Der in der DDR verfolgte Schriftsteller Lutz Rathenow erhob schon vor über einem Jahr in der „Sächsischen Zeitung“ schwere Vorwürfe gegen Prof. Porsch und sagte damals, dass IM Christoph – laut Stasi-Unterlagenbehörde der Tarnname von Peter Porsch – nicht nur abgeschöpft worden sei, sondern der Stasi aktiv zugeliefert habe. Rathenow sagte wörtlich zur „Sächsischen Zeitung“: „Die mir bekannten Aktenteile deuten auf eine lustvolle, engagierte Zusammenarbeit mit der Stasi hin.“
Es sei für ihn unvorstellbar, dass der IM nicht habe wissen können und müssen, dass er ihm – Rathenow – mit seinen Berichten schadete, erklärte der Schriftsteller.
Die Aussagen von Rathenow werfen ein grelles Licht auf die Art und Weise, wie in Deutschland mit Opfern und Tätern der kommunistischen Gewaltherrschaft umgegangen wird. Der überwiegende Teil der Opfer vermochte niemals mehr an seine frühere berufliche Laufbahn anzuknüpfen. Die Folgen waren oft nicht wieder gutzumachende seelische und finanzielle Schäden.
Die Opfer des Mielke-Drangsalierungsapparates werden offenbar nachträglich für ihre Treue zum DDR-Staat honoriert und machen nun eben in der Bundesrepublik Karriere. Es ist beschämend, dass der ehemalige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, unlängst festgestellt hat, dass auch die Stasi im neuen Bundestag mit einer eigenen Fraktion vertreten sein wird,
Wie konnte es geschehen, dass die Tätigkeiten des DDRMinisteriums für Staatssicherheit, das die eigenen Bürger in nahezu allen Bereichen überwachte und bespitzelte, so schnell vergessen wurden? Die meisten der Spitzel übten ihre verbrecherische Tätigkeit freiwillig und aus niederen Beweggründen aus. Es darf nicht sein, dass diese Personen jemals wieder Funktionen ausüben, in denen sie an entscheidenden Stellen an der Gestaltung unserer staatlichen Ordnung mitwirken. Ich denke, wenigstens das sollte Konsens unter allen im Landtag vertretenen Fraktionen sein.
Wie wir aber leider feststellen, waren alle Namenswechsel bei der Linkspartei rein äußerliche und kosmetische Maßnahmen.
Die Kollegen der PDS sind völlig desinteressiert an der Vergangenheit ihres eigenen Fraktionsvorsitzenden. Für die PDS existieren alle Fragen der Moral, die mit dem Fall Porsch verbunden sind, schlicht und einfach gar nicht. Sie beschränkt sich ausschließlich darauf, angebliche Verfahrensfehler zu beklagen und sich darüber zu erregen, dass für die Einstellung des Verfahrens auch die Stimmen meiner Fraktion nötig sind. Dieses sachfremde Argument musste ja kommen. Es beweist aber nur, wie dünn, ja, geradezu erbärmlich die Argumentationsgrundlage von Herrn Porsch und der PDS ist.
Meine Damen und Herren, wir sollten nicht auf die Ablenkungsmanöver vermeintlicher demokratischer Sozialisten hereinfallen. Nach den vorliegenden Fakten muss der Sächsische Landtag in einem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof die Aberkennung des Mandats
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Debatte wieder in die richtige Richtung lenken: zu einem ganz konkreten Vorwurf gegen ein Mitglied unseres Parlamentes, nämlich Herrn Prof. Porsch, zur Einzelfallbewertung der möglichen, vermeintlichen oder tatsächlichen Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR.
Es geht hier nicht darum, eine Generalabrechnung mit dem System der DDR oder der Staatssicherheit zu machen, auch wenn sich das im Kontext des Ganzen mitunter nicht vermeiden lässt. Wir sprechen hier ganz konkret über Sie, Herr Prof. Porsch. Sie haben vorhin das erste Mal zu dieser Thematik das Wort ergriffen in Ihrem – wie ich nach wie vor feststelle – charmanten Wiener Dialekt, und haben die Vorwürfe wieder so als, ja, Betriebsunfall, als Belanglosigkeit; ich war es ja nicht, ich habe nicht wissentlich usw. usf. abgetan und hier kurz und knapp Ihre Darlegungen zum Sachverhalt gemacht.
Ich hätte es für mich als Mitglied des Bewertungsausschusses für sehr, sehr hilfreich erachtet, wenn ich zum Erörterungstermin mit Ihnen persönlich auf Basis der Aktenlage einige Dinge hätte nichtöffentlich diskutieren können, die ich heute eben öffentlich nicht nennen kann. Vielleicht hätte der eine oder andere Fakt zur Erhellung beigetragen.
Ich weiß es nicht, aber ich hätte Ihnen gerne einige Fragen gestellt zu dem, was sich mir aus den Akten erschlossen hat. Diese Möglichkeit haben Sie mir genommen.
Sie haben dem Bewertungsausschuss die Stellungnahme Ihres Rechtsbeistandes zur Kenntnis gegeben; das haben wir mit der Aktenlage abgewogen – sehr, sehr genau und sehr, sehr intensiv – und sind zu dem bekannten Ergebnis gekommen, das gestern der Landtag in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen hat.
Ich weise ganz strikt von mir – und ich denke, auch die Mehrheit der Mitglieder des Landtages –, dass das Urteil bereits feststeht. Es steht kein Urteil fest, wir sind noch mitten im Entscheidungsfindungsprozess.
Wenn das behauptet wird, dann machen Sie genau das, was Sie uns vorwerfen, nämlich die politische Instrumentalisierung des Vorganges. Hier geht es nicht um Parteipolitik, hier geht es um die Bewertung eines ganz konkreten Vorganges.
Unser Fraktionsvorsitzender hat soeben am Fall von Herbert Goliasch ausgeführt, dass es auch für unsere Fraktion nicht leicht war, sich von einem ehemaligen Mitglied in herausgehobener Funktion – genauso, wie Sie es sind – zu distanzieren; mit allen problematischen menschlichen Folgen. Und gerade wegen der menschlichen Komponente des Verfahrens sind wir uns sehr im Klaren darüber, dass wir äußerst sorgfältig vorgehen müssen. Wir haben uns an ein rechtsstaatliches Verfahren gehalten und wir haben auch – was Herr Bartl immer in Abrede stellt – alle Rechtsprechungen der Verfassungsgerichtshöfe berücksichtigt.
Vergnügungssteuerpflichtig ist die Arbeit in diesem Bewertungsausschuss mit Sicherheit nicht gewesen – das werden die Kollegen, die zumindest die gestrige Sitzung und die heutigen Einlassungen der unterschiedlichen Redner erlebt haben, bestätigen können.
Ich habe gestern in nichtöffentlicher Sitzung über meine persönliche Betroffenheit gesprochen – und will hier noch einmal einige Passagen zitieren, weil ich denke, dass das auch in die Öffentlichkeit gehört –; Betroffenheit, wenn man 15 Jahre nach Zusammenbruch dieses totalitären Regimes an Einzelfällen wieder sieht, wie kleinlich, wie niedrig und wie moralisch verwerflich von diesem Repressionsapparat Stasi gehandelt worden ist.
(Beifall bei der CDU, des Abg. Gunther Hatzsch, SPD, der FDP, des Abg. Michael Weichert, GRÜNE, und der Staatsregierung)
Aber ich möchte nicht, dass hier jemand den Schluss zieht, weil auch ich unter diesem System und dieser Bespitzelung persönlich gelitten habe, übte ich jetzt Vergeltung an Herrn Prof. Porsch. Nein, gerade das darf nicht sein. Weil ich in einem Unrechtsstaat gelebt und darunter gelitten habe, lege ich allergrößten Wert darauf, dass jetzt rechtsstaatliche Grundsätze angewandt werden.
Dazu bin ich – außer der Sächsischen Verfassung – auch innerlich und moralisch als Christ verpflichtet. Ich könnte niemals gegen mein Gewissen handeln, niemals gegen besseres Wissen. Aber das, was sich mir erschlossen hat, lässt nur diese eine Bewertung zu, und ich wehre mich dagegen, dass Sie dieses Verfahren als politischen Vergeltungsprozess werten wollen.
Nun möchte ich nochmals auf etwas eingehen, was vorhin im Raum stehen geblieben ist. Sie haben gesagt – ich glaube, es war Herr Bartl –, Herr Prof. Porsch sei in drei Wahlen im Wissen um die Vorwürfe gewählt worden.
Herr Prof. Porsch ist 1990, 1994 und 1999 als „Saubermann“ der PDS gewählt worden. Die Stasi-Vorwürfe sind erst im Sommer vergangenen Jahres aufgetaucht.
Herr Prof. Porsch, Sie sind – ich muss es deutlich sagen – auch nicht als Peter Porsch im Direktmandat gewählt worden, sondern über die Liste Ihrer Partei. Das macht auch einen Unterschied. Ich möchte wissen, wenn die Wähler Einblick in die Unterlagen gehabt hätten, die der Bewertungsausschuss hatte,
Ich glaube, nach Ende des Unrechtsstaates DDR haben immer noch ausreichend Menschen in diesem Land eine kritische Meinung dazu, auch wenn die Sorgen und Probleme der Gegenwart die der Vergangenheit vielleicht ein Stück weit überlagern.
Eines muss ich auch noch richtig stellen, weil gesagt worden ist, wir hätten auf die Beweisaufnahme und die Vernahme von Zeugen verzichtet: Diese vier Zeugen, die hier angeführt worden sind, ehemalige Mitarbeiter der HVA bzw. des MfS, haben eidesstattliche Erklärungen abgegeben, und diese haben der Bewertung und der Abwägung zugrunde gelegen. Wenn wir diese vier Personen in den Ausschuss gebeten hätten, dann hätten wir sie dort nicht unter Eid nehmen können; denn der Bewertungsausschuss ist kein Untersuchungsausschuss im Sinne des Untersuchungsausschussgesetzes. Sie hätten uns dort alles Mögliche erzählen können. Also haben wir uns auf das berufen, was Sie unter Eid ausgesagt haben, und das haben wir, wie gesagt, in die Bewertung einfließen lassen.
Ich möchte auch persönlich noch einen Satz dazu sagen, dass durch die Linkspartei die NPD-Keule herausgeholt worden ist. Gerade wenn wir mit Blick auf die NPD unser Abstimmungsverhalten ändern würden, würden wir nicht unserem Gewissen entsprechend handeln. Ich habe die Entscheidung zur Erhebung der Abgeordnetenanklage zu treffen, in Abwägung der mir vorgelegten Unterlagen und in Abwägung der Einlassungen des Rechtsbeistandes von Herrn Prof. Porsch. Bevor ich meine Entscheidung nach meinem Wissen und Gewissen dazu fälle, kann ich nicht erst schauen, welcher Abgeordnete welcher Fraktion die gleiche Meinung wie ich hat. Das wäre genau gegen eine Gewissensentscheidung gerichtet.
Meine Damen und Herren von der Linksfraktion: Ich habe mich gestern Morgen schon sehr gewundert, als ich in der „Sächsischen Zeitung“ gelesen habe, dass Sie geschlossen hinter Ihrem Fraktionsvorsitzenden stehen, bevor Sie
gestern Abend in der nichtöffentlichen Sitzung vom Ergebnis des Bewertungsausschusses erfahren haben konnten.