Protocol of the Session on May 13, 2009

2. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Änderung der Sächsischen Bauordnung

Drucksache 4/13423, Gesetzentwurf der Linksfraktion

Drucksache 4/15377, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Es beginnt in der Aussprache die Linksfraktion. Danach folgen CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Bitte, Herr Abg. Fröhlich.

Vielen Dank. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Das Ziel des Ihnen zur 2. Lesung vorliegenden Gesetzentwurfes zur Änderung der Sächsischen Bauordnung ist, den sächsischen Gemeinden zwei weitere Gestaltungsmöglichkeiten für örtliche Bauvorschriften in die Hand zu geben. Zum einen geht es um die Aufstellung von Solarsatzungen, zum anderen um die Festlegung, Anlagen für das Sammeln und Wiederaufbereiten von Grauwasser für bestimmte Teile des Gemeindegebietes oder für das gesamte Gemeindegebiet vorzuschreiben.

Wir halten das aus mehreren Gründen für zeitgemäß. Wir wollen die wirtschaftlichen und finanziellen Kräfte der örtlichen Gemeinschaft rechtzeitig und verstärkt auf die Versorgung von Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien sowie auf eine rationellere Wasserverwendung ausrichten. Die Gründe sehen wir in der Notwendigkeit von Klimavorsorge und Klimaanpassung, in der Verringerung des Verbrauchs an fossilen Ressourcen und insbesondere in der Verringerung der Inanspruchnahme der Ressource Wasser.

Dieser Gesetzentwurf ist, anders als in der Diskussion in den Fachausschüssen betont, mitnichten identisch oder ähnlich mit dem Gesetzentwurf zur Änderung der Sächsischen Bauordnung, den die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Juli 2005 im Landtag eingebracht hatte. Damals ging es um das Recht, örtliche Bauvorschriften zu erlassen über – ich zitiere – „die Ausrichtung oder Gestaltung der Gebäude und Dächer oder die Erzielung eines bestimmten Deckungsgrades aus Techniken der Strom- und Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien, um im Gemeindegebiet oder Teilen davon die Emission klimaschädlicher Treibhausgase zu vermeiden“. Unser Vorschlag geht erheblich weiter, auch und vor allem deshalb, weil sich zwischenzeitlich rasante Entwicklungen vollzogen haben. Ich weise nur auf den mutigen Gestaltungswillen der Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker der Stadt Marburg hin.

Damit bin ich auch schon bei den Ergebnissen der öffentlichen Anhörung des Gesetzentwurfes vom 26. Februar 2009. Sie, die Sie teilgenommen haben,

werden mir sicherlich nicht widersprechen, wenn ich feststelle: Unterschiedlicher hätten die Bewertungen der Sachverständigen wirklich nicht ausfallen können. Auf der einen Seite das strikte Nein der Verwaltungsjuristen und Ministerialbeamten, auf der anderen Seite die erfrischende Bejahung derartiger örtlicher Bauvorschriften zweier in der kommunalen Praxis tätiger Juristen. Ihre Vorträge waren konsistent und überzeugend, fanden wir. Deshalb bleiben wir bei unserem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form.

Solarenergie und nicht Braunkohle ist für DIE LINKE der einheimische Energieträger an sich, der überall in Sachsen flächendeckend verfügbar ist, dessen Nutzung keine Treibhausgase verursacht oder Neulasten durch Kohlendioxidspeicherung im unteren Schacht und maßgebliche Beiträge zur direkten Wertschöpfung in den sächsischen Gemeinden und Regionen zu leisten vermag.

Einige Sachverständige haben sich an Formulierungen gestoßen. Sie wären nicht konsistent. Wir sagen, das wird sich im Prozess der Anwendung dieser Regelungen herausstellen.

Einzelne Festlegungen in den Landesbauordnungen waren schon immer Änderungen unterworfen, auch in Sachsen. Mag sein, dass vielen Mitgliedern des Landtages unsere parlamentarische Initiative verfrüht erscheint. Dem widerspreche ich. Wir sind bei Weitem nicht die Ersten. Wenn wir aber weiter zögern, werden wir das Nachsehen haben, und das in einem der drei Bundesländer, in denen sich das Spitzencluster „Solar“ in Mitteldeutschland sehr erfolgreich und nachhaltig aufbaut. Die Solarwirtschaft wird in sechs bis sieben Jahren, also um 2015, Netzparität erreichen. Das heißt, die Kosten zur Erzeugung von Solarstrom vor Ort und von Strom aus der Steckdose unterscheiden sich nicht mehr und verringern sich ab diesem Kipppunkt weiter.

Dass die Gemeinden in Sachsen durchweg nicht über das erforderliche Geld verfügen, um die Anwendung von Solaranlagen wie in Marburg finanziell zu unterstützen, stimmt so nicht. Es gibt Gemeinden, die über die erforderlichen Mittel verfügen. Ich möchte Sie an das Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes erinnern, das der Landtag am 10. September 2008 mit den Stimmen der Koalitionäre beschlossen hat. 29 Gemeinden wird ein Teil der Einnahmen weggenommen. In diesem Jahr sind das unter anderem in Freiberg rund 4,3 Millionen Euro, in

Wachau 1,6 Millionen Euro, in Lampertswalde 0,66 Millionen Euro und in Neumark 0,8 Millionen Euro. Hier wäre es, den kommunalpolitischen Willen vor Ort vorausgesetzt, überhaupt kein Problem, derartige örtliche Bauvorschriften zu unterstützen.

Es gab den Vorschlag, die Regelung zum Grauwasser aus unserem Gesetzentwurf herauszunehmen. Dafür gibt es nach unserem Dafürhalten keinen Grund. In der Landesbauordnung des Saarlandes zum Beispiel steht das im § 93 Abs. 2 Nr. 4, und seit Jahr und Tag nimmt kein Mensch daran Anstoß.

In der deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel, die das Bundeskabinett am 17. September 2008 beschloss, wurde effizientere Wassernutzung und die Verwendung sogenannten Grauwassers empfohlen. Wir befinden uns also in guter Gesellschaft.

Die auf dem Markt angebotenen Grauwasseranlagen arbeiten technisch und technologisch einwandfrei. Diese Anlagen sind wirtschaftlich außerordentlich interessant für Gemeinden und Gemeindeteile, für die Abwasserbeseitigungskonzepte neuerdings eine dezentrale Abwasserbeseitigung mittels Kleinkläranlagen vorschreiben. Damit wird die Hauptrichtung der künftigen Anwendung örtlicher Bauvorschriften über Grauwasser in den Gemeinden sichtbar. Es sind eben vor allem diese Gebiete. Es bedarf lediglich eines Änderungsantrages, den ich bei dieser Gelegenheit gleich noch mit einführen möchte, um die kleinen technischen Mängel zu unserem Gesetzentwurf zu beseitigen. Das haben wir damit getan. Ich bitte Sie in diesem Sinne und auch im Sinne der künftigen erneuerbaren Energien in Sachsen um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das war die einreichende Fraktion. Die CDU hat keinen Redner gemeldet. Frau Weihnert spricht für die SPD und damit auch für die Koalition.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Sächsischen Landtag sind die Themen Klima und Umweltschutz wie auch die Einführung und Nutzung von Technologien erneuerbarer Energien häufig Inhalt von parlamentarischen Debatten gewesen. Nicht zuletzt hat heute Morgen der Wirtschafts- und Arbeitsminister auf drei Komplexe hingewiesen: die wachsende Anzahl der Beschäftigten in diesem Bereich des Freistaates, die Unterstützung des Freistaates im Forschungs- und Entwicklungsbereich, gerade auch zu diesem Schwerpunkt, und natürlich auch die im Haushalt 2009/2010 verankerten Investitionszuschüsse für Unternehmer und private Eigentümer.

Gerade die Themen Klima- und Umweltschutz mit ihren vielfältigen Facetten wurden auf der Grundlage von Anträgen durch die Fachpolitiker und nicht unerheblich

durch die Koalitionsfraktionen in den entsprechenden Ausschüssen diskutiert und die Beschlüsse gefasst.

Gleichzeitig hat der Bund in den letzten zwei Jahren vielfältige gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht. Ich erinnere nur an das Neueste vom 01.01.2009, das sogenannte Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, das nunmehr auch für Sachsen gilt.

Auch die Konjunkturprogramme I und II nahmen sich dieses Themas an. Nicht unerhebliche Mittel werden vom Bund, aber auch von Freistaat und Kommunen für diese Themen Klima- und Umweltschutz zur Verfügung gestellt.

Die Linksfraktion möchte nun mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Sächsische Bauordnung ändern, um in den sächsischen Gemeinden „... die Versorgung von Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien sowie eine rationellere Wasserverwendung“ zu ermöglichen.

Schaut man in die Begründung dieses Gesetzes, so ist dort formuliert: „Die Städte und Gemeinden haben als maßgebliche Verantwortungsträger im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung eine herausragende Bedeutung bei der praktischen Umsetzung der CO2-Reduktionsziele. Zudem können sie als den Bürgerinnen und Bürgern am nächsten stehende Verwaltungsebene Privathaushalte und Unternehmen für Beiträge zum Klimaschutz gewinnen. Ich werde auf diese Formulierung noch einmal zurückkommen.

Natürlich unterstützt die Koalition grundsätzlich alle sinnvoll rechtlich möglichen und finanzierbaren Initiativen und Gesetzesänderungen, die dem Klimaschutz nützen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Da müssten Sie ja zustimmen!)

Die Umsetzung Ihres selbst gesetzten Zieles, lieber Kollege Hahn, anhand des vorliegenden Gesetzentwurfes ist nicht nur mangelhaft, wie die Anhörung ergeben hat, sondern in Teilen auch verfassungswidrig.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Niemals!)

Lassen Sie mich doch auf einige Punkte zurückkommen. Sie sollten vielleicht nicht nur Ihre selbst verfassten Gesetzentwürfe lesen, sondern auch ausführlich und gründlich die Anhörungsprotokolle. Das erweitert Ihren Horizont schon sehr.

Durch das am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Erneuerbare-Energie-Wärmegesetz hat der Bund abschließende Regelungen hinsichtlich der Versorgung neuer Gebäude mit Wärme geschaffen. Mehrere Sachverständige wiesen also in diesem Zusammenhang auf die fehlende Gesetzeskompetenz im Freistaat hin. Zur Versorgung der bereits bestehenden Gebäude mit Wärme sieht § 3 Abs. 2 des genannten Gesetzes zwar eine Öffnungsklausel für die Länder vor, allerdings ist fraglich – auch das haben die Sachverständigen bezweifelt –, ob die im Gesetzentwurf angestrebte Regelung dieser bundesrechtlichen Öffnungsklausel entspricht. Zweck der Öffnungsklausel ist es

nämlich gerade, dass die Länder Regelungen hinsichtlich der Mindestanteile der Nutzung und der Ersatzmaßnahmen treffen können, um den Erfordernissen von Altbauten in spezifischer Weise gerecht werden zu können und für die Eigentümer wirtschaftlich tragbare Lösungen zu schaffen.

In Ihrem Gesetzentwurf allerdings sollen durch Satzungsrecht der Gemeinden zum Beispiel private Eigentümer zu Investitionen verpflichtet werden.

Ich stelle fest, auch dieses Gesetz – wie schon das vorangegangene – ist ein Bürgerbelastungsgesetz und nicht ein Gesetz, das entlastet und der Zukunft dient. Im Übrigen, damit spielen Sie natürlich den schwarzen Peter wieder den Gemeinden und Gemeinderäten zu, denn diese müssten ins Eigentumsrecht eingreifend Satzungen erlassen und auch kontrollieren. Welch vergiftetes Geschenk!

Eine weitere vorgeschlagene Regelung enthält, dass künftig durch Satzung einer Gemeinde die Nutzung bestimmter erneuerbarer Energien zur Stromversorgung vorgeschrieben werden soll. Auch hier stellt sich mir wieder die Frage, wer konkret wozu verpflichtet werden soll. Eine individuelle Versorgung einzelner Gebäude mit Strom findet klassischerweise nicht statt.

Frau Weihnert, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich möchte meinen Gedanken erst zu Ende führen.

Strom wird aus Netzen gezogen, in die die Netz- und Anlagenbetreiber den von ihnen produzierten Strom einspeisen. Das gilt auch für Strom aus erneuerbaren Energien.

Bitte schön.

Bitte schön, Herr Fröhlich.

Liebe Kollegin Weihnert! Eigentlich wollte ich etwas anderes fragen, aber jetzt muss ich Ihnen diese Frage stellen: Vor welcher Entscheidung der kommunalen Vertretungen haben Sie eigentlich Angst?

Ich sage es noch einmal: Sie wollen, dass die Gemeinden Satzungen erlassen,

(Dr. André Hahn, Linksfraktion:... können!)

die Eigentümer verpflichten, in ihren Häusern entsprechende neue Energien anzuwenden. Sie sollen also eine Verpflichtung eingehen. Wenn Sie diese Verpflichtungen durchsetzen, dann greifen Sie in Artikel 14 des Grundgesetzes ein.

Gestatten Sie eine zweite Zwischenfrage?

Ja, bitte schön.

Herr Fröhlich, bitte.

Es ist eigentlich eher eine Nachfrage.