Protocol of the Session on January 26, 2006

Aufgrund der Relevanz für die immer schwieriger zu realisierende Unternehmensfinanzierung sollte nach Ansicht der NPD-Fraktion darüber nachgedacht werden, auch den Anreiz durch die Inanspruchnahme des Steuerfreibetrages gemäß § 19a Einkommensteuergesetz für den Erwerb von Unternehmensbeteiligungen auszuweiten. Durch die Ausgestaltung der gesetzlichen Bestimmungen nach Beteiligungsmodalitäten wären politische Präferenzen, über die es sich klar zu werden gilt, festzulegen.

Im Wesentlichen steht jedoch – nicht zuletzt durch diverse Untersuchungen – fest, dass Beteiligungsmodelle sowohl für Belegschaft wie auch für Unternehmen Vorteile bringen und vielfach die Möglichkeit zu mehr Transparenz bieten.

Meine Damen und Herren! Sie werden unschwer bemerkt haben, dass wir somit dem vorliegenden Antrag – trotz einiger verbliebener Fragen – dennoch zustimmen werden, und ich würde es begrüßen, wenn die Staatsregierung ihre Haltung dazu kundtun würde.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Ich rufe die Fraktion der GRÜNEN auf; Frau Günther-Schmidt, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird dem FDP-Antrag zustimmen; und im Übrigen gebe ich meine Rede zu Protokoll. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU, der SPD und der FDP)

Danke schön. – Das war die erste Runde. Gibt es daraufhin noch einmal Aussprachebedarf seitens der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Dann die Staatsregierung; Herr Staatsminister Jurk, bitte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Das Thema Mitarbeiterbeteiligung durchzieht mit wechselnder Konjunktur die politische Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland seit mehreren Jahrzehnten. Ihre ideologischen Wurzeln hat die Mitarbeiterbeteiligung in der katholischen Soziallehre als einen Weg, den aus dieser Sicht nur scheinbar unversöhnlichen Interessengegensatz zwischen Kapital und Arbeit elegant aufzulösen.

(Das Handy des Staatsministers Thomas Jurk klingelt.)

Das ist natürlich eine besondere Frechheit, wenn der Minister am Pult gestört wird, weil ihn jetzt irgendjemand anrufen will.

(Martin Dulig, SPD: Das war ein Investor! – Heiterkeit)

Für die Grundidee, meine Damen und Herren, hege ich große Sympathie,

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU – Beifall bei der FDP)

da es ein Mittel sein kann, die Position des Arbeitnehmers zu stärken und eine demokratische Kultur der Teilhabe in den Betrieben zu fördern.

Die Diskussion über die wirtschaftliche Beteiligung von Mitarbeitern an ihrem Betrieb leidet meines Erachtens daran, dass verschiedene Ansätze der Mitarbeiterbeteiligung nicht korrekt auseinander gehalten werden: die Beteiligung der Mitarbeiter am Gewinn des Unternehmens – also die Erfolgsbeteiligung einerseits – und die Beteiligung der Mitarbeiter am Vermögen des Unternehmens – die Kapitalbeteiligung andererseits. Diese beiden Ansätze sollten bei der Diskussion sauber voneinander getrennt werden.

Auch die diskutierten Ziele der Mitarbeiterkapitalbeteiligung sind breit gestreut. Der Boden reicht von der Stärkung der Motivation der Belegschaft über die Verbesserung der Kapitalausstattung des Unternehmens bis hin zur Vermehrung der Informations- und Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer. In Zeiten knapper Fachkräfte spielt auch die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen eine wichtige Rolle.

In der Praxis existieren unterschiedliche Modelle solcher finanziellen Beteiligungen. So gibt es verschiedene grundsätzliche Modelle von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen, wie Belegschaftsaktien oder stille Beteiligungen. Zudem können diese Modelle unterschiedlich gestaltet werden, beispielsweise in Form von Belegschaftsaktien mit oder ohne Zuschüsse vom Arbeitgeber. Das Thema ist dementsprechend komplex, zumal bei bestimmten Beteiligungsformen auch rechtliche Fragestellungen eine wichtige Rolle spielen.

Die Möglichkeiten der Mitarbeiterkapitalbeteiligung hängen natürlich auch von der Rechtsform des Unternehmens ab. Für Personengesellschaften – die weit überwiegende Rechtsform in Deutschland – sind die Möglichkeiten einer Beteiligung begrenzt. So stammen denn auch über 90 % bisheriger Vereinbarungen aus Unternehmen mit der Rechtsform der AG oder der GmbH.

Ich bin auch der Meinung, dass Erfolg oder Misserfolg solcher Modelle abhängig sind von der Qualität der Unternehmer, welche die Betriebe leiten. In Betrieben, die von Unternehmerpersönlichkeiten wie Karl Nolle geführt werden, die die innerbetriebliche Mitbestimmung mit Herzblut vorleben, wird sie eher positiv wirken als dort, wo es nur darum geht, die Arbeitnehmer mit dem bloßen Gefühl des Einflusses abzuspeisen.

(Beifall bei der FDP – Regina Schulz, Linksfraktion.PDS: So ein Quatsch! – Volker Bandmann, CDU: Die PDS kann man ins Museum stellen! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Freistaat Sachsen hat von 1997 bis 2002 ein Projekt zur Mitarbeiterbeteiligung durchgeführt und die sächsischen Unternehmen über die Möglichkeiten von Mitarbeiterbeteiligungen informiert. Leider, muss man sagen, war das Interesse der Unternehmen seinerzeit relativ gering. Der Staat hat in der sozialen Marktwirtschaft grundsätzlich die Aufgabe, rechtliche Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln zu setzen. In diesem Sinne werde ich mich diesem interessanten Thema weiter widmen. Ich werde insbesondere prüfen, ob hinsichtlich des rechtlichen Rahmens Handlungsbedarf besteht. Auf die Frage der Insolvenz – und was aus dem eingezahlten Geld für die Arbeitnehmer wird – ist bereits hingewiesen worden.

Es ist klar, dass Unternehmen, die größer sind, eher dazu in der Lage sind, eine Mitarbeiterbeteiligung einzugehen. Das ist völlig natürlich. Staatsminister Jurk hat etwas zu den Rechtsformen gesagt. Wenn ich als GmbH oder als AG Anteile habe, kann ich eine Beteiligung ganz anders gestalten als in einer Personengesellschaft; das ist völlig logisch. Dass es in einer Gaststätte bei einem Einzelinhaber schwierig ist, Mitarbeiter zu beteiligen, wird jeder im Haus begreifen; von daher kommt auch der Unterschied zustande, Herr Zais.

Aber die Rahmenbedingungen betreffen meines Erachtens vor allem Bundesrecht. Was die Möglichkeit der Information über Mitarbeiterbeteiligungen durch die Sächsische Aufbaubank anbetrifft, so will ich die Hinweise, die von Ihnen gekommen sind, gerne prüfen; also inwieweit eine Verbesserung für Auskunft Suchende erfolgen kann.

(Beifall des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Es gibt, meine Damen und Herren, viele Chancen und es gibt sicher auch Risiken und Hürden. Ein konkretes Modell jeweils für die individuelle Situation des Unternehmens zu finden, ist sicher nicht einfach. Da herrschen noch Informationsdefizite, da besteht eben auch Beratungsbedarf. Uns ist daran gelegen, dass wir das Thema generell wieder ins Rollen bringen, dass wir es schaffen, Unternehmer zu gewinnen, eine Gewinnsituation für Unternehmer und Arbeitnehmer zu schaffen.

Ansonsten nehme ich erfreut zur Kenntnis, dass wir uns dem Thema im Ausschuss noch intensiv widmen können. Bis dahin wünsche ich uns noch viele gute Ideen und vor allem auch, dass wir der Mitarbeiterbeteiligung in den Unternehmen den entsprechenden Stellenwert vermitteln – ohne dass der Staat die Vorgaben macht –, wie es eigentlich im Zeitraum von 1997 bis 2002 eben nicht gelungen ist.

Uns geht es nicht darum, unseren Antrag wortwörtlich eins zu eins durchzusetzen, sondern wir wollen, dass Mitarbeiterbeteiligungen an Unternehmen in Sachsen durch die Regierung positiv begleitet werden. Daher entsprechen wir dem Wunsch der beiden Regierungsfraktionen, den Antrag an den Ausschuss zu verweisen. Wir hoffen, dass wir dort nach einer guten Konstruktion letzte Hürden beiseite räumen und dann zeitnah die Umsetzungsphase starten können.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Danke schön. – Ergibt sich daraufhin noch einmal Aussprachebedarf? – Das scheint nicht der Fall. Dann bitte ich um das Schlusswort. Herr Kollege Herbst, FDP-Fraktion.

Ich bitte um Zustimmung zu der Überweisung an den Wirtschaftsausschuss. Torsten Herbst, FDP: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben ja – was in diesem Haus nicht immer der Fall ist – eine äußerst konstruktive Diskussion erlebt. Das freut mich und ich möchte mich bei den Rednern bedanken. Ich hätte nie gedacht, Herr Nolle, dass ich einem Redebeitrag von Ihnen fast zu hundert Prozent zustimmen kann; ich kannte diesen Fall noch nicht.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. – Meine Damen und Herren! Gibt es Widerspruch gegen die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit? – Das scheint nicht der Fall zu sein. interjection: (Beifall bei der CDU und des Abg. Jürgen Gansel, NPD) Dann lassen wir darüber abstimmen. Wer der Rücküberweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zustimmt, der melde sich bitte jetzt. – Die Gegenprobe! – Keine Gegenstimme. – Die Stimmenthaltungen! – Die Rücküberweisung ist vom Haus einstimmig beschlossen worden.

Ich bedanke mich.

Es war ein Klassebeitrag für die Debatte, und ich denke, sie hat gezeigt, dass die alten Gräben des Klassenkampfes heute eben nicht mehr bestehen. Herr Zais, genau darin liegt der Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Die Theorie aus dem marxistischen Handbuch funktioniert eben heute im Sachsen des Jahres 2006 nicht mehr eins zu eins. Die Welt hat sich weiter bewegt, und vielleicht bewegt sich eines Tages auch die PDS weiter.

Erklärung zu Protokoll

Ich spreche in Vertretung für meinen Kollegen Michael Weichert.

Uns liegt ein typischer FDP-Antrag vor: „Mitarbeiterbeteiligungen in sächsischen Unternehmen fördern“. Die FDP-Fraktion verliert kein Wort zu den langjährigen Debatten, die es zu diesem Thema schon gegeben hat. Sie nimmt keinen Bezug auf die verschiedenen Modelle, die für die Mitarbeiterbeteiligung existieren, und sie geht auch mit keinem Wort auf die Konflikte und Hürden ein, auf die eine Mitarbeiterbeteiligung trifft.

Es ist doch gerade die FDP, die von den Arbeitern und Angestellten Flexibilität in jeder Hinsicht fordert. Aber wer heute hier und morgen dort arbeiten muss, hat kaum ein Interesse, sich an seinem Unternehmen zu beteiligen.

Der Koalitionsvertrag auf Bundesebene sieht vor, die Probezeit bei Neueinstellungen grundsätzlich auf zwei Jahre auszudehnen. Auch dies ist alles andere als eine Einladung zur Mitarbeiterbeteiligung. So ist es auch kein Wunder, dass in diesem wirtschaftspolitischen Klima von den rund zwei Millionen Firmen in Deutschland nur 8,7 % ihre Mitarbeiter am Gewinn und nur 2,5 % am Kapital beteiligen. Für Sachsen habe ich keine Zahlen gefunden, aber hier dürften die Relationen kaum besser aussehen.

Andererseits verfügen wir in Sachsen mit der Union Werkzeugmaschinen GmbH Chemnitz über ein durchaus gelungenes Beispiel einer erfolgreichen Mitarbeitergesellschaft.

Die „Union“, bei der die Mitarbeiter das insolvente Unternehmen gekauft haben, hat heute 170 Beschäftigte, von denen 110 Gesellschafter und 20 Auszubildende sind, und schreibt seit Jahren schwarze Zahlen.

Auch im Druck- und Verlagswesen gibt es zwei lobenswerte Beispiele für Mitarbeiterbeteiligungen: Rudolf Augstein hat seine Mitarbeiter am „Spiegel“ beteiligt und Karl Nolle seine Mitarbeiter am Druckhaus Dresden GmbH.

Mehr Mitarbeiterbeteiligung bedeutet für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen letztlich mehr Mitbestimmung und mehr Teilhabe.

Die FDP hat Recht: Für die Unternehmen bedeutet das neue Eigenkapitalquellen. Mitarbeiterbeteiligung hat damit auch eine wirtschaftspolitische Dimension. Gerade vor dem Hintergrund von Basel II wissen wir, dass die

Eigenkapitalausstattung stark an Bedeutung gewinnt und dass Mitarbeiterbeteiligungen auch die Bonität der Unternehmen verbessern können.

Die Unternehmenslandschaft in Sachsen leidet immer noch an einer unzureichenden Eigenkapitalausstattung; mehr Mitarbeiterbeteiligung könnte hier durchaus helfen.

Auch beim Aufbau einer kapitalgedeckten Alterssicherung könnte die Mitarbeiterbeteiligung sinnvoll sein, meint die FDP. Zu diesem Problem wurde bereits im Bundestag anlässlich der Einführung der Riesterrente ausführlich diskutiert. Bis heute ist mir allerdings nicht bekannt geworden, wie man die dabei entstehenden Probleme, insbesondere die Kapitalsicherung, lösen kann. Lohn, der im Unternehmen bleibt und dem Unternehmen in voller Höhe als Eigenkapital zur Verfügung steht, unterliegt dem Insolvenzrecht.