tagsschulen doch eher des Teufels waren. Allerdings kam die CDU mit dieser Haltung langsam unter Druck,
weil sich deutschlandweit durch das Investitionsprogramm Bildung und Betreuung des Bundes, damals von Rot-Grün regiert, die öffentliche Meinung zu verändern begann. So legte denn auch in der Statistik der KMK bei der Zahl der Ganztagsschulen von einem Jahr zum anderen Sachsen erstaunlich zu. Von einigen wenigen, hauptsächlich Förderschulen und Schulen in freier Trägerschaft, wurden es gleich ein paar Hundert. Man meldete nämlich einfach alle Grundschulen mit Hort als Ganztagsschulen, obwohl dies nach der KMK-Definition nicht seriös und damit nicht zulässig war.
Denn zumindest eines der Kriterien erfüllten die meisten dieser Schulen nicht: Das Ganztagsangebot stand nicht unter der Verantwortung der Schulen. Aber die KMK verlässt sich natürlich auf die Angaben aus den Ländern, und so hatte Sachsen auf dem Papier nicht mehr die peinliche Schlusslichtposition bei den modernen und populär werdenden Ganztagsschulen inne. Erinnern Sie sich, auch Sie, Herr Kollege Colditz, dass es bereits damals von der SPD im Landtag die Forderung gab, sich nunmehr ernsthaft auf den Weg zu Ganztagsschulen zu machen, also dies den Schulen und Schulträgern zu ermöglichen und sie dabei zu unterstützen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um diesem äußeren und inneren Druck auszuweichen und um nicht als Schlusslicht in Deutschland dazustehen, wurden daraufhin zehn Modellschulen auf den Weg gebracht. Das Erstaunliche an diesem Modell war aber, dass es eigentlich gar kein Modell war, sondern dass die Schulen einfach Verschiedenes ausprobieren durften. Der unbefangene, aber über Ganztagsschulen in Deutschland und in Europa halbwegs informierte Beobachter fragte sich dann, was da eigentlich Neues erprobt werden sollte, denn die Praxis der Ganztagsschulen und Ganztagsangebote konnte schon damals vielfältiger kaum sein.
Aus unserer Sicht war das ganze Projekt zwar ein Geschenk für die Schulen, die das machen durften, insgesamt aber war es eher eine Luftblase. Das haben wir übrigens damals deutlich in diesem Haus gesagt.
Es ist ja auch klar, lediglich zwei zusätzliche Stellen pro Schule ließen eine flächendeckende Einführung so ausgestatteter Ganztagsschulen als wenig sinnvoll erscheinen. Immerhin würden dafür circa 1 300 zusätzliche Lehrerstellen gebraucht, wenn wir nur die Schulen in der Sekundarstufe I in Betracht ziehen, die Grundschulen also herausnähmen.
Das würde dann circa 80 Millionen Euro zusätzlich kosten. Uns war völlig klar, dass dies von der CDU damals keinesfalls ernsthaft geplant war.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Inzwischen haben wir natürlich alle dazugelernt. Wir konnten im
Koalitionsvertrag 30 Millionen Euro für Ganztagsangebote vereinbaren, die mittlerweile auch abfließen. Wir haben aber ausdrücklich diese 30 Millionen Euro nicht etwa für rund 500 zusätzliche Lehrerstellen, sondern als Finanzmittel eingestellt – und das aus gutem Grund. Wir wollen nämlich, dass der größere Teil dieser Mittel in die Regionen weiterfließt und so einen doppelten Fördereffekt erzielt. Wir wollen, dass die Schulen Geld in die Hand bekommen, um damit Angebote an die Schulen zu holen. Das tut den Schulen gut, und es tut den Schülern gut. Das wissen wir längst, nicht zuletzt aus den umfangreichen und detaillierten Begleitforschungen zum Bundesprogramm und auch indirekt aus der wissenschaftlichen Begleitung des sächsischen Modellversuches durch die TU Dresden. Wir hätten uns folglich eine viel stringentere Regelung in der neuen Förderrichtlinie gewünscht, zu der das Staatsministerium für Kultus leider nicht den Mut hatte. Warum sage ich das alles? Weil ich damit klarmachen will, dass wir auch heute noch den Modellversuch für grundsätzlich falsch und für eine Sackgasse halten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, trotzdem gibt es natürlich eine Verantwortung des Kultusministeriums für diese zehn Schulen. Jetzt einfach zu sagen, dass die Schulen ja gewusst haben, dass der Modellversuch 2008 ausläuft, ist doch wohl eher zynisch; denn wer sich auf einen solchen Versuch einlässt, der geht ja davon aus, dass er für andere etwas erprobt. Er muss sicher sein dürfen, dass das Ganze auch ernst gemeint ist und er somit gute Chancen hat, bei erfolgreicher Erprobung zu den Ersten zu gehören, die die Früchte ernten, die also dieses erfolgreich erprobte Modell auch umsetzen. Auch wenn die Schulen anfangs vielleicht ganz realistisch gedacht hatten: Wir nehmen für die fünf Jahre, was wir bekommen können, und später sehen wir weiter; so müsste ihnen doch die Wandlung des gesellschaftlichen Klimas Optimismus geben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was kann nun der Landtag gegenwärtig tun? Wie gehen wir mit dem vorliegenden Antrag um? Zunächst noch einmal klar und deutlich: Die Verantwortung für diese zehn – ich möchte fast sagen – in die Irre geführten Schulen hat das Kultusministerium, und wir erwarten, dass diese Verantwortung wahrgenommen wird.
Dazu auch gleich ein praktischer Vorschlag, den der Minister schon kennt: Aus unserer Sicht könnte die Lösung darin bestehen, diesen zehn Schulen übergangsweise für den Ergänzungsbereich bis zu 300 % zuzuweisen und sie, soweit dies noch nicht geschehen ist, so schnell wie möglich in das GTA-Programm nach der Förderrichtlinie GTA aufzunehmen.
Zugleich sollten wir dabei aber prüfen, ob wir nicht generell in allen Schulen mit GTA im Sekundarbereich den Ergänzungsbereich zwischen 150 und 200 % aufstocken, sofern sie wenigstens 60 bis 80 % der GTA-Mittel an externe Partner weitergeben. Dies hätte vielfältige positive Effekte und bedürfte nur einer kleinen Änderung der Förderrichtlinie. Grob überschlagen, hätten wir übrigens auch die Ressourcen dafür in den Stellenplänen, nur dass wir dann eben den Ergänzungsbereich über die 100 % hinaus nach einem klaren Kriterium vergeben müssten. Ich hoffe, dass Sie, Herr Staatsminister, nachher noch dazu Stellung nehmen.
Zum Antrag der Linken müssen wir aber klar Nein sagen, weil dieser unseren Ansatz unterlaufen würde. Wir haben wohl verschiedene Konzepte für die Ganztagsschule im Hinterkopf. Wir wollen eine offene, sich vielfältig in die Region vernetzende Schule, die Mittel zur eigenverantwortlichen, freien Gestaltung des Ganztagsangebotes – und perspektivisch des ganzen Schultages – in den Händen hält. Wir wollen eben nicht, dass das alles die Lehrer allein tun. Wir können auch nicht zehn Schulen einfach mehr Ressourcen geben, die wir anderen vorenthalten. Deshalb soll die höhere Zuweisung des Ergänzungsbereiches den Schulen die Möglichkeit bieten, in das normale GTA-Programm einzusteigen.
Perspektivisch muss dieses Programm dazu sicher noch verändert werden. Eine schülerbezogene Zuweisung der Mittel statt der heutigen schulbezogenen erscheint uns dabei zum Beispiel unerlässlich. Wir als Fraktion wollen, dass dieser Weg beschritten wird, und lehnen deshalb den Antrag der Linken, der gerade in die andere Richtung weist, ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Rechtzeitig vor den bevorstehenden Wahlen im Sommer dieses Jahres wagt DIE LINKE wieder einmal einen Vorstoß in Sachen Ganztagsschulen.
Wir erinnern uns: Im November 2007 beglückte uns DIE LINKE schon einmal mit diesem Thema. Die GRÜNEN zogen im Februar 2008 nach und wollten bei dieser Gelegenheit auch gleich die Hausaufgaben abschaffen. Beide Anträge gingen dann im April 2008 parlamentarisch unter, indem sie per Sammeldrucksache abgelehnt wurden.
Nun also ein neuer Antrag. Diesmal beschränkt man sich darauf, die vermeintlich erfolgreichen Modellversuche in reguläre Ganztagsschulen umwandeln zu wollen. Pauschal und ohne nähere Angaben wird das Konzept der Ganztagsschule gelobt und als vorbildhaft gepriesen.
Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion wird diesen Antrag ablehnen, und das aus grundsätzlichen Überlegungen. Ganztagsschulen können unserer Auffassung nach
nur die Ausnahme und nicht die Regel sein. Genau das aber will DIE LINKE letztendlich mit ihrem Antrag erreichen. Nach und nach sollen flächendeckend Ganztagsschulen in Sachsen eingeführt werden, und der Modellfall soll somit zum Regelfall werden. Am Ende wird der Besuch einer Ganztagsschule dann zur Pflicht erhoben.
Für uns Nationaldemokraten steht es keineswegs fest, dass Ganztagsschulen für alle Kinder per se von Vorteil sind. Wir haben, im Gegenteil, ganz erhebliche Bedenken dagegen, weil Kinder, die den ganzen Tag in der Schule verbringen, ihren Eltern – ob gewollt oder nicht – entfremdet werden. Doch den Eltern steht das Erziehungsrecht zu, und sie müssen einen ausreichenden Spielraum haben zu entscheiden, was für ihr Kind gut ist und was nicht. Außerdem schränkt die Ganztagsschule auch die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Kinder ein, weil mehr oder weniger vorgegeben wird, womit sie sich den Tag über zu beschäftigen haben.
Freiräume, die für die kindliche Entwicklung unbedingt notwendig sind, werden so massiv beschnitten. Angesichts des heutigen Bildungskanons besteht aus Sicht der NPD gerade an Ganztagsschulen die Gefahr, dass die Schüler politisch indoktriniert werden und zum Beispiel im Sinne des von uns abgelehnten Gender Mainstreaming zu geschlechtsneutralen Menschen erzogen werden,
Nein, ich gestatte keine Zwischenfragen; von Frau Günther-Schmidt sowieso nicht – also, dass sie das nicht lernt!
Ganztagsschulen dienen zudem der Verwertungslogik des Kapitals. Das heißt, mit ihrer letztendlich flächendeckenden Einführung – und nichts anderes möchten Sie ja – soll den Eltern ermöglicht werden, noch umfassender als heute dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Man muss sich schon sehr wundern, dass angesichts dieser Perspektive ausgerechnet DIE LINKE zu den Vorreitern dieses Konzeptes gehört. Wahrscheinlich steht dahinter ihre ideologische Motivation, die Kinder in ihrem Sinne möglichst umfassend beeinflussen zu können.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es bestehen keine Zweifel, dass die zehn Modellprojekte für Ganztagsschulen erfolgreich waren und viele Erfahrungen, die damit gesammelt wurden, in die flächendeckende Verbreitung von Ganztagsangeboten eingeflossen sind. Wir als FDP unterstützen diese Ganztagsangebote, und wir unterstützen alle Bemühungen, die Qualität weiter zu steigern.
(Beifall bei der FDP und der Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion, und Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE)
Wir sind der Auffassung, dass es nicht ausreicht, allein auf Insellösungen zu setzen, sondern wir brauchen eine langfristige und verlässliche Finanzierung für alle Ganztagsangebote in Sachsen, ganz gleich, ob sie freiwillig oder in gebundener Form angeboten werden.
Doch die Finanzierung ist an Grenzen gestoßen, das haben wir gemerkt. In der Antwort auf eine Anfrage der FDP ist herausgekommen, dass in diesem Haushaltsjahr erstmals die Nachfrage die zur Verfügung stehenden Mittel überschritten hat und eine Vielzahl von Anträgen auf die Förderung von Ganztagsangeboten zum Schuljahresstart nicht fristgerecht entschieden werden konnten. Das heißt, es gibt mittlerweile zu wenig Geld, es gibt aber auch zu wenig wissenschaftliche Begleitung, und die Qualitätskontrolle kann verbessert werden.
Für uns ist klar, dass wir mehr und bessere Ganztagsangebote an unseren Schulen brauchen. Wir sind überzeugt, dass das die sächsischen Eltern genauso sehen.
Wenn man über Zahlen diskutiert, was die flächenmäßige Abdeckung betrifft, dann sollte man ehrlich sein. Es wurde von Vorrednern heute angesprochen, dass es relativ unglaubwürdig ist, wenn man Hortangebote einfach mit reinrechnet. Ich glaube, das ist unseriös und wir sollten es lassen.
Im Antrag der Linken geht es im Moment ausschließlich um die zehn Modellschulen. Für diese Schulen – da kann ich den Antragsteller verstehen und da kann ich auch die Schulen verstehen – wird befürchtet, dass die Qualität und die Angebote abgebaut werden. Dass das nicht gewollt sein kann, sehen wir als FDP genauso.
Doch wenn man die Angebote an diesen zehn Modellschulen fortsetzen will, dann heißt das, dass diese Schulen ihre Angebote entweder nach den jetzt gültigen Förderkriterien fortsetzen können oder aber die Förderrichtlinie angepasst wird. Beides ist mir von der Staatsregierung, vom Kultusministerium bisher nicht bekannt. Deshalb verstehen wir, dass massive Verärgerung vor Ort herrscht.
Nun tauchte das Problem nicht unerwartet auf. Bereits vor über einem Jahr hatten wir eine Kleine Anfrage gestellt und die Staatsregierung gefragt, wie sie denn zukünftig mit diesen Modellschulen umgehen möchte. Die Antwort
Nun heißt es im Umkehrschluss aber nicht, dass man jetzt in Aktionismus verfällt, sondern uns geht es um eine grundsätzliche Lösung für die Ganztagsangebote und nicht allein um die kurzfristige Zuweisung von Personal und Ressourcen, wie DIE LINKE das fordert.