Es gibt eine Reihe von Schreiben von Bürgermeistern und Landräten. Wer da behauptet, man wüsste von alledem nichts und wir würden hinter verschlossenen Türen alles abhandeln, der hat in den letzten anderthalb Jahren geschlafen oder bewusst bestimmte Dinge nicht wahrnehmen wollen.

Das Zweite ist: Wenn wir uns gemeinsam in der Koalition auf ein Verfahren verständigen, muss man dieses Verfahren auch einhalten. Mit diesem Verfahren war abgesprochen, dass wir uns zunächst einmal über die Arbeitsgruppe „Personalübergang“ – da gab es einen Beschluss des Kabinetts – diesem Thema nähern und der Lenkungsausschuss parallel versucht, das, was möglich ist, im Konsens zu regeln, und wir haben die offenen Fragen noch einmal mit einem Prüfauftrag versehen. Dann müssen wir abwarten, was diese einzelnen Berichte letztendlich bringen.

Sie wissen es vielleicht schon, die nächste Sitzung des Lenkungsausschusses findet am 1. November 2006 statt. Ich gehe davon aus, dass wir dort umfassend informiert werden, und dass das, was an Prüfaufträgen vergeben worden ist, an diesem Tag auch eingelöst wird.

Uns als SPD-Landtagsfraktion ist es wichtig – deshalb auch der Beschluss vom 12.09.2006 –, dass wir, wenn wir über die Frage der Verwaltungs- und Funktionalreform reden, auch über die Zukunftsfähigkeit unseres Landes sprechen. Wenn wir über die Zukunftsfähigkeit unseres Landes reden, dann müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen, dass sich einige Rahmenbedingungen entschei

dend verändert haben. Das hat nicht nur etwas mit der fiskalischen Situation und der Einnahmensituation zu tun, es hat auch damit zu tun, dass wir leider Gottes weniger Menschen in diesem Land werden. Das hat etwas damit zu tun, dass wir uns in vielen Bereichen eine Verwaltung leisten, die in anderen Flächenländern so längst nicht mehr existiert.

Wenn man Politik ernst nehmen will und nicht als Spaßgestell versteht, muss man auch über Dinge sprechen, die einem an der einen oder anderen Stelle wehtun. Insofern würde ich dafür plädieren wollen, dass man sich das Thema Verwaltungs- und Funktionalreform mit dem Thema Personalübergang im Gesamtpaket ansieht, und man muss überhaupt über Alternativen reden. Wenn man über Alternativen reden will, muss man diese auch belegen. Das heißt, wenn man der Auffassung ist, dass das, was die Koalitionsfraktionen bisher hier diskutiert haben, dass die Koalitionsfraktionen versuchen, gemeinsam etwas auf den Weg zu bringen, alles nicht in Ihrem Interesse ist, dann müssen Sie in der Tat Gegenvorschläge machen und dürfen nicht immer wieder nur den Zeigefinger heben und sagen: Ihr unterrichtet uns nicht, ihr habt uns bisher nicht informiert.

Die Landtagsfraktion der SPD hat sich in dem Beschluss vom 12. September 2006 klar dafür ausgesprochen, dass im Rahmen der Verwaltungs- und Funktionalreform keine betriebsbedingten Beendigungskündigungen – aus Anlass oder im Zusammenhang mit der Verwaltungs- und Funktionalreform – stattfinden sollen. Entscheidend ist dabei, dass wir uns Gedanken darüber machen, dass das sowohl für den Bereich der Kommunen als auch für den Bereich der Landesbeschäftigten gilt. Das ist ein ganz wichtiges Signal; denn ich habe in den letzten Wochen immer wieder mitbekommen, dass es eine Reihe von Bürgermeistern gibt, die natürlich der Auffassung sind, die Kommunen seien die Leidtragenden in diesem Prozess, und dass die Beschäftigten in den Kommunen, die schon mit abgesenkter Arbeitszeit und viele Jahre mit abgesenkten Tarifverträgen arbeiten, jetzt dem Markt preisgegeben werden und somit vogelfrei sind.

Dies genau will die SPD-Landtagsfraktion nicht, sondern wir wollen einen ausgewogenen Schutz derer, die in die Kommunen kommen – das sind die Landesbeschäftigten –, aber wir wollen auch den Schutz derer, die in den Kommunen im Moment ihre Arbeit verrichten. Insofern ist es, glaube ich, vollkommen richtig, dass wir, wenn wir uns mit der Frage der betriebsbedingten Kündigungen auseinandersetzen, auch darüber reden müssen, wie wir das umsetzen wollen.

Da gibt es auch aus unserer Sicht zwei Varianten. Diese sind bekannt. Ich will sie trotzdem noch einmal nennen. Wir sind der Auffassung, dass man das in der Tat über einen Rahmentarif tun kann. Wir könnten uns durchaus vorstellen, dass die Staatsregierung die Verwaltungs- und Funktionalreform zum Anlass nimmt, um mit den Gewerkschaften, vielleicht im Rahmen einer Zielvereinbarung, über einen Tarifvertrag oder über eine Zielvereinba

rung zu sprechen. Sie wissen, dass der entsprechende Entwurf der Gewerkschaft ver.di bereits vorliegt. Mein Kenntnisstand ist, dass es einen regen Schriftverkehr zwischen Finanzministerium, Beamtenbund und ver.di gibt, in dem es um die Frage geht, ob man jetzt einmal miteinander redet oder nicht.

Klar ist auch für uns, wenn wir darüber sprechen, dass wir die Rechte der Beschäftigten besonders berücksichtigen wollen. Da geht es auch darum, dass wir die bisherigen Versorgungs- und Vergütungsansprüche berücksichtigen müssen. Das heißt, in dem Falle sprechen wir über Besitzstandsfragen. Auch das muss jedem im Raum klar sein: Wer A sagt, muss auch B sagen. Insofern geht es da auch um die Frage, wie wir mit diesen Versorgungs- und Vergütungsansprüchen umgehen. Sie, Herr Dr. Friedrich, haben gesagt, dass es tarifliche Unterschiede zwischen dem Bereich des Landes und der Kommunen gibt.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Danke, Frau Vorsitzende. – Herr Abg. Brangs, mich interessiert jetzt, weil Sie sagen, es gibt einen intensiven Schriftverkehr zwischen Staatsregierung, Ministerium der Finanzen, ver.di und Beamtenbund: Welche Meinung haben Sie? Sollen die Gespräche aufgenommen werden oder nicht?

Lieber Kollege Zais, als alter, langjähriger Gewerkschafter sage ich Ihnen: Sie wissen, es obliegt der Tarifautonomie und das ist eine Aufgabe, die die Partner für sich entscheiden müssen. Das ist auf der einen Seite der Arbeitgeber, in diesem Fall der Freistaat und die Kommunen, und auf der anderen Seite sind es die tarifvertragschließenden Parteien, das ist der Beamtenbund, im Wesentlichen aber ver.di. Insofern, wenn Sie meine Biografie kennen, und dies ist ja so, wissen Sie, wie ich zu Tarifverträgen stehe. Aber dass ich hier im Landtag die Staatsregierung auffordere, sozusagen aus dem Landtag heraus Tarifverhandlungen aufzunehmen, ist ein etwas seltsames Unterfangen. Wenn es nach mir ginge, ich könnte mir gut vorstellen zu verhandeln, wenn ich Finanzminister wäre.