Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeden von uns erschüttert jeder Fall von Gewalt an Kindern, jeder Fall des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Es ist vornehmste Aufgabe der Rechts- und Innenpolitik, alles zu tun, dass solche Straftaten möglichst nicht passieren, weder durch Ersttäter noch durch Wiederholungstäter, auch wenn es absolute Sicherheit nicht geben kann. Diese Erkenntnisse sind Allgemeingut. Sie eignen sich nicht für eine parteipolitische Instrumentalisierung in der politischen Diskussion.
Unabhängig von schrecklichen Einzelfällen bleibt es Aufgabe der Sächsischen Staatsregierung, mögliche Gesetzeslücken oder Vollzugsdefizite bei der Bekämpfung von Gewalt- und Sexualdelikten aufzudecken und gegebenenfalls zu schließen. Dieser Aufgabe, meine Damen und Herren, stellt sich auch die Sächsische Staatsregierung.
Zum Antrag: Artikel 102 des Grundgesetzes lautet: „Die Todesstrafe ist abgeschafft.“ Gleichlautend ist auch Artikel 1 des Zusatzprotokolls Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe. Damit darf niemand zu dieser Strafe verurteilt oder hingerichtet werden. Dieses Protokoll hat die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1983 unterzeichnet.
Es gibt gute Gründe, die Abschaffung der Todesstrafe der so genannten Ewigkeitsgarantie des Grundgesetzes unterfallen zu lassen – Dr. Martens hat es gesagt – als Ausprägung der Achtung vor der Menschenwürde. Denken Sie an die letzte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Luftsicherheitsgesetz.
Der Ruf nach Wiedereinführung der Todesstrafe auch in Deutschland birgt – wenn man sich dieser Auffassung anschließt – die Aufforderung zu einem völkerrechts- und verfassungswidrigen Akt in sich. Das wollen wir einmal so stehen lassen, denn jenseits der juristischen Argumentation widerspricht die Todesstrafe unserer freiheitlichdemokratischen Grundordnung dem Sinne nach und der
Gerade die Erkenntnisse zum Missbrauch der Todesstrafe durch den nationalsozialistischen Staat haben zu ihrer Abschaffung im Grundgesetz geführt. So sieht eben das Bundesverfassungsgericht in dieser Abschaffung der Todesstrafe ein Bekenntnis zu einer Staatsauffassung, die sich in den betonten Gegensatz zu den Anschauungen eines politischen Regimes stellt, dem das einzelne Leben wenig bedeutete und das deshalb mit dem angemaßten Recht über Leben und Tod des Bürgers schrankenlosen Missbrauch trieb.
Gegenentwürfe hierzu überzeugen mich nicht, und zwar auch nicht aus den USA. Keine statistische Untersuchung – auch darauf hat der Abg. Dr. Martens hingewiesen – hat je den Beweis für die abschreckende Wirkung der Todesstrafe erbracht. Das Gegenteil scheint eher richtig zu sein. In den USA liegt trotz Todesstrafe die Verbrechens- und Mordrate ganz erheblich über derjenigen in Deutschland und in ganz Europa.
Auch härtere Strafen, meine Damen und Herren – ich komme mir vor wie ein Rufer in der Wüste –, garantieren nicht automatisch verbesserten Schutz vor Sexualstraftätern.
Die verhängte Strafe dient vorrangig der Sühne, der Verteidigung der Rechtsordnung und der Resozialisierung des Straftäters. Der mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe notwendig verbundene Sicherungseffekt ist nur eine, wenn auch erwünschte Nebenwirkung. Um die Sicherung der Allgemeinheit vor Sexual- und Rückfallstraftätern zu gewährleisten, ist auf die dafür vorgesehenen Instrumentarien, wie die Sicherungsverwahrung und die Führungsaufsicht, zurückzugreifen. Diese sind, wenn nötig – und gewisser Bedarf zeichnet sich ab –, zu verbessern. Auch dies ist Allgemeingut. Hierfür – Beispiele könnte ich aufzählen – setzt sich die Staatsregierung nachdrücklich, auch in unserer Koalition, ein.
Wir streiten in diesem Hohen Hause zwischen den demokratischen Fraktionen zwar gelegentlich und zu Recht über den Weg zur bestmöglichen Prävention, das ändert aber nichts am Grundkonsens. Die Einführung einer bundesweiten DNA-Analysedatei im Jahr 1998 war übrigens ein entscheidender Schritt zur Bekämpfung nicht nur von Sexualstraftaten. Meldepflichten auf richterliche Weisung sieht das geltende Recht sowohl bei der Strafaussetzung zur Bewährung als auch bei der Führungsaufsicht vor. An den Kriterien der Erforderlichkeit und der Eignung muss sich jedes in Grundrechte eingreifende staatliche Handeln messen lassen. Diesen rechtsstaatlichen Ansprüchen wird weder eine unterschiedslos verhängte lebenslange Meldepflicht noch eine ins Internet gestellte Datenbank gerecht. Ersttäter werden so nicht erreicht und eine Resozialisierung – der nach wie vor
wirksamste Schutz vor Wiederholungstaten – wird durch ein lebenslang jederzeit und weltweit abrufbares Stigma geradezu ausgeschlossen.
Der Rechtsstaat europäischer Prägung ist in der Wahl seiner Mittel auch beim Opferschutz durch seine unveräußerliche Wertordnung eingeschränkt, zu der die Achtung allen Lebens gehört. Das ist sicher einer seiner größten Vorzüge gegenüber der Anmaßung, auch nur einen einzigen Menschen und noch dazu in einem gesetzlich geregelten Verfahren physisch vernichten zu dürfen.
Nein, meine Damen und Herren, der NPD-Antrag ist eine rechtsstaatliche Zumutung oder, wie Herr Dr. Martens es heute formuliert hat, rechtspolitische Höhlenmalerei. Die Menschheit hat sich seit der Steinzeit weiterentwickelt, und das ist gut so.
Danke sehr. – Ergibt sich nach der Rede der Staatsregierung noch einmal Aussprachebedarf? – Dann bitte ich die NPD-Fraktion zum Schlusswort. Herr Abg. Apfel.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Ich frage mich, was ist das für eine Menschenwürde des Grundgesetzes, die Sie im Munde führen, die die Menschenwürde der Täter über die Menschenwürde der Opfer stellt?
Herr Dr. Martens, Ihre Argumentation ist ein Armutszeugnis, denn nach Ihrer Logik dürfte es gar keine Strafen mehr geben, weil der Täter Angst haben müsste, dass er eventuell verurteilt werden könnte. Auf die Auslassungen des Herrn Schmidt brauche ich nicht näher einzugehen. Das lohnt sich nicht, weil sie ohnehin im Landesamt für Verfassungsschutz in der Neuländer Straße in Dresden geschrieben werden.
Klipp und klar will ich in diesem Zusammenhang festgestellt wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es mir völlig schnuppe ist, welche Nationalität der Täter und welche Nationalität das Opfer hat. Die NPDFraktion hat sich erst im vergangenen Jahr sehr vehement für entsprechende Maßnahmen im Zusammenhang mit der Ermordung der kleinen Ayla in Zwickau eingesetzt. Von daher ist der Vorwurf aus dem Munde des Herrn Schmidt völlig am Thema vorbeigehend.
Meine Damen und Herren, zwischen 1987 und 2004 gab es in Deutschland 45 Sexualmorde an Heranwachsenden, 48 Sexualmorde an Jugendlichen und 61 Morde an Kindern. 154 junge Leben wurden auf schreckliche Weise ausgelöscht. Es waren Kinder, die ihre Zukunft noch vor
sich hatten. In vielen Fällen stellte sich heraus, dass der festgenommene Täter einschlägig vorbestraft war und einen beachtlichen Vorlauf an anderen Sexualstraftaten auf dem Kerbholz hatte.
Meine Damen und Herren, damit muss endlich Schluss sein. Angebliche Sachverständige und Psychologen müssen für ihre Fehlentscheidungen endlich zur Verantwortung gezogen werden. 154 Sexualmorde der letzten Jahre veranlassen mich, an Sie, an Ihr Gewissen als Entscheidungsträger unseres Volkes zu appellieren, dem Antrag der NPD-Fraktion zuzustimmen. Reden Sie nicht nur dauernd über Gewalt, die Sie verhindern wollen, sondern setzen Sie heute ein klares Zeichen gegen sexuelle Gewalt in unserem Lande. Stimmen Sie für unseren Antrag und machen Sie damit sichtbar, dass die Vertreter im Parlament alle ihnen zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten nutzen, um sich zum Sachwalter der noch nicht durch Sexualmord umgebrachten Kinder zu machen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch einmal klipp und klar darstellen: Wer sich auf
Menschenrechte beruft, selbst aber den jüngsten und schwächsten Gliedern unserer Gemeinschaft das Recht auf Leben raubt, der hat nach unserer Auffassung das Recht auf eigene Menschenwürde verwirkt!
Das war das Schlusswort. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 4/4546 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Wir machen die Gegenprobe. – Ich frage nach Stimmenthaltungen. – Bei 8 Pro-Stimmen ohne Stimmenthaltungen hat das übrige Haus diesen Antrag abgelehnt. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.
Sicherung der bisherigen Mittel zur Förderung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ für den Freistaat Sachsen
Die Fraktionen nehmen dazu Stellung. Die Staatsregierung hat darum gebeten, zuerst das Wort zu erhalten. Danach sprechen die FDP und die Linksfraktion.PDS, dann die gewohnte Reihenfolge. Herr Jurk, Sie haben das Wort.
Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir heute über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ sprechen, möchte ich zunächst noch einmal auf die Bedeutung dieses Instrumentes hinweisen. Diese Gemeinschaftsaufgabe – kurz GA – ist neben dem Investitionszulagengesetz das wichtigste Instrument der Wirtschaftsförderung in den ostdeutschen Ländern. Im Freistaat Sachsen wurden seit Beginn der GA-Förderung im Jahre 1990 über 21 000 Investitionsvorhaben von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft gefördert. Mit einem GA-Zuschussvolumen von über 7,7 Milliarden Euro wurden Investitionen von über 44 Milliarden Euro angestoßen und dadurch über 237 000 neue Arbeitsplätze geschaffen und noch einmal ebenso viele gesichert.
In diesem Haus sollte Einigkeit darüber herrschen, dass dieses Instrument für den Freistaat Sachsen von herausra
gender Bedeutung ist und dass wir dafür Sorge tragen müssen, dass auch künftig die erforderlichen Haushaltsmittel für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ bereit stehen.
Genau aus diesem Grund, dem langfristigen Erhalt der GA-Mittel, hat das Sächsische Wirtschaftsministerium im GA-Planungsausschuss am 20. Februar genauso gestimmt wie der PDS-Wirtschaftssenator Wolff aus Berlin oder der FDP-Wirtschaftsminister Rehberger aus SachsenAnhalt sowie meine CDU-Kollegen aus Brandenburg, Ulrich Junghanns, und Thüringen, Jürgen Reinholz.
Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen im Zusammenhang mit der Kritik an diesem Abstimmungsverhalten auf der Sitzung des GA-Planungsausschusses einige Argumente und Hintergrundinformationen gebe. Dies ist auch deshalb geboten, weil es sowohl in der Presse als auch bei den vorliegenden Anträgen eine Menge Unsachlichkeiten, ja Verzerrungen gibt. Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass im GA-Planungsausschuss vom 20. Februar weder einer Mittelkürzung zugestimmt wurde noch gar eine Mittelkürzung beschlossen wurde. Der GAPlanungsausschuss kann zur Höhe der Mittelausstattung
der GA gar keine Beschlüsse fassen. Entschieden wird dort über die Verteilung der verfügbaren GA-Mittel.
Am 20. Februar hat der GA-Planungsausschuss einen Beschluss zur künftigen Fördergebietskulisse im Zeitraum 2007 bis 2013 gefasst. Danach werden die ostdeutschen Länder flächendeckend Höchstfördergebiet bleiben.
Darüber hinaus wurde beschlossen, die bisherigen Quoten bei der Verteilung der Mittel beizubehalten, nach denen ein Siebentel der Mittel für die westdeutschen Länder und sechs Siebentel für die ostdeutschen Länder bestimmt sind.