Frau Kollegin, können Sie vielleicht einmal sagen, welche Straßen in Sachsen in der Vergangenheit nicht oder falsch gebaut wurden bzw. nicht gebaut hätten werden dürfen? – Ganz konkret: welche nicht?
Wir haben hier als PDS öfters eingefordert, dass es eine Evaluation gibt, welche Wirkung die einzelnen Straßen haben. Wir haben nachgefragt, welche Wirkung das hat. Es waren die CDU und die Staatsregierung, die uns diese Evaluationsarbeit, die ein Ministerium einfach leisten muss – dazu haben Sie einen Apparat –, verweigert haben. Aber wir werden weiter dranbleiben, genau diese Evaluierung vom Ministerium einzufordern.
Gestaltende Verkehrspolitik kann einen Beitrag leisten – zum Gesundheitsschutz, zum Umweltschutz und zum Klimaschutz. In Sachsen wird leider keine gestaltende Verkehrspolitik geführt und geleistet; nein, wir begrenzen uns darauf, einfach nach mehr Straßen zu rufen.
Mehrere meiner Vorredner haben bereits das Thema Schülerverkehr angesprochen und die CDU ist nicht müde geworden zu behaupten, dass es sich bei all dem Trubel um Unnötigkeiten und um Quatsch gehandelt hat. Meine Damen und Herren, als ich zum ersten Mal die Öffentlichkeit darüber informiert habe, dass die Staatsregierung in ihrem Entwurf vorhat, die Zuschüsse für den Schülerverkehr zu halbieren, schallte mir sofort vonseiten der CDU entgegen, das sei Quatsch. – Wenn das wirklich alles nur Quatsch gewesen wäre, dann frage ich mich, warum Sie mit einer Unzahl von Änderungsanträgen 30 Millionen Euro im Verkehrshaushalt hinund hertransportiert haben. Wenn es sich dabei wirklich um Quatsch gehandelt hätte, dann hätten Sie doch den Haushaltsentwurf so lassen können, wie er gewesen ist. Das haben Sie aber nicht, und Sie hatten guten Grund dafür.
Allerdings muss ich sagen, dass die vielen Änderungen, die Sie vorgenommen haben, am Ende vielleicht Staub aufgewirbelt haben – wenn auch keinen Feinstaub –, aber letztendlich nichts als reiner Schmu waren. Sie haben nämlich schlicht und einfach nur die Einnahmentitel verändert. Sie haben Gelder, die uns laut Regionaisierungsgesetz zugewiesen werden, einfach hin- und hergeschoben. Diese Regionalisierungsmittel sind nun
einmal Bundesmittel, die wir nicht einfach nach Belieben, wie es uns gerade mal in den Kram passt, verschieben können. Die Verwendung dieser Gelder ist in einem Bundesgesetz festgeschrieben; ich habe es Ihnen einmal mitgebracht. § 7 Regionalisierungsgesetz besagt: „Mit dem Betrag ist insbesondere der Schienenpersonennahverkehr zu finanzieren.“ – Der Schienenpersonennahverkehr ist damit zu finanzieren und es sind nicht irgendwelche Haushaltslöcher zu stopfen, die entstanden sind, weil Sie eben dort nicht einplanen wollen.
Nun reden Sie sich ja gerne heraus, meine Damen und Herren von der CDU, Sie würden gern mehr Geld für den ÖPNV einplanen, aber leider reiche das Geld nicht aus.
Nicht nur im Bereich des Schülerverkehrs – tut mir Leid, Herr Eggert – kann ich Ihnen diese Ausrede nicht durchgehen lassen. Wir haben als PDS ganz konkrete, seriöse Deckungsvorschläge genannt. Zum Beispiel sind im Einzelplan 09 16 Millionen Euro für Maßnahmen zur Gefahrenabwehr eingeplant. Diese 16 Millionen Euro sind eingeplant, falls das SVZ Schwarze Pumpe in Insolvenz geht. Inzwischen ist aber bekannt, dass es Verkaufsverhandlungen gibt, bei denen es in der Endrunde drei interessierte Käufer gibt. Hier können wir sagen, diese 16 Millionen Euro hätte man auch für den Schülerverkehr einplanen können.
Weiterhin konnte mir im Ausschuss keiner der so genannten Fachleute erklären, warum sie im staatlichen Hochbau ausgerechnet in den Wahljahren 2004 und 2006 den Titel noch einmal um 27 Millionen Euro aufgestockt haben. Diese 27 Millionen Euro hätte man wesentlich sinnvoller für den Schülerverkehr und den Bus- und Bahnverkehr verwenden können.
Meine Damen und Herren, Sie hätten also die Regionalisierungsmittel nicht zweckentfremden müssen. Dass es sich hier um eine klare Zweckentfremdung handelt, ist klar, und ich erinnere die Damen und Herren der SPDFraktion noch einmal daran: Es gab Haushaltsverhandlungen, bei denen das einzige Anliegen von Frau Raatz darin bestand, dass die Regionalisierungsmittel nicht zweckentfremdet für den Schülerverkehr verwendet werden. Jetzt wird unter einem SPD-Minister in ganz besonderer Unverfrorenheit genau diese Zweckentfremdung durchgezogen.
Das größte Dilemma an Ihren ganzen Änderungsanträgen ist aber, dass in der Summe – das ist uns schon sehr
ausführlich dargelegt worden – kein Euro mehr für Bus und Bahn eingeplant wird. Ich habe das Ganze noch einmal wunderbar in einer Tabelle für Sie aufgelistet. Wenn man nach dem ganzen Hin- und Hergeschiebe herausnimmt, was an Geld für Bus und Bahn zur Verfügung steht, so ist es nicht mehr und im Vergleich zu den Vorjahren sogar noch weniger.
Frau Kollegin Kipping, heute stand in der Zeitung, dass der ZVON Verkehrsleistungen der Deutschen Bahn AG für die Strecken Dresden–Görlitz, Dresden–Zittau und Görlitz-Hoyerswerda bestellt hat. Sind Sie der Meinung, er hätte das auch getan, wenn er sich nicht mit genügend Regionalisierungsmitteln ausgestattet gefühlt hätte?
Ich bin vor allen Dingen der Meinung, dass die Zweckverbände noch viel mehr und viel verdichteteren Takt hätten bestellen können, wenn ihnen die Regionalisierungsmittel sicher zustehen. Und wenn Sie gerade die Zweckverbände ansprechen: Wissen Sie, was das für ein Schock für die Zweckverbände war? Sie fühlen sich nämlich von der Staatsregierung überhaupt nicht informiert. Die Zweckverbände mussten bei der Opposition anfragen, wie denn nun der Stand ist.
Niemand hatte sie informiert – das ist leider die Realität, die Sie auch nicht mit höhnischem Lachen wegdiskutieren können.
Das ist kein Märchen, das ist Realität. Unterhalten Sie sich einmal mit den Zweckverbänden. Die Staatsregierung hat einen Haushaltsentwurf vorgelegt, in dem klar Gelder gekürzt waren, und Sie haben die Zweckverbände darüber nicht informiert, sondern haben sie weiter in ihren üblichen Planungen vorgehen lassen.
Meine Damen und Herren, es nützt dem Schülerverkehr überhaupt nichts, wenn am Ende das Geld fehlt, um die Busfahrer zu bezahlen, um neue Busse anzuschaffen, um die Haltestellen zu sanieren, wenn am Ende das Geld fehlt, um den Sprit zu bezahlen, um die Verkehrsleistungen zu finanzieren.
Herr Jurk, Sie haben sich auf meine Nachfrage im Ausschuss ganz deutlich hinter die ganzen Anträge der Koalition gestellt, und Sie haben sich damit dafür ausgesprochen, dass Bus und Bahn weiterhin ans finanzielle Gängelband gelegt werden. Wenn also in den nächsten Jahren die Ticketpreise für Bus und Bahn hochgehen, wenn es in den nächsten Jahren zu Einschränkungen kommt, dann tragen Sie die politische Verantwortung dafür.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In diesen Tagen wirbt eine sächsische Behörde mit einer Postkarte, auf der ein kahler roter Felsen, der aus einer baumlosen Steppe aufragt, abgebildet ist; ich habe sie gerade Herrn Staatsminister Jurk übergeben.
Man denkt an den Ayers Rock in der australischen Wüste. Beim zweiten Hinsehen erkennt man den Lilienstein in der Sächsischen Schweiz. Die Postkarte weist auf die neue Info-Homepage des Landesamtes für Umwelt und Geologie zum Klimawandel in Sachsen hin. Die Postkarte zeigt offenbar, wie der Lilienstein und die Sächsische Schweiz in 50 oder 100 Jahren aussehen können.
Meine Damen und Herren! Das drängendste Umweltproblem unserer Zeit mit dem größten Schadenspotenzial für Millionen von Menschen ist die Aufheizung der Erdatmosphäre und der Klimawandel. Der Treibhauseffekt wird durch den Menschen gemacht: durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Öl, Benzin oder Gas. Da die Energie- und Verkehrspolitik beim Wirtschaftsminister, Herrn Jurk, ressortiert, ist diese Rede auch an dieser Stelle zu halten. Wir müssen an diesen Etat wie an den gesamten Haushalt den Maßstab anlegen, ob er in ausreichender Weise versucht, den Klimawandel zu begrenzen.
Was haben wir zu erwarten? Das IPCC, ein Beratergremium der UNO, sagt einen Anstieg der globalen Mitteltemperatur, gemessen von heute, um 1,4 bis 5,8 Grad Celsius bis zum Jahre 2100 voraus. Wohlgemerkt – Herr Eggert, auch wenn Sie jetzt herausgehen, rufe ich es Ihnen hinterher –:
Wir haben nicht mehr die Möglichkeit, die Erwärmung des Erdklimas aufzuhalten. Wir haben nur noch die letzte Chance, den Klimawandel so abzubremsen, dass abrupte Klimaumbrüche mit katastrophalen Folgen vielleicht noch vermieden werden können. Dies setzt allerdings heute ein entschlossenes Umsteuern voraus. Auch Sachsen wird betroffen sein, auch wenn Herr Eggert die Bühne verlässt.
Darauf weist die Kampagne des Landesamtes für Umwelt und Geologie hin. Das Landesamt prognostiziert als optimistisches Szenario bis 2050 eine Steigerung des Jahresmittelwertes der Temperatur um 2,4 Grad. Die Niederschläge werden vor allem in Nordsachsen in der Vegetationsperiode stark zurückgehen.
In dem pessimistischen Szenario, das nach dem heutigen Trend leider viel wahrscheinlicher ist, wird der Jahresmittelwert um 3,2 Grad zunehmen und die Niederschläge um 20 % abnehmen. Was das bedeutet, kann sich jeder Land- und Forstwirt vorstellen.
Aber auch Extremereignisse wie die Flut 2002 oder die Dürre 2003 werden viel wahrscheinlicher. Das Landesamt prognostiziert: Bei diesem Szenario muss in Sachsen mit drastischen Veränderungen des Klimas gerechnet werden. Herr Lehmann, Seite 34 des Berichts vom Februar 2005 – lesen Sie nach!
Was ist zu tun? Die Klimarahmenkonvention verlangt eine Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auf einem Niveau, das keine gefährlichen Veränderungen der Lebensbedingungen bewirkt. Die Wissenschaft nimmt einen gefährlichen Eingriff an, wenn die globale Durchschnittstemperatur um mehr als 2 Grad Celsius über den vorindustriellen Wert ansteigt. Seit der Zeit um 1850 ist die globale Mitteltemperatur bereits um 0,6 Grad gestiegen. Wir können uns daher nur noch einen Anstieg von höchstens 1,4 Grad leisten. Wir müssen also die Co2-Konzentration der Atmosphäre bei etwa 450 Parts per Million stabilisieren. Wir müssen daher, gemessen am Basisjahr 1990, die CO2-Emission bis 2012 um 25 %, bis 2020 um 40 % und bis 2050 um 80 % senken, und zwar weltweit.
Erstens. Sachsen verfügt nicht über Klimaschutzziele, die auch nur entfernt geeignet wären, das notwendige Begrenzungsziel zu erreichen.
Zweitens. Sachsen verfügt auch nicht im Entferntesten über eine Minderungspolitik, die diese notwendigen Ziele erreichen könnte. Das sächsische Klimaschutzprogramm von 2001 sieht eine Minderung der Emissionen um zweieinhalb Millionen Tonnen bis 2010 vor. Durch die Inbetriebnahme von Lippendorf und Boxberg werden pro Jahr aber allein 14 Millionen Tonnen CO2 oder 15 % mehr in die Luft geblasen. Wenn Sie aber zweieinhalb Millionen Tonnen bis 2010 einsparen wollen, dann sind das gerade einmal 20 % der Steigerung, die durch die Braunkohlenkraftwerke neu eingetreten ist. Gemessen an den sächsischen Gesamtemissionen sind es gerade einmal 5 %. Das entspricht nicht einmal ansatzweise den umweltpolitischen Notwendigkeiten.
Die CO2-Emissionen aus der Braunkohle machen nicht weniger als 60 % der sächsischen Gesamtemissionen aus. Der Verkehrsbereich, Ihr zweiter Bereich, trägt zu weiteren 25 % der Emissionen bei. Eine Klimaschutzpolitik, die diesen Namen verdient, muss sich also zwingend die Minderung der Emissionen im Energie- und Verkehrssektor zum Ziel setzen.