Protocol of the Session on May 11, 2006

eines: dass es nach Verabschiedung des Grundgesetzes die grundlegende Reform für das Land ist.

Ich gebe ja zu, dass auch für uns nicht alle Blütenträume gereift sind. Aber es ist ein Kompromiss und wir müssen endlich beweisen, dass wir reformfähig sind und es durchziehen. Denn wenn wir es jetzt nicht schaffen, dann wird es in den nächsten Jahren ganz keine wichtigen Verfassungsänderungen geben.

Deshalb ist es so wichtig, diesen Prozess, der jetzt im Bundesrat und im Bundestag bei den Anhörungsverantwortlichen liegt, auch dort zu lassen. Vom 15. Mai, also ab Montag, bis zum 2. Juni laufen die Anhörungen. Die Experten sind benannt. Das sollten wir einfach geschehen lassen bzw. uns beteiligen. Wir sind ja zum Teil auch bei den Anhörungen präsent. Danach können wir überlegen, wie wir zum Beispiel als Freistaat Sachsen unser Abstimmungsverhalten im Bundesrat gestalten.

Ich möchte noch eines sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren: warum es so wichtig ist, dass wir jetzt schnell fortfahren können und mit der Föderalismusreform I zum Abschluss kommen. Wir wissen doch genau, dass wir in Zukunft die Föderalismusreform II brauchen. Dabei geht es um das Etablieren von Frühwarnsystemen zur Erkennung von Haushaltsrisiken. Es geht um die Entwicklung von materiellen Kriterien für die zulässige Verschuldung von öffentlichen Haushalten. Es geht um die Sanierung und Stabilisierung von öffentlichen Haushalten.

Dies alles können wir jedoch nur auf den Weg bringen, wenn wir jetzt den Abschluss von Föderalismus I schaffen. Deshalb ist es so wichtig und deshalb bin ich optimistisch, dass die Beratungen im Anhörungsprozess gut verlaufen und wir danach ein ordentliches Ergebnis haben werden. Dazu bedarf es nicht der heute vorliegenden Anträge.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu den Schlussworten. Ich bitte die Fraktion der GRÜNEN, das Wort zu nehmen. Frau Günther-Schmidt, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Föderalismusreform ist mit Recht ein zentrales Vorhaben der aktuellen Legislaturperiode. Die bundesstaatliche Ordnung ist auf so vielfältige Weise verflochten, dass keine Ebene wirklich handlungsfähig ist und die Bürgerinnen und Bürger im Gestrüpp der Zuständigkeiten und Abhängigkeiten die jeweiligen Verantwortlichkeiten nicht mehr klar zuordnen können.

Wir brauchen selbstverständlich mehr politische Handlungsfähigkeit. Der vorgelegte Vorschlag jedoch wird aus unserer Sicht den Anforderungen an einen Föderalismus, der die Reformfähigkeit des Landes stärkt und Spielräume für die Gestaltung offen lässt, leider nicht gerecht. Die

Idee des Föderalismus beruht ja gerade auf der Tatsache, dass kleinere autonome Einheiten zu einem übergeordneten Ganzen zusammengeschlossen werden, nämlich dem Bund. Ohne das übergeordnete Ganze befinden wir uns im Stadium der Kleinstaaterei. Jedes föderalistische System ist auf die Kooperation zwischen dem Bund und den Ländern angewiesen. Es ist daher nur sinnvoll und notwendig, dass die Parlamente der Länder bei der Ausgestaltung der Föderalismusreform ein Wörtchen mitreden und dass dies nicht allein irgendwelchen Kommissionen oder der Ministerpräsidentenbank im Bundesrat vorbehalten bleibt. Deshalb haben wir den vorliegenden Antrag gestellt.

Die Reform der bundesstaatlichen Ordnung ist mittlerweile in das Stadium der konkreten Gesetzgebung eingetreten, und wir halten es für erforderlich, die vorgelegten Gesetzentwürfe in einigen wesentlichen Punkten zu korrigieren. Ursprüngliches Ziel der Reform war eine grundlegende Entflechtung. Das leistet die Reform jedoch nicht. Wir sollten in Europa handlungsfähiger werden. Das leistet die Reform nicht. Wir sollten Lösungen der großen Zukunftsaufgaben anbieten. Auch das leistet diese Reform nicht.

Ich glaube, an bestimmten Stellen muss die Idee des Wettbewerbsföderalismus gegenüber der Idee der gleichen Lebensverhältnisse zurücktreten.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Der vorliegende Entwurf einer Föderalismusreform ist wahrlich kein Meisterstück. So schaffen wir weder mehr Transparenz, noch wird das Ziel der Entflechtung erreicht. Das Ziel einer größeren politischen Handlungsfähigkeit der verschiedenen politischen Ebenen wird mit den vorliegenden Vorschlägen nicht erreicht. In dieses Gesetzeswerk muss noch viel Arbeit gesteckt werden, damit es Deutschland und Sachsen dienen kann.

Wir haben in einigen wichtigen Punkten die entsprechenden Vorschläge in unserem Antrag unterbreitet. Ich bitte darum, dass Sie unserem Antrag zustimmen. Dem Antrag der PDS können wir nicht zustimmen; denn Sie haben uns einen Antrag zur Bildungsreform unterbreitet, der darauf hinauslaufen würde, ein zentralistisches Bildungssystem zu gestalten. Das lehnen wir grundsätzlich ab, und deshalb werden wir mit Nein stimmen.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bitte darum, dass die Linksfraktion.PDS nun das Schlusswort hält.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte ausdrücklich darum gebeten, nicht absichtlich missverstanden zu werden. Ich werde also die Anwürfe noch richtig stellen, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, unserem Antrag zuzustimmen. Dies ist wohl der Sinn des Schlusswortes.

Herr Schiemann, Sie fanden Worte wie „Sturm im Wasserglas“ oder „den Aufstand proben“. – Ich finde es schön, wenn Sie Worte finden, aber es wäre auch nicht schlecht, wenn Sie einfach etwas sagen

(Beifall der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS, und Johannes Lichdi, GRÜNE)

und auf die entsprechenden inhaltlichen Punkte eingehen würden. Es geht nicht darum, dass ich davon ausgehe, dass die anderen es in Berlin besser machen, sondern, Herr Schiemann, es kommt darauf an, wie man es systematisch verankern möchte. Dabei gehen wir davon aus, dass es für die Vergleichbarkeit der Lebensbedingungen notwendig ist – wie auch Sie anerkannt haben –, dass man die Rahmenbedingungen auf Bundesebene schafft. Die Vergleichbarkeit und Notwendigkeit haben Sie anerkannt, dann sind Sie aber im Grunde ganz nah an unserem Punkt der Rahmenlehrpläne, wenn sie im Sinne von Bildungsstandards aufgefasst werden.

(Leichte Unruhe)

Ich kann verstehen, dass die Aufregung wächst, aber wir haben in diesem Tagesordnungspunkt noch eine Entscheidung zu treffen. – Wenn wir diese Vergleichbarkeit wollen, müssen wir auch den Rahmenlehrplänen und den Bildungsstandards zustimmen.

Herr Dr. Martens, dass gerade von dieser Seite – wie auch von anderen Fraktionen – der Vorwurf kommt, wir würden ein zentralistisches Schulwesen im Sinne einer Schulreform wollen, enttäuscht mich. Sie müssen die Zeile mit Inspiration lesen und sich das einfach vorstellen; denn eine Vereinheitlichung der Schulstrukturen bedeutet nicht, dass überall das Gleiche, beispielsweise für eine Gesamtschule, eingeführt würde – dies traue ich denen in

Berlin im Übrigen ohnehin nicht zu –, sondern dass die gleichen Anforderungen im Rahmen vorgegeben werden.

An dieser Stelle mache ich noch einmal deutlich: Wir wollen nicht das zentralistische Schulwesen, weil wir die eigenverantwortliche Schule wollen. Wir alle wissen, dass Demokratie vor Ort nur dann gelebt werden kann, wenn die Menschen auch etwas zu entscheiden haben. Aber wir wollen es in einem vergleichbaren Rahmen für alle Bundesländer. Dieser kann nur im Interesse verantwortlicher Bildungspolitik liegen und er kann nur in dieser Föderalismusreform klar gezogen werden.

Darum bitten wir Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen nun zur Abstimmung. Zuerst stimmen wir über die Drucksache 4/5114, Antrag der Fraktion der GRÜNEN, ab. Wer diesem Antrag die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Stimmenthaltung und einer ganzen Anzahl von Stimmen dafür ist diese Drucksache mehrheitlich abgelehnt.

Ich lasse nun abstimmen über den Antrag der Linksfraktion.PDS, Drucksache 4/4441. Wer dieser Drucksache die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist diese Drucksache bei einer Anzahl von Stimmen dafür mehrheitlich abgelehnt worden und der Tagesordnungspunkt 7 ist beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

Antrag auf Erhebung der Abgeordnetenanklage gegen Herrn Prof. Dr. Peter Porsch, MdL

Drucksache 4/2941

Drucksache 4/5073, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten

Das Präsidium empfiehlt, die Redezeit der Abgeordneten auf 10 Minuten zu begrenzen. Wir kommen nun zur Aussprache selbst, und ich frage zunächst die Mitglieder des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten, ob das Wort gewünscht wird. – Bitte, Herr Dr. Martens, FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich als Berichterstatter des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten kurz den Bericht für die Beschlussempfehlung in Drucksache 4/5073 zu dem Antrag in Drucksache 4/2941 erläutern.

Dieser Antrag wurde am 22.09.2005 beschlossen und nach § 73 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages an den Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten weitergeleitet. Im Folgenden hat sich der Ausschuss in sieben Sitzungen mit dem Antrag zur Empfehlung der Erhebung einer Abgeordnetenanklage gegen das Mitglied des Landtages Herrn Prof. Dr. Porsch beschäftigt. Die erste Sitzung fand am 30.09.2005 statt.

In der zweiten Sitzung am 14.10.2005 hat der Ausschuss Herrn Prof. Dr. Porsch die Möglichkeit zur Stellungnahme zum vorliegenden Antrag gegeben. Herr Prof. Dr. Porsch hat daraufhin mitgeteilt, dass er der Einladung zur Stellungnahme nicht Folge leisten wolle.

Meine Damen und Herren, wünschen weitere Abgeordnete das Wort? – Herr Steinbach, bitte.

Die Mitglieder des Ausschusses hatten im Zuge der Beratungen Zugang zu den Unterlagen, die zu diesem Vorgang von der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik dem Bewertungsausschuss zugeleitet worden sind. Zu den Sitzungen des Ausschusses wurde der Sächsische Landesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik hinzugezogen. Die vom Rechtsvertreter Herrn Prof. Dr. Porschs benannten Auskunftspersonen, sämtlich frühere Mitarbeiter des damaligen MfS, wurden vom Ausschuss eingeladen. Sie lehnten sämtlich ein Erscheinen vor dem Ausschuss ab.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag hat sich in seiner Sitzung am 22. September 2005 in geschlossener Sitzung bereits einmal mit der Beschlussempfehlung des Bewertungsausschusses und dem hierauf basierenden Abgeordnetenantrag befasst, gegen Herrn Prof. Dr. Porsch Anklage beim Verfassungsgerichtshof mit dem Ziel der Mandatsaberkennung zu erheben.

Sie alle erinnern sich mit hoher Sicherheit noch an die Debatte, die wir hierzu geführt haben, und an die Gründe, die der Bewertungsausschuss für seine Empfehlung angeführt hat. Wir haben uns im Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten mit dem Antrag auf Erhebung der Abgeordnetenanklage intensiv auseinander gesetzt. Wie Sie dem Bericht und der Beschlussempfehlung des Ausschusses entnehmen können, sind wir mehrheitlich zu demselben Ergebnis gelangt wie der Bewertungsausschuss.

(Die Mitglieder der NPD-Fraktion nehmen ihre Abgeordnetenplätze wieder ein.)

Der Ausschuss hat in seinen Beratungen ferner Verfahrensakten aus Zivilprozessen des Landgerichts Hamburg angefordert und in seine Beratungen einbezogen. Und der Ausschuss hat zur Aufklärung der Aktenlage und zur Erläuterung derselben die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des früheren MfS am 10. Januar 2006 ausführlich befragt und nachfolgend ergänzende schriftliche Stellungnahmen sowohl von der Bundesbeauftragten als auch vom Sächsischen Landesbeauftragten hierzu eingeholt.

Ich möchte an dieser Stelle feststellen, dass die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung von den Vertretern aller Fraktionen mit Ausnahme der Linksfraktion.PDS getragen wurde.

Der Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten hat sich seine Entscheidung nicht leicht gemacht und alles ihm Mögliche unternommen, um den zugrunde liegenden Sachverhalt umfassend aufzuklären und zu einer sachgerechten Bewertung zu kommen. Die Ausschussmitglieder hatten nicht nur die Möglichkeit, dem Bewertungsausschuss vorgelegte Unterlagen zu nutzen. Der Ausschuss hat darüber hinaus regelmäßig den Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen zu seinen Beratungen als fachkundige Auskunftsperson hinzugezogen und von diesem zusätzlich eine schriftliche Stellungnahme erhalten.

In seiner 6. Sitzung hat der Ausschuss den Entwurf der vorliegenden Beschlussempfehlung mit Anlagen Herrn Prof. Dr. Porsch zur Stellungnahme zugeleitet. Die daraufhin vom Rechtsvertreter des Herrn Prof. Dr. Porsch abgegebene Stellungnahme ist der Beschlussempfehlung für die Mitglieder des Landtages beigefügt worden.

Schließlich hat der Ausschuss in seiner 7. Sitzung am 25. April 2006 mit 14 gegen 5 Stimmen beschlossen, dem Landtag zu empfehlen, Anklage gegen Herrn Prof. Dr. Porsch nach Artikel 118 der sächsischen Landesverfassung zu erheben. Die Minderheitenmeinung, die im Ausschuss vertreten wurde, ist in der Beschlussempfehlung am Ende aufgeführt. Der Ausschuss hat darüber hinaus auch die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen persönlich eingeladen, um die von ihr übersandten Unterlagen mündlich zu erläutern und zu den dazu aufgeworfenen Fragen Stellung zu nehmen. Die Bundesbeauftragte hat auf Ersuchen des Ausschusses ferner eine schriftliche Stellungnahme abgegeben, in der die Fragen beantwortet wurden, die im mündlichen Anhörungstermin nicht abschließend geklärt werden konnten.