Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über das Verhältnis zwischen Umweltschutz und Landwirtschaft ist in den letzten 30 Jahren sehr viel diskutiert und gestritten worden, mit Recht, denn durch die Landwirtschaft kann eine Vielzahl von Umweltbeeinträchtigungen entstehen. Grund- und Oberflächenwasser werden durch Pflanzennährstoffe und Pflanzenschutzmittel belastet. Die Biotope und die Artenvielfalt können in Gefahr geraten oder durch Wasser und Wind verursachte Bodenerosion wird beschleunigt.
Auch eine monoton geprägte Agrarlandschaft stellt den Umweltschutz vor große Probleme. Umweltschutz und
Landwirtschaft schließen sich aber auch nicht aus. Mit einer Umorientierung in der Landbewirtschaftung hin zu umweltgerechten, den natürlichen Lebensraum schützenden landwirtschaftlichen Produktionsverfahren sind die beschriebenen Probleme aber zu bekämpfen.
Das hierfür vom Freistaat Sachsen aufgelegte Förderprogramm „Umweltgerechte Landwirtschaft“ wurde in der Vergangenheit von den sächsischen Landwirtschaftsunternehmen sehr gut angenommen. In Sachsen werden aktuell im Rahmen des Vertragsnaturschutzes rund 30 000 Hektar land- und fischereiwirtschaftlich genutzte Fläche freiwillig naturschutzgerecht bewirtschaftet.
Der Vertragsnaturschutz ist jedoch nur eines unserer vielen Instrumente des Naturschutzes. In Sachsen wird das Prinzip der Freiwilligkeit und Kooperation in Naturschutzangelegenheiten angewendet, denn Naturschutz kann in der Praxis nur im Miteinander umgesetzt werden.
Mit der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der EU werden die Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe an die Einhaltung verbindlicher Vorschriften in Bezug auf landwirtschaftliche Flächen, die landwirtschaftliche Erzeugung und die landwirtschaftliche Tätigkeit geknüpft. Diese so genannten Cross-ComplianceVerpflichtungen betreffen neben der Einhaltung europäischer Verordnungen und Richtlinien auch Vorschriften zur Erhaltung von Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand. Dies betrifft konkret jedoch noch nicht vollständig vorliegende Regelungen zum Bodenschutz und zur Mindestinstandhaltung von Flächen. Insbesondere soll dabei den Umweltschutzrichtlinien Rechnung getragen werden. Außerdem sollen die freiwilligen Agrarumweltmaßnahmen möglichst wenig eingeschränkt sowie die Vorgaben der Europäischen Kommission eingehalten werden, ohne dabei die Landwirte übermäßig zu belasten.
Positiv hervorzuheben ist, dass zukünftig Landschaftselemente, wie zum Beispiel Hecken, bei der Ermittlung der prämienfähigen Flächen angerechnet werden. Dadurch werden die Landwirte, die die für den Naturschutz notwendigen so wichtigen Strukturelemente in der Agrarlandschaft erhalten, dafür auch eine gerechte Entlohnung bekommen.
Meine Damen und Herren! Im Agrarbereich haben wir aber auch veränderte Marktbedingungen. Globalisierte Märkte stellen die Landwirte vor neue Herausforderungen und diese fordern auch eine veränderte Lebens- und Wirtschaftsweise, die wieder mehr auf regionale Wirtschaftskreisläufe setzen muss.
Ein gutes Beispiel dafür sind die in Sachsen immer beliebter werdenden Bauernmärkte. Hier werden einheimische Produkte regional vertrieben und engere Kontakte zwischen Kunden und Erzeugern hergestellt. Das ist nebenbei bemerkt Verbraucherschutz in seinem besten Sinn.
Für diese regionalen Kreisläufe bedarf es einer entsprechenden Förderung. Vor allem benötigen kleine und mittlere Unternehmen der Agrarwirtschaft beim Aufbau regionaler Verbundsysteme Unterstützung. Begrüßenswert ist daher die neue sächsische Richtlinie zur Förderung der Verarbeitung und Vermarktung regional erzeugter landwirtschaftlicher Produkte.
Es werden zum Beispiel Zusammenschlüsse von landwirtschaftlichen Erzeugern sowie Handelsund Verarbeitungsunternehmen gefördert, die regional erzeugte Produkte aufnehmen und diese in bestimmten Vermarktungsregionen absetzen. Ebenso sind Vermarktungskonzeptionen förderfähig. Die Verbraucher müssen aber auch für den Kauf regional erzeugter Produkte gewonnen werden. Dazu sollten regionale Produktetiketten die Identität mit der umgebenden Landschaft herstellen und neue, kürzere Vermarktungsketten vom Erzeuger bis zum Konsumenten aufgebaut werden.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, und das schreibt der Koalitionsvertrag fest, dass die Förderung des Absatzes sächsischer Erzeugnisse der Land- und Ernährungswirtschaft beibehalten wird. Dabei stehen Produkte des konventionellen und des ökologischen Landbaus gleichrangig nebeneinander.
Zum Antrag der GRÜNEN hat Staatsminister Tillich schon gestern in der Fragestunde einiges gesagt und wird er sicher auch heute dazu Stellung nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Lebensmittel aus ökologischem Landbau haben heute bei Verbrauchern und in der Ernährungswirtschaft Sachsens einen festen Platz. Sie sind im Trend zu mehr Umwelt- und Ernährungsbewusstsein eingebettet und haben eine wachsende Bedeutung.“ Diese Worte, meine Damen und Herren, stammen nicht von mir, sondern sind im Sächsischen Agrarbericht 2003 zu lesen.
Weiter heißt es dort: „In Sachsen leben mehr als 400 Erzeugungsund Verarbeitungsbetriebe und geschätzte 140 Unternehmen und Organisationen in Handel und vor- und nachgelagerten Bereichen ganz oder teilweise von der ökologischen Wirtschaftsweise. Die sächsischen Verbraucher kauften 2003 für 70 Millionen Euro Lebensmittel aus ökologischer Produktion. Die ökologisch bewirtschaftete Fläche und damit verbundene Arbeitsplätze wachsen seit Jahren mit in sonst im Agrarbereich nicht gekannten Raten: Jährliche Zunahme der Ökoflächen 14,2 % seit 1995 und der Lebensmittelumsätze 24 % jährlich seit 1997. Bei verschiedenen Produkten, wie Gemüse, Heil- und Gewürzpflanzen, Puten und Süßwaren, gehören die sächsischen Unternehmen zu den Marktführern in Deutschland. Sachsen verfügt über ein Netz von kompetenten Beratern und Wissenschaftlern sowie seit 2003 auch über eine Professur für ökologischen Landbau.“ – So weit die Einschätzung der Staatsregierung zum ökologischen Landbau vom Mai des vergangenen Jahres.
Herr Minister Tillich, ich frage Sie ganz im Ernst: Warum in aller Welt wollen Sie es jetzt riskieren, diese erfolgreiche Entwicklung abreißen zu lassen? Die von Ihnen bisher genannten Gründe können es nicht allein sein, denn sie sind mehr als fadenscheinig. Darauf ist Kollege Weichert von den GRÜNEN schon eingegangen.
Allerdings fällt dem Kollegen Heinz von der CDU-Fraktion in diesem Zusammenhang nichts Besseres ein, als einfach nur das nachzubeten, was Minister Tillich uns seit Wochen als Grund für die abreißende Förderung im Ökolandbau einzureden versucht.
Es ist aber nicht der wahre Grund, warum nicht weiter gefördert wird. Das kann man als Grund vorschieben, mehr aber auch nicht.
Herr Heinz, Sie haben vorhin die Probleme der Vermarktung im Ökolandbau angesprochen. Das ist auch im Agrarbericht nachzulesen. Die PDS-Fraktion geht davon aus, dass gerade der Vermarktung von Ökoflächen weitere Unterstützung gegeben werden muss, damit sie eine Chance haben. In der Vergangenheit war das so. Auch die Unterstützung für die Vermarktung wurde mit dem letzten Doppelhaushalt so gut wie abgeschafft.
Minister Tillich, Sie haben gestern in Ihrer Antwort auf meine mündliche Anfrage bestätigt, dass die bisher genannten Gründe zumindest teilweise nur vorgeschoben sind, indem Sie zugegeben haben, dass aus Brüssel zurzeit zwar noch keine konkreten Zahlen ab 2007 bekannt sind, aber der Entwurf des neuen Strukturfonds für den ländlichen Raum, der so genannte ELER, dem Ökolandbau nach wie vor eine große Rolle zuweisen wird. Ich denke, darauf kann man sich so weit verlassen, dass man nicht so handeln muss, wie Sie es zurzeit in Sachsen tun.
Für mich gibt es für Ihr derzeitiges Handeln darum nur eine Erklärung. Wenn man sich schon heute so deutlich für grüne Gentechnik ausspricht, wie CDU-Fraktion und Sächsische Staatsregierung es tun, wird einiges klar. Dazu braucht man auch keine hellseherischen Fähigkeiten, Herr Minister. Gentechnisch veränderte Organismen im großen Stil auf sächsischen Feldern und Ökolandbau nebeneinander wird es meiner Meinung nach auf Dauer nicht geben. Bei dieser Denkweise, die ich bei Ihnen erkenne, wäre jeder Euro in den Ökolandbau natürlich Verschwendung und macht Ihr Vorgehen, Herr Minister Tillich, durchaus verständlich.
Für die PDS-Fraktion ist das allerdings total indiskutabel, kurzsichtig und ein Stück weit verantwortungslos und missachtet darüber hinaus den derzeitigen Willen der Mehrheit der sächsischen Verbraucher und vieler Landwirte. Die PDS-Fraktion hat sich, wie gesagt, schon während der Haushaltsdiskussion im April mit einem Änderungsantrag gegen jegliche Kürzung bei der ökologischen Landwirtschaft eingesetzt. Darum unterstützen wir den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN uneingeschränkt und sind noch nicht einmal der Meinung, dass sie sich entschuldigen müssen, dass wir heute darüber diskutieren.
Vor diesem Hintergrund wirkt der CDU-/SPD-Selbstdarstellungsberichtsantrag auf mich nur wie eine Rechtfertigung: Schaut her, wir tun ja schon alles für das Zusam
Aber dann bitte weiter auch für den Ökolandbau und keine Pause entstehen lassen, weil das die Folgen haben wird, die Herr Weichert vorhin beschrieben hat. Wozu – das ist die Denkweise von Staatsregierung und CDUFraktion – ist dann noch eine weitere, ungebrochene Entwicklung des Ökolandbaus notwendig?
Ganz klar: Von der PDS-Fraktion werden die in der Stellungnahme der Staatsregierung dargestellten Maßnahmen zum partnerschaftlichen Miteinander von Naturschutz und Landwirtschaft zum größten Teil unterstützt, besonders das Programm Umweltgerechte Landwirtschaft. Aber genau dort, wurde schon angekündigt, soll in Zukunft auch gekürzt werden, und das nicht nur beim Ökolandbau. Da das für uns ein völlig anderes Thema ist und in der Stellungnahme der Staatsregierung einige weitere Tücken lauern, gibt es dazu mehr in einem späteren Redebeitrag.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist unserer Fraktion in ähnlicher Weise wie der antragstellenden Fraktion unverständlich, warum die Staatsregierung die Förderung für Landwirtschaftsbetriebe, die zum Ausgleich von Mehraufwendungen bei der Umstellung auf den ökologischen Landbau dient, eingestellt hat. Die Begründung vonseiten des Ministeriums für das Einfrieren der Umstellungsprämien seit Jahresbeginn aufgrund der Tatsache, man müsste noch die Entscheidung aus Brüssel über die zukünftige Landwirtschaftsförderung abwarten, ist für uns so nicht nachvollziehbar. Das Ministerium hat verlauten lassen, dass davon auszugehen ist, dass es wahrscheinlich ab 2007 innerhalb der neuen Finanzierungsperiode der EU eine spezielle Ökoprämie für den ökologischen Landbau geben wird. Selbst wenn die Finanzierung ab 2007 derzeit unklar erscheint, stellt dies aus unserer Sicht keinen Grund für das sofortige Ende der Umstellungsförderung dar. Dies wird auch durch die Praxis anderer Bundesländer deutlich, die trotz der ungesicherten Finanzierungshöhe seitens der EU ihre Förderprogramme nicht gestoppt haben. Fraglich ist auch, wie die gesetzlichen Vorgaben aus dem Landesentwicklungsplan, nach dem bis 2009 insgesamt 10 % der Landwirtschaftsfläche ökologisch bewirtschaftet werden sollen, umzusetzen sind. In Sachsen werden derzeit nur knapp über 2 % der Flächen nach ökologischen Gesichtspunkten bewirtschaftet.
Mit dem derzeitigen Förderstopp wird bewusst in Kauf genommen, dass die landesplanerischen Ziele nicht zu erreichen sind. Mit diesem Wissen und angesichts der Tatsache, dass auch im Zuge der Haushaltsdebatte die Anträge zur Einrichtung eines eigenständigen Haushalts
titels für die Absatzförderung von Produkten des Ökolandbaus abgelehnt wurden, drängt sich der Verdacht auf, die Staatsregierung habe kein oder nur ein geringes Interesse am weiteren Ausbau der ökologischen Landwirtschaft in Sachsen.
Schaut man sich die Publikationen des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zum Thema Ökolandbau aus dem vergangenen Jahr an, so stellt man fest, dass sich die Staatsregierung aber gerne ihre „Erfolge“ auf die Fahne schreibt. Ich möchte dazu kurz aus einer Studie zum Ökolandbau aus dem Jahr 2004 zitieren: „Für verschiedene Produkte gehören die sächsischen Unternehmen zu den Marktführern in Deutschland und stellen Leuchttürme der sächsischen Agrarwirtschaft dar.“ So steht es in einer Publikation des Staatsministeriums. Dazu noch der Schlusssatz: „Daraus auch in Zukunft Nutzen zu ziehen für Verbraucher, Arbeitsmarkt und Umwelt ist die Aufgabe für die Wirtschaft und für die für sie mitverantwortlichen Entscheidungsträger.“
Der Herr Staatsminister sollte gemäß den Einschätzungen seines Hauses handeln und die Chance zum weiteren Ausbau eines zukunftsträchtigen Landwirtschaftszweiges für Verbraucher, Arbeitsmarkt und Umwelt, wie ihn der ökologische Landbau darstellt, nutzen. Die bisherige Praxis der Umstellungsförderung für die Betriebe sollte sofort wieder aufgenommen werden.
Nun zum Antrag der Regierungskoalition: Es steht außer Frage, dass der partnerschaftliche Naturschutz auf vertraglicher Basis ein hervorragendes Instrument für einen wirklich wirksamen Naturschutz in der Land- und Forstwirtschaft darstellt. Fakt ist auch, dass vom Freistaat Sachsen in der Vergangenheit die dazu notwendigen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel das Förderprogramm „Umweltgerechte Landwirtschaft“, geschaffen wurden.
Der Weg, Anreize für Landwirte zum freiwilligen Naturschutz zu schaffen und im Gegenzug auf weitere Normen und Beschränkungen zu verzichten, ist zweifellos richtig und dringend erforderlich. Der eingeschränkte Handlungsspielraum bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen und der Berg an Bürokratie, den die Bauern zu bezwingen haben, stellt heute eine denkbar schlechte Wettbewerbsposition auf einem von Billigpreisen beherrschten Markt dar.
Die derzeit vorherrschende Regelwut im Agrarbereich treibt sogar solche Blüten, dass man so genannte Feldspione hinausschickt, um die Einhaltung von Umweltauflagen zu kontrollieren. Das ist die Kriminalisierung des Berufsstandes pur und treibt zudem einen weiteren Keil zwischen die ökologische und die konventionelle Landwirtschaft. Durch diese Praxis wird zudem ein unbegründetes Misstrauen zwischen dem Verbraucher und dem Landwirt geschürt und die Eigenverantwortung der Bauern für ihre Lebensgrundlage, die Umwelt, infrage gestellt.
Die bestehenden Förderinstrumente sollten eigentlich eine ideale Grundlage für das aus unserer Sicht sehr positiv zu bewertende Anliegen der Antragsteller sein, weniger Bürokratie und mehr wirklichen Naturschutz zu betreiben. Die Antragsteller verkennen jedoch die Tatsache, dass es dringend erforderlich ist, bei den Ver
handlungen auf europäischer Ebene Druck auszuüben, da die Mittel der Europäischen Union für diese Zwecke in den folgenden Finanzierungsperioden ab 2007 äußerst gering ausfallen werden.
Die Finanzierung der zweiten Säule der gemeinsamen Agrarpolitik und damit die Bereitstellung der Mittel für eine ökologische und soziale Wirtschaftsentwicklung des ländlichen Raumes in Sachsen ist durch starke Kürzungen gefährdet, wobei gleichzeitig weitere Aufgabenbereiche, wie zum Beispiel die Umsetzung von „Natura 2000“, die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie oder die Umsetzung der Flussprojekte, aus diesem Finanzvolumen mit finanziert werden müssen.
Die Staatsregierung sollte sich, anstatt abzuwarten, welche Maßnahmen ab 2007 überhaupt noch finanzierbar sind, eher über die Bundesebene in die Verhandlungen bei der Europäischen Union einmischen, um die Mittel für eine Fortführung der Entwicklung des ländlichen Raumes zu sichern. Es sollte eigentlich im Interesse der Landesregierungen in Zusammenarbeit mit dem Bund liegen, wenn schon die Entscheidungskompetenzen nach Brüssel abgegeben wurden, worin die Hauptursache der derzeitigen Regel- und Gesetzesflut liegt, wenigstens die gesamten in die Union eingezahlten Steuergelder in Form von Fördermitteln wieder ins Land zurückzuholen.
Letztlich sind die Fortschritte, die in der Entwicklung des ländlichen Raumes erreicht wurden, und die Bestrebungen, mit einer veränderten Agrarpolitik die soziale und ökologische Komponente bei der Landbewirtschaftung weiter zu stärken, durch die drohende Mittelkürzung akut gefährdet.