Protocol of the Session on January 23, 2009

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Die NPD-Fraktion wird vertreten durch Herrn Abg. Delle.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun wurde entgegen allen Beteuerungen, die wir noch vor einigen Monaten seitens der Großen Koalition hören durften, doch ein neues Konjunkturpaket geschnürt.

Welche Auswirkungen werden wir nun davon zu erwarten haben? Die beabsichtigten Maßnahmen sind sicherlich immer noch besser, als die Hände ganz in den Schoß zu legen. Doch sie sind nicht ausreichend bzw. geeignet, den notwendigen Anforderungen gerecht zu werden. Über langfristige Auswirkungen ließe sich spekulieren, aber unmittelbar wird dieses Konjunkturpaket in Sachsen so gut wie keine Wirkung haben.

Zum einen nehmen sich die je 25 Milliarden Euro für 2009 und 2010 im Vergleich zu den fast 500 Milliarden Euro des Bankenrettungspaketes doch etwas mehr als bescheiden aus. Die Regierung muss sich schon die Frage stellen lassen, weshalb man bei der Hochfinanz nicht etwas weniger großzügig verfahren ist und dafür staatlicherseits Unternehmen aus der Kreditklemme half, so zum Beispiel auch Qimonda.

Meine Damen und Herren! Als es um die Spekulationswirtschaft des Finanzsektors ging, konnte es nicht schnell genug gehen, den Geldhahn aufzudrehen. Die Maßnahmen dieses Konjunkturpakets lassen sich hingegen Zeit, um dann etwa in einem halben Jahr in Kraft zu treten. Hinzu kommt, dass die zaghaften steuerpolitischen Ansätze erst mit erheblicher Zeitverzögerung ihre Wirkungen, die vermutlich ohnehin bescheidener Art sein werden, entfalten werden.

Die Bundesregierung betont, dass das Kredit- und Bürgschaftsprogramm hervorgehoben werden soll, dass es nicht um Kapitalbeteiligungen an Unternehmen geht. Die

Bundesregierung erklärt aber nicht, weshalb genau das, was bei Commerzbank und Hypo Real Estate richtig ist, in der produzierenden Wirtschaft zwingend falsch sein soll.

So vertritt die NPD zum Beispiel die Ansicht, dass es längst überfällig wäre, seitens der Bundesregierung darüber in Gespräche einzutreten, wie Opel mittels einer staatlichen Beteiligungsgesellschaft zusammen mit einigen Zulieferfirmen in deutsche Hand überführt werden könnte.

Nur zum Verständnis: Ich beziehe mich deshalb so stark auf die Bundespolitik, weil ich dadurch deutlich machen möchte, dass einem Programm, welches bundesweit kaum Wirkung zeigen wird, auch in Sachsen keine Wunder zuzutrauen sind. So dürfte klar sein, dass auch in Sachsen nur die wenigsten wegen einer 2 500 Euro schweren Verschrottungsprämie für ihr neunjähriges Auto einen Neuwagen kaufen werden oder natürlich auch können. Wenn sich Autoverkäufer jetzt über einen Zulauf freuen, so werden das zum Großteil vorgezogene Käufe sein, die dann zum Ende des Jahres wieder fehlen werden.

Diejenigen Neuwagen, die vermutlich gekauft werden, dürften in übergroßer Zahl sowieso die Importwagen des Kleinmarktes sein. Genau hier stehen wir vor dem Problem, vor dem die NPD seit Jahren gewarnt hat: Deutschland wird nun Opfer seiner verhängnisvollen Globalisierungspolitik.

Meine Damen und Herren! Es gilt nun zuallererst die Achillesferse der deutschen Wirtschaft, nämlich die schwächelnde Binnenkonjunktur, zu beleben. Mit Blick darauf ist es beispielsweise sehr beschämend, wie gering der finanzielle Spielraum der unteren Einkommensschichten, insbesondere Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger, erweitert wurde. Die Anhebung der Regelsätze für Kinder zwischen sechs und dreizehn Jahren um sage und schreibe ganze 10 Euro wird mit Sicherheit keine Nachfrageexplosion in Sachsen auslösen.

Unabhängig von der Größenordnung ist die entscheidende Frage doch auch die, wofür und letzten Endes wohin die Almosen des Konjunkturpaketes ausgegeben werden. Die ersten Untersuchungen prognostizieren auch hier den Geldfluss in Richtung billiger Elektrogeräte aus Asien und sehr stark in Richtung Kleidung.

Nachdem die Textilindustrie über Jahre hinweg in Deutschland und nicht zuletzt auch in Sachsen systematisch im Stich gelassen wurde, ist kaum zu erwarten, dass diese Gelder wieder zurück in den heimischen Wirtschaftskreislauf gelangen.

Das, meine Damen und Herren, ist – wie gesagt – Ihre Globalisierungspolitik. Hierfür sind Sie in Mithaftung zu nehmen.

Um diesem Problem zu entgehen, wäre eine selektive Mehrwertsteuersenkung in Deutschland bzw. für die überwiegend in Deutschland produzierte Produkte, wie es die NPD-Fraktion am Mittwoch vorgeschlagen hatte, ein wirksames Instrument.

Aber ungeachtet all dessen und auch der Tatsache, dass heute deutlicher denn je zu erkennen ist, dass ein gänzlicher wirtschaftspolitischer Paradigmenwechsel nottut, gilt es jetzt nach Kräften darum zu kämpfen, Sachsen bestmöglich am Investitionsprogramm teilhaben zu lassen.

Wie nun zu hören ist, soll Sachsen knapp 600 Millionen Euro aus dem kommunalen Investitionsprogramm erhalten. Hierbei gilt es aber sicherzustellen, dass die flächendeckende Versorgung aller sächsischen Kommunen mit ausreichend Kapital erfolgen kann und dabei Pauschalbeiträge auszureichen oder zumindest die Förderquoten zu verändern sind, um weitere horizontale Ungleichgewichte in der Fläche zu verhindern, falls finanzschwächere Kommunen Gelder nicht abrufen können.

Neben den vielfach genannten Handlungsbereichen wie Verkehrsinfrastruktur und Schulen hält es die NPDFraktion für angebracht, die flächendeckende Breitbandversorgung in Sachsen als Konjunkturmaßnahme verstärkt anzugehen sowie die Förderung dezentraler und umweltfreundlicher Energieversorgung in den Kommunen zu einem zukunftsträchtigen und nachhaltigen Schwerpunkt zu erklären.

Ich empfehle der Staatsregierung dringend, sich unverzüglich mit den Kommunen in Verbindung zu setzen, um ohne Zeitverzögerung die Projektauswahl und den Mittelbedarf zu klären.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Herr Zastrow spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Scheel, für Ihren Krisenfetischismus, den Sie hier zelebriert haben, habe ich – ehrlich gesagt – wenig Verständnis.

Wohl erkenne ich, dass Sie sich pudelwohl fühlen, wenn es draußen ein bisschen schlechter geht. Mir ist auch klar, dass DIE LINKE die Krise braucht, um überhaupt zu existieren. Aber wenn Sie fragen, warum viele Bürger in diesem Land verunsichert sind, dann ist es genau Ihre Rede. Sie selbst schüren diese Verunsicherung. Und hören Sie sich Herrn Lafontaine an, dann wissen Sie noch besser, wovon ich spreche.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sie schüren Angst und beschweren sich darüber. Das ist beim besten Willen nicht seriös.

Die Lage ist ernst. Das ist klar. Aber es ist aus meiner Sicht eben auch kein Grund zur Panik da. Denn wir wissen spätestens seit 1990, dass das permanente Auf und Ab ein Kennzeichen unserer Wirtschaft ist. Das gehört dazu. Wir alle haben das seit der Wende x-mal erlebt.

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, Linksfraktion)

Ich erinnere nur: Bis 1993 ging es bergauf. Dann ging es ein wenig bergab. Bis 2000 hatten wir wieder einen Aufschwung. Dann gab es wieder ein kleines Tal. Das gehört zu unserem Wirtschaftssystem nun einmal dazu.

(Zuruf des Abg. Alexander Delle, NPD)

Und: Dieses permanente Auf und Ab ist eben auch ein Korrektiv unserer Marktwirtschaft.

(Sebastian Scheel, Linksfraktion: Das meinen Sie doch nicht ernst!)

Wer das vergisst, sollte in jedes beliebige Volkswirtschaftshandbuch einfach mal hineinschauen. Wer das vergisst, hat auch unsere Gesellschaftsordnung nach wie vor nicht begriffen, Herr Scheel.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Bundesregierung und natürlich auch unsere Landesregierung wissen, dass man mit dem Konjunkturpaket II die nun drohende Rezession nicht verhindern kann. Oder glaubt denn tatsächlich jemand, dass eine Abwrackprämie all das aufhalten kann? Ich meine, das ist Utopie. Ich selbst halte das für nichts anderes als ein paar vorgezogene Wahlgeschenke für die eine oder andere Lobbygruppe; nichts anderes ist es.

Das könnte ich ja noch verstehen, wenn es, lieber Martin Dulig, wenigstens aus Reserven finanziert würde. Was das Schlimme ist, ist, dass Sie zum Beispiel diese Abwrackprämie schuldenfinanzieren. Diese Schulden müssen junge Leute und künftige Generationen einmal abtragen. Das, meine Damen und Herren, ist unverantwortlich. Wir verfrühstücken die Zukunft der Kinder und Enkel in diesem Land. Das kann beim besten Willen nicht unsere Politik sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Dieses Konjunkturpaket ist aber aus unserer Sicht eben auch nichts anderes als ein Beleg für die vielen Versäumnisse von Schwarz-Rot in der Bundesregierung in den letzten Jahren; denn eines muss man schon feststellen: Hätte man in guten Zeiten, in Zeiten des konjunkturellen Aufschwungs, die wir bis vor Kurzem hatten, Vorsorge für die jetzt kommenden schlechten Zeiten betrieben, hätten wir jetzt eine andere Situation. Das würde vielleicht dazu führen, dass die eine oder andere ganz sinnvolle Maßnahme aus dem Konjunkturpaket jetzt auch greifen würde.

Das hat aber diese Regierung nicht gemacht. Vorsorge bedeutet schlichtweg, dass ich beispielsweise strukturelle Probleme angehe. Große Strukturreformen, ob das jetzt die Gesundheitsreform ist, ob das die Pflegereform ist, ob das überhaupt die Reform der sozialen Sicherungssysteme ist, hat diese Bundesregierung nicht geschafft.

Sie hat es aber auch nicht geschafft, beispielsweise in Zeiten des Aufschwungs die Schulden, den Schuldenstand in unserem Land zu senken. Sie hat es nicht geschafft, trotz Aufschwung den Leuten mehr Netto vom Brutto zu geben und sie von der letzten Konjunktur wenigstens ein

wenig profitieren zu lassen. Sie hat weder für richtige Entbürokratisierung noch für Deregulierung gesorgt. All das hat sie nicht gemacht. Die Bürgerinnen und Bürger zahlen jetzt mit der Krise den Preis für die Versäumnisse von CDU und SPD in der Bundesregierung und nichts anderes.

(Beifall bei der FDP)

Hätte man Vorsorge betrieben, würde vielleicht die eine oder andere Maßnahme tatsächlich greifen. Es gibt ja sinnvolle Maßnahmen, übrigens sinnvolle Maßnahmen, die ich mir gewünscht hätte auch unabhängig von jeder Krise.

In welchem Zustand die Schulgebäude sind, wissen wir alle. Die Stadt Dresden hat einen Sanierungsstau von 680 Millionen Euro. Wir haben uns im Dresdner Stadtrat darauf eingestellt, dass es mehr als zehn Jahre dauert, um diesen Stau zu bewältigen. Die Stadt investiert jetzt schon jedes Jahr 60 Millionen Euro in die Schulsanierung. Das Problem ist nur: Was glauben Sie, wie schnell wird eine Stadt wie Dresden das Geld, das sie jetzt bekommt, ausgeben können? Glaubt irgendjemand in diesem Raum, dass die Projekte in der Schublade stecken? Dort stecken sie eben nicht. Die Kommunen haben oft keine sinnvollen Projekte, die bereits planfestgestellt sind, für die es Mehrheiten in den Räten gibt, bei denen alle Widerspruchsverfahren – das sage ich als jemand, der in der Stadt mit der Waldschlößchenbrücke lebt und weiß, wie lange Bauvorhaben dauern – bereits abgelehnt worden sind. Das ist genau der Fehler.

Wenn ich will, dass diese Maßnahmen sofort greifen, also die Investitionen in Straßen, die Investitionen in Schulen, dann hätte ich vorher dafür sorgen müssen, dass es weniger Regeln gibt, oder ich hätte in dieses Konjunkturpaket Ausnahmeregeln und Sonderregeln packen müssen, wie es nach der Wende in Ostdeutschland überall möglich gewesen ist.

(Beifall bei der FDP)

Herr Zastrow, schauen Sie bitte einmal auf die Uhr.

Ich komme zum Schluss.

Jetzt haben wir leider die Situation, dass wir oft erst jetzt in die Planungen gehen können. Diese werden ziemlich lange dauern. Das heißt, das Konjunkturprogramm greift vielleicht in zwei oder drei Jahren. Ich hoffe, dass dann der Aufschwung schon längst wieder da ist. So etwas ist nicht zielführend, es ist falsch, es bringt uns nicht weiter.