Vor dem Hintergrund solcher Horrorzahlen, meine Damen und Herren, ist es geradezu Wahnsinn, parallel zur Grenzöffnung auch noch die Bundespolizei im grenznahen Gebiet abbauen zu wollen.
Eine folgenlose Ankündigungsrhetorik leistete sich Herr Buttolo aber nicht nur in der Frage der Grenzöffnung, sondern auch beim Herumeiern in der Frage einer öffentlichen Täterdatei für Sexualstraftäter. Schon vor mehr als zwei Jahren, im März 2007, in der allgemeinen Erregung kurz nach dem Mord an dem neunjährigen Mitka in Leipzig,
kündigte Herr Buttolo die Einführung einer entsprechenden Datei an. Bis vor Kurzem hörte man nichts wieder davon, bis jetzt, also bis zum Zeitpunkt kurz vor den anstehenden Landtagswahlen.
Ausgerechnet jetzt, meine Damen und Herren, erinnert sich der Innenminister an seine damalige Idee einer Straftäterdatei und bringt sich medienwirksam ins Gespräch. Ein Schelm, meine Damen und Herren, wer Böses dabei denkt.
In einem kann man sicher sein: Auch jetzt wird es am Ende wieder darauf hinauslaufen, dass Herr Buttolo seine Ideen auch diesmal leider, leider – aus welchen Gründen auch immer – nicht wird verwirklichen können.
Meine Damen und Herren! Man muss es ganz klar sagen: Herr Buttolo treibt Schindluder mit dem bitterernsten Thema des Kinderschutzes. Er instrumentalisiert dieses Thema für tagespolitische Zwecke.
Herr Buttolo, wenn Ihnen so viel an der Straftäterdatei liegt, frage ich mich, warum Sie nicht entsprechende Initiativen der NPD unterstützt haben. Aber die Frage zu stellen heißt schon, sie letztendlich zu beantworten. Ihnen, meine Damen und Herren der Union, liegt eben nichts an einem besseren, an einem effektiven Kinderschutz!
Doch wie bei der möglichen Einführung einer öffentlich einsehbaren Sexualstraftäterdatei sieht es auch auf vielen anderen Politikfeldern aus. Gerade auf den wichtigsten Politikfeldern, in denen es um Sein oder Nichtsein geht, hat sich nichts getan. Der Bevölkerungszusammenbruch setzt sich mit unveränderter Dramatik und Wucht fort, die seit der Wende 1989/90 niemals abgebremst werden konnte. Alte Kulturlandschaften veröden wie zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges. Die Antwort der Staatsregierung besteht darin, das Land in Metropolregionen und Entleerungsräume aufzuteilen und die Infrastruktur aus Kostengründen zu schleifen – das alles nur, um in anderen Regionen mit Milliardensummen wolkenkuckuckshafte Leuchtturmprojekte hochzuziehen.
Maßnahmen zur Förderung junger Familien und zur Bekämpfung des Ärztemangels im ländlichen Raum – Fehlanzeige.
Maßnahmen zur Wiederansiedlung junger Familien in sächsischen Regionen, die in den letzten beiden Jahrzehn
Der Ministerpräsidentenwechsel von Herrn Milbradt zu Herrn Tillich hat an dieser Mängelliste nichts, aber auch gar nichts geändert. Sie haben in den letzten 13 Monaten Ihrer Amtszeit keinen einzigen Erfolg vorzuweisen, nicht einen einzigen. Nein, Sie haben auch noch die Halbleiterindustrie durch Ihre Untätigkeit verspielt, nachdem Georg Milbradt bereits die Landesbank verzockt hatte, meine Damen und Herren!
Der Aufstieg des Flughafens Leipzig zum wichtigsten Militärdrehpunkt der USA außerhalb des Landes fällt größtenteils in Ihre Amtszeit, ohne dass Sie in der Lage oder willens gewesen wären, den Bürgern über das Ausmaß der US-Truppenbewegungen, die über Leipzig laufen, auch nur annähernd Auskunft zu geben.
Sie, Herr Tillich, lassen es zu – und mit Ihnen die CDU –, dass von sächsischem Boden aus tagtäglich das Grundgesetz und das Völkerrecht gebrochen werden. Es ist nicht zu kaschieren, dass Sie das Opfer einer politischen Kulissenschieberei sind und von der Erblast der Milliardenbürgschaft von Milbradt erdrückt werden. Wenn Sie heute, meine Damen und Herren der Union und der SPD, von Erfolg sprechen, klingt das in den Ohren vieler Bürger nur mehr wie eine Drohung.
Schlussendlich werden auch Sie gewogen und politisch für zu leicht befunden werden; und Herr Flath, wenn Sie mal wieder mit der alten Leier vom angeblichen Investorenschreck NPD kommen, so kann ich nur erwidern: Kein einziger Investor ist doch wegen des Wahlerfolges der NPD im Jahre 2004 nicht nach Sachsen gekommen. Nein, die größte Gefahr für den Wirtschaftsstandort geht in diesem Lande doch wohl eindeutig von den Versagerparteien CDU und SPD aus.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch einmal an meine Erwiderung auf die Regierungserklärung zur Halbzeitbilanz anknüpfen, ohne dass ich auch nur eine einzige Silbe revidieren müsste: „Sie haben keine Sorge dafür getragen, dass Sachsen in allen seinen Teilen Heimat seiner Bürger bleibt – allein schon, weil es Ihnen nicht gelang, die Abwanderungswelle gerade junger Sachsen zu stoppen. Zudem hat Ihre Politik dabei versagt, einem größer werdenden und sich strukturell verfestigenden sogenannten Prekariat Zukunftsperspektiven zu schaffen. Herr Ministerpräsident, der Freistaat Sachsen steht heute leider nicht für flächendeckend gleichwertige Lebensverhältnisse, wie es der Verfassungsauftrag wäre. Sachsen steht heute leider nicht für Zukunftsfähigkeit und Familienglück, Sachsen steht heute leider nicht für soziale Gerechtigkeit und nationale Solidarität, und der Freistaat Sachsen steht heute leider auch nicht für Sicherheit durch Recht und Ordnung – ganz im Gegenteil.“
Nein, meine Damen und Herren, nein, Herr Tillich, Ihre heutige Regierungserklärung erinnert an das Blasen einer
Vuvuzela – Sie wissen schon, das sind die Plastiktrompeten, mit denen zurzeit beim Confederations Cup in Südafrika ein Höllenlärm veranstaltet wird. Ein Schwall heiße Luft, ein lautes Tröten, aber mehr, meine Damen und Herren, war und ist nicht dahinter!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Fünf Jahre Erfolg für Sachsen“ – dass Sie sich diesen Debattentitel überhaupt trauen, wundert mich schon ein wenig. Wenn Sie gesagt hätten: „Fünf Jahre – wir waren dabei“, dann hätte ich das unter Umständen noch verstanden;
aber fünf Jahre Erfolg, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen? Kann es sein, dass Sie inzwischen unter Wahrnehmungsproblemen leiden? Es würde auf jeden Fall zumindest zu den Dingen passen, die ich in letzter Zeit öfter bei der Union feststelle: leichte Realitätsverluste. Irgendwie fühle ich mich daran erinnert, was vor der Kommunalwahl in Dresden passiert ist: Noch 14 Tage vor der Kommunalwahl hat die Union in Dresden ganz laut gesagt: Wir schaffen die absolute Mehrheit! Die Zeit bis zur Wahl hat man dann dazu genutzt, um auf potenzielle Partner richtig schön draufzudreschen, und am Ende ist man bei 31 % gelandet. Ich habe in etwa eine Ahnung davon, dass das für Sie in der Union ein Déjà-vu sein könnte und dass es Ihnen nach den Landtagswahlen am 30.08. noch einmal ganz genauso gehen kann. Ein wenig mehr Bodenhaftung, meine Damen und Herren, würde Ihnen, glaube ich, allen guttun. Ich verstehe zwar, dass der Ministerpräsident die Arbeit seines Teams verteidigen muss, das ist sicher logisch. Trotz alledem denke ich, dass er wahrlich keinen Grund hat, zu Superlativen zu greifen.
Die letzten fünf Jahre unter Schwarz-Rot waren für Sachsen in politischer Hinsicht fünf verlorene Jahre. Nichts war mehr vom Schwung, vom Esprit, von der Dynamik und der Kreativität der Ära Biedenkopf zu spüren. Im Gegenteil: Die Landespolitik war geprägt von oftmals unüberbrückbaren programmatischen und atmosphärischen Gegensätzen innerhalb der Regierung – und leider auch viel zu oft von einem sehr rüden und respektlosen Umgang miteinander, von gegenseitigem Blockieren und Stillstand.
Vorwärtsgegangen, meine Damen und Herren, ist in Sachsen aus unserer Sicht nicht viel. Stattdessen fiel die Regierung unseres Freistaates in den letzten Jahren dadurch auf, dass sie oftmals irritierende und schlechte Nachrichten in die Bundesrepublik geschickt hat – ob es nun beispielsweise den Niedergang der Sachsen LB, die
von der Staatsregierung selbst heraufbeschworenen sizilianischen Verhältnisse oder auch das ständige Gewürge in dieser Koalition betrifft. All das waren Themen, mit denen wir uns bundespolitisch „profiliert“ haben.
Der bislang tadellose Ruf des Freistaates Sachsen in der Bundesrepublik hat in den letzten fünf Jahren viel zu oft Schaden genommen, und das, meine Damen und Herren, ist es, was ich dieser Regierung am meisten übel nehme.
Aber lassen Sie uns ruhig zum Abschluss dieser Legislaturperiode etwas ins Detail gehen und es vielleicht ein wenig konkreter sagen, als es der Ministerpräsident vorhin in seiner Rede getan hat; denn das Gute an dieser Überschrift „Fünf Jahre Erfolg für Sachsen“ ist ja, dass Erfolg messbar ist. Erfolg ist nichts Abstraktes, Erfolg ist etwas, was sichtbar ist, es ist fühlbar, und Erfolg ist – das ist der Vorteil – eben keine Floskel, sondern Erfolg kann man greifen.
Auf der Haben-Seite dieser Regierung steht mit Sicherheit die grundsätzliche Bereitschaft, kommende Generationen von den durch uns verursachten Lasten zu entlasten. Wir als FDP unterstützen deshalb auch die Schuldenminimierungspolitik sowie die Vorsorgepolitik, die von dieser Staatsregierung in den letzten fünf Jahren fortgesetzt und zum Teil – Stichwort Generationenfonds – zu einer neuen Qualität gebracht worden ist, ausdrücklich;
wenngleich ich feststelle, dass sich die Koalitionspartner in der Wichtigkeit, dort eine klare Kante zu zeigen, nicht immer ganz einig sind. Ich will für die FDP ausdrücklich erklären, dass die Krise, die wir im Moment haben, für uns kein Grund ist, von einer verantwortungsbewussten Finanzpolitik in Sachsen abzuweichen.
Sie feiern sich ja in diesem Parlament regelmäßig für die – zugegebenermaßen sehr guten – Ergebnisse, die wir in den PISA-Tests erreicht haben. Ich frage Sie trotzdem: Wo ist eigentlich Ihr Biss geblieben? Wo ist Ihr Ehrgeiz? Geben Sie sich tatsächlich inzwischen in Sachsen damit zufrieden, dass Sie irgendwo im Verfolgerfeld gelandet sind?
Mein Anspruch an Sachsen ist anders, er ist größer. Wir wollen uns international mit der absoluten Spitze messen, und ich glaube, aus Verantwortung für die Zukunftschancen unserer eigenen Kinder muss es Aufgabe der Bildungspolitik in Sachsen sein, die absolute Spitze in Europa darzustellen, meine Damen und Herren.
Dazu passt eines in Ihrer aktuellen Bildungspolitik natürlich überhaupt nicht: die unsägliche Schulschließungspolitik, die Sie von CDU und SPD – auch in den letzten fünf Jahren – durchgeführt haben.
Man kann sich über viele Dinge streiten. Wir sind in unseren bildungspolitischen Fragen auch nicht immer mit der Regierung in Übereinstimmung. Wir als FDP sind ganz klar für längeres gemeinsames Lernen an sächsischen Schulen;