Protocol of the Session on June 24, 2009

Nun muss man den heute zu diskutierenden Gesetzentwurf zusammen mit dem vorliegenden Änderungsantrag sehen. Mit diesem Änderungsantrag stellen sie sich der Diskussion über die Chancengleichheit der verschiedenen Wahlbewerber. Das Problem ist aber, dass der Änderungsantrag in diesem Punkt zwar den Sachverständigen entgegenkommt, aber auch eine Reihe neuer Probleme aufwirft. Am Ende muss man sagen: Die im Gesetzentwurf formulierte Zielsetzung, die ich am Anfang zitiert hatte, dass eben gerade nicht als Parteien konstituierte Wählervereinigungen zu Landtagswahlen kandidieren können, ist schlichtweg nicht mehr erreichbar. Damit wäre die Frage, was von der Intention übrig bleibt, beantwortet.

Ihr Änderungsantrag sieht vor, dass das Sächsische Wahlgesetz geändert wird, indem dort folgender Punkt aufgenommen wird – ich zitiere –: „Mitgliedschaftlich organisierte Wählervereinigungen sind mit Einreichung einer Landesliste und Programm Parteien im Sinne der Gesetze.“ Dabei stellt sich zwangsläufig die Frage – das ist mindestens ein Schwenk von 180 Grad, da das Gesetzesziel zum einen ad absurdum geführt wird; das haben Sie im Vorfeld öffentlichkeitswirksam vermarktet –, inwieweit es den Wählervereinigungen hilft.

Uns liegt das aktuelle Schreiben des Landesvorsitzenden der Freien Wähler, Herrn Gerber, vor, der darum bittet, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Freien Wähler künftig als Nicht-Partei für den Landtag kandidieren können. Wenn wir also dem heutigen Gesetzentwurf in Form des Änderungsantrages zustimmen, dann würden wir den Freien Wählern und auch allen anderen Wählervereinigungen einen Bärendienst erweisen. Das würde ihnen in keiner Weise helfen, im Gegenteil. Wählervereinigungen unter erleichterten Bedingungen qua Gesetz zu Parteien zu erklären, wäre genau das Gegenteil von dem, was ursprünglich angedacht war. Die Frage, ob diese Landesregelung überhaupt mit Bundesrecht vereinbar wäre und warum man im Gesetz mit zahlreichen Regelungen trotzdem noch Wählervereinigungen aufnehmen sollte, wenn sie doch eigentlich Parteien sind, will ich im Raum stehen lassen und nicht beantworten.

Fakt ist, Wählervereinigungen könnten gar nicht als Nicht-Parteien zu Landtagswahlen antreten, wenn sie bereits mit dem Einreichen einer Landesliste und eines Programms beim Landeswahlleiter die Eigenschaft einer Partei bekommen. Wie soll das gehen?

Zusammengefasst muss ich sagen: Das Gesetz ist unausgegoren, es ist handwerklich mangelhaft und die Tatsache, dass hier und heute keine Entscheidung zugunsten dieser Gesetzesinitiative fallen wird, haben allein die GRÜNEN zu verantworten. Das muss man so deutlich sagen.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Wir sind schuld, wir ganz allein!)

Lassen Sie uns – diesbezüglich stimme ich meinen Vorrednern zu – in der kommenden Legislaturperiode einen neuen Anlauf nehmen, dann, bitte schön, in einem ruhigen und geordneten Gesetzgebungsverfahren. Die SPDFraktion wird sich an dieser Diskussion aktiv beteiligen. Heute werden wir unsere Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf aus den genannten Gründen nicht geben.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Danke schön. – Die NPD-Fraktion verzichtet auf ihren Redebeitrag. Dann spricht jetzt Herr Dr. Martens für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Kommunalwahl vor drei Wochen haben die Wählervereinigungen fast 25 % der Stimmen für die Kommunalparlamente geholt und sind die zweitstärkste Kraft auf kommunaler Ebene. In meiner Heimatstadt Meerane kamen die Wählervereinigungen auf 45 %. Das muss man anerkennen und sich auch darüber Gedanken machen, wie dieses starke kommunalpolitische Engagement auf Landesebene nutzbar gemacht werden kann.

Es ist bereits gesagt worden, dass viele Bürgerinnen und Bürger nach wie vor Hemmungen haben, in Parteien einzutreten und sich dort zu engagieren. Wir müssen uns also mit der Frage beschäftigen, wie wir politische interessierte und engagierte Bürgerinnen und Bürger stärker in die landespolitische Willensbildung einbinden können, auch diejenigen, die in Wählervereinigungen organisiert sind. Wie das geschehen kann, sollten wir genau prüfen.

Der vorliegende Gesetzentwurf versucht dies, aber er hinterlässt jede Menge offene Fragen und er beinhaltet nicht die Prüfung, die wir dafür brauchen. Ein Beispiel ist von Herrn Dr. Friedrich genannt worden. Auch in Meerane gibt es zwei Wählervereinigungen. Nachdem von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf wäre es möglich, dass beide Wählervereinigungen auf kommunaler Ebene konkurrieren, aber auf Landesebene in einer gemeinsamen Liste antreten. Das ist sicherlich von den Initiatoren des Gesetzentwurfes so nicht gewollt. Kollege Lichdi, wenn Sie sagen, das sei eine rein theoretische Betrachtung, die praktisch nicht auftauchen könnte, dann kann ich dagegenhalten und sagen, es könnte durchaus einmal die Vorstellung aufkommen, bei der Wahlkampfkostenerstattung aus Gründen der Finanzierung von Wählervereinigungen ein solches Manöver zu fahren.

Gegen den Gesetzentwurf spricht die unklare Sprachregelung, indem hier zwischen organisierten Wählergruppen und mitgliedschaftlich organisierten Wählervereinigungen unterschieden wird, die dann wiederum in Konkurrenz auf Landesebene mit Parteien treten sollen. Der Gesetzentwurf privilegiert Wählervereinigungen gegenüber Parteien. Auch das ist sachwidrig und wird nicht weiter erklärt.

Wählervereinigungen sind mit Einreichung der Landesliste und eines Programms per se Parteien im Sinne des Gesetzes, im Sinne eines materiellen Parteienbegriffes, und können an der Landtagswahl teilnehmen. Eine darüber hinausgehende Prüfung des Wahlvorschlages erfolgt dann nicht.

Bei Parteien wird die Parteieigenschaft hingegen durch den Landeswahlleiter geprüft. Parteien müssen ein Programm vorlegen. Nach Ihrem Gesetzentwurf hat bei Wählervereinigungen die Vorlage des Programms einen formellen Charakter, und das Fehlen eines solchen Programms darf nicht zur Ablehnung des Wahlvorschlages führen. Sie haben uns in der heutigen Debatte und in der Gesetzesbegründung nicht klargemacht, weshalb es dieser Privilegierung von Wählervereinigungen bedarf, Herr Kollege.

Insgesamt ist festzustellen, dass es mehr Zeit bedurft hätte, um diesen Gesetzentwurf schlüssig auszuformulieren und die aufgezeigten Probleme zu beseitigen. Wenn hier von der Antragstellerin den anderen Fraktionen Zeitverzögerung vorgeworfen wird, dann ist das unredlich, meine Damen und Herren.

Der Innenausschuss hat sich bemüht, einen Termin für die Beratung dieses Gesetzentwurfes zu finden.

(Beifall der Abg. Volker Bandmann, CDU, und Margit Weihnert, SPD)

Man soll hier nicht so tun, als sei das böswillig vereitelt worden. Man muss aber auch zur Kenntnis nehmen, dass die GRÜNEN den Antrag auf eine Sondersitzung im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zurückgezogen haben.

(Beifall der Abg. Volker Bandmann, CDU, und Margit Weihnert, SPD)

Es ist selbstverständlich, dass man bei der Bedeutung eines solchen Gesetzentwurfes im Innenausschuss nicht ohne das Votum des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses im Sächsischen Landtag entscheiden kann.

(Beifall der Abg. Regina Schulz, Linksfraktion)

Wer das verlangt, hat völlig falsche Vorstellungen von den Notwendigkeiten und Erforderlichkeiten eines soliden Gesetzgebungsverfahrens. Herr Lichdi, da geht Aktion offensichtlich vor Substanz.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Der von Ihnen aufgebaute Zeitdruck besteht zudem nur bedingt. Es ist gesagt worden, dass die Frist 01.06. für die Landtagswahl 2009 vorbei ist. Das ist gelaufen. Der Landesverband der Freien Wähler hat sich übrigens zuletzt gegen eine Teilnahme der Freien Wähler an der Landtagswahl ausgesprochen. Wählervereinigungen können bereits nach der jetzigen Gesetzeslage als Partei an Landtagswahlen teilnehmen. Das haben Wählervereinigungen auch getan und als Wahlvorschlag die Partei „Freie Sachsen/Allianz unabhängiger Wähler“, die zur

Wahl antritt, gegründet. Die Signale aus dem Bereich der Wählervereinigungen sind also nach wie vor weiterhin völlig unterschiedlich.

Aufgrund dieser disparaten Situation, der aufgezeigten Probleme und vielen ungeklärten Fragen in diesem Gesetzentwurf wird es Sie nicht wundern, dass wir diesem Gesetzentwurf heute nicht zustimmen, sondern uns nur enthalten können. Aber das ist nicht weiter schädlich; denn wir haben anschließend jede Menge Zeit, um dieses inhaltlich wichtige Anliegen sorgfältig zu prüfen und uns damit in der kommenden Legislatur nochmals zu beschäftigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Abg. Margit Weihnert, SPD, und der Staatsregierung)

Danke schön. – Das waren die Fraktionen. Gibt es weiteren Redebedarf seitens der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Herr Staatsminister Dr. Buttolo, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hamburger hat deutlich gemacht, dass dieser Gesetzentwurf für die derzeit anstehende Landtagswahl schlichtweg zu spät kommt. Die Fristen sind verstrichen. Ich denke, es ist auch nicht fair, jetzt den Eindruck zu erwecken, dass die Freien Wähler mit diesem Gesetz zur Landtagswahl 2009 noch hätten antreten dürfen. Das ist schlichtweg nicht wahr und so sollte man die Diskussion nicht führen.

Ein derartiges Gesetz hätte spätestens vor einem Jahr verabschiedet werden müssen, denn Chancengleichheit muss man jedem Bewerber für den Sächsischen Landtag einräumen. Zur Chancengleichheit gehört, dass er zum gleichen Zeitpunkt wie eine andere Partei durch Aufstellung eines Programms und durch Benennung von Vertretern an der Wahlvorbereitung teilnehmen muss.

Die Wählervereinigungen können sich nach der derzeitigen Rechtslage für den Landtag nominieren lassen. Wir haben schon mehrfach in der Diskussion eine Wählervereinigung erwähnt, der der Status einer Partei zuerkannt wurde. Ich bin der Meinung, wir sollten hier den Weg, den Herr Hamburger aufgezeigt hat, beschreiten.

Die Wählervereinigungen spielen eine sehr wichtige Rolle auf der kommunalen Ebene. Es ist ein Ausdruck ihres Engagements, aber auch ein Ausdruck der Akzeptanz bei den Wählern. Ich halte es deshalb für richtig, sich frühzeitig in der 5. Legislatur des Sächsischen Landtages mit dem Thema zu beschäftigen. Ich begrüße es ausdrücklich, wie Herr Hamburger formulierte, dass, bevor ein Gesetzentwurf geschrieben wird, eine ausführliche Diskussion mit dem Landesverband der Freien Wähler geführt werden muss, um die Eckpunkte klar herauszuarbeiten. Für zielführend halte ich auch, wenn man auf einen ausgewogenen Gesetzentwurf setzt.

Herr Lichdi, auch wenn Sie Ihren Entwurf mit Änderungen sowohl im Innenausschuss als auch heute versuchen

aufzubessern, die grundlegenden Mängel bleiben nach wie vor. Mit diesem Gesetzentwurf würden wir die Freien Wähler im Freistaat Sachsen nicht mit der Angemessenheit behandeln, wenn wir einen derartigen Entwurf im Hoppla-hopp-Verfahren beschließen.

Meine Damen und Herren, daher bitte ich Sie, dem Antrag der Fraktion der GRÜNEN nicht zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Danke schön. – Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, wiederum nach § 44 unserer Geschäftsordnung artikelweise abzustimmen. Nun gibt es die schon mehrfach zitierten Änderungsanträge; deshalb bitte ich um Konzentration.

Aufgerufen ist das Gesetz zur Ermöglichung der Teilnahme von Wählervereinigungen an den Wahlen zum Sächsischen Landtag, Drucksache 4/14358, Gesetzentwurf der Fraktion der GRÜNEN. Wir stimmen über diesen Gesetzentwurf ab.

Als Erstes stimmen wir über die Überschrift ab. Wer der Überschrift seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer größeren Anzahl von Enthaltungen – über die Zustimmungen schweigt des Sängers Höflichkeit – ist diese Überschrift mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe Artikel 1 auf. Zu Artikel 1 gibt es zu den Nrn. 1 bis 4 keine Änderungsanträge. Wer den Nrn. 1 bis 4 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Abstimmungsverhalten. Den Nrn. 1 bis 4 zu Artikel 1 ist nicht zugestimmt.

Zu Nr. 5 gibt es mit der Drucksachennummer 4/15826 die Nr. 1 des Änderungsantrages der Fraktion der GRÜNEN. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer größeren Anzahl von Zustimmungen und Enthaltungen jedoch mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe die Nr. 6 der gleichen Drucksachennummer auf, und zwar die Nr. 2 des Änderungsantrages der Fraktion der GRÜNEN. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Abstimmungsverhalten wie soeben mit Ablehnung.

Zu Nr. 7 gibt es keinen weiteren Änderungsantrag. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Zustimmungen und Enthaltungen mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe die Nr. 8 auf. Dazu gibt es einen Änderungsantrag, gleiche Drucksachennummer, die Nr. 3 des Ände

rungsantrages. Wer der Nr. 3 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Zustimmungen und Ablehnungen mit großer Mehrheit dennoch abgelehnt; Enthaltungen gab es auch.

Die Nrn. 9 bis 12 haben keinen Änderungsantrag. Wer diesen Nummern seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Enthaltungen und Zustimmungen dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt.

(Kurzer Wortwechsel im Präsidium)