Protocol of the Session on June 21, 2006

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hähnel, ich weiß nicht, warum man unbedingt sein Mandat niederlegen muss, um einen Betrieb oder ein Geschäft nebenher aufzumachen. Ich weiß nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hat. Aber wenn es denn daneben gehen würde, wären es die Rahmenbedingungen, die Sie, meine Damen und Herren von CDU usw., in den letzten 60 Jahren – wenn man die Bundesrepublik Deutschland nimmt – zu verantworten haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Die Millionen Arbeitslosen in Deutschland lassen ja grüßen.

(Beifall bei der NPD)

Frau Lay, Sie haben die Frage selbst beantwortet, die Sie stellten. Natürlich ist es für uns der entscheidende Unterschied, dass die einen Mindestlohn mit offenen Grenzen haben wollen und bei mehreren Millionen Arbeitslosen in Deutschland noch mehrere Millionen ins Land holen wollen und wir wollen einen Mindestlohn für die deutschen Arbeitnehmer in Deutschland.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion.PDS)

Wenn der Export so schlecht wäre, wären wir nicht Exportweltmeister. Ich möchte jetzt – sonst läuft mir die Zeit davon – noch ein paar andere Dinge sagen.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Die ist schon abgelaufen!)

Herr Apfel hat es schon erwähnt. Uns ist natürlich klar, dass viele kleine Unternehmen im Freistaat, insbesondere im Dienstleistungs- und Handwerksbereich, derzeit große Probleme hätten, einen Mindestlohn in Höhe von 8,80 Euro pro Stunde zu bezahlen. Gerade die mittelständischen Unternehmen sind Opfer Ihrer Politik und des

globalen Verdrängungswettbewerbes. Ihre Gewinne sinken tendenziell, teilweise sogar in sehr erheblichem Ausmaß.

Mindestlöhne setzen aber Mindestgewinne voraus. Deshalb muss die Einführung eines Mindestlohnes unserer Ansicht nach mit grundlegenden wirtschaftspolitischen Reformen einhergehen. In der vergangenen Plenarsitzung hatte deshalb meine Fraktion den Antrag eingebracht, den Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive und konsumnahe Dienstleistungen im Handwerk und der Gastronomie von 16 auf 7 % zur reduzieren, um somit einerseits die Schwarzarbeit zu bekämpfen und andererseits kleineren Unternehmen zu ermöglichen, ihre Dienstleistungen und Produkte preisgünstiger am Markt anbieten zu können.

Dieser Antrag wurde von Ihnen, meine Damen und Herren, natürlich abgelehnt. Wir sehen, Sie haben kein Interesse an der Lösung des Problems.

Außerdem schlagen wir eine fünfjährige Übergangsfrist vor, in der für den mittelständischen Niedriglohnbereich staatliche Lohnkostenzuschüsse gezahlt werden. Zum Beispiel würden wir auf noch zu bestimmende Produkte Schutzzölle erheben – genauso, wie es Ihre sonst immer als Vorbild propagierten USA auch tun. Darüber hinaus muss bis zum Auslaufen dieser Fünfjahresfrist eine grundlegende Änderung der nationalen Wirtschaftsstrukturpolitik erfolgen, die zu einem deutlichen Ertragszuwachs bei den Unternehmen führt.

Im vorliegenden Antrag fordert die NPD-Fraktion deshalb unter anderem die Ausweitung des Arbeitnehmerentsendegesetzes auf weitere Branchen; denn ohne die mit dem Arbeitnehmerentsendegesetz 1996 geschaffenen Regelungen bringt jeder nur vorübergehend ins Inland entsandte Arbeitnehmer das Arbeitsrecht seines Heimatlandes mit. Dadurch entsteht ein bunter Flickenteppich, unterschiedlichste Rechtsverhältnisse mit den Normen und Differenzen an Lohn und Arbeitszeit – ein Zustand, der durch das Regelwerk des internationalen Arbeitsrechts keineswegs zwingend geboten ist.

Meine Damen und Herren! Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass das durch den einwanderungspolitischen Irrsinn der etablierten Parteien erzeugte Überangebot an Arbeitskraft durch den ständigen Import ausländischer Arbeitskraft zu einem Zustand geführt hat, in dem die ausländischen Billiglohnarbeiter zu stabilpreisgünstigen Niedrigstlöhnen ihre Arbeitskraft angeboten und die einheimischen Beschäftigten des Binnenmarktes mehr und mehr verdrängt haben. Diese einheimischen Arbeitnehmer können aber schon aufgrund ihres wenig flexiblen, soziokulturell bedingt höheren Lebenshaltungsniveaus nicht mit den Niedriglöhnen konkurrieren. Was dem Bauherrn und dem Kunden billig ist, kann den Beschäftigten und den inländischen Unternehmern nicht recht sein.

Für die NPD ist deshalb klar, dass die Dienstleistungsfreiheit auf einen zerstörerischen und hoch gefährlichen Unterbietungswettbewerb an Lohnkosten und sonstigen

Arbeitsbedingungen hinausläuft, deren Einhaltung deshalb durch die Setzung inländischer Standards gesichert werden muss. Ein Mindestlohn ist deshalb nur dann sinnvoll, wenn er mit einer Ausweitung des Entsendegesetzes auf alle Branchen einhergeht, um der asozialen lohndumpingfördernden Konkurrenz zwischen ausländischen und einheimischen Arbeitnehmern ein Ende zu bereiten.

Neuerliche Aktualität hat die Debatte auch durch Entwicklungen sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene gewonnen. Zu nennen sind einmal die Folgen der EU-Osterweiterung für die Beschäftigungslage in bestimmten Branchen und zum anderen die Effekte der Hartz-Gesetze. Erstere haben zu Verdrängungswettbewerben zum Beispiel in der fleischverarbeitenden Industrie geführt. Die entlassenen 25 000 Fleischer lassen grüßen. Letztere haben mit der Einführung von Ein-Euro-Jobs und der Verschärfung der Zumutbarkeitsschwelle für die Annahme zugewiesener Arbeit durch Arbeitslose das bestehende tarifliche Lohngefüge unterminiert.

Meine Damen und Herren! Neue Herausforderungen verlangen neue Lösungen. Dem strukturellen Funktionsproblem der Tarifautonomie und den aktuellen Herausforderungen des Lohndumpings und des Verdrängungswettbewerbs zulasten einheimischer Arbeitskräfte ist nur mit einer Kombination der Ausweitung des Arbeitnehmerentsendegesetzes und der überfälligen Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes in Höhe von 8,80 Euro zu begegnen. Dadurch wäre nach Berechnungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institutes der HansBöckler-Stiftung allein für 2,7 bis 3,3 Millionen Vollzeitbeschäftigte der bisher ungerechtfertigte niedrige Lohn angehoben – mit allen schon in der Einbringung unseres Antrages beschriebenen positiven Folgen auf sozialer und ökonomischer Ebene.

Ich bitte Sie deshalb noch einmal herzlich, unserem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich sehe, das ist auch der Fall. Wünscht die Staatsregierung das Wort? – Das ist nicht der Fall. Das Schlusswort hat die NPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Wie notwendig die Diskussion über Mindestlöhne ist, zeigt sich daran, dass die vielen Initiativen der PDS offensichtlich nichts bewirkt haben. So ist es erforderlich, dass auch wir immer und immer wieder dieses Thema aufgreifen.

Sie haben es erfasst, Frau Lay. Der wesentliche Unterschied zwischen der NPD und der PDS ist tatsächlich, dass wir den Schutz der deutschen Arbeitnehmer in den Vordergrund stellen und uns nicht zum Fürsprecher Fremder aller Welt machen. Das ist doch offensichtlich. Ich gebe Ihnen Recht, Frau Lay: Jawohl, die NPD fordert Fremdarbeiterabgaben, weil es unser Ziel ist, dass die

Beschäftigung ausländischer Lohndrücker in Deutschland so unattraktiv wie möglich gemacht werden soll, damit Firmen genötigt werden, auch tatsächlich deutsche Arbeitsplätze für Deutsche zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei der NPD)

Es ist auch richtig, Frau Lay, dass die NPD beispielsweise den Schutz der heimischen Wirtschaft auf der anderen Seite in den Vordergrund stellt, dass die NPD beispielsweise die Einführung von Schutzzöllen auf die Einfuhr ausländischer Produkte nach Deutschland fordert, weil wir klipp und klar sagen, dass nur derjenige, der in Deutschland produziert, auch in Deutschland Profite erwirtschaften soll. Da können wir uns auch an den Vereinigten Staaten von Amerika orientieren, an denen sich die Speichellecker in Deutschland ja nur zu oft und gerne orientieren.

Herr Abg. Apfel, bitte, etwas mehr Mäßigung!

Meine Damen und Herren! Über Jahre wurde keine ernsthafte Diskussion zum Thema Mindestlöhne geführt. Es gab sie nicht, weil die Verantwortlichen glaubten, dass das System des rheinischen Kapitalismus und das System der Lohnregulierung zu niedrige oder ungerechte Löhne verhindert. Diese Auffassung wurde in den letzten Jahren gründlich und auf bittere Art und Weise widerlegt. Zunehmend breiten sich Niedriglohnsektoren aus, und der fanatisch geforderte Zustrom ausländischer Lohndrücker führt zu immer mehr Lohndumping und damit zu einer ernst zu nehmenden Gefahr für die Einkommens- und Sozialstandards in Deutschland.

Durch die verschärften Zumutbarkeitsbedingungen hat sich außerdem die neue Lage ergeben, dass Arbeitslosen nun jede legale Tätigkeit zugemutet werden kann, auch wenn sie unter der tarif- oder ortsüblichen Bezahlung liegt. Im Extremfall hat das zur Folge, dass Langzeitarbeitslose Vergütungen bis zu 30 % unter der üblichen Bezahlung akzeptieren müssen, wenn sie nicht den Anspruch auf ihr Arbeitslosengeld verlieren wollen.

Erinnern Sie sich, meine Damen und Herren der SPD, beispielsweise daran, dass unter dem öffentlichen Protest gegen Hartz IV selbst der damalige Parteivorsitzende Franz Müntefering den Vorschlag machte, soziale Härten durch einen gesetzlichen Mindestlohn abzufedern?

Mit der Einführung eines wie auch immer gearteten Mindestlohnes wäre Deutschland im Übrigen – ich habe es eingangs bereits gesagt – nur die europäische Nachhut, denn nationale Mindestlöhne sind überall in Europa weit verbreitet. Das hat gute Gründe, denn die Ausdehnung des Niedriglohnsektors bildet neben der Massenarbeitslosigkeit eine der zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen, die die sozialen, moralischen und ökonomischen Grundlagen des deutschen Sozialmodells zu untergraben droht.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie zum Abschluss noch einmal eindringlich: Unterstützen Sie den Antrag der

NPD-Fraktion, damit in Zukunft niemand mehr in Deutschland trotz Arbeit arm sein muss!

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 4/5523 zur Abstimmung. Wer will die Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmen dafür ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Rechtssicherheit für die Veranstalter von Sportwetten

Drucksache 4/5529, Antrag der Fraktion der FDP, Neufassung

Die Reihenfolge in der ersten Runde: FDP, CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, GRÜNE; Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile nun der FDP-Fraktion das Wort. Herr Dr. Martens, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der 1. Lesung schlagen wir vor, unseren Antrag, mit dem wir dazu beitragen wollen, dass Rechtssicherheit für die Veranstalter von Sportwetten geschaffen wird, an die Ausschüsse zu überweisen. Dieses Thema ist aktuell.

In seinem Urteil vom 28. März dieses Jahres hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass das staatliche Sportwettmonopol in der gegenwärtigen Ausgestaltung verfassungswidrig ist. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, die Veranstaltung und die Vermittlung von Sportwetten bis Ende 2007 neu zu regeln. Er kann sich dabei für ein staatliches Wettmonopol oder aber für den geregelten Zugang privater Anbieter entscheiden.

Derzeit gibt es neben dem staatlichen Sportwettanbieter Oddset vier private Anbieter, die aufgrund ehemaliger DDR-Lizenzen Sportwetten in ganz Deutschland anbieten dürfen. Das ist zulässig, wie der BGH entschieden hat. Es gibt auch sächsische Unternehmen, die hier tätig sind. Eines davon ist die Firma betandwin in Neugersdorf, die dort rund 60 Mitarbeiter beschäftigt. Von dieser Entwicklung des Unternehmens profitieren lokale Sportvereine wie auch die Stadt am Sitz des Unternehmens.

Meine Damen und Herren! Wir wollen wettbewerbsfähige und verlässliche Rahmenbedingungen in Sachsen schaffen. Dieses Problem ist zu klären. Wir müssen uns dieses Problems annehmen. Problematisch ist die ungeklärte Rechtslage. Es gibt Städte und Gemeinden, die privaten Anbietern in Deutschland ihre Tätigkeit schlicht untersagt haben. Verwaltungsgerichte haben das wieder aufgehoben. Die Unsicherheit ist für die Tätigkeit der privaten Anbieter nicht förderlich. Sie dient aber auch nicht der Sicherheit des staatlichen Veranstalters, meine Damen und Herren.

Inzwischen sind die Ministerpräsidenten auch vor dem Hintergrund der BVG-Entscheidung zu der Auffassung gekommen, dass hier rasches Handeln nötig ist, denn sonst drohe auf mittlere Sicht vielleicht sogar der Totalverlust des staatlichen Wettmonopols. Es ist in der Tat

eine reale Gefahr, dass dieses Monopol einfach wegfällt, ohne dass der Staat und damit auch die Parlamente die Möglichkeit haben, vorher regulierend einzugreifen. Das sei all jenen gesagt, die nach wie vor an dem schlichten staatlichen Wettmonopol festhalten wollen. Sie tun damit auch nicht zuletzt den Staatseinnahmen keinen Gefallen. Das wird man so ehrlich sagen müssen. Deswegen nützt es auch nichts, wenn in einem Papier, wie in der „Süddeutschen Zeitung“ heute berichtet wird, möglichst konsequentes Vorgehen gegen alle privaten Anbieter vorgeschlagen wird. Das ist aus unserer Sicht unsinnig.

Deswegen möchten wir mit unserem Antrag die Staatsregierung auffordern, die Möglichkeiten zu eruieren, unter denen private Anbieter zugelassen werden, gleichzeitig aber auch die Möglichkeiten zu schaffen, dass Teile der Einnahmen für die Bereiche Sport, Kultur, Umwelt und Wohlfahrtspflege verwendet werden, dass zugleich, wie auch vom Verfassungsgericht verlangt, eine Bekämpfung von Spielsucht erfolgt und dem Verbraucher- und Jugendschutz Rechnung getragen wird, meine Damen und Herren.

In Sachsen wurden 2004 63,8 Millionen Euro Lotteriesteuer eingenommen und 2006 sind es nach den Planungen 65,7 Millionen Euro. 2004 sind 78 Millionen Euro als Erträge aus Staatslotterieveranstaltungen als allgemeine Haushaltsmittel in den Haushalt eingeflossen. Sie sehen, es geht um ganz erhebliche Beträge, meine Damen und Herren. Wir müssen uns dem Problem stellen, die EU wird ansonsten mit einer weitergehenden Deregulierung den schlichten Wegfall staatlicher Wettmonopole veranlassen. Machen wir uns nichts vor: Auch der Markt wird dies regeln, denn die Anbieter von Internetwetten müssen nicht in Deutschland zugelassen werden. Sie können überall ihren Geschäftssitz halten, meine Damen und Herren.