Nun muss man sagen, unterschiedliche Interessenlagen gebären auch unterschiedliche Lösungen. Der Rektor der TU Dresden hat eine vorgestellt, nämlich indem er den Vorschlag der Stiftungsuniversität präsentierte. Es gibt aber auch die Aussage des Rektors von gestern, dass er in dieser Beziehung relativ leidenschaftslos ist. Er sagt, die Probleme, die ich vorhin benannt habe, müssen gelöst
werden. Dann ist ihm auch egal, wie die Form aussieht. Es ist wichtig, dass man sich endlich an die Probleme herantraut und Lösungen findet, die auch wirklich den Hochschulen gerecht werden.
Er hätte sich gern auf eine andere Weise in die Diskussion eingebracht, aber auch er musste feststellen, dass es zwar eine Arbeitsgruppe in der Hochschulrektorenkonferenz gab – die wiederum geheim war. Er konnte offiziell keine Information bekommen, um sich in den Diskurs einzubringen. Ich frage mich also ehrlich, woher diese Angst kommt, alles geheim halten zu müssen.
Nun weiß keiner mehr so richtig, wohin. Wir haben jetzt eine Antwort auf den Antrag der GRÜNEN-Fraktion bekommen. Mir geht es genauso wie Herrn Gerstenberg. Ich finde, es ist wirklich eine Brüskierung des Parlaments. Es ist eigentlich auch eine Frechheit.
Frau Ministerin, wenn Sie schon keine Erklärung im Ausschuss geben wollten, sollten Sie wenigstens auf Anfragen und Anträge antworten. Stattdessen verweisen Sie in Ihrer Antwort wiederum auf einen Gesetzentwurf, der irgendwann im Juli kommen soll. Das ist keine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Man muss noch hinzusagen, Frau Ministerin, Sie waren lange genug im Parlament. Sie wissen: Wenn die Staatsregierung einen Entwurf im Parlament vorlegt, dann ist es noch nie passiert, dass sich wirklich grundlegend etwas an dem Entwurf geändert hat. Es wurden höchstens formale Dinge geändert.
Wir haben uns diesen Prozess anders vorgestellt. Ich will das trotzdem noch einmal kurz sagen, weil ich denke, dass Vorschläge immer noch umsetzbar sind. Wir müssen uns zuerst Fragen stellen, zum Beispiel: Welche Aufgaben haben denn Hochschulen, haben Wissenschaft und Forschung zu erfüllen? Wie können sie das am besten leisten?
Wir müssen natürlich auch die Stärken und Schwächen des derzeitigen sächsischen Hochschulsystems analysieren. Aber das kann man eben nicht im Geheimen machen, sondern das muss man auf breite Schultern verteilen. Das wäre auch Ihre Chance innerhalb der Koalition gewesen.
Wäre ich Wissenschaftsministerin, dann hätte ich zuallererst einen runden Tisch mit Rektoren, mit Studierenden, meinetwegen auch mit der vielbeschworenen Wirtschaft, mit Vertretern der Forschung, der Schulen, der Gewerkschaften usw. einberufen. Daraus hätte dann ein Eckpunktepapier entstehen können. Das hätte sicher auch Kompromisscharakter getragen. Aber es wäre wirklich eine Grundlagendiskussion für ein neues Hochschulgesetz gewesen. Sie haben wiederum einen anderen Weg gewählt.
Ich will aus der Veranstaltung von gestern zitieren. Da beschrieb Herr Prof. Rehberg, dass er – er ist Soziologe – immer wieder erkennen muss, dass es zeitbedingte Ideologien gibt. Er beobachtet für die heutige Zeit eine gewisse demokratische Apathie, die wiederum in autoritärstrukturellem Verlangen mündet.
Genau diesem Zeitgeist, Frau Ministerin, sind Sie zumindest mit dem Entwurf aufgesessen, den wir insgeheim zu sehen bekommen haben. Dieser Zeitgeist äußert sich eben darin, dass Selbstverwaltungsgremien, die akademisch kooperativ sind, entmachtet werden sollen. Stattdessen werden eben zentralistische Management-AufsichtsratEntscheidungsstrukturen etabliert. So nennt es der Ministerpräsident. Sie, Frau Ministerin, haben dafür andere Begriffe verwandt, aber die Struktur bleibt eine ähnliche oder gar dieselbe.
So sehen dann auch die Stellungnahmen der Universitäten aus. Es gab eine Fakultät, die den Entwurf schließlich als entdemokratisierend, als entautonomisierend und als trivialökonomisch bewertet hat.
Ich will jetzt nicht weiter auf den Gesetzentwurf eingehen. Sie wissen es ja selbst. Wir haben schon darüber gesprochen. Aber es läuft auf eine Entmachtung hinaus. Es läuft darauf hinaus, dass bestimmte Gruppen nicht mehr in Entscheidungen einbezogen werden. Das trifft für Studierende zu. Im Prinzip werden die Hochschulen in ein Dreieck aus Rektorat, Hochschulrat und Ministerium entlassen, in dem sie sich bewegen können. Das hat nichts mit Autonomie zu tun, sondern das ist einfach Hierarchisierung und Entmachtung.
Ein weiterer Zeitgeisttrend ist ein technokratisches Verständnis von Hochschule, auch das haben wir gefunden. Es zeigt sich zum Teil in den so genannten Leistungskennziffern, aber auch in bestimmten hochschulinternen Strukturen. Es wird eben immer wieder Wettbewerb und Konkurrenz als zentraler Antriebsfaktor beschrieben. Wir sehen das beispielsweise an einer Quotierung, wie viele Bachelor-Studierende beispielsweise ein Masterstudium aufnehmen können. Das heißt doch, dass Studierende inzwischen gezwungen sind, gegeneinander und nicht miteinander zu arbeiten, weil nur eine bestimmte Zahl der Bachelor-Absolventen ein Masterstudium aufnehmen kann. Das ist wiederum abhängig von Noten, von Bewertungen und das hat aus meiner Sicht nichts mit einem gemeinsamen gewollten Erkenntnisinteresse zu tun.
Ein weiteres Kriterium, das wir immer wieder finden, ist die so genannte leistungsorientierte Mittelvergabe. Ich will dort nicht alles als Problem ansehen. Aber wenn zum Beispiel als Indikator Regelstudienzeiten oder Absolventenzahlen benannt werden, dann kann es auch dazu führen, dass wir den Schmalspurstudenten haben, dass sich Studierende nicht mehr interdisziplinär tatsächlich weiterbilden können. Man erzielt vielleicht kurzfristig
eine betriebswirtschaftliche Einsparung, aber ich fürchte, dass der volkswirtschaftliche Schaden größer sein wird.
Ein weiteres Kriterium ist die Einwerbung von Drittmitteln, die immer wieder angebracht wird. Da muss man einfach die Gefahren mit benennen, zum Beispiel, dass man sich auf die Geld bringenden Großunternehmen ausrichtet. Es führt natürlich auch dazu, wenn man bestimmte Anträge stellt und sich um sie bewirbt, dass man eine gewisse Konformität zu den Rahmenvorgaben herstellt.
So etwas hat auch Folgen auf das Denken. Das muss man immer mit beachten. Die Drittmittelwerbung wird zum Selbstzweck. Sie konstituiert am Ende auch Etatmittelzuweisung. Den Kreislauf, der dahinter steckt, können Sie sicher selbst erkennen.
Eine weitere Geschichte, die heute schon angesprochen wurde, ist die Privatisierung von Kosten. Das ist auch ein aktueller Trend. Die einen fordern Studiengebühren, die anderen – und das finden wir in diesem nullten Entwurf leider auch wieder – fordern beispielsweise Gebühren, um Labore zu benutzen. Für die Sprachausbildung muss heute schon gezahlt werden. Das sind Trends, die wir feststellen können.
Wir müssen uns also fragen, ob auf diese Weise tatsächlich der gesellschaftliche Nutzen von Bildung und Wissenschaft vermehrt werden kann. Ich glaube das nicht. Wir stellen fest, dass damit Erkenntnistätigkeit eingeschränkt und der gesellschaftliche Nutzen von Wissenschaft untergraben wird. Wir stellen fest, dass Hochschulen heute vielfach nur noch als Standortfaktor betrachtet werden.
Natürlich haben Hochschulen entscheidende Bedeutung für ein Land. Sie bewirken auch wirtschaftliche Effekte. Aber das darf nicht das alleinige Kriterium sein. Hochschulen haben eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. In ihnen muss auch kritische Bildung ihren Platz haben.
Wenn wir über Technologieentwicklung sprechen, dann müssen wir auch über Technologiefolgen- und Gefahrenabschätzung sprechen. Ich erinnere an die Gentechnologie.
Wir müssen über Wissenschaftsziele reden, die zum Beispiel wissenschaftliche Urteilsfähigkeit heißen. So etwas braucht Zeit und ist nicht in einem KurzzeitSchmalspurstudium tatsächlich zu erlernen.
In Hochschulen muss natürlich auch gesellschaftliche und politische Mitwirkung gelebt und gelernt werden. Denn die Leute, die jetzt an den Hochschulen studieren, sollen doch diejenigen sein, die später einmal soziale und auch ökologische Reformen umsetzen sollen oder müssen. Das heißt, dass man Lernziele immer neu bestimmen und dass in einer Hochschule ein kritischer Reflexions- und Resonanzraum sein muss.
Ich habe es vorhin beschrieben, die derzeitige Diskussion geht in eine andere Richtung. Das Wesen von Hochschule – das hat Herr Wöller vorhin auch gesagt – wird reduziert auf die Ausbildung und auf die Ausrichtung auf Wirtschaft, also auf eine kurzfristige schnellstmögliche Wissensproduktion. Sie kennen das Unwort des Jahres 2004. Das war "Humankapital". Darauf läuft es hinaus. Wissen wird nur noch als Aspekt kurzfristiger ökonomischer Verwertbarkeit dargestellt. Ich denke, dass man dem entgegenwirken muss.
Ich möchte ganz kurz noch einige Aspekte einbringen, die die Linksfraktion.PDS an ein zukünftiges Hochschulgesetz stellt. Wir glauben, dass wir eine selbstbestimmte und offene Hochschule brauchen, die dann auch eine innovative Hochschule sein kann. Das bedeutet zum Beispiel eine viertelparitätische Mitbestimmung in den Gremien, also ProfessorInnen, akademische MitarbeiterInnen, Studierende und sonstige Mitarbeiter müssen gleichberechtigt über die Grundfragen der Entwicklung ihrer Hochschulen mitbestimmen können.
Wir fordern natürlich auch, dass die verfasste Studierendenschaft gestärkt wird, dass sie ihr politisches Mandat tatsächlich ausüben kann.
Auf der gestrigen Veranstaltung wurde das Thema Autonomie sehr stark diskutiert. Wir streben eine innere Demokratisierung der Hochschulen an. Das kann auch Voraussetzung dafür sein, dass sich das Land aus der Detailsteuerung der Hochschulen zurückzieht. Wir denken, dass Entscheidungen über Studiengänge, Prüfungsordnungen, Berufungen usw. mit größtem Sachverstand tatsächlich an den Hochschulen vor Ort gefällt werden können. Aber dazu bedarf es natürlich auch der entsprechenden demokratischen Strukturen an den Hochschulen und nicht einer alleinigen Macht beispielsweise durch die Rektorate.
Wir glauben auch, dass es Zielvereinbarungen zwischen dem Land und den Hochschulen geben sollte. Aber an der Aushandlung dieser Zielvereinbarungen, dieser Indikatoren müssen alle Mitgliedergruppen der Hochschulen und natürlich auch das Parlament beteiligt werden. Wir brauchen Hochschulverträge, aber keine Knebelverträge. Natürlich brauchen die Hochschulen Planungssicherheit. Man kann das an bestimmte Kriterien binden. Das habe ich schon gesagt. Aber diese Kriterien müssen eben auch emanzipatorische Zielsetzungen einbeziehen, zum Beispiel die Öffnung der Hochschulen für gesellschaftliche Problemstellungen, für Interdisziplinarität, für die Entwicklung neuer Lehr- und Lernformen und für bestimmte Beteiligungsmodelle.
Man muss diese Zielvereinbarungen aber auch evaluieren. Es kann nicht sein, dass die Quote oder das Kriterium Regelstudienzeit dazu führt, dass Studierende vermehrt zwangsexmatrikuliert werden oder man sie durch Prüfungen fallen lässt, weil man dann vielleicht als Hochschule ein besseres Ergebnis hat und so eher auf Mittel zurückgreifen kann.
Weiterhin geht es um die Gleichstellung von Frauen und Männern als Querschnittsaufgabe an den Hochschulen. Es geht um die Gebührenfreiheit des Studiums und natürlich auch darum, wie durch zukünftige Strukturen der Personalnachwuchs gewährleistet werden kann. Das werde ich jetzt außen vor lassen. Ich denke, dass wir zu dieser Diskussion noch kommen werden.
Frau Ministerin, so weit habe ich jetzt die Vorstellungen meiner Fraktion zu einem zukünftigen Hochschulgesetz benannt, die wir auch wiederholt in diesen Prozess eingebracht haben. Ich muss sagen, dass Ihr Beitrag leider immer noch aussteht. Wir erwarten deshalb – ich denke, das wird nachher noch gesagt werden bzw. ich erhoffe es mir von der Fraktion GRÜNE –, dass Sie eine erneute Antwort auf den Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN geben, die dem Thema auch wirklich gerecht wird. Die vorliegende Antwort wird dem Thema nicht gerecht. Wir erwarten, dass endlich eine offene Diskussion mit allen Beteiligten geführt wird.
Geheime Arbeitsgruppen leisten das nicht. Wir erwarten – das ist mir besonders wichtig –, dass Sie sich endlich auch öffnen für die Beratung und das Gespräch mit denjenigen, die Ihnen politisch tatsächlich nahe stehen. Das CHE oder Ihr CDU-Ministerium ist es eben nicht. Dann wäre aus meiner Sicht noch sehr viel Hoffnung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich freue mich, Frau Werner, dass Sie doch zum Ende Ihres Redebeitrages noch auf ein paar politische Vorstellungen gekommen sind.
Denn wenn der Gesetzentwurf so geheim ist, wie Sie es am Anfang dargestellt haben, dann wundert mich, wie Sie die Positionen, die sich angeblich in diesem so geheimen Papier befinden, so gut beurteilen konnten. Da haute irgendetwas nicht hin. Schon dieses, sage ich einmal, Herausstellen, dass alles wahnsinnig geheim ist, stimmt damit nicht.
Ich finde es gut, dass Sie hier Positionen geäußert haben. Ich denke, wir werden in Zukunft auch noch dazu kommen, diese intensiv zu diskutieren. Nach meinem Gefühl sind wir nicht weit voneinander entfernt.
Zu Ihrem Unverständnis, das Sie am Anfang geäußert haben, wenn Sie sagen, wir als Oppositionsfraktionen sind nicht einbezogen, muss ich sagen: Das ist nun einmal so. Es gibt regierungstragende Fraktionen und es gibt die Opposition. Das ist einfach so. Das müssen Sie auch akzeptieren.