austausche sind Hilfsangebote für Eltern, damit diese auch in schwierigen Situationen Eigenverantwortung übernehmen können.
Dafür finanzieren wir in Sachsen ein stabiles Netz an Erziehungsberatungsstellen, Schwangerschaftsberatungsstellen, Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen sowie Schuldnerberatungs-, Suchtberatungs- und Interventions- und Koordinierungsstellen.
Unsere Familienbildung sucht auch neue Zielgruppen. Gerade für Kinder mit schwierigen sozialen Lebensbedingungen ist die Stärkung der Elternkompetenz ein wichtiger Weg, denn frühkindliche Bildung beginnt zu Hause.
Die sächsischen Kindertageseinrichtungen sind eine wichtige Schnittstelle zwischen Familienbildung und frühkindlicher Bildung. Die ersten positiven Erfahrungen aus einem Modellprojekt liegen vor und wir werden dieses Angebot auf weitere Einrichtungen ausdehnen. Kindertagesstätten sind Stätten der Erziehungspartnerschaft. Sie sind Bildungsinstitutionen.
Pisa II hat uns bescheinigt: Bei uns gibt es die geringste Abhängigkeit des Bildungsniveaus von der sozialen Herkunft. Ich bin überzeugt, dass unser Schwerpunkt der frühkindlichen Bildung in den Kindertagesstätten dazu einen wichtigen Beitrag leistet. Im Koalitionsvertrag haben wir die Fortführung und den Ausbau unserer umfangreichen Förderung von Kitas und gleichzeitig den sächsischen Bildungsplan für die Arbeit in den Kitas festgeschrieben. Dieser Bildungsplan ist im Kita-Gesetz verankert und wird bereits umgesetzt.
Doch, meine Damen und Herren, es geht nicht nur um die Kitas. Es geht auch um die weitere Entwicklung der Kinder in der Schule. Wir setzen uns für die Kooperation von Kindergarten und Grundschule ein, denn beide Institutionen sind wichtige Lernorte für Kinder. Wir erleichtern den Kindern den Übergang. So gibt es seit September 2005 an den sächsischen Kitas und Grundschulen erstmalig ein Schulvorbereitungsjahr ebenso wie gemeinsame Qualifizierungen von Erziehern und Lehrern der Grundschule.
In der vergangenen Woche wurde eine Grundsatzerklärung zur Zusammenarbeit von Grundschule und Hort unterzeichnet, damit Grundschule und Hort auf gleicher Augenhöhe kooperieren können. Kitas, Ganztagsangebote und Horte müssen überall in Sachsen im Interesse der Bildung unserer Kinder an einem Strang ziehen.
Darüber hinaus hat die Sächsische Staatsregierung in ihrem Koalitionsvertrag Prävention und Gesundheitsförderung als wichtige Aufgaben benannt und mit fünf Gesundheitszielen untersetzt. Unser wichtigstes Gesundheitsziel richtet sich auf das gesunde Aufwachsen unserer Kinder. Sie sollen lernen, gesund zu leben und Gesundheitskompetenz zu erwerben. Nur so können aus gesunden Kindern gesunde Erwachsene werden.
Mit unserem Kita-Setting, also dem Ansatz in den Kindertageseinrichtungen, können wir fast alle sächsischen Kinder und natürlich auch ihre Eltern mit speziellen Präventionsmaßnahmen erreichen. Wir sind stolz auf diese Infrastruktur und arbeiten mit allen Beteiligten an einer weiteren Qualitätsverbesserung.
Derzeit wächst vor allem in den Großstädten, meine Damen und Herren, der Bedarf an flexiblen Betreuungsmöglichkeiten für erweiterte Arbeitszeiten, Schichtarbeit, Dienstreisen oder Gremienarbeit. Hier sind die Einrichtungen gefragt. Tagesmütter und Betriebskindergärten haben bereits flexible Angebote. Daher unterstützt die Staatsregierung auch diese Betreuungsformen.
Durch die aktuelle Investitionsförderung der Staatsregierung wird der weitere Ausbau von Betriebskindergärten unterstützt. Wir helfen damit den Eltern als Erwerbstätigen und ermöglichen ihnen, dass sie neben ihrer Arbeit auch Eltern sein können.
Trotz aller staatlichen Förderung reichen diese Maßnahmen – ich glaube, da stimmen wir überein – allein nicht aus. Politik und Wirtschaft müssen gemeinsam agieren, um Familien zu unterstützen. Erst in einer gegenseitigen Ergänzung können wir Menschen ermöglichen, in der so genannten Rushhour ihres Lebens gleichzeitig zur Produktivität unserer Wirtschaft beizutragen und ihren Kindern Leben und Perspektive zu schenken.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedeutet also eine zweifache Anpassung. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die gleichzeitig Eltern sind, passen sich den wirtschaftlichen Erfordernissen an, und Unternehmen stellen sich den familiären Herausforderungen. Immer mehr Unternehmen in Sachsen übernehmen bereits soziale Verantwortung für Familien. Sie schaffen Möglichkeiten für flexible Arbeitszeiten, für Heimarbeit oder Teilzeitarbeit.
Die Motivation dafür liegt bei den meisten engagierten Unternehmen direkt im unmittelbaren und mittelfristigen betrieblichen Gewinn. Mitarbeiter werden leistungsfähiger. Sie fühlen sich dem Unternehmen enger verbunden. Eine familienfreundliche Unternehmenskultur kommt allen Mitarbeitern zugute, nicht nur den Eltern. Aber zufriedene Eltern ohne schlechtes Gewissen und ständige Überforderung sind natürlich produktivere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und es sind Fachkräfte, die für die Unternehmen künftig immer wichtiger werden.
Die wirtschaftliche Situation mancher Unternehmen setzt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicher Grenzen. Aber die meisten Maßnahmen erfordern vor allem ein Umdenken und die Bereitschaft, die Dinge aus der Sicht der Eltern zu sehen. Dieses Umdenken treiben wir kontinuierlich in Gesprächen mit Wirtschaftsvertretern voran. Der Verband der Sächsischen Wirtschaft ist uns dabei ein wesentlicher und immer sehr konstruktiver Partner.
Wichtig sind uns aber auch die Kirchen und die Verbände. Sie leisten wesentliche Lobbyarbeit für Familien. Sie sind der Landespolitik ein aktives und kritisches Gegenüber bei der Entwicklung der sächsischen Familienpolitik. Gleichzeitig tragen sie durch ihre Öffentlichkeitsarbeit zur Meinungsbildung in familienpolitischen Fragen bei und gehören zu der Gruppe von Institutionen, die ein positives Bild von Familie zeichnen.
Ein Gelingen des Aufwachsens unserer Kinder, meine Damen und Herren, gibt es nicht zum Nulltarif. Eltern investieren Zeit, Zuwendung, Liebe und sie investieren natürlich auch Geld. Kinder kosten. Daran ist nicht zu rütteln.
Lassen Sie uns deshalb die Perspektive wechseln und sehen: Familien investieren in unsere Gesellschaft. Kinder sind nicht nur ein persönliches Glück, sondern volkswirtschaftlich ein Gewinn. Das Institut für Wirtschaftsförderung hat das Verhältnis berechnet zwischen dem, was ein Kind von der Gesellschaft über Kindergeld, Schule, kostenfreie Krankenversicherung und Ähnliches durchschnittlich bekommt, und dem, was es voraussichtlich einmal als Steuer- und Sozialabgabenzahler zurückgibt.
Heraus kommt ein Plus von 77 000 Euro pro Kind. Dieses Plus für die Gesellschaft erwirtschaften die Familien mit erheblichen Kosten, die einer Schätzung zufolge etwa beim Wert eines kleinen Einfamilienhauses, also bei rund 150 000 Euro, liegen.
Welche Anforderungen ergeben sich daraus für die sächsische Politik, die die Leistungen der Familie nicht erschwert, sondern sie bewusst anerkennt und aktiv fördert?
Wir müssen zunächst feststellen: Für Familien ist der ökonomische Lebenshintergrund eine ganz wesentliche Rahmenbedingung für ihre Entscheidung. Damit Eltern ihre Familie versorgen können, brauchen sie in erster Linie sichere Einkommen und Arbeitsplätze. Ein Ja zu einem Kind ist eine langfristige Entscheidung. Sie braucht ein planbares Einkommen und stabile Zukunftsaussichten. Unser Ziel ist es, dass Eltern durch eigene Einkommen den Lebensunterhalt für ihre Familie eigenverantwortlich sichern können. Dafür brauchen wir ein konzertiertes Vorgehen aller Beteiligten. Wir setzen alle Kraft für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik ein, die Arbeitsplätze schafft. Deshalb sagen wir: Vorfahrt für Arbeit!
Dazu gehören natürlich engagierte Unternehmerinnen und Unternehmer. Dazu gehört aber auch eine solide und ehrliche Haushaltspolitik unseres Landes.
Sicher sind an vielen Stellen weitere staatliche Leistungen wünschenswert. Aber ist es nicht ehrlicher, nur das zu versprechen, was man hinterher auch wirklich halten kann?
Jede Leistung, die nicht bezahlt werden kann und über Schulden finanziert werden muss, geht zulasten unserer Kinder.
Politik für Familien betrifft, wie wir wissen, nicht mehr nur die klassischen Handlungsfelder. Alle sind gefordert, sich heute für Familien und Kinder einzusetzen, damit wir morgen Kinder und junge Erwachsene haben, die sich wiederum für unser Land einsetzen.
Das ab 2007 angekündigte Elterngeld der Bundesregierung wird für viele Familien eine wesentliche Verbesserung bringen. Einkommenseinbrüche im ersten Lebensjahr eines Kindes können so abgemildert werden und Eltern haben die Möglichkeit, sich ihrem Kind intensiv zu widmen.
Wir wollen auch weiterhin die Wahlfreiheit der Eltern unterstützen. Deshalb werden wir an unserem sächsischen Landeserziehungsgeld festhalten und seine Zahlung entsprechend den Regelungen des Elterngeldes anpassen.
In diesem Doppelhaushalt werden für das Landeserziehungsgeld rund 60 Millionen Euro aus Landesmitteln bereitgestellt. Neben Sachsen haben nur noch drei andere Länder eine ähnliche Anstoßfinanzierung. Parallel dazu müssen wir auch nach der gerechten Besteuerung des Familieneinkommens fragen. Ehegattensplitting und Kinderfreibeträge decken überwiegend steuerrechtliche Vorgaben ab. Sie enthalten derzeit kaum familienpolitische Anteile. Beide Leistungen müssen stärker familienpolitisch gestaltet werden.
Die Umwandlung des Ehegattensplittings in ein Familiensplitting wäre ein Zuwachs an Gerechtigkeit aus steuer- und familienpolitischer Sicht.
(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Kristin Schütz und Holger Zastrow, FDP, und Antje Hermenau, GRÜNE)
Eine weitere Verbesserung stellt derzeit das noch im Bundesrat liegende Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung dar, das eine Anerkennung von Kinderbetreuungskosten vorsieht. Mit diesem Schritt, meine Damen und Herren, werden Familien direkt und unkompliziert entlastet. Außerdem ist diese Steuererleichterung ein Beitrag zur Bildungsförderung.
In der Frage der steuerlichen Gerechtigkeit für Familien hat bisher das Bundesverfassungsgericht mit seinen vier großen Familienurteilen verbindliche, aus der Verfassung abgeleitete Vorgaben gemacht, die Staat und Gesellschaft zu einer nachhaltigen Politik für Familien verpflichten. Schon im Jahr 1990 hat das Bundesverfassungsgericht
klare Richtlinien für eine familiengerechte Ausgestaltung des Einkommensteuerrechts aufgestellt. Seit damals ist also klar: Kinderfreibeträge sind keine Familienförderung. Der Staat darf den Familien nicht als Steuern nehmen, was er ihnen dann als soziale Förderung – je nach Haushaltslage – wiedergibt. Vor diesem Hintergrund halte ich persönlich nach wie vor einen verringerten Umsatzsteuersatz für Kinderartikel für sinnvoll.
Kinderwagen, Kinderbettchen und Wickeltisch sind teure Anschaffungen, die definitiv nur für das Kind erfolgen. Ich frage Sie jetzt: Warum sollten Kunst und Kultur durch verringerte Umsatzsteuer gefördert werden, nicht aber die wichtigste Grundlage für unsere Zukunft, nämlich unsere Kinder?
(Beifall bei der CDU und der Abg. Dr. Simone Raatz, SPD, Kristin Schütz, FDP, und Holger Zastrow, FDP)
Es gibt hier viele kluge und weniger kluge Argumente. Das akzeptiere ich. Aber vom Gegenteil hat mich bisher niemand vollständig überzeugen können.
Die Einkommenssicherung von Familien, meine Damen und Herren, muss auch die Sicherung der Altersversorgung beinhalten. Gestatten Sie mir zu dem Thema „Familie und Rente“ auch einen kurzen Rückblick in die Geschichte. Bismarck und später Adenauer haben die Lebensplanungen und das Wertesystem der Deutschen so nachhaltig verändert, weil die ökonomischen Erträge der Erziehungsleistung sozialisiert wurden. Vor Bismarck war klar, dass man Kinder braucht, um im Alter auskömmlich leben zu können. Inzwischen funktioniert es, wie wir wissen, ganz anders. Heute wird die so genannte DINK-Familie als attraktives Lebensmodell angesehen: Double income – no kids. Mit zwei Einkommen für zwei Personen lebt es sich eben besser als mit einem für fünf.
Die Devise des wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministerium für Wirtschaft lautete dazu: „Was an Humankapital fehlt, muss durch Realkapital ersetzt werden.“ Ein Rentensystem, das kinderlose Doppelverdiener beim Rentenbezug deutlich besser stellt als Personen, die mehrere Kinder erzogen und dafür teilweise auf Erwerbseinkommen verzichtet haben, widerspricht der Leistungsgerechtigkeit zwischen Erziehenden und Kinderlosen.
Der Freistaat Sachsen setzt sich deshalb für eine entsprechende Weiterentwicklung der Gerechtigkeit für Eltern im Rentenalter ein. Immer noch werden die Kosten für Kinder privatisiert, der Nutzen aber kommt allen zugute. Es ist also höchste Zeit, meine Damen und Herren, die Prioritäten zurechtzurücken und zu handeln. In den sozialen Sicherungssystemen darf es nicht mehr gleichgültig sein, wie viele Kinder von einem Einkommen leben. In der Renten- und in der Pflegeversicherung sind
Kindererziehung und Beitragszahlung als gleichwertig anzuerkennen. Das Steuerrecht muss weiter auf Gerechtigkeit für Familien ausgerichtet werden. Auch wenn es aktuell Kosten bedeutet, langfristig sind es Investitionen. An dieser Stelle ist es dringend geboten, dass der Staat eingreift und eine Umverteilung zugunsten von Familien mit Kindern vornimmt.
In diesem Kontext müssen auch bestehende Gesetze auf den Prüfstand. Beispielsweise ist aus meiner Sicht die Situation widersprüchlich, dass die finanzielle Unterstützung von Kinderwunschbehandlung durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz verschlechtert wurde und seit dieser Änderung die Kinderwunschbehandlungen um 46 % zurückgehen. Parallel dazu stellen wir in Sachsen jährlich zwei Millionen Euro für die Finanzierungen von Abtreibungen zur Verfügung.