Ökologische Industriepolitik beweist sich überall dort, wo mit höherer Material- und Ressourceneffizienz Arbeitsplätze und Wertschöpfung generiert werden. Ein Beispiel aus dem Bereich der Fahrzeugtechnologie ist die Allianz von Daimler mit Evonik zur Entwicklung von LithiumIonen-Hochleistungsbatterien. In Kamenz werden solche Batterien bei der Evonik-Tochter Li-Tec produziert. Daimler plant dazu Investitionen im dreistelligen Millionenbereich, mit denen Elektroautos endlich die Chance bekommen, alltagstauglich, sicher und vor allem auch noch bezahlbar zu werden. Die Gründung der LithiumInitiative Freiberg in der vergangenen Woche dokumentiert die enge Verflechtung von Forschung, Entwicklung, Produktion und Ausbildung von Fachkräften bei uns in Sachsen, die sich als Magnet für zahlreiche Unternehmen und Institute im Hochtechnologiebereich erwiesen hat.
Unsere Unternehmen gehören auf vielen Feldern der Material- und Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien zu den Weltmarktführern. Im Rahmen unserer Innovationsstrategie setzen wir auf eine nachhaltige Industrie- und Technologiepolitik. Innovative Unternehmen wachsen schneller und schaffen damit auch mehr neue Arbeitsplätze. Seit 2004 haben wir mit 463 Millionen Euro an Zuschüssen vor allem für Forschungs- und Entwicklungsprojekte – egal, ob aus einzelbetrieblicher Förderung oder im Verbund – Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Wirtschaft erhöht.
Die Staatsregierung verbessert das Innovationsgeschehen mit weiteren Maßnahmen. Seit 2008 steht der Technologiegründerfonds mit Beteiligungskapital in Höhe von 60 Millionen Euro für technologieorientierte Gründungen bereit. 25 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozial
fonds ermöglichen innovationsorientierte Unternehmensgründungen aus der Wissenschaft, und die Förderung von Innovationsassistenten hilft, Hochschulabgänger für unsere sächsischen Unternehmen zu gewinnen.
Die Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen. 45 % aller Forscher und Entwickler, die in Unternehmen der neuen Länder tätig sind, arbeiten hier bei uns in Sachsen. Es gilt, die Innovationskraft besonders in der Krise aufrechtzuerhalten. Forschung und Entwicklung von heute sind die Arbeitsplätze von morgen. Gerade die Krise bietet Chancen für Innovationen. Wenn der Absatz von bisher bewährten Produkten und Technologien zurückgeht, steigt das Interesse an neuen Produkten und Verfahren.
Die bisherigen Erkenntnisse der SAB aus der Kundenberatung deuten darauf hin, dass sich die Unternehmen bei Forschung und Entwicklung klug, nämlich antizyklisch, verhalten. Die Antragsstatistik bestätigt diesen Befund. Die Zahl der eingereichten Anträge und Projektskizzen bei der einzelbetrieblichen und Verbundförderung bewegt sich auf einem anhaltend hohen Niveau. Gleichzeitig ist ein Anstieg bei der Technologietransferförderung zu verzeichnen, für die wir die Konditionen verbessert haben. Insgesamt zeichnet sich ein ermutigendes Bild ab. Die sächsische Wirtschaft investiert ungeachtet der schwierigen Rahmenbedingungen in Forschung und Entwicklung, und wir werden das mit aller Kraft unterstützen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die weltweite Konjunkturkrise ist keine Naturkatastrophe, sondern sie ist von Menschen gemacht.
Bei aller Komplexität ist diese Krise in erster Linie das Ergebnis grenzenloser Gewinnsucht derjenigen, die die Spielregeln durchschaut haben.
Ausgerechnet der Verzicht auf wirksame Regulierungsmaßnahmen im Finanzwesen hat die weltweit stärksten staatlichen Eingriffe in das Wirtschaftsleben seit dem Zweiten Weltkrieg hervorgerufen. Ausgehend von den USA ist eine Kettenreaktion in Gang gekommen, die alle Staaten zu massiven Eingriffen ins Wirtschaftsleben und zur Übernahme riesiger finanzieller Lasten zwingt. Die Politik muss die Krise managen, aber sie muss auch die Probleme an der Wurzel packen. Dafür brauchen wir eine Entwicklung, die auf stetiges und nachhaltiges Wachstum und eine gerechte Verteilung des Wohlstandes setzt.
Eine kluge Politik muss bereits im Ansatz für einen Ausgleich von wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten sorgen. Das ist für mich übrigens keine abstrakte Betrachtung. Wir haben erlebt, wie die Missachtung grundlegender ökonomischer Prinzipien die Volkswirtschaft der DDR an den Abgrund geführt hat. Das war nicht etwa die schlechte Umsetzung einer guten Idee. Der Fehler lag im System, weil es die freie Entfaltung des Einzelnen verhindert hat. Das Ergebnis war eine zunehmend von Mangel und Mangelverwaltung geprägte Wirtschaft – und damit auch Gesellschaft. Not macht bekanntlich erfinderisch, und wir DDR-Bürger waren findig, wenn es darum ging, aus den vorhandenen Möglichkeiten noch das Beste zu machen. Diese positiven Eigenschaften konnten sich aber nur im privaten Raum entfalten.
Karl Marx wird uns jedenfalls nicht den Weg aus der Krise weisen. Genauso verbitte ich mir Belehrungen von denjenigen, die die gescheiterten marktradikalen Politikrezepte, die uns die USA und Großbritannien als leuchtende Beispiele für wirtschaftliche Dynamik vorgehalten und die soziale Marktwirtschaft deutscher Prägung als Auslaufmodell abgekanzelt haben, exakt auf Deutschland übertragen wollen. Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer, aber Unternehmer sind auch nicht der bessere Staat.
Schon spielen sich manche von diesen Zündlern als Hüter der sozialen Marktwirtschaft auf, die sie durch die staatlichen Eingriffe bedroht sehen, also bildlich gesprochen: erst die Feuerwehr abschaffen wollen und dann, wenn es brennt, meckern, dass so viel Löschwasser verbraucht wird. – Wer versucht, Geschichte umzudeuten, hat nichts dazugelernt.
Ich sage eines sehr deutlich: Wir lassen uns die soziale Marktwirtschaft nicht kaputt machen von Leuten, die sie erst gar nicht verstanden haben.
Wir brauchen einen starken Staat; das ist kein aufgeblähter Staat, aber auch kein schwindsüchtiger Staat. Nur ein starker Staat ist international handlungsfähig und kann die Interessen seiner Bürgerinnen und Bürger wirksam wahrnehmen.
Wenn wir auf die berufsmäßigen Deregulierer gehört hätten, die stets der Abschaffung der gesetzlichen Rentenversicherung und der alleinigen privaten Alterssicherung das Wort geredet haben, würden die Rentner nicht einer fast vierprozentigen Rentenerhöhung entgegensehen, sondern hätten in der Krise mittlerweile 30 % ihrer Alterssicherung verloren.
Die Leute, die einer neoliberalen Erneuerung das Wort geredet haben, sind übrigens die gleichen, die dauernd vor
angeblichen sozialistischen Experimenten warnen. Aber es waren nicht die sozialistischen Experimente und schon gar nicht der angeblich so altmodische Sozialstaat, der diese Krise verursacht hat, sondern es war die naive Umsetzung der neoliberalen Ideologie.
Ich darf um Aufmerksamkeit bitten. Später ist genügend Gelegenheit, um auf die Fachregierungserklärung des Ministers zu antworten.
Entscheidend für die weltweite Konjunkturentwicklung wird sein, dass die Rettungsaktion für die Finanzmärkte gelingt. Ohne funktionierendes Finanzwesen gibt es keine funktionierende Realwirtschaft. Finanzminister Peer Steinbrück hat es richtigerweise auf den Punkt gebracht: Wenn der internationale Finanzmarkt brennt, muss gelöscht werden, auch wenn es sich um Brandstiftung handelt. Vor allem der Brandschutz muss verbessert werden.
Eine notwendige Konsequenz steht für mich schon heute fest: Eine zunehmend globale Wirtschaft braucht globale Spielregeln, die sich sowohl durch Transparenz als auch durch Fairness auszeichnen.
Dazu muss zunächst ein Prozess für die Finanzmärkte in Gang gesetzt werden, aber auch darüber hinaus. Wie die Marktordnung in der mittelalterlichen Stadt dient diese Regulierung nicht dazu, den freien Markt abzuschaffen, sondern vielmehr sein Funktionieren zum Nutzen der Gesellschaft zu gewährleisten. Der Markt ist für uns weder Selbstzweck noch Teufelszeug, sondern Mittel zum Zweck. Dafür gibt es national und international – so will ich durchaus feststellen – ein neues Bewusstsein.
Wenn mir jemand vor einem Dreivierteljahr prophezeit hätte, die 20 wichtigsten Industriestaaten, allen voran die USA, würden sich auf schwarze Listen für sogenannte Steuerparadiese, staatliche Aufsicht von Hedgefonds und die Deckelung von Managerboni verständigen, dann hätte ich ihn gefragt, wovon er nachts eigentlich träume.
Klar ist, die Umsetzung der Beschlüsse wird noch ein langer und steiniger Weg, aber endlich wollen ihn alle gemeinsam – wenn auch unterschiedlich schnell – beschreiten.
Ich stelle fest: Es gibt erste Anzeichen für eine Abschwächung der Abwärtsspirale und den Beginn einer Bodenbildung des Konjunkturverlaufs. Mein Optimismus, dass
wir die Krise meistern werden, gründet sich nicht so sehr auf die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute, denn deren Treffsicherheit ist beachtlich. Den Instituten ist es immer gelungen, den Konjunkturverlauf präzise vorauszusagen – allerdings immer erst hinterher. Für mich ist vielmehr entscheidend, dass die Politik ganz anders reagiert hat als in der verheerenden Weltwirtschaftskrise des vergangenen Jahrhunderts, die in Deutschland das Unterste nach oben gespült hat. Im Gegensatz zu damals handelt die Politik, indem sie mit Konjunkturprogrammen Investitionen anschiebt, die private Nachfrage stimuliert und die Neuordnung der Finanzmärkte anpackt. Wir tun das nicht allein, sondern die Staatengemeinschaft marschiert, zwar nicht immer im Gleichschritt, aber doch immer in die gleiche Richtung.
Vor allem muss man sich aber klarmachen, dass die produktiven Kräfte durch die Krise nicht verschwunden sind; verschwunden ist der eingebildete Wohlstand aus Spekulationsgewinnen und, viel schlimmer, verschwunden ist sehr viel Vertrauen, und zwar nicht nur das Vertrauen der Banken untereinander, von dem viel die Rede ist, sondern das Vertrauen der Menschen in die Wirtschafts- und Sozialordnung ist erschüttert. Das Vertrauen ist erschüttert, dass sich harte Arbeit lohnt, und zwar nicht nur für diejenigen in Nadelstreifen, sondern auch für diejenigen im Blaumann. Dieses Vertrauen müssen wir zurückgewinnen.
Das gilt in erster Linie für einige Vertreter der Wirtschaft, der Verbände und der Wissenschaft, die in der Vergangenheit in teilweise schulmeisterlicher Art die Politik gemaßregelt und die tagtäglichen Leistungen der Menschen in Rede gestellt haben. Jetzt sind es die Bürgerinnen und Bürger, die ehrlichen Steuerzahler, die hart arbeitenden Beschäftigten und die engagierten Unternehmerinnen und Unternehmer, die die Scherben aufsammeln müssen. Gleichzeitig wissen diejenigen, die an neoliberaler Ideologie und Praxis gescheitert sind, heute schon wieder alles besser, und unfähige Manager, die sich verzockt haben, klagen ihre unverdienten Boni in Millionenhöhe ein. – So haben wir nicht gewettet!
Die überwältigende Zahl der Unternehmer in unserem Land arbeitet hart und erfolgreich für den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Unternehmen. Auf diese Unternehmer setzen wir. Ungeachtet der ersten positiven Anzeichen am Konjunkturhimmel steht für mich fest, dass wir mit den Folgen der Finanzmarktkrise noch lange zu kämpfen haben. Aber das, was Sachsen in den letzten Jahren stark gemacht hat – das Wissen, das Können, die Arbeit und das Engagement der Menschen –, ist von der Krise nicht betroffen. Ich bin überzeugt, dass wir Strukturen geschaffen haben, die diese Krise nicht nur im Wesentlichen überstehen werden, sondern auch die Garantie dafür sind, dass Sachsen gestärkt aus dieser Situation hervorgehen wird.
Wenn Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften in dieser schwierigen Situation bei allen legitimen Interessenkonflikten zusammenrücken und an einem Strang ziehen,
Der Freistaat Sachsen wird seinen Teil dazu beitragen, das Vertrauen in die Zukunft wieder herzustellen, indem wir mit unseren Instrumenten Wirtschaft und Arbeitnehmern eine Brücke über die Konjunkturkrise bauen, indem wir die Konjunkturpakete umsetzen und indem wir unsere langfristig angelegte Politik für Wachstum und gute Arbeit durch Investitionen und Innovation, in Wissenschaft, in Forschung und in Bildung mit Umsicht und Weitblick fortsetzen. Wir machen uns für eine soziale Gesellschaft stark, in der alle am Wohlstand teilhaben können und zu der aber alle ihren Beitrag leisten.
Ich danke dem Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit, Herrn Jurk. – Wir kommen zur Aussprache über die Fachregierungserklärung. Die Fraktionen haben folgende Redezeiten: CDU 50 Minuten, Linksfraktion 35 Minuten, SPD 15 Minuten, NPD, FDP und GRÜNE jeweils 13 Minuten. Die Debatte ist eröffnet. Ich erteile der Linksfraktion das Wort. Frau Lay, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Jurk, fünf Jahre lang haben wir auf Ihre Regierungserklärung gewartet. Warum so spät? Nach Ansicht der FDP-Fraktion, und wie man hört, auch der CDU, dürfte es damit Ihre letzte Regierungserklärung als Wirtschaftsminister gewesen sein,
Die Erfolgsbilanz sächsischer Arbeits- und Wirtschaftspolitik kann wohl kaum der Anlass für diese Regierungserklärung gewesen sein: fast 40 000 Mal Kurzarbeit angemeldet, steigende Arbeitslosenquoten und ein prognostizierter Rückgang der Wirtschaft um 6 %, die Insolvenz zahlreicher Unternehmen in Sachsen, von denen Qimonda das bekannteste Beispiel war.