Protocol of the Session on April 22, 2005

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Frau Altmann, bitte.

Herr Kollege Colditz, sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass Ihre Vorrednerin, meine Kollegin Falken, einen sehr differenzierten und überhaupt nicht plakativen Redebeitrag gehalten hat? Sind Sie wenigstens bereit, das zur Kenntnis zu nehmen?

Entschuldigung, Frau Altmann, diese differenzierte Darstellung vermisse ich auch bei Ihrer Kollegin. Ich kann auch aufgreifen, was Kollege Hahn dargestellt hat. Er sagte, die nackten Zahlen sprechen über Qualität.

(Dr. André Hahn, PDS: Die ist schlimm!)

Gut, dann werden wir uns die nackten Zahlen vergegenwärtigen, Herr Kollege Hahn. Reden wir zum Beispiel davon, dass in Sachsen die Mindestschülerzahl an Grundschulen bei 15 Schülern und an Mittelschulen bei 20 Schülern liegt. Nennen Sie mir ein Bundesland, wo Sie möglicherweise Mitverantwortung tragen und wo es besser praktiziert wird.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der NPD)

Lassen Sie uns doch einmal, Herr Kollege Hahn, über die nackten Zahlen der Schüler-Lehrer-Relationen reden. Kollege Dulig hat es schon angedeutet und ich will es noch ein Stück weiter vertiefen. Gehen wir von den Grundschulen aus, aber noch nicht von den Optimierungen im Haushaltsplan. Dort liegt die Schüler-Lehrer-Relation bei 13,8. Im Bundesgebiet liegt sie bei 19,6 und im Altbundesgebiet bei 20,49. Von mir aus können wir auch die Mittelschulen herausgreifen. Dort liegt die SchülerLehrer-Relation zurzeit bei 14,0, im Bundesgebiet bei 16,4 und in den alten Flächenländern bei 17,9. Meine Damen und Herren, das sind die ganz nackten Zahlen, die so schlimme Zustände in Sachsen erzeugt haben. Es ist doch unredlich und unglaublich, was Sie hier darstellen.

(Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Colditz?

Ja, bitte.

Herr Colditz, ist Ihnen bekannt, dass derzeit für die Vorbereitung des neuen Schuljahres im Rahmen der Schuleingangsphase Klasse 1 und Klasse 2 zusammengelegt werden sollen? Verstehen Sie das unter günstiger pädagogischer Gestaltung, wenn Sie von nackten Zahlen reden?

Frau Falken, ich kenne das Problem, dass wir beispielsweise bei der Schuleingangsphase in der Erprobungsphase den Schulen vier Stunden zur Verfügung gestellt haben und jetzt mittlerweile bei zwei Stunden sind. Ich kenne das Problem. Ich kenne auch punktuell das Problem der Zusammenlegung von Schulen im Blick auf die Unterrichtsorganisation. Ich kenne aber auch noch etwas anderes, Frau Falken. Das nehmen Sie nicht zur Kenntnis. Ich kenne Schülerzahlen an den Grundschulen, auch hier in Dresden, die wir uns nach wie vor leisten. Wir reden nicht vom ländlichen Raum, sondern von der Stadt, vom Verdichtungsgebiet, wo wir

uns einzügige Mittelschulen und Schülerzahlen in der Fläche leisten, die die Normvorgabe von 15 auch noch unterschreiten. Meine Damen und Herren, wie ist das denn zu rechtfertigen? Das sollte man auch ins Blickfeld rücken. Dort gibt es auch Handlungsbedarf für die Schulnetzplanung. Wenn wir diesen Handlungsbedarf ausfüllen, dann haben wir die Stellen, die Sie für die Schulorganisation und die Unterrichtsversorgung anmahnen. (Beifall bei der CDU)

Diese Zusammenhänge wollen Sie nicht zur Kenntnis nehmen. Das ist mein Ansatz von vorhin. Damit bricht ihr Oppositionsbild zusammen und der von Ihnen angestrebte Systemwechsel kann nicht stattfinden. Das ist der eigentliche Grund.

Meine Damen und Herren, am Schluss noch einmal eine Anmerkung zu den Förderschulen. Ich will das noch einmal gerade rücken, weil auch das offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen wird. Im aktuellen Haushalt, den wir vor zwei Tagen beschlossen haben, ändert sich die Schüler-Lehrer-Relation für Förderschüler in Sachsen von bislang 6,4 auf 5,7. Ich verstehe nicht, Frau Falken, wie Sie herleiten können, dass das eine Verschlechterung im Blick auf die Versorgung an Förderschulen sein soll.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Gehen Sie mal an Förderschulen!)

Wir haben den Flexibilisierungsvermerk in den Haushalt mit eingefügt, so dass die Möglichkeit besteht, bedarfsgerecht Stellen im Sinne der Förderschulen umzuwidmen. Das Problem, Frau Falken, das Sie im Blick auf die Grundschullehrer angesprochen haben, sehen wir genauso.

(Cornelia Falken, PDS, steht am Mikrofon.)

Lesen Sie bitte in diesem Zusammenhang den Haushaltsvermerk, dass nämlich dort, wo Abordnungen stattgefunden haben und in den nächsten zwei Jahren aufrechterhalten werden, die Kollegen eine Versetzung bekommen – also keine Abordnung, sondern eine richtige Versetzung – und damit die Möglichkeit besteht, für die Kollegen Fort- und Weiterbildungsangebote zur Verfügung zu stellen. Das haben wir alles im Haushalt diskutiert. Ich bedaure, dass Sie das leugnen. – Sie haben aber noch eine Frage.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Die Förderschule ist so ausgestattet, dass es extrem problematisch ist. Ich denke, darüber müssen wir auch nicht streiten.

(Thomas Colditz, CDU: Ich habe Ihnen gerade Zahlen genannt!)

Ich frage Sie ganz konkret:

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Fragen Sie die Lehrer!)

Ist Ihnen bekannt, Herr Colditz, dass der neue Org.-Erlass, der im Entwurf vorliegt, die Mehrfachbehinderungen von

Kindern für die Gruppenbildung nur noch einfach zählt? Ist Ihnen das bekannt? Bisher ist es so gewesen, dass die Mehrfachbehinderungen auch mehrfach für die Gruppenbildung gezählt worden sind. In dem Entwurf des neuen Org.-Erlasses – ich hoffe, wir bekommen es noch weg – ist das so nicht mehr vorgesehen.

(Dr. André Hahn, PDS: Das ist „Qualitätsverbesserung“!)

Erzählen Sie mir bitte nicht, dass bei mehrfach behinderten Kindern größere Gruppen besser sind als kleinere Gruppen.

Liebe Frau Falken, ich kann es mir eigentlich nur so erklären, dass mit dem aktuellen Haushalt, den wir beschlossen haben, tatsächlich eine Verbesserung der Schüler-Lehrer-Relation an den Förderschulen einsetzt und dass mit der Verbesserung dieser Schüler-Lehrer-Relation – auch in Verbindung mit der Verbesserung der Organisation von Schule, so wie es Kollege Dulig angesprochen hat – zu Beginn des Schuljahres die Probleme, die Sie aufgeworfen haben, nicht mehr auftreten werden.

(Zuruf der Abg. Cornelia Falken, PDS)

Insofern gehe ich von einer Optimierung der Situation aus.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Ja, bitte; aber die letzte.

Frau Weihnert.

Frau Falken hatte vorhin benannt, dass beim Klinger-Gymnasium die Gebäude kilometerweit auseinander stehen. Können Sie nachvollziehen und mir Recht geben, dass mit der Zusammenlegung von zwei Gebäuden und zwei Schulen im Rahmen eines Schulverbundes, bei dem die beiden Gebäude maximal 500 Meter auseinander stehen, ein Schulstandort als solcher mit erhalten blieb und diese Behauptung von Frau Falken als solche nicht stimmt?

Frau Weihnert, das ist genau die Sicht auf die Wirklichkeit, wie sie sich tatsächlich darstellt. Ich denke, mit so einer Anmerkung konterkariert man das, was uns heute von der Opposition geboten worden ist. Insofern danke ich Ihnen für diese Anfrage. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte Herr Staatsminister Flath.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte mich zunächst bedanken bei Ihnen, Herr Dulig, bei Herrn Colditz, bei der SPD-Fraktion, bei der

CDU-Fraktion, dass Sie die Nerven behalten haben und gerade am heutigen Tag den Blick nach vorn richten, was wir im sächsischen Bildungswesen alles vorhaben.

(Beifall des Abg. Gunther Hatzsch, SPD)

Dazu gehören Mut und Kraft. Ich möchte auch den Lehrerinnen und Lehrern in Sachsen danken. Sie wurden von der Presse befragt. Ich habe noch nicht alles gelesen. Da ist veröffentlicht, dass trotz der schwierigen Situation – wenn heute in der Zeitung steht, dass eine Schule, an der unterrichtet wird, zu einer Schließung ansteht – Lehrerinnen und Lehrer erklären: Es wird keine Abstriche an der Qualität des Unterrichts geben. Sie werden bis zum letzten Tag an dieser Schule arbeiten und anschließend an einer anderen Schule.

(Dr. André Hahn, PDS: Die haben Verantwortung!)

Dann ist das wirklich aller Anerkennung wert und dafür ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich möchte mich auch – das macht man selten als Minister – bei den Medien bedanken, dass sie diesen Prozess, der ja schon über Wochen geht, der Tarifverhandlungen und Schulnetzanpassungen in einer Weise begleiten, dass wir hinterher nicht ein völlig vergiftetes Klima in diesem Land haben. Es geht um die Zukunft. Es geht bei den Anpassungen um die Zukunft des Freistaates Sachsen.

Deshalb möchte ich mich jetzt an Sie, an die PDS-Fraktion, und ganz speziell an den Vorsitzenden, Prof. Porsch, wenden. Herr Prof. Porsch, wenn Sie für dieses Land sind und wenn Sie hier im Landtag auftreten, dann, denke ich, nimmt man Ihnen das auch ab. Wenn Sie das seriös vortragen und in einem angenehmen österreichischen Dialekt, dann nimmt man Ihnen das ab, dann klingt das alles ja sehr freundlich.

Aber, Herr Prof. Porsch, ich habe Sie genau im Blickfeld bei der großen Demonstration gehabt. Ich habe auch im Blickfeld gehabt, von welchen Kindern und Jugendlichen Sie umgeben waren.