Protocol of the Session on July 13, 2005

Wer solche klaren, positiven Worte zu erneuerbaren Energien im Energieprogramm sucht, der kann lange suchen.

Meine Damen und Herren von der CDU, ob mit oder ohne Atomkraftwerk bei Zittau – fest steht: Die CDU plant einen Rückfall in das atomare Zeitalter. Das wissen wir seit der Bekanntgabe des Bundeswahlprogramms.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Dieser Rückfall wäre ein ökologischer und sicherheitspolitischer Reinfall. Sie irren sich, wenn Sie meinen, die Kernenergie könne eine Brücke in die Zukunft darstellen. Diese Brücke ist morsch und altersschwach.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Und verstrahlt!)

Was nun das bisher halbherzig stillgelegte atomare Experiment von Herrn Lehmann anbelangt – Herr Staatsminister Jurk und Herr Staatsminister Tillich, Sie können alle von mir benannten Bedenken aus der Welt schaffen; das kostet Sie noch nicht einmal viel. Sorgen Sie einfach dafür, dass das Bekenntnis zur Atomenergie aus dem Energieprogramm Sachsen verschwindet!

(Beifall bei der PDS)

Herr Jurk, Herr Tillich, ich fordere Sie von dieser Stelle aus auf: Stellen Sie die Weichen, damit die Atomkraft aus dem Energieprogramm der Staatsregierung verschwindet! Im Übrigen wäre das ein mutiger und notwendiger Auftakt für die ohnehin notwendige Neuausrichtung des Energieprogramms Sachsen.

Besten Dank.

(Beifall bei der PDS)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Herr Lämmel, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann an die Worte von Herrn Gerlach

anschließen: Frau Kipping, ich frage mich manchmal, was Ihr Politikstil ist.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Die Wahrheit!)

Punkt 1. Bei der wichtigen Diskussion zum Energieprogramm Sachsen im Ausschuss sind Sie nicht dabei gewesen. Sie haben es nicht für nötig befunden, daran teilzunehmen.

Punkt 2. Im Rahmen der Erarbeitung des Energieprogramms Sachsen hat ein Energiedialog Sachsen stattgefunden. Bei Letzterem war die PDS vertreten, aber leider nicht durch Sie, sodass Ihnen offensichtlich eine Menge Wissen fehlt. Sie haben es auch nicht nachgearbeitet; sonst hätten Sie hier nicht solchen Unsinn erzählt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Natürlich gestatte ich eine Zwischenfrage.

Bitte, Frau Kipping.

Herr Lämmel, ich habe zwei Zwischenfragen. Erstens. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich bei der Anhörung sehr wohl anwesend war, dass ich die Behandlung des von der PDS eingebrachten Antrags zur Änderung des Energieprogramms mit meinen Kollegen abgesprochen hatte und dass ich nur bei einer Ausschussanhörung gefehlt habe, wofür aber eine Entschuldigung mit einer Begründung für meine Nichtteilnahme vorlag?

Zweitens. Sie haben den Energiedialog und die Teilnahme meiner Vorgängerin Monika Runge angesprochen. Erinnern Sie sich an die Anhörung? Sie hören ungern zu, aber erinnern Sie sich, dass dort die federführenden Wissenschaftler öffentlich bekannt gegeben haben, viele Erkenntnisse des Energiedialoges würden sich nicht im Energieprogramm widerspiegeln?

Zu Ihrer ersten Frage, Frau Kipping. Sie waren bei der Anhörung anwesend, haben aber nicht an der abschließenden Ausschussbefassung teilgenommen. Das muss man ganz klar feststellen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Aber jetzt sind wir da!)

Zu Ihrer zweiten Frage. E i n bei der Anhörung anwesender Gutachter hat geäußert, die Dinge, die Sie empfohlen haben, würden sich im Energieprogramm nicht wiederfinden. Das hängt mit Folgendem zusammen: Der Energiedialog wurde von einem durch die Staatsregierung eingesetzten Moderator moderiert. Dieser hatte die Aufgabe, die Diskussion zu leiten, die Diskussionsergebnisse zusammenzustellen und ein Empfehlungspaket an die Staatsregierung weiterzugeben. Der Moderator hatte nicht die Aufgabe, für uns ein politisches Programm zu entwerfen und dieses in der Öffentlichkeit zu vertreten.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, Herr Lämmel?

Bitte schön.

Bitte, Frau Kipping.

Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass der von Ihnen als „einer“ bezeichnete Sachverständige niemand anders als Herr Dr. Fahl ist, in dessen Händen federführend die wissenschaftliche Begleitung lag? Sind Sie ferner bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass er Folgendes gesagt hat – ich zitiere aus dem Anhörungsprotokoll –: „Unsere Ausarbeitung zum Energieprogramm beinhaltet diesen Schwerpunkt nicht.“

Er bezieht sich hier darauf, dass Braunkohle als einziger Energieträger positiv benannt wird.

Weiter im Zitat: „Das ist also nicht von uns so angelegt gewesen und war auch so nicht gefordert. Es war eine Entscheidung an anderer Stelle.“

Akzeptieren Sie aufgrund dieses Zitats, dass in das Energieprogramm nicht die wesentlichen Erkenntnisse des Energiedialoges eingeflossen sind?

Frau Kipping, Sie haben meiner Beantwortung Ihrer zweiten Frage überhaupt nicht zugehört; sonst würden Sie nicht so eine dusselige Zwischenfrage stellen. Ich beantworte sie auch nicht; denn das habe ich mit meiner Antwort auf Ihre zweite Frage bereits getan. Ich wiederhole aber Folgendes: Ein Gutachter ist nicht dazu da, politische Bewertungen abzugeben, sondern dazu, Empfehlungen zu geben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Katja Kipping, PDS: Wenn Sie einen Wettbewerb führen wollen, wer am ehesten Schimpfworte verwendet, dann haben Sie ihn gewonnen!)

Herr Lämmel, ich denke, die Bemerkung „eine dusselige Zwischenfrage“ war nicht angemessen.

Herr Präsident, ich nehme „dusselig“ zurück. Mir fiel gerade nichts anderes ein.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Das charakterisiert Sie, Herr Lämmel!)

Ich komme auf das Thema zurück. Frau Kipping stiftet immer wieder Verwirrung, weil sie nicht in der Lage ist, zuzuhören und verschiedene Sachen auch geistig zu verarbeiten.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Noch einmal zu Herrn Lichdi! Sie haben hier eine klassische ideologische GRÜNEN-Rede gehalten. Es stimmt einfach nicht, was Sie dargetan haben. Wenn Sie sich die Unterlagen zum Energiedialog Sachsen genauer angeschaut hätten – aber auch dieser Mühe haben Sie sich nicht unterzogen –, hätten Sie festgestellt, dass verschiedene Szenarien entworfen und durchgerechnet worden

sind, wie sich der Ausstieg aus der Atomenergie auf die Versorgungssicherheit auswirken würde. Die klare Erkenntnis lautet: Der fehlende Atomstrom ist durch erneuerbare Energien n i c h t zu kompensieren. Lesen Sie es nach! Dann können wir noch einmal darüber reden.

Ihre Partei hat zu verantworten, dass Deutschland, einstmals Weltmarktführer bei der Reaktorsicherheitstechnik, seine Weltmarktführerschaft mittlerweile an andere Nationen abgegeben hat, dass kein junger Mensch mehr bereit ist, die entsprechenden Wissenschaften zu studieren und dass wir die Industrieführerschaft auf einem der wichtigsten Gebiete abgeben mussten. Das sind die Auswirkungen Ihrer Politik. Die Bundesregierung hat die Mittel für die Sicherheitsforschung im Bereich der Reaktortechnik stark zusammengestrichen. Gleiches gilt für die Fusionsforschung. Der neue Fusionsreaktor, von dem Sie sicher gar nicht wissen, wie er funktioniert, wird nicht in Deutschland gebaut, sondern in Frankreich: 4,5 Milliarden Euro Investitionen, 3 000 direkte Arbeitsplätze und ungefähr 8 000 Arbeitsplätze in der Bauphase. Das sind die Resultate Ihrer Politik, Herr Lichdi, der Politik der GRÜNEN in Berlin.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, einen kleinen Moment, Herr Gerlach, nur noch einen Satz dazu. Das hat natürlich direkte Rückwirkungen auf Sachsen, denn Ihnen ist offensichtlich nicht bekannt, dass es in Sachsen einen Forschungsverbund zur Reaktorsicherheit gibt. Das heißt also, dass Hochschulen und Forschungseinrichtungen auch an einem solchen Programm beteiligt sind. Sie tragen letztlich auch dafür die Verantwortung, wenn diese Forschungsgruppe in Sachsen aufgelöst werden wird. – Bitte, Herr Gerlach.

Herr Lämmel, da mir keine Redezeit mehr für die Aktuelle Debatte zur Verfügung steht, muss ich, so Leid es mir tut, damit Sie in Ihrer Rage der Gefühle nicht überkompensieren, eine winzige Richtigstellung machen.

Ich kann Ihnen nur zu einer Frage das Wort erteilen.

Dann formuliere ich es in eine Frage um: Ist Ihnen bekannt, dass Sachsen, speziell die TU Dresden, noch nie so viele Physikstudenten hatte wie heute, die natürlich möglicherweise nicht alle in die Kernphysik gehen, wie ich es einmal gemacht habe? Ist Ihnen das bekannt, Herr Lämmel?

Es ist mir bekannt, dass die Zahl wieder im Ansteigen ist. Das hat aber nichts damit zu tun, dass diese Leute dann auch in die Richtung Kernphysik gehen. Es sind ja nicht nur Reaktoren zu betreiben, sondern Reaktoren sind auch abzubauen, die technisch veraltet sind und stillgelegt werden. Man braucht Experten. Wir brauchen deutsche Experten für die Entwicklung der Energiepolitik.

Noch etwas zu den Preisen, weil Frau Kipping hier auch einigen Sand in die Augen gestreut hat. Ein Preis ist immer eine Mischkalkulation. Wir wissen, es gibt einen Energiemix in Deutschland, auf den wir stolz sind und den wir weiter ausbauen wollen. Bei diesem Energiemix fließen die verschiedensten Energiearten zu verschiedensten Preisen ein. Wenn man auf der einen Seite an der Schraube dreht und mehr teurere Energien einbringt, ist es doch ganz klar, dass dann der Preis insgesamt steigen muss.

(Beifall bei der CDU)

Wenn dann noch 40 % des Energiepreises in Deutschland Steuern und Abgaben sind, für die die GRÜNEN im Wesentlichen die Verantwortung tragen, und wenn weitere 35 % des Preises politische Entgelte sind, die gezahlt werden müssen, dann kann man doch ganz schnell erkennen, dass die wirklichen Herstellungskosten für Energie eben weitaus geringer sind. Wenn Sie sich die aktuelle Entwicklung ansehen, was Gas und Öl betrifft, dann sind wir stolz, dass wir in Sachsen die Braunkohle haben, denn die Energieerzeugungskosten auf der Basis der Braunkohle sind seit Jahren konstant. Das ist die Garantie für Sachsen, dass wir auch weiterhin wettbewerbsfähig bleiben.

(Beifall bei der CDU)