Protocol of the Session on June 25, 2009

Die Zeche bezahlen vor allem die Entwicklungsländer. Sie erhalten keine Kredite mehr. Der Protektionismus der reichen Länder bringt ihre Exporte zum Erliegen. Die Anzahl der Hungernden könnte eine Milliarde übersteigen. Es drohen Destabilisierung, Unruhen und das Scheitern von Staaten.

Meine Damen und Herren! Die zweite Lehre lautet: Die Entwicklungspolitik in der Dritten Welt ist weiterzuführen. Unsere Märkte müssen für Exporte aus diesen Ländern geöffnet werden. Protektionismus schadet besonders dem Exportweltmeister Deutschland und den armen Entwicklungsländern.

Wer zahlt die Zeche in Deutschland? Bezahlen werden diejenigen, von denen etwas zu holen ist. Bezahlen werden die Steuerzahler, die Sparer, die Unternehmen, die Unternehmer und ihre Belegschaften, Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft, die Besitzer von Produktionsmitteln, um in Ihrer linken Terminologie zu bleiben, und die Besitzer von Arbeitsplätzen. Bezahlen werden die Mittelschichten, die Leistungsträger dieser Gesellschaft.

Das sind gerade diejenigen, denen die Linken in diesem Land – nicht nur in der Linkspartei – immer neue Lasten aufbürden wollen.

Sozial Schwache und arbeitslose Hartz-IV-Empfänger, also alle, die von Transferleistungen leben, sind vorerst, meine Damen und Herren, nicht betroffen. Sie werden sogar in der jetzt einsetzenden Deflation von den sinkenden Preisen profitieren.

Auch Rentner können sich über eine kleine Rentenerhöhung freuen. Solange die Inflation, meine Damen und Herren, nicht alles auffrisst, verschlechtert sich deren Situation vorerst nicht.

Die mittleren und oberen Schichten der Gesellschaft zahlen den Löwenanteil der Steuern. Der Staat spannt Rettungsschirme aus 480 Milliarden Euro für Bürgschaften und Rekapitulierung von Banken auf. Er muss den Kreditkreislauf in Gang halten. Zur Rettung dieser systemrelevanten Banken gab es keine Alternative. Genauso war es richtig, dass der Staat ein Konjunkturpaket geschnürt hat.

Meine Damen und Herren! Der Staat holt sich natürlich das Geld zurück.

(Oh-Rufe bei der Linksfraktion)

Er verschuldet sich. Oder besser: Er verschuldet uns, und zwar unsere Kinder und Enkel. Deshalb war es richtig, dass Angela Merkel die Sicherheit der Spareinlagen garantiert hat. Denn die Bekämpfung der Inflation, meine Damen und Herren, ist für uns in der deutschen Politik genauso wichtig wie die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, da eine Finanz- und Wirtschaftskrise zur Krise unseres freiheitlichen demokratischen Staates werden kann, wenn die Leistungsträger demotiviert und Generationen um die Früchte eines langen Arbeitsweges betrogen würden.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion)

Arbeitslosigkeit und Inflation sind gleichermaßen zu bekämpfen. Darum bemüht sich nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die internationale Gemeinschaft.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abg. Brangs das Wort; bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt sicherlich eine Vielfalt von Gründen, eine solche Debatte zu führen. Ein Grund dafür ist, dass am 16. Mai viele Tausend Menschen zum Europäischen Aktionstag demonstriert haben. Aber natürlich ist es auch so, dass wir die Krise in unserem Land als eine Krise erleben, die im Wesentlichen eine Systemkrise ist; denn eines muss man feststellen: Es geht nicht nur um die Finanz- oder Gütermärkte, sondern vor allem um den Arbeitsmarkt. Dass wir in der Finanzkrise Schutzschirme aufbauen und mit über 480 Milliarden Euro ein Konjunkturprogramm I und II auflegen, ist eine angemessene und richtige Antwort.

Aber im Wesentlichen geht es um das Aufspannen eines Schutzschirmes für Ausbildung und Beschäftigung. Das ist etwas, was wir nicht vernachlässigen dürfen. Insofern ist auch die Sicherung der Arbeitsplätze richtig. Ich habe vernommen, dass hier in Sachsen der Wirtschaftsminister durchaus bereit ist, bei dem Stichwort Quelle/Arcandor zu sagen: Sachsen ist bereit zu helfen, wenn es ein gesichertes Konzept gibt und es darum geht, Bürgschaften des Staates zu leisten.

Ich hoffe auch, dass andere diesem Beispiel folgen und es nicht wieder daran scheitert, dass der Bundeswirtschaftsminister dazwischenfunkt, der scheinbar Insolvenz vor Arbeitsplatzsicherheit sieht.

(Angelika Pfeiffer, CDU: So ein Quatsch!)

Insofern ist es richtig. Die Aufgabe der Banken ist die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten. Vor allem ist es wichtig, dass wir das Kasino beenden, welches dort

stattgefunden hat. Es muss daher ganz wichtig sein, die Hilfen für die Banken nicht ohne Bedingungen zu geben. Wir wollen im Wesentlichen Beschäftigungsgarantien und eine dauerhafte Mitsprache, wenn es um die Eigentumsanteile geht. Dabei schließe ich nicht aus, dass bei den Hilfen für Banken durchaus darüber nachgedacht werden muss, ob sich nicht der Staat daran beteiligen und dafür Gegenleistungen fordern kann.

(Angelika Pfeiffer, CDU: Allerdings!)

Insofern ist die klare Ansage: Eine Bankenrettung ohne Gegenleistung ist keine Rettung. Eine Bankenrettung ohne Beschäftigungsgarantien und Mitsprache ist auch keine Rettung.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Viele Menschen im Land fragen sich: Wer soll das alles bezahlen? Wer ist dafür verantwortlich? Ich glaube, wir müssen diejenigen zur Kasse bitten, die die Krise mit verursacht haben. Wir dürfen diese Kosten nicht auf die Krise abwälzen. Es darf nicht dazu kommen, dass wir diese Krise dazu nutzen, Sozialkürzungen zu fordern und umzusetzen.

(Kerstin Köditz, Linksfraktion: Richtig! – Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Wir müssen vor allen Dingen dazu übergehen, eine Politik zu betreiben, in der diejenigen mehr zahlen, die breitere Schultern haben und dass diejenigen mit Vermögen in unserem Land – dieses Land hat dazu beigetragen, dass sie das Vermögen erwirtschaften konnten – daran beteiligt werden. Wenn es dem Staat schlecht geht, müssen sie ihren Anteil dazu leisten. Das ist eine Frage der Umverteilung. Hier geht es ganz klar um die Wiedereinführung einer Vermögensteuer,

(Beifall bei der Linksfraktion)

um höhere Erbschaftsteuern und darum, im Rahmen des Steuervollzugs das eine oder andere zu regeln, um Schlupflöcher zu schließen.

(Angelika Pfeiffer, CDU: So können wir nicht mehr koalieren!)

Bleiben Sie ganz ruhig, Kollegin, im Herbst kann es noch schlimmer kommen! Wenn Sie mit der Spaßpartei weitermachen wollen, werden Sie noch Ihr blaues Wunder erleben.

Wenn die Wirtschaft in den Keller saust, müssen wir über den Binnenmarkt nachdenken. Dieser wird von der Finanzkrise getroffen. Wir haben 2009 leider Gottes den stärksten Einbruch in der Geschichte der Bundesrepublik zu verzeichnen. Man kann nicht darauf setzen, mit Lohn- und Sozialdumping ausschließlich die Binnennachfrage zu strangulieren. Wer das macht, würgt den Aufschwung ab.

Es geht ebenso darum, dass wir weiter darüber nachdenken müssen, ob eine Umverteilung von unten nach oben weiterhin benötigt wird oder ob wir gerade denen helfen

sollten, die nicht dem Tarifschutz unterliegen. Wir müssen etwas für den Schutz dieses Personenkreises tun.

Ich möchte abschließend noch einen Hinweis auf etwas geben, was mir nicht gefällt: Ich sehe das Antikrisenprogramm der Linken mit sieben formulierten Zielen. Meine Kollegin Lay hat dazu schon etwas gesagt. Wenn Sie aber in Punkt 5 die Anhebung des Regelsatzes auf 500 Euro fordern und dann in Punkt 6 fordern, Hartz IV abzuschaffen, rate ich Ihnen, sich zu entscheiden: Was wollen Sie? Wollen Sie Hartz IV abschaffen, oder wollen Sie die Erhöhung?

Bei all diesen ganzen Punkten, die in Ihrem Programm stehen, fehlt eigentlich nur noch, dass jeder einen Goldbarren und ein Pony bekommt. Dann ist alles in Ordnung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Die NPD-Fraktion erhält das Wort. Herr Delle, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schön, dass auch DIE LINKE erkennt, dass das Land in einer tiefen Krise steckt. Was aber Sie, Frau Lay, uns hier mitzuteilen versuchen, klang wie die Fortführung Ihres Parteitages vom vergangenen Wochenende. Zwischen den wohlfeilen Worten hier im Haus und dem tatsächlichen Handeln Ihrer Fraktion klaffen nicht nur Welten, sondern sie stehen konträr zueinander.

(Caren Lay, Linksfraktion: Da sind wir aber gespannt, was Sie dazu sagen würden!)

Sie fordern eine sozial gerechte Krisenbewältigung und spielen auf die Finanz- und Wirtschaftskrise an. Dabei lassen Sie aber wider besseres Wissen außen vor, dass es gerade auch DIE LINKE war, die seit 2005 alle Warnungen der NPD-Fraktion – beispielsweise beginnend mit der Drucksache 4/759 vom 9. Februar 2005 zur Sachsen LB – in den Wind geschlagen hat.

(Caren Lay, Linksfraktion: Wer hat das?)

Auch war es der mittlerweile Vorsitzende der Linksfraktion, Herr André Hahn, der den Dringlichkeitsantrag der NPD-Fraktion zum Erhalt der neuen Erba LAUTEX GmbH vom 15. Mai 2005 ablehnte. Das sind nur zwei ganz frühe Beispiele, die zu Entlassungen, Arbeitslosigkeit und letztendlich Hartz-IV-Bezug führten. Statt über die Milderung – von Heilung kann man leider nicht sprechen – der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu debattieren, wäre es wohl sinnvoller gewesen, einmal den zahlreichen sozialpolitischen Anträgen der NPD zuzustimmen, damit es vielleicht erst gar nicht so weit kommt.

Meine Damen und Herren! Jeder fünfte Sachse lebt leider derzeit in Armut oder an der Armutsgrenze. Mit 19,6 % nimmt der Freistaat Sachsen nach MecklenburgVorpommern und Sachsen-Anhalt eine unrühmliche

Spitzenposition ein. Der Hauptgrund hierfür liegt in den unsäglichen Hartz-IV-Gesetzen, die DIE LINKE nur noch anpassen und nicht abschaffen möchte – so wie die NPDFraktion –, die den Menschen weder Lohn noch Brot gebracht haben. Ganz im Gegenteil: Arbeitsmarktprogramme wie ABM wurden in Sachsen massiv heruntergefahren. Stattdessen werden die Arbeitnehmer mit sogenannten Ein-Euro-Jobs weiter unter Druck gesetzt.

Während DIE LINKE lediglich unrealistische Forderungen aufmacht und jedem alles verspricht, hat die NPDFraktion in den vergangenen Jahren immer wieder sozial ausgewogene Alternativen im Landtag eingebracht:

(Caren Lay, Linksfraktion: Da lachen doch die Hühner, was Sie hier sagen!)

8,80 Euro Mindestlohn, die Besteuerung des Mindestelterngeldes durch den Progressionsvorbehalt abschaffen, das Wohneigentum als soziale Alterssicherung bewahren, eine selektive Mehrwertsteuer, Abschaffung der Praxisgebühr.

Ich erinnere an das von uns eingebrachte Sächsische Familiendarlehensgesetz, das Elterngeld als gesellschaftliche Anerkennung, Durchsetzung der eigentlich gesetzlich geregelten Lehr- und Lernmittelfreiheit. Was ich anführe, ist nur ein kleiner Auszug aus den sozialpolitischen Themenfeldern, die die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag einbrachte. Doch weder DIE LINKE noch eine andere Fraktion haben nur ein einziges Mal den Anträgen zugestimmt und somit den Sachsen das zukommen lassen, was den ihnen auch zusteht.

Meine Damen und Herren! 2,75 Milliarden Euro muss der Freistaat Sachsen im Ernstfall für die Fehlspekulationen der Sächsischen Landesbank aufbringen; 2,75 Milliarden Euro, meine Damen und Herren, die gänzlich anders zu gebrauchen wären! Ich denke beispielsweise an das Kombi-Lohnmodell, das nach unserer Ansicht Ansätze für eine gerechte Arbeitsmarktpolitik bietet: drei Jahre in einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit, bei der zudem Rentenansprüche erworben werden. Aber auch hier findet man allenfalls nur politisches Versagen; denn das KombiLohnmodell wurde lediglich als steuerfinanziertes Wahlkampfinstrument der schwarz-roten Koalition missbraucht, läuft es doch im kommenden Jahr schon wieder aus.