Protocol of the Session on April 19, 2005

Viertens. Erhalten – Verstetigen – Verbessern. Das ist beispielhaft zu finden in den Bereichen Soziales und Fami

lie, Kunst, Kultur, Jugend, Sport, Verbraucherschutz und nicht zuletzt im Bereich unserer Kommunen mit Investpauschale und FAG.

Ein anspruchsvolles Programm!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! An dieser Stelle möchte ich Sie daran erinnern, dass der reale Gestaltungsspielraum, die so genannte freie Spitze, des vorliegenden Haushaltsplanentwurfs bei lediglich 722,4 Millionen Euro für 2005 bzw. 923,7 Millionen Euro – runden wir ruhig auf: bei einer Milliarde – für 2006 liegt. Im Klartext: Nur über etwa 5 % des Budgets können wir heute, morgen und übermorgen frei abstimmen. Vor diesem Hintergrund sind die insgesamt 175 Millionen Euro im Jahre 2005 und die 193 Millionen Euro im Jahre 2006, die von den sächsischen Sozialdemokraten mit den Koalitionsvereinbarungen finanzwirksam erkämpft worden sind, ein Erfolg.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren! Zum ersten Mal seit mehreren Jahrzehnten liegt dem Sächsischen Landtag heute wieder ein Haushalt zur Diskussion und Beschlussfassung vor, der von einer Koalitionsregierung eingebracht wurde. Anstrengende Wochen mit zähen Verhandlungen in den einzelnen Phasen und Gremien nicht nur von Staatsregierung, sondern von zwei politischen Partnern liegen hinter uns. Herr Hähle hat das schon angedeutet.

In diesem Zusammenhang möchte ich mich bei allen Vertretern der demokratischen Fraktionen für die sachliche Zusammenarbeit bedanken. Für mich war es das erste Mal. Für mich war das ein ganz spannendes Erlebnis. Ich weiß nicht, wie Haushaltsverhandlungen früher geführt wurden. Es gibt da die vielfältigsten Bemerkungen. Ich weiß nur, die Beratungen zum Doppelhaushalt 2005/2006 fanden in einer zwar angespannten, aber trotzdem angenehmen und konstruktiven – man kann auch vielleicht sagen, zum Leidwesen der Medien – unspektakulären Atmosphäre statt. Die Vertreter der demokratischen Oppositionsfraktionen werden es mir nachsehen, wenn ich an dieser Stelle ganz besonders Herrn Uwe Albrecht und seinen Mitarbeitern, hier besonders Herrn Klowka, für die geleistete Unterstützung und vertrauensvolle Zusammenarbeit danke. Danke, Herr Albrecht.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte Herrn Finanzminister Metz trotz des Beschusses zum Thema Sachsen LB, vielleicht auch gerade deshalb, mit seinem Ministerium, Herrn Staatssekretär Dr. Voss und Herrn Dietrich aus diesem Dank nicht aussparen.

Herr Metz, Sie gratulierten mir nach der letzten HFA-Sitzung zum ersten erfolgreichen Doppelhaushalt. Herr Minister, meine Damen und Herren, Sie können sicher sein, das war nicht der letzte Koalitionshaushalt. Diese Koalition steht.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Die Haushaltsberatungen waren nicht nur sachlich, sie waren im Vergleich zu den vergangenen Jahren auch

von diversen Neuheiten gekennzeichnet, die etwas Leben in die tendenziell eher trockene Finanzpolitik brachten. Da wäre aus meiner Sicht als Erstes die Einführung – bildlich gesprochen – des Vier-Augen-Prinzips. Jeder, der mit Buchhaltung zu tun hatte, kennt das. Das hat sich bereits in den wenigen Monaten seiner Existenz bewährt. Vier Augen sehen eben nicht nur mehr als zwei. Das Vier-Augen-Prinzip bringt auch mehr Flexibilität, Sicherheit, aber auch Kompromissbereitschaft und Toleranz für die Belange des jeweilig anderen.

Neu war auch der Umgang mit den Anträgen der demokratischen Opposition, die nicht mehr – so ließ ich mir sagen – wie üblich pauschal dritter Klasse beerdigt wurden. Die frühzeitigen Hinweise, besonders von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP, wurden registriert, aufgegriffen und wo sinnvoll auch berücksichtigt. Besonders hervorheben möchte ich hier den professionellen Arbeitsstil von Frau Hermenau, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Beifall bei der SPD, der CDU und den GRÜNEN)

Ich bin außerordentlich zuversichtlich, dass sich dieses positive Arbeitsklima 2006 mit den Arbeiten am Doppelhaushalt 2007/2008 verstetigen wird.

Stichwort Haushalt 2007/2008: Damit sind wir sofort beim Thema Haushaltsrisiken und zukünftige Herausforderungen. Dieser Koalition muss klar sein, der Haushalt 2005/2006 war eine Bewährungsprobe. Wichtig und richtig ist, wir haben sie bestanden. Vom vorliegenden Doppelhaushalt wird es wahrscheinlich später einmal heißen, er sei ein durchschnittlicher Haushalt gewesen, schwieriger und grausamer zwar als sein Vorgänger, jedoch einfacher und freundlicher gegenüber dem Nachfolger für 2007 und 2008. Deshalb müssen wir bereits jetzt die Scheinwerfer auf Fernlicht stellen.

An erster Stelle möchte ich auf das Problem der demografischen Entwicklung eingehen. Es wurde schon vielfach erwähnt. Die Auswirkungen des Bevölkerungsrückganges und die Änderung in der Bevölkerungsstruktur haben weitreichende Konsequenzen, die sich lawinenartig verstärken und in allen Politikfeldern wirken. In allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens – ich betone: in allen Bereichen –, der Infrastruktur unseres Zusammenlebens oder im Bau, Wohnungswesen, bei der Stadtentwicklung, im ländlichen Raum, im Arbeitsmarkt, im Bereich unserer sozialen Systeme, bei Staatseinnahmen, aber auch in den Bereichen Kunst, Kultur, Sport und Vereine haben wir gravierende Auswirkungen zu bewältigen. Am Beispiel unseres Bildungssystems sehen wir, wie riesig diese Herausforderungen sind.

An dieser Stelle ein paar Worte zum Thema Priorität. Es ist relativ einfach, finanzwirksame Forderungen zu stellen, aber es ist eben nicht so einfach, gleich gar nicht populär, mit diesen Forderungen zu sagen, wo eben nicht der Schwerpunkt liegt, wo man Abstriche machen kann. Eben diesen letzten Bereich, Herr Porsch, habe ich in der gesamten Zeit der Haushaltsberatungen im Ausschuss bei den Vorschlägen der PDS vermisst.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Eine Frage an dieses Haus: Man kann mich ja gern lehren, ob etwas an mir vorbeigegangen ist. Ich kenne keinen alternativen Haushaltsentwurf der PDS. Ich kenne 60 und ein paar mehr Änderungsanträge und fünf Deckungsvorschläge, insbesondere aus dem Einzelplan 15. Wissen Sie, was Sie dort machen? Sie greifen dort pauschal hinein, um 200 Millionen Euro über den Kamm durch alle Ministerien zu kürzen.

(Karl-Friedrich Zais, PDS: 250 Millionen Euro!)

Das nehmen Sie zur Deckung Ihrer Vorschläge. Wenn das ein alternativer Haushalt ist, Herr Porsch, dann ist Ihre Glaubwürdigkeit genauso groß, als ob der Teufel Amen sagt, – –

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Herr Pecher, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

– um bei dem Konklave zu bleiben, was heute schon mehrfach angesprochen wurde.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS, steht am Mikrofon.)

Herr Pecher, ich hatte Sie gefragt, ob Sie eine Zwischenfrage gestatten!

Da ich vorhin schon gemerkt habe, dass das Herr Porsch ungern macht, lasse ich das jetzt nicht zu. Ich will ihn nicht in Bedrängnis bringen. Die zweite große Herausforderung, auf die ich an dieser Stelle auch eingehen möchte – mehrfach auch angesprochen – ist, das ist auch bekannt, dass die Solidarpakt-IIMittel des Bundes planmäßig zurückgehen werden. Wir haben jetzt noch die Möglichkeit, uns darauf vorzubereiten. Der Weg, die Neuverschuldung zurückzufahren, wird sich als der einzig richtige erweisen. Hierzu hat sich die SPD im gesamten Verfahren positioniert. Eine Erhöhung der Neuverschuldung kommt nicht infrage. Wir halten den vom Finanzministerium gemachten Vorschlag, die in den Ausschüssen beschlossenen zusätzlichen Ausgaben aus den Zinstiteln zu erwirtschaften, für die richtige Vorgehensweise, denn alles andere wäre weggenommenes Geld in anderen Bereichen. Das muss man einmal klipp und klar sagen. So nehmen wir es den Banken weg.

Zu den Lösungsansätzen: Zu den Herausforderungen gehören auch Lösungen.

Erster Lösungsansatz Verwaltungsreform: In der laufenden Legislaturperiode wird eine der wesentlichsten Aufgaben darin bestehen, die überfällige Verwaltungsreform mit den Bestandteilen Organisations-, Funktional- und Gebietsreform auf den Weg zu bringen. Aus ihr heraus müssen in den nächsten Jahren die Ressourcen freigesetzt werden, um die demografischen Problemstellungen beherrschen zu können und um einen modernen Staat Sachsen zu formen: bürgerfreundlich, bürokratiearm, effektiv und schnell, nicht nur aus Finanzer-Sicht, letztlich zukunftsorientiert und kostengünstig.

Uns ist klar, dass diese notwendige Reform keine vergnügungssteuerpflichtige Angelegenheit wird, aber sie

ist dringend notwendig. Es ist ein offenes Geheimnis: Das erklärte Ziel der sächsischen Sozialdemokraten bleibt, bei der Umsetzung der Reform die kommunale Ebene zu stärken.

Zweiter Lösungsansatz Finanzausgleichsgesetz, FAG: Mit dieser Verwaltungsreform einhergeht: Es muss die bereits vom Parlament verabschiedete Erarbeitung des Finanzausgleichsgesetzes für 2007/2008 umgesetzt werden. Diese Überarbeitung wird weit über das hinausgehen, was in der Vergangenheit vielleicht diskutiert wurde. Es ist der zweite wichtige Schritt, für die zukünftigen Herausforderungen fit zu werden. Ganz kurz folgende Schwerpunkte: Analyse der Aufgaben bei den Kommunen mit der klaren Zielsetzung einer Ausgabenentlastung; einhergehen damit muss ein Einsatz von zukünftigen investiven Zuweisungen des Landes in Verbindung mit öffentlichen PPP-Modellen zur Aktivierung privaten Kapitals; drittens Abbau der Bugwelle. Es ist nun einmal nicht vernünftig, 350 Millionen Euro neue Kredite aufzunehmen, 350 Millionen Euro Landesgeld den Kommunen zu stunden.

Viertens müssen natürlich die Effekte aus einer Verwaltungs- und Funktionalreform, gegebenenfalls Gebietsreform, im FAG 2007/2008 eingearbeitet werden.

Zum dritten großen Lösungsansatz Stellenabbauplan: Sie wissen, dass mit diesem Haushaltsentwurf der Stellenabbauplan der Staatsregierung ausgereicht wurde. Er ersetzt nicht ein interministerielles Funktions- und Personalentwicklungskonzept. Dies ist noch auf den Weg zu bringen. Dies wollen wir uns auch auf die Fahne schreiben. Dessen ungeachtet ist dieser Stellenabbauplan ebenso notwendig wie schwierig umzusetzen, wie wir gerade am Beispiel der Diskussion um Lehrerstellen gezeigt bekommen.

Ich bin aber auch überzeugt, dass dieser Stellenabbauplan – im Übrigen über 700 Stellen außer Forstbetrieben und Lehrern – besonders in der Ministeriumsbürokratie einen gewissen Handlungsdruck aufmacht und damit Bewegung erzeugen kann.

(Widerspruch des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Ich war wohl im Ausschuss die ganze Zeit auf dem falschen Dampfer, was das Thema Deckungsvorschläge der PDS-Fraktion betrifft. Da muss irgendetwas an mir vorbeigerauscht sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem vorliegenden Doppelhaushalt hat die SPD-Fraktion ihren Beitrag dafür geleistet, dass der Freistaat Sachsen die Aufgaben der nächsten zwei Jahre meistern und auch die mittel- und langfristigen Herausforderungen angehen kann. Natürlich, und das gehört zur Wahrheit, gibt es auch Bereiche, in denen wir zurückstecken mussten. Wir mussten uns die in 2003/04 für 2005 beschlossenen – also vor der Koalitionszeit – kw-Vermerke – für den, der es nicht weiß: künftig wegfallende Stelle – auf die von uns erreichten zusätzlichen 800 Grundschullehrerstellen anrechnen lassen. Das heißt, wir haben über 170 bereits gelöschte Stellen aus diesen 800 reaktiviert. In der Computerbranche würde man sagen: aus dem Papierkorb geholt.

Die Aufstockung im Grundschulbereich auf insgesamt 6 934 Stellen ist auch nur für drei Schuljahre verstetigt worden anstatt, wie von uns gefordert, für vier Jahre. Wir mussten angesichts der demografischen Tatsachen und der unbestreitbar vorhandenen guten Schüler-Lehrer-Relation in Sachsen die Pläne des Kultus- und des Finanzministeriums im Mittelschul- und Gymnasialbereich akzeptieren.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Mehr Lehrer für kleinere Klassen!)

Wir mussten akzeptieren, dass offensichtliche Probleme der Effektivität im Bereich Kultus nicht mit haushaltstechnischen Mitteln zu lösen sind. Ich nenne Schulnetzplanung, Stundenzahl, Klassenstärke etc.

Dann hört es aber auch schon auf mit dem Zurückstecken. Vergegenwärtigen wir uns noch einmal: Auf der Habenseite stehen in der Koalitionsvereinbarung von der SPD-Fraktion durchgesetzte zusätzliche Mittel in Höhe von rund 175 Millionen Euro 2005 und 193 Millionen Euro 2006. Dazu kommen die in der Summe aller Einzelpläne in den Koalitionsarbeitskreisen und zuletzt im Haushaltsentwurf des Finanzausschusses herausgearbeiteten zusätzlichen Mittel in Höhe von 18 Millionen Euro 2005 und 22 Millionen Euro 2006.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Fraktionsvorsitzender Cornelius Weiss hatte bei der Eröffnungsdebatte bereits darauf hingewiesen, dass es die alten Phönizier leider versäumt hatten, genug von diesem komischen Geld zu erfinden. Aber jetzt einmal ehrlich: Die Kunst besteht doch nicht darin, Geld auszugeben. Ich gehe davon aus, dass das jeder kann. Die Kunst besteht vielmehr darin, mit dem zur Verfügung stehenden Geld die für die Zukunft unseres Landes wesentlichen Aufgaben zu lösen. Ich glaube, dass der vorliegende Koalitionshaushalt diesem Anliegen gerecht wird.

Meine Damen und Herren! Mit uns Sozialdemokraten hat dieser Haushalt eine klare Schwerpunktsetzung. Lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen. Der Schwerpunkt liegt auf Bildung, Jugend und Familie. In dem Bereich liegt unserer Meinung nach schlichtweg die Zukunft. Es stehen Finanzmittel für rund 1 000 neue Stellen im Grund-, Berufs- und Förderschulbereich, für Einführung des Schulvorbereitungsjahres, Anhebung der Kita-Pauschale, schulische Ganztagsangebote, Schulhausbau, Kita-Investitionsprogramm, Verbesserung der Bedingungen an unseren Hochschulen und Berufsakademien und Sicherung der Volkshochschulen zur Verfügung. Während man andernorts Leistungskürzungen und Angebotsreduzierung plant oder diese schon längst realisiert hat, werden wir mit dem vorliegenden Haushaltsansatz in all den vorgenannten Bereichen das gegenwärtige Niveau verbessern.

(Beifall bei der CDU)

Mehr als 70 % der finanzwirksamen Ergebnisse der Koalitionsvereinbarung stecken in dieser Zukunft.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schwerpunkt Wirtschaft, Forschung und Arbeit. Zum Schwerpunktthema Wirtschaft und Arbeit wäre festzustellen, dass kein neues Bundesland auch nur annähernd so viel

investieren kann wie Sachsen. Der Mittelansatz Gemeinschaftsaufgabe und Regionalentwicklung liegt bei rund 1,27 Milliarden Euro. Damit steht die Wirtschaftsförderung in Sachsen auf sicheren Füßen. Wir werden die erforderlichen Eigenmittel zur Verfügung stellen, damit auch in den kommenden Jahren sämtliche von der EU und dem Bund für die Wirtschaft bereitgestellten Fördermittel abgerufen werden. Sollten andere Bundesländer nicht abrufen, so gibt es die klare Zusage des Finanzministeriums, dass man in der Lage ist, diese Ströme in den Freistaat umzulenken.