Protocol of the Session on March 13, 2009

(Widerspruch bei der SPD)

Doch! – Es ist interessant, dass ein Koalitionspartner bei der Opposition nachfragt, wohin das Geld fließt – was im Haushalt mit den Stimmen der Koalition beschlossen wurde.

(Beifall bei der FDP – Zurufe des Abg. Stefan Brangs, SPD, und von der CDU)

Sie können uns ja vielleicht die Schlüssel zum Finanzministerium geben, wir schauen dann gern nach. Ansonsten bitte ich unserem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Wollten Sie noch einmal sprechen? – Bitte, Frau Dr. Raatz.

Ich möchte das nicht ganz so stehen lassen. Man sieht aber, dass mein FDP-Kollege die Problematik komplett nicht verstanden hat, das hat er gerade noch einmal deutlich gemacht. Denn es geht nicht darum, dass wir nicht wissen, welche Mittel wir zur Verfügung stellen – das wissen wir genau –, sondern weil diese Mittel nicht zweckgebunden in die Landkreishaushalte fließen, können die Landkreise nicht mehr genau sagen, welche Mittel sie davon wirklich in den ÖPNV geben; und das war meine Frage an Sie, die Sie ja jetzt „hervorragend“ beantwortet haben.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 4/14520 zur Abstimmung. Wer ihr seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer

enthält sich der Stimme? – Bei einer ganzen Anzahl von Stimmen dafür ist die Drucksache dennoch mehrheitlich abgelehnt worden.

Erklärung zu Protokoll

Je näher der Wahltag, umso ausschweifender die Forderungen der Oppositionsparteien. So möchte ich den heutigen Antrag werten.

Denn während sich die FDP noch zu Beginn des vergangenen Jahres in Drucksache 4/11813 für eine Erhöhung der Beteiligung des Freistaates an den Kosten der Schülerbeförderung starkmachte, versucht sie heute ihrem Populismus noch ein weiteres Stück hinzuzufügen und fordert vom Freistaat Sachsen die völlige Freistellung der Eltern von den Schülerbeförderungskosten und die Entlastung der Kommunen von diesen Mehrkosten.

Mein Kollege Ralf Seidel hat bereits im Plenum im April vergangenen Jahres begründet, warum wir ihren damaligen Antrag ablehnten. Die Argumentation hat sich nicht geändert.

§ 23 des Sächsischen Schulgesetzes regelt die Zuständigkeit für die Schülerbeförderung oder richtigerweise die Ausbildungsbeförderung; denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch die Beförderung von Berufsschülern fällt unter diese Regelung.

Träger der Beförderung der Schüler sind der Landkreis oder die kreisfreien Städte, in deren Gebiet sich die Schule befindet. Somit wäre zunächst einmal – zum wiederholten Male in diesem Hohen Hause – geklärt, wer für die Organisation und Ausgestaltung der Ausbildungsbeförderung zuständig ist, und zwar für folgende Entscheidungen:

Erstens. Umfang und Abgrenzung der notwendigen Beförderungskosten einschließlich der Festsetzung von Mindestentfernungen.

Zweitens. Höhe und Verfahren der Erhebung eines Eigenanteils des Schülers oder der Eltern.

Drittens. Pauschalen oder Höchstbeiträge für die Kostenerstattung sowie Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen.

Viertens. Verfahren der Kostenerstattung zwischen den Schülern bzw. Eltern und Schulträgern sowie zwischen verschiedenen Schulträgern.

Somit, meine Damen und Herrn, befinden wir uns klar im Rechtskreis der kommunalen Selbstverwaltung. Landkreise und kreisfreie Städte müssen selbst entscheiden, wie sie den Ausbildungsverkehr organisieren und inwieweit sie die Eltern an den Kosten für diese Leistung beteiligen.

Klar ist, dass diese Aufgabe vor dem Hintergrund der negativen demografischen Entwicklung und der Notwen

digkeit, das Schulnetz in Sachsen den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen, nicht einfacher wird. Aber genau dieser Anpassungsprozess muss vor Ort erfolgen, durch den Schulträger und den Träger der Schülerbeförderung beurteilt.

Dass der Freistaat Sachsen dabei nicht gänzlich außen vor ist, ist klar. Dieser Verantwortung wollen und werden wir uns nicht entziehen.

Die Pflicht zur Zahlung entsprechender Ausgleichsbeträge für verbilligte Tickets des Ausbildungsverkehrs gemäß § 45a des Personenbeförderungsgesetzes erfüllt der Freistaat Sachsen in vollem Umfang. Für diese finanzielle Beteiligung stehen jährlich 53 Millionen Euro zur Verfügung.

Mit diesen Mitteln ist es den Landkreisen und kreisfreien Städten möglich, den Ausbildungsverkehr anteilig zu finanzieren. Inwieweit der jeweilige Landkreis darüber hinaus neben der Optimierung der Ausbildungsbeförderung nach dem ÖPNV-Gesetz eigene Anteile leistet und damit die Eltern von den Kosten entlastet, bleibt ihm überlassen. Für den ÖPNV selbst leistet der Freistaat ja auch im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes eine zusätzliche Unterstützung an die Landkreise.

Im Fall des Vogtlandkreises, aus dem ich selbst komme, hat der Landkreis mit Zustimmung des Kreistages diesen Weg eingeschlagen und die Eltern von den Kosten der Ausbildungsbeförderung befreit. Ich möchte mich an dieser Stelle recht herzlich bei unserem Landrat Tassilo Lenk bedanken, dass er eine solche Möglichkeit erarbeitet und gemeinsam mit dem Kreistag umgesetzt hat. Fakt ist, dass Landrat Tassilo Lenk dank seines umsichtigen Handelns und einer guten und wirtschaftlichen Führung des Vogtlandkreises erst einen solchen Schritt ermöglicht hat. Der Kreistag ist seinem Vorschlag einstimmig gefolgt, fraktionsübergreifend. Das sollten wir so zur Kenntnis nehmen.

Das Beispiel Vogtlandkreis beweist, dass die derzeitige Regelung bei der Finanzierung des Ausbildungsverkehrs die richtige ist. Der Freistaat leistet mit jährlich 53 Millionen Euro in den kommenden beiden Jahren einen erheblichen Anteil an der Gesamtfinanzierung. Die Landkreise haben jederzeit die Möglichkeit, ihren Ausbildungsverkehr zu optimieren und zu gestalten und auch im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit als Aufgabenträger die Eltern ganz oder teilweise von Elternbeiträgen zu entlasten.

Dies liegt im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung in ihrer Hand, nicht in unserer. Daher lehnen wir Ihren Antrag, liebe Kollegen der FDP-Fraktion, auch ab.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

Datenschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jetzt stärken

Drucksache 4/14827, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Fraktionen können dazu Stellung nehmen.

(Johannes Lichdi, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Vielleicht brauche ich die Reihenfolge gar nicht vorzulesen? – Ach so, ich dachte, Sie wollen eine Frage stellen. – Nicht. Die Reihenfolge der Fraktionen in der ersten Runde: GRÜNE, CDU, Linksfraktion, SPD, NPD, FDP und die Staatsregierung. Die Debatte ist eröffnet. Die Fraktion der GRÜNEN hat das Wort; Herr Lichdi, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Welchen Grundsätzen und Leitlinien muss der Datenschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern folgen?

Erstens. Der Arbeitnehmer gibt seine Grundrechte nicht auf, wenn er einen Arbeitsvertrag unterschreibt. Das Bundesverfassungsgericht hat im Volkszählungsurteil von 1983 entschieden, dass jeder jederzeit in der Lage sein muss, zu wissen und zu kontrollieren, was ein anderer über ihn weiß. Dies gilt auch und gerade für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben. Gemäß § 75 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes haben die Betriebsparteien, also Arbeitgeber und Betriebsrat, die Pflicht, die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Zum Persönlichkeitsrecht gehören auch das Recht am eigenen Bild und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Die Videoüberwachung hat, wie viele andere elektronische Überwachungsmethoden, die Gefährdung des Persönlichkeitsrechtes potenziert. „Gerade die automatische Datenverarbeitung und die Möglichkeiten zur unbegrenzten Speicherung und Verknüpfung sind geeignet, bei den Betroffenen einen psychischen Anpassungsdruck zu erzeugen, durch den sie sich in ihrer Freiheit, ihr Handeln aus eigener Selbstbestimmung zu planen und zu gestalten, wesentlich gehemmt fühlen können.“ – So – zu Recht – das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 26. August 2008.

In der Praxis zeigt sich jedoch ein erhebliches Ungleichgewicht zugunsten der Kontrollinteressen der Arbeitgeber. Der Gesetzgeber – so meinen wir jedenfalls – ist daher in der Pflicht, konkrete Regelungen zu treffen, um die Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu schützen und durchzusetzen – dies gerade auch deshalb, weil es nicht in allen Betrieben Betriebsräte gibt.

Zweitens. Es kann nicht sein, dass im privaten Bereich hingenommen wird, was im staatlichen Bereich verboten ist. Die Videoüberwachung, die Rasterfahndung oder die heimliche Erhebung von Kommunikationsdaten durch Polizei und Geheimdienste sind an mehr oder weniger strenge Voraussetzungen gebunden. Obwohl die Rechtsprechung hier Grenzen gezogen hat, brauchen wir eine ausdrückliche und eine weitergehende ArbeitnehmerDatenschutzgesetzgebung als die bisherige Rechtsprechung. Diese Datenschutzgesetzgebung haben im Übrigen die Konferenz der Datenschutzbeauftragten sowie der Bundesrat erst kürzlich in seiner Sitzung vom 13. Februar 2009 gefordert.

Auch die Bundesregierung möchte in dieser Legislatur nur eine allgemeine Regelung im Bundesdatenschutzgesetz schaffen, eine Detailregelung aber auf die nächste Legislatur verschieben. Wir meinen, dass sich der Sächsische Landtag an dieser Diskussion beteiligen sollte, und schlagen Ihnen in unserem Antrag ein abgestimmtes Konzept aus bestimmten materiell-rechtlichen Pflichten, aus Verfahrensrechten sowie aus institutionellen Sicherungen vor.

Zunächst zu den materiell-rechtlichen Pflichten.

Erstens. Wir wollen keine Überwachung der privaten Kommunikation, Lebensführung oder der Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erlauben. Auch der Schutz des Kernbereiches privater Lebensgestaltung muss selbstverständlich im Betrieb gewährleistet sein.

Wie weit die Schnüffelei von Arbeitgebern mittlerweile geht, zeigt der Skandal der Bespitzelung fast aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Bahn. Herr Mehdorn – noch vor Ackermann Deutschlands „beliebtester“ Konzernchef – hat eingeräumt, dass Adressen und Bankdaten von 17 000 Beschäftigten der Bahn überprüft wurden, ohne diese zu informieren. Die Bahn hat auch Ermittlungen zum Lebensstil und sogar zu den Ehegatten von Mitarbeiter(innen) vornehmen lassen. Von der beauftragten Detektei wurden Schriftstilgutachten angefertigt, Mitarbeiter sprachlich bewertet und wahllos E-Mails der Betroffenen an diese Detektei übermittelt, die auch die Kontonummern, die Kontonummern von Ehegatten sowie Schreiben an den und Besprechungen beim Betriebsrat enthielten.

Meine Damen und Herren! Vergleichbare Schnüffeleien, selbst im Familienumfeld, nimmt sich der Staat nur bei der sogenannten SI 3 heraus, der Sicherheitsüberprüfungsstufe 3, die der Verfassungsschutz bei Geheimnis

trägern der höchsten Geheimhaltungsstufe vornimmt. Hier ist der Jagdeifer eines ehemals verdienten Staatsanwaltes und derzeitigen Konzernbeauftragten der Bahn gegen Korruption meilenweit über das Ziel hinausgeschossen. Es kann nicht sein, dass Mitarbeiter im Betrieb ohne Anlass, wahllos und flächendeckend mit Überwachungsmaßnahmen überzogen werden. Eine Belegschaft darf nicht unter den Generalverdacht des Diebstahls oder der Untreue gestellt werden.

Meine Damen und Herren! Der verdeckte Einsatz von Überwachungstechnik höchstens bei konkretem Verdacht einer schweren Straftat – das muss nach unserer Überzeugung Sache der staatlichen Strafverfolgungsbehörden sein und bleiben, die der Rechtskontrolle unabhängiger Gerichte und der Kontrolle der Öffentlichkeit unterliegen. Hier gilt es das Gewaltmonopol des Staates zu verteidigen. Arbeitgebern können keine umfassenderen Ermittlungstätigkeiten erlaubt werden als der Polizei.

Ich räume ein: Wir verkennen nicht, dass auch Arbeitgeber berechtigte Interessen haben können, Überwachungstechnik einzusetzen, etwa zum Schutz von Warenlagern. Aber dann muss diese Überwachung angekündigt und offen erfolgen. Wir treten für wirksame individuelle Verfahrensrechte der Arbeitnehmer(innen) ein. Arbeitnehmer(innen) müssen ein Akteneinsichts- und Auskunftsrecht über erhobene Daten bekommen.

Meine Kleine Anfrage zum Arbeitnehmerdatenschutz in Sachsen zeigt, dass Arbeitnehmer bei Anzeige eines Datenschutzverstoßes oft ihren Arbeitgeber nicht nennen wollen. Dies ist mit Blick auf die hohen Arbeitslosenzahlen nur zu verständlich. Es muss daher die Möglichkeit geschaffen werden, dass Datenschutzbeauftragte im Interesse von Arbeitnehmern Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte geltend machen und sie dabei nicht als Dritte im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes definiert werden.