Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann Herr Staatsminister Tillich, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Herr Weichert, es hat gerade ein Öko-Landwirt gesprochen und wenn Sie ihm aufmerksam zugehört haben, dann haben Sie die Antworten auf Ihre Debatte bekommen.
Der Landesentwicklungsplan enthält Vorgaben und Zielstellungen für die Behörden. Die Zielmarke von 10 % ökologisch bewirtschafteter Fläche ist ein politisches Hinwirkungsziel, das wir nur zu gern erreichen würden, das sich aber angesichts der Wirklichkeit eben als unrealistisch erwiesen hat.
Herr Weichert, ich glaube, wir sind beide in diesem Teil Deutschlands aufgewachsen und beide nicht darüber traurig, sondern sehr zufrieden, dass in diesem Teil Deutschlands auch die Marktwirtschaft herrscht, denn auch der ökologische Landbau ist eine rein unternehmerische Entscheidung. Der Staat kann und will niemanden zwingen, bestimmte Produkte anzubauen bzw. Produktionsverfahren zu wählen. Das war in der Vergangenheit so und neue volkseigene ökologische Güter wird es zukünftig in Sachsen nicht geben. Wir können und wollen auch keine Vorschriften machen, was zu kaufen oder zu konsumieren ist. Diese Entscheidungen folgen den Gesetzen des Marktes und nicht den politischen Zielsetzungen eines Landesentwicklungsplanes.
So wie es erwähnt worden ist: Trotz umfangreicher Unterstützung durch den Freistaat Sachsen seit nunmehr zwölf Jahren werden bis jetzt in Sachsen nur 2,57 % der Landwirtschaftsfläche ökologisch bewirtschaftet. Dabei gewährt Sachsen – da muss ich Frau Deicke noch etwas ergänzen – seit 1994 zusammen mit Nordrhein-Westfalen und Bayern die höchsten Zuschüsse bzw. die höchsten Unterstützungen in Euro je Hektar ökologisch bewirtschafteter landwirtschaftlicher Fläche. Ganz konkret haben wir über das Programm „Umweltgerechte Landwirtschaft“ für Maßnahmen des ökologischen Landbaus in dieser Zeit Prämien in Höhe von rund 43 Millionen Euro gezahlt. Über diese flächenbezogene Förderung hinaus gab es besondere Konditionen für ÖkoBetriebe im Bereich der Investitionsförderung bei der Unterstützung für Projekte zur Verbraucherinformation, zur Absatzförderung und Verbandsförderung. Allein die Gäa hat in Sachsen 3,3 Millionen Euro von den 8,3 Millionen Euro erhalten, die wir in diesem Bereich Absatzförderung und Verbandsförderung ausgegeben haben.
Wir haben eine Öko-Spezialberatung angeboten. Wir haben die Aus- und Fortbildung zum Öko-Landbau in Sachsen vorangetrieben. Seit zwei Jahren gibt es mit privaten Mitteln und vom Staat unterstützt mit öffentlichen Mitteln eine Stiftungsprofessur für den Ökologischen Landbau in Pillnitz. Und kein Geringerer als die von Ihnen, Frau Hermenau, so oft gescholtene Molkerei Müller in Leppersdorf unterstützt diese Stiftungsprofessur.
Also an Geld und an mangelnder Unterstützung hat es nicht gelegen, meine Damen und Herren, dass in Sachsen nicht mehr landwirtschaftliche Fläche ökologisch bewirtschaftet wird. Es hat ganz klare ökonomische Ursachen, warum das so ist.
Das erste Problem ist das Umstiegsrisiko. In den Umstellungsjahren entfällt der Preisvorteil. Der Ertragsrückgang bei der Umstellung auf ökologischen Landbau kann durchaus empfindlich sein. Aber auch für den ÖkoLandbau gelten die Bedingungen des Marktes. Wer umsteigen möchte, benötigt eine solide Eigenkapitalbasis und vor allem ein hervorragendes Management. Denn
ganz allein mit Förderung können die Ertrags- und Preisrisiken nicht ausgeglichen werden. Darauf hat Herr Kollege Schmidt ausdrücklich hingewiesen.
Ähnlich wie konventionelle Produkte haben auch ÖkoProdukte mit Preisdumping zu kämpfen. Die Preise gleichen gerade in der Umstellungsphase die erhöhten Aufwendungen des Öko-Landbaus oft nur unzureichend aus. Ich bin nicht stolz darauf, Herr Weichert, dass Aldi jetzt auch Bio-Produkte anbietet. Ich kann es viel weniger verstehen, dass es so ist. Dass sich jetzt im Prinzip die Bio- und Öko-Landwirte den Verlockungen der Supermarktketten und Discounter ausgeliefert haben und deshalb dem Preisdumping unterliegen, kann ich nicht gänzlich nachvollziehen.
Umgekehrt ist es, wie Sie es dargestellt haben: Die Nachfrage hat sich nicht in dem Maße – zumindest nicht in Sachsen – entwickelt, wie es der Markt in umgekehrter Weise anbietet. Wie ist es sonst anders zu erklären, dass in Sachsen 27 000 Tonnen Öko-Getreide produziert, aber nur 8 000 Tonnen hier verarbeitet werden?
Ich war am Sonntag bei der Landesbäckerinnung. Was sagen die zu mir? Es gibt zwar genügend Bäcker, die bereit sind, auch Öko-Produkte in den Bäckereien anzubieten. Aber es gibt keine Kunden, die diese nachfragen. Insgesamt erwies sich auch das von Frau Künast eingeführte EU-Bio-Siegel – jetzt auf die Supermarktketten bezogen – eher kontraproduktiv. Es hat zwar zum Bekanntheitsgrad der Bio-Produkte beigetragen, aber gleichzeitig Billigimporten aus anderen Ländern Tür und Tor geöffnet.
Zur Wahrheit gehört, dass es in Deutschland und auch in Sachsen strengere Voraussetzungen gibt, was die Produktion im Öko-Bereich betrifft. Warum? Weil beruhend auf der Forderung der Verbände, der Öko- und der Bioverbände, eine ganze Betriebsumstellung zwingend vorgeschrieben ist. Es war also nicht der Gesetzgeber, wie es hier jemand gesagt hat, sondern es ist die Verbandsbranche selbst gewesen. Selbstverständlich ist das auch in dieser kleinen Nische ein Nachteil im Wettbewerb mit anderen europäischen Landwirten oder weltweit.
Noch ein dritter Punkt erscheint mir wichtig: Sachsen hat – hören Sie mir bitte genau zu, auch die Damen und Herren von den GRÜNEN – ertragreichere Böden als manch anderes Bundesland, zum Beispiel unser nördlicher Nachbar Brandenburg. Ertragseinbußen, die durch die Umstellung auf den Öko-Landbau entstehen, schlagen hier stärker zu Buche als auf schwächeren Böden, wo der Ertragsunterschied zwischen konventionell oder ökologisch bewirtschafteten Betrieben nicht so hoch ist. So erklären sich die relativ hohen Anteile der Öko-Flächen in Ländern wie Mecklenburg-Vorpommern bzw. Brandenburg bei gleichzeitig – und da halten Sie sich fest! – niedrigeren Fördersätzen in diesen beiden Ländern. Für Landwirte, die auf diesen sandreichen Böden wirtschaften, macht es ertragsmäßig kaum einen Unterschied, ob sie düngen oder ökologisch produzieren und ganz auf mineralischen Dünger verzichten.
Um Mitnahmeeffekte zu vermeiden, denken mehrere Länder, darunter eben Brandenburg, zum Beispiel über eine weitere Absenkung bei der Öko-Förderung nach.
Meine Damen und Herren! Herr Weichert, angesichts dieser ökonomischen Fakten, die wir mit der besten Förderung nicht ändern können, muss es auch erlaubt sein, bestimmte Ziele zu korrigieren. Wir werden als Staatsregierung oftmals gescholten, dass wir nicht bereit wären, von dem, was wir einmal festgelegt haben, abzurücken. Ich tue es ganz bewusst. Deswegen haben wir auch diese Anpassung vorgenommen.
Ein Programm, das bis zum Jahre 2013 gültig sein soll, nämlich das viel zitierte ELER-Programm, muss ich auch mit aktuellen Zahlen untersetzen. Wir müssen für die neue Förderperiode einen realistischen Mittelbedarf anmelden. Dazu benötigen wir realistische Flächenangaben. Wenn wir seit 1990 nicht mehr als 2,57 % erreicht haben, dann ist es auch wirklichkeitsfremd zu denken – so wie Sie es fordern –, dass wir den Flächenzuwachs in den nächsten sieben Jahren um mehr als 300 % steigern könnten.
Der Öko-Landbau wird weiterhin unterstützt, auch wenn es solche hohen Fördersätze wie bisher – und das nehme ich vorweg – nicht mehr geben wird. Das ist angesichts der um ein Viertel reduzierten EU-Mittel auch dem Freistaat Sachsen nicht mehr möglich. Aber um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, orientiert sich Sachsen wie auch der Großteil der anderen Bundesländer zukünftig an den einheitlichen Fördersätzen der Gemeinschaftsaufgabe Küstenschutz. Auf jeden Fall ist der Öko-Landbau kein Stiefkind, sondern er ist in unserer Marktwirtschaft eine Option unserer Landwirte.
Jeder, Herr Weichert – und das sage ich Ihnen hier in diesem Plenarsaal –, der einen begründeten Antrag auf Öko-Landbau stellen wird, wird auch zukünftig im Freistaat Sachsen gefördert.
Dann möchte ich noch zwei Sachen erwähnen. Ich schätze Sie, Herr Weichert, persönlich sehr. Aber der Staats- regierung bzw. mir persönlich Willkür und vor allem Vertragsbruch vorzuwerfen halte ich nicht nur für ungerechtfertigt, sondern schlichtweg für falsch. Lassen Sie sich von Herrn Lichdi, Ihrem Rechtsanwalt, erklären, was der Unterschied zwischen einem Hinwirkungsziel und einem Vertrag ist.
Sie haben zuletzt den Bogen überspannt. Darauf hat Herr Heinz Sie hingewiesen. Hier im Plenarsaal die Verbindung zwischen Öko-Landwirtschaft und gesunden Lebensmitteln in Bezug auf die konventionelle Landwirtschaft herzustellen, das ist, glaube ich, eine eigene Debatte wert. Da werden die GRÜNEN verlieren.
Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren, damit ist die 2. Aktuelle Debatte, beantragt von der Fraktion GRÜNE, zum Thema „10 % Ökolandbaufläche in Sachsen – Landesentwicklungsplan umsetzen“, beendet und der Tagesordnungspunkt 1 ebenfalls.
Die Fragen wurden auch der Staatsregierung übermittelt. Gleichzeitig ist ihr die Reihenfolge der Behandlung der eingereichten Fragen bekannt gemacht worden.
Meine Damen und Herren, wir beginnen mit der Abarbeitung der eingereichten Fragen. Ich bitte, dass Herr Heinz, CDU-Fraktion, seine Frage an die Staatsregierung stellt.
Ich höre gerade, Herr Heinz hat sich entschuldigt. Dann bitte ich Herrn Fröhlich von der Linksfraktion.PDS seine Frage Nr. 5 an die Staatsregierung zu stellen.
Praxis der katasterführenden Behörden beim Vollzug des § 7 Abs. 3 und Abs. 4 des Sächsischen Vermessungsgesetzes (Sächs- VermG) unter Berücksichtigung der Übergangsbestimmung des § 29 Abs. 2 SächsVermG
§ 7 Abs. 3 SächsVermG schreibt vor, dass Gebäude, die nach dem 24.06.1991 abgebrochen, neu errichtet oder in ihren Außenmaßen wesentlich verändert worden sind, sowie Nutzungsänderungen eines Flurstückes auf Antrag
des Grundstückseigentümers im Liegenschaftskataster in dem jeweils veränderten Zustand zu erfassen sind.
Die katasterführenden Behörden sollen zur Erfüllung dieser Grundstückseigentümerpflicht eine angemessene Frist setzen und nach erfolglosem Verstreichen dieser Frist „das Erforderliche auf Kosten des Verpflichteten“ durchführen. Übergangsweise bestimmt § 29 Abs. 2 SächsVermG, dass Gebäude, deren Veränderungen bis zum 31. August 2003 nicht in das Liegenschaftskataster aufgenommen worden sind, noch bis zum 31. Dezember 2006 auf Antrag auf der Grundlage des Sächsischen Kostenverzeichnisses erfasst werden können.
1. Wie stellt sich die derzeitige Praxis der katasterführenden Behörden in Sachsen bei der Umsetzung der aus § 7 Abs. 3 SächsVermG resultierenden Verpflichtung der Grundstückseigentümer zur Änderung des Liegenschaftskatasters unter Beachtung der diesbezüglichen Übergangsbestimmung des § 29 Abs. 2 SächsVermG dar?
2. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, die betroffenen Grundstückseigentümer auf die bestehende Rechtslage, die ihnen hieraus obliegenden Grundstückseigentümerpflichten und das Auslaufen der Übergangsbestimmungen am 31. Dezember 2006 zur Abwendung möglicher finanzieller Folgen für diese und zur Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwandes bei der Durchsetzung der „Erfassungsverpflichtung“ in geeigneter Form aufmerksam zu machen, gegebenenfalls in Härtefällen zu entlasten?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die katasterführenden Behörden informieren die Grundstückseigentümer im Rahmen einer Informationskampagne über die Pflicht zur Gebäudeeigenmessung. Dazu erfolgen Veröffentlichungen in den lokalen Medien. Es werden Informationsblätter ausgelegt oder entsprechende Schreiben an die betroffenen Eigentümer gerichtet.
Die bis Ende 2006 geltende Übergangsbestimmung betrifft vor allem die Kosten der eigentlichen Vermessung. Danach können Gebäude, die nach dem 24. Juni 1991 errichtet und bis zum 31. August 2003 nicht in das Liegenschaftskataster aufgenommen wurden, auf Antrag zu den Konditionen des Kostenverzeichnisses von 1994 eingemessen werden.
Die Beratung, einen solchen Antrag zu stellen, obliegt den für die Gebäudeeinmessung zuständigen öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren. Es ist festzustellen, dass die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure dieser Beratungspflicht nachkommen.
Zu Ihrer Frage 2, Herr Fröhlich. Grundsätzlich ist es die Verpflichtung des Bauherrn, sich über alle gesetzlichen Regelungen, die den Hausbau betreffen, zu informieren. Es besteht daher aus meiner Sicht keine Pflicht der Vermessungsverwaltung, Informationsdefizite bei den Grundstückseigentümern vollständig auszumerzen. Die katasterführenden Behörden unternehmen dennoch große Anstrengungen, um die Eigentümer zu informieren. Eine Gewähr dafür, dass durch solche Maßnahmen jeder Eigentümer erreicht wird, gibt es natürlich nicht. Die Frage nach einer Entlastung in Härtefällen zielt wohl vor allem auf die Erhebung der Kosten ab. Das Sächsische Verwaltungskostengesetz enthält hier klare Bestimmungen. Eine Sonderregelung ist nicht vorgesehen.
Herr Minister Buttolo, meine Frage zielt auf Ihre Antwort zu 1. ab. Darin erwähnen Sie die Informationskampagne. Wann wird diese Informationskampagne starten?